Catering-Service "40 Seconds" - Senat beschäftigt neue Caterer nach massiven Lieferausfällen von Schulessen
Der Caterer "40 Seconds" steht erneut in den Schlagzeilen. Nachdem schon in der vergangenen Woche zahlreiche Schulen kein Essen geliefert bekommen haben, zieht die Bildungsverwaltung nun die Notbremse.
- Wegen Sperrung einer Küche konnten Schulen nicht mit Essen beliefert werden
- Bezirk Neukölln in Gespräch mit Caterer "40 Seconds", prüft außerdem rechtliche Schritte
- Andere Caterer springen ein, Schüler bekommen zum Teil Pizza geliefert
- Bereits letzte Woche berlinweit massive Probleme mit Mittagessen
Die Berliner Bildungsverwaltung will in dieser Woche von Mittwoch bis Freitag andere Schulessen-Caterer einsetzen statt des Caterers "40 Seconds". Dessen Essen ist nach rbb-Informationen aus mehreren Berliner Bezirken am Dienstag erneut nicht geliefert worden. Demnach waren heute insgesamt mehr als 70 Schulen betroffen.
In Neukölln bekamen 21 Schulen kein Essen. Der Bezirk bestätigte dem rbb, er sei am Vormittag von dem Unternehmen informiert worden, dass die Lieferungen ausfallen. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" (€) berichtet. Laut dem Caterer habe eine Lieferkette nicht funktioniert. An einem Stromausfall, wie zunächst berichtet, habe es nicht gelegen.
In Marzahn-Hellersdorf seien 15 Schulen nicht beliefert worden, sagte Schulstadtrat Stefan Bley (CDU) dem rbb. Die Abmahnung an den Caterer gehe am Dienstagabend raus. Um die Schulen mit Essen zu versorgen, seien andere Caterer eingesprungen.
In Charlottenburg-Wilmersdorf waren laut Bezirksschulstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) ein Dutzend Schulen betroffen. In Treptow-Köpenick gab es dem Bezirk zufolge an sieben Schulen keine Lieferungen des Caterers "40 Seconds". Stattdessen sei ein anderer Caterer eingesprungen.
In Pankow hätten sechs Schulen von dem Caterer kein Schulessen erhalten, so Bezirksschulstadtrat Jörn Pasternack (CDU). Dem rbb gegenüber kündigte er ein "klares rechtliches Verfahren" an. Zunächst fordere er ein, die Mängel zu beseitigen, danach gehe es um Abmahnung und Kündigung. Die Schulen hätten die zusätzliche Aufgabe, Mittagessen zu organisieren, wie zum Beispiel Pizza liefern zu lassen. Der Caterer habe ihm zugesichert, die Kosten dafür zu übernehmen.
Für die kommenden Tage alternative Essenslieferanten
An einigen Schulstandorten gebe es nach einem Caterer-Wechsel derzeit größere Herausforderungen, so die Bildungsverwaltung. Das habe zu "Verzögerungen, Ausfällen und Engpässen" in der Mittagessenbereitstellung geführt, die zügig behoben werden müssten. An Lösungen werde intensiv gearbeitet. Um die betroffenen Schulstandorte zu versorgen, werden laut der Bildungsverwaltung in den kommenden drei Tagen alternative Caterer eingesetzt. Die Berliner Senatsbildungsverwaltung erwartete bis Dienstag einen Maßnahmen- und Zeitplan vom Caterer. Von diesem gab es bislang dazu noch keine Stellungnahme.
Die Fraktionen der Grünen und Linken haben derweil im Abgeordenetenhaus beantragt, am Donnerstag bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause über das Thema zu diskutieren. "Das Chaos beim Schulessen zeigt, dass die Koalition keine funktionierenden Abläufe für die Stadt schafft", kritisierte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Sebastian Walter: "Der Zeitplan war
zu eng, die Mengen wurden falsch eingeschätzt. Im kommenden Plenum fordern wir daher Antworten: Wie plant die Regierung, diese Missstände zu beheben?"
Der Bezirk Neukölln behält sich erstmal weitere Schritte vor: Er ist nach eigenen Auskünften mit dem Caterer im Gespräch. Zugleich prüfe er rechtliche Konsequenzen. Die Neuköllner Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) hatte bereits am Montag angekündigt, sie behalte sich eine "fristlose Kündigung" vor, wenn sich keine Besserung einstelle. Die Schulen und die Kinder bräuchten eine verlässliche Planung und ein vernünftiges Mittagessen.
Caterer: Verspäteter Zuschlag führe zu "vereinzelten Verzögerungen"
Für den Caterer "40 Seconds" hatte Ende vergangener Woche ein Rechtsanwalt eine Erklärung abgegeben. Die Firma versorge seit 2020 zahlreiche Berliner Schulen. Im jüngsten Vergabeverfahren habe sie den Zuschlag bekommen, 103 Schulen zu beliefern, mit insgesamt rund 40.000 Essen pro Tag, wozu sie auch im Stande sei. Allerdings sei es im Vergabeverfahren aufgrund von Mitbewerber-Klagen zu erheblichen Verzögerungen gekommen.
Deshalb habe der Caterer "40 Seconds" für mehr als die Hälfte der Schulen "erst sehr kurzfristig und während der Berliner Sommerferien den Zuschlag" erhalten. Daher komme es "an vereinzelten Schulen" zu Verzögerungen der Essensauslieferungen, was der Caterer sehr bedaure. Er arbeite mit Hochdruck daran, diese zu beheben. Einzelne Schulen wiederum hätten keine Bestellungen ausgelöst. Vorwürfe einer mangelnden Essensqualität weist der Caterer dem Schreiben zufolge "vehement zurück".
Bereits einge Beschwerden in vergangener Woche
Der Caterer "40 Seconds" hat bereits in der vergangenen Woche berlinweit an Schulen zu Problemen geführt. Mehrere Berliner Schulen hatten zum Start des neuen Schuljahres massive Probleme mit dem Mittagessen gemeldet, den rbb erreichten Beschwerden aus mehreren Bezirken. In vielen Fällen sei durch "40 Seconds" gar kein Essen oder nur ein Teil der Bestellung geliefert worden, in anderen Fällen habe die Qualität nicht gestimmt.
So teilten unter anderem das Primo-Levi-Gymnasium in Pankow, das Heinz-Berggruen-Gymnasium in Charlottenburg-Wilmersdorf und die Modersohn-Grundschule in Friedrichshain-Kreuzberg auf rbb-Nachfrage am vergangenen Mittwoch mit, dass sie am Montag und Dienstag zu spät oder gar nicht beliefert wurden. Nach Angaben der Schulen soll es unter anderem Probleme mit der Kühlkette gegeben haben oder es habe Personal gefehlt.
Anwalt: "Sicherlich nicht alles perfekt"
Der Anwalt des Unternehmens, Christian-Oliver Moser, erklärte gegenüber dem rbb, "40 Seconds" habe zu wenig Vorlaufzeit gehabt, weil der endgültige Zuschlag für den Auftrag erst im Laufe der Sommerferien erfolgt sei. Das sei für das Unternehmen "eine enorme Herausforderung".
"Es gibt zukünftig zwei Großküchen für das Schul-Essen, wovon eine komplett neu ist. Dort darf das Essen momentan nur kommissioniert und aufgewärmt werden", erklärte der Anwalt. Bei einer Kontