Catering-Service "40 Seconds" - Senat beschäftigt neue Caterer nach massiven Lieferausfällen von Schulessen

Mi 11.09.24 | 10:56 Uhr
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Symbolbild: Schüler beim Mittagessen in der Mensa in der Grundschule an der Wuhlheide. (Quelle: dpa/Kalaene)
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Video: rbb24 Abendschau | 10.09.2024 | Phil Beng | Bild: dpa/Kalaene

Der Caterer "40 Seconds" steht erneut in den Schlagzeilen. Nachdem schon in der vergangenen Woche zahlreiche Schulen kein Essen geliefert bekommen haben, zieht die Bildungsverwaltung nun die Notbremse.

  • Wegen Sperrung einer Küche konnten Schulen nicht mit Essen beliefert werden
  • Bezirk Neukölln in Gespräch mit Caterer "40 Seconds", prüft außerdem rechtliche Schritte
  • Andere Caterer springen ein, Schüler bekommen zum Teil Pizza geliefert
  • Bereits letzte Woche berlinweit massive Probleme mit Mittagessen

Die Berliner Bildungsverwaltung will in dieser Woche von Mittwoch bis Freitag andere Schulessen-Caterer einsetzen statt des Caterers "40 Seconds". Dessen Essen ist nach rbb-Informationen aus mehreren Berliner Bezirken am Dienstag erneut nicht geliefert worden. Demnach waren heute insgesamt mehr als 70 Schulen betroffen.

In Neukölln bekamen 21 Schulen kein Essen. Der Bezirk bestätigte dem rbb, er sei am Vormittag von dem Unternehmen informiert worden, dass die Lieferungen ausfallen. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" (€) berichtet. Laut dem Caterer habe eine Lieferkette nicht funktioniert. An einem Stromausfall, wie zunächst berichtet, habe es nicht gelegen.

In Marzahn-Hellersdorf seien 15 Schulen nicht beliefert worden, sagte Schulstadtrat Stefan Bley (CDU) dem rbb. Die Abmahnung an den Caterer gehe am Dienstagabend raus. Um die Schulen mit Essen zu versorgen, seien andere Caterer eingesprungen.

In Charlottenburg-Wilmersdorf waren laut Bezirksschulstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) ein Dutzend Schulen betroffen. In Treptow-Köpenick gab es dem Bezirk zufolge an sieben Schulen keine Lieferungen des Caterers "40 Seconds". Stattdessen sei ein anderer Caterer eingesprungen.

In Pankow hätten sechs Schulen von dem Caterer kein Schulessen erhalten, so Bezirksschulstadtrat Jörn Pasternack (CDU). Dem rbb gegenüber kündigte er ein "klares rechtliches Verfahren" an. Zunächst fordere er ein, die Mängel zu beseitigen, danach gehe es um Abmahnung und Kündigung. Die Schulen hätten die zusätzliche Aufgabe, Mittagessen zu organisieren, wie zum Beispiel Pizza liefern zu lassen. Der Caterer habe ihm zugesichert, die Kosten dafür zu übernehmen.

Für die kommenden Tage alternative Essenslieferanten

An einigen Schulstandorten gebe es nach einem Caterer-Wechsel derzeit größere Herausforderungen, so die Bildungsverwaltung. Das habe zu "Verzögerungen, Ausfällen und Engpässen" in der Mittagessenbereitstellung geführt, die zügig behoben werden müssten. An Lösungen werde intensiv gearbeitet. Um die betroffenen Schulstandorte zu versorgen, werden laut der Bildungsverwaltung in den kommenden drei Tagen alternative Caterer eingesetzt. Die Berliner Senatsbildungsverwaltung erwartete bis Dienstag einen Maßnahmen- und Zeitplan vom Caterer. Von diesem gab es bislang dazu noch keine Stellungnahme.

Die Fraktionen der Grünen und Linken haben derweil im Abgeordenetenhaus beantragt, am Donnerstag bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause über das Thema zu diskutieren. "Das Chaos beim Schulessen zeigt, dass die Koalition keine funktionierenden Abläufe für die Stadt schafft", kritisierte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Sebastian Walter: "Der Zeitplan war
zu eng, die Mengen wurden falsch eingeschätzt. Im kommenden Plenum fordern wir daher Antworten: Wie plant die Regierung, diese Missstände zu beheben?"

Der Bezirk Neukölln behält sich erstmal weitere Schritte vor: Er ist nach eigenen Auskünften mit dem Caterer im Gespräch. Zugleich prüfe er rechtliche Konsequenzen. Die Neuköllner Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) hatte bereits am Montag angekündigt, sie behalte sich eine "fristlose Kündigung" vor, wenn sich keine Besserung einstelle. Die Schulen und die Kinder bräuchten eine verlässliche Planung und ein vernünftiges Mittagessen.

Caterer: Verspäteter Zuschlag führe zu "vereinzelten Verzögerungen"

Für den Caterer "40 Seconds" hatte Ende vergangener Woche ein Rechtsanwalt eine Erklärung abgegeben. Die Firma versorge seit 2020 zahlreiche Berliner Schulen. Im jüngsten Vergabeverfahren habe sie den Zuschlag bekommen, 103 Schulen zu beliefern, mit insgesamt rund 40.000 Essen pro Tag, wozu sie auch im Stande sei. Allerdings sei es im Vergabeverfahren aufgrund von Mitbewerber-Klagen zu erheblichen Verzögerungen gekommen.

Deshalb habe der Caterer "40 Seconds" für mehr als die Hälfte der Schulen "erst sehr kurzfristig und während der Berliner Sommerferien den Zuschlag" erhalten. Daher komme es "an vereinzelten Schulen" zu Verzögerungen der Essensauslieferungen, was der Caterer sehr bedaure. Er arbeite mit Hochdruck daran, diese zu beheben. Einzelne Schulen wiederum hätten keine Bestellungen ausgelöst. Vorwürfe einer mangelnden Essensqualität weist der Caterer dem Schreiben zufolge "vehement zurück".

Bereits einge Beschwerden in vergangener Woche

Der Caterer "40 Seconds" hat bereits in der vergangenen Woche berlinweit an Schulen zu Problemen geführt. Mehrere Berliner Schulen hatten zum Start des neuen Schuljahres massive Probleme mit dem Mittagessen gemeldet, den rbb erreichten Beschwerden aus mehreren Bezirken. In vielen Fällen sei durch "40 Seconds" gar kein Essen oder nur ein Teil der Bestellung geliefert worden, in anderen Fällen habe die Qualität nicht gestimmt.

So teilten unter anderem das Primo-Levi-Gymnasium in Pankow, das Heinz-Berggruen-Gymnasium in Charlottenburg-Wilmersdorf und die Modersohn-Grundschule in Friedrichshain-Kreuzberg auf rbb-Nachfrage am vergangenen Mittwoch mit, dass sie am Montag und Dienstag zu spät oder gar nicht beliefert wurden. Nach Angaben der Schulen soll es unter anderem Probleme mit der Kühlkette gegeben haben oder es habe Personal gefehlt.

Anwalt: "Sicherlich nicht alles perfekt"

Der Anwalt des Unternehmens, Christian-Oliver Moser, erklärte gegenüber dem rbb, "40 Seconds" habe zu wenig Vorlaufzeit gehabt, weil der endgültige Zuschlag für den Auftrag erst im Laufe der Sommerferien erfolgt sei. Das sei für das Unternehmen "eine enorme Herausforderung".

"Es gibt zukünftig zwei Großküchen für das Schul-Essen, wovon eine komplett neu ist. Dort darf das Essen momentan nur kommissioniert und aufgewärmt werden", erklärte der Anwalt. Bei einer Kontrolle habe das Ordnungsamt zudem Essen auf dem Fußboden einer Großküche gefunden und einen "Verstoß gegen Auflagen" gesehen. "Weil die Großküche noch nicht in Betrieb genommen werden darf, gab es auch keine Küchenschließung, allerdings untersagte das Ordnungsamt die Auslieferung des heutigen Essens. Auf Anordnung der Behörde mussten viele Essen entsorgt werden."

"Meine Mandanten haben sicherlich nicht alles perfekt gemacht", räumte Moser ein. Er betonte aber: "Sie sind grundsätzlich in der Lage, alle Schulen ordnungsgemäß zu versorgen."

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Sendung: rbb24 Abendschau, 10.09.2024, 19:30 Uhr

93 Kommentare

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  1. 93.

    Ich verstehe wirklich nicht, warum man in einer solchen Ausnahmesituation keine Stullen und etwas Obst und Gemüse essen kann. Gebt doch den Kindern lieber solche traditionellen Sachen. Schmeckt wahrscheinlich auch besser als dieser verkochte Mittagsbrei.

  2. 92.

    Die Charlotte Salomon Grundschule in Kreuzberg ist auch betroffen. Es kam seit Schulbeginn nichts, oder wenn ungenießbares und/ oder viel zu wenig an. Heute gingen die Kinder auch mal wieder ganz leer aus… irgendjemand, ich vermute die Erzieher:innen hatten privat Kuchen gekauft um den schlimmsten Hunger zu besänftigen

    It‘s a shame! Mir tun auch die Kids leid und ich bin stinksauer über diese peinliche Vetternwirtschaft.

    Berlinweit sollten jetzt schnellstmöglichst kleinere, lokale Catererer beauftragt werden und dieser unsaubere Deal muss sofort beendet werden!

  3. 90.
    Antwort auf [Uta] vom 10.09.2024 um 21:02

    Vielen Dank für Ihren Kommentar. Leider ist diese Einstellung nicht mehr so häufig anzutreffen.

  4. 89.

    Erstens, das dreizügige Schulsystem existiert weiterhin, zweitens ist es nicht gut und drittens geht es hier um einen Caterer der offensichtlich überfordert ist und es Mauschelien bei der Vergabe gab.

    Sonst würden Mitbewerber nicht klagen.

  5. 88.

    Sorry, hab ich fehlinterpretiert. Ich dachte, Sie wollten mir damit sagen, dass dieses Prozedere, das zu Vertragsabschlüssen führt, komplex ist und lange dauert. Da ich das auch vermute, aber natürlich keinen echten Einblick in diese Materie habe, aber finde, dass man einen anderen Caterer braucht, schrieb ich etwas schwammig-diffus "schnellstens".
    Soll heißen: ich kann Ihre Fragen nicht beantworten. Ich weiß auch gar nicht, warum Sie mich das fragen...
    Ich finde nur diese Ausfallquote erschreckend und wünsche den Schulen schnell und überhaupt was Besseres. Das ist alles.

  6. 87.

    Ist heute Ihr Tag, was?
    Aber mal nebenbei - Thema heute: es geht um Schulessen, Meister!

  7. 86.

    Die Aussage der kurzen Vergabe ist ein Märchen. An unserer Schule stand schon vor den Ferien fest dass der Caterer kommt. Und wenn ich mich auf so viele Schulen bewerbe muss ich das doch vorher einplanen dass ich den Zuschlag bekomme. Ich bewerbe mich ja nicht und hoffe es nicht zu werden. Und dann frag ich mich welche Anforderungen da in der Ausschreibung waren. Offensichtlich nicht Personal und Nachweis der Kapazität. Traurig.

  8. 85.

    Die Bildung wurde durch die vielen Experimente der sogenannten Experten ruiniert. Das gute alte dreizüge Schulsystem hätte man beinhalten sollen. Die Hauptschule für handwerklich Begabte, die Realschule für kaufmännische Berufe u das Gymnasium zur Vorbereitung aus Studium. Vielleicht versuchen sich Kritiker mal an den Matheaufgaben die in Bücher für Meisterausbildung enthalten sind, jedoch nur mit den dort beschriebenen Hilfsmitteln ohne PC!

  9. 84.

    Ggf. das Gesamtpaket (40000 Schulessen) auf mehrere Anbieter/innen (Caterer) verteilen, schon gleich bei der Ausschreibung. Eine unglückliche Situation. Zumindest schweißt gemeinsames Pizzaessen in einer Ausnahmesituation die Schüler/innen zusammen. Der Umgang mit der Situation kann der Schulgemeinschaft zeigen, dass man lösungsorientiert die Sache in den Griff kriegt.

  10. 82.

    Gab es früher zu DDR Zeiten schon hat auch alles funktioniert, das ganze Schulsystem der DDR wurde vom Westen niedergemacht. So wie die Bildung unserer Kinder .Man sieht wie alles noch mehr bergab geht.

  11. 81.

    Wann war das? Ich bin auch schon älteres Semester und kenne Schulessen sehr wohl. Es wurde schon damals angeliefert. Find die Diskussion, dass Eltern für das Essen sorgen sollen unglaublich. Die Kinder sind lange in der Schule, haben weite Wege usw. Die Eltern arbeiten in der Regel beide und dürfen die Kinder auch zu ihren Hobbys fahren. Sollen die Kids Mitternacht zu Mittag essen? Leute, denkt einfach mal nach. Mit der Bezahlung gehe ich wohl mit, aber niemand von uns kennt die Hintergründe. Schönen Abend noch

  12. 80.

    Der Hinweis auf " Aus dem Vorgängerthread, Kommentar 108." wäre ein Link hilfreicher, wie das Zitierte.
    So wirkt es eher: ich bin Zeuge, was ist denn passiert.

  13. 79.

    War bei mir genauso! Eine Box mit Brot und 1/2 Apfel gab es für unterwegs. Zu Hause dann richtig deftige deutsches Essen.
    Bin groß geworden!
    Wichtige lebslange Regeln wie:
    Du sollst nicht stehlen.
    Du sollst nicht töten.
    Du sollst nicht lügen.
    Analog noch die 10 Gebote.
    Gab es zu Hause gratis. Da brauchte kein Lehrer nachbessern.
    Klingt altbacken, hat aber von seiner Bedeutung nichts verloren in der modernen Zeit.

  14. 78.

    Ja das sehe ich auch so.Bei der letzten Ausschreibung musste meine Schule den Caterer wechseln. Mit der Begründung das es gerecht verteilt werden muss.
    Jetzt hat einer so viele Schulen?
    Großes Bild von Wegner und dem Chef in der Morgenpost
    Und wer ist für die Ausschreibung verantwortlich
    Hat schon einen Beigeschmack

  15. 77.

    Wir wissen als Erzieher seit 10.07 das 40seconds bei uns Caterer wird. Wir sind eine kleine Schule und es klappt nicht. Letzte Woche nur zweimal ungenießbares Essen, einmal bitte Pizza bestellen und zweimal hat 3Köche (alter Caterer) ausgeholfen. Gestern gab es warme Kartoffeln und kaltes Gemüse, welches entweder zu roh oder zu verkocht war.

  16. 76.

    An unserer Schule, einem Förderzentrum für Kinder mit besonderen Bedarfen in Köpenick gab es wiederholt kein Essen. Unterfinanzieller Vorverauslagung kochen Erzieherinnen für 170 Kinder!, obwohl die Küche für solche Aktion nicht ausgelegt ist.
    Dadurch kann die pädagogische Arbeit nicht entsprechend für die Kinder umgesetzt werden. Die Kinder sind an der Grundschuleinrichtung von 7.30 bis 16.00 Uhr in Betreuung. Es ist eine Zumutung für alle und ein Armutszeugnis für unserer öffentlichen Einrichtungen.
    Die Frage nach der Lobby und der Wertschätzung für unsere Kinder in der Politik zeigt sich hier leider wieder in besonderem Maße.

  17. 75.

    Auch in spandau askanier grundschule wird seid 1.8 geliefert und kinder bekommen seid wochen kein essen, das wie lotto , heute hast glück morgen Prech und das auf Rücken der kinder unter sau!
    Alte Catering war besser, bitte wieder alte Catering danke

  18. 74.

    Das stimmt nicht. Als Erzieherin weiß ich aus erster Hand, dass das Mittagessen Teil des Lehrplans ist (Umgangsformen, Essverhalten, Tischregeln), weswegen auch die Lehrer das Mittagessen betreuen und nicht die Erzieher...

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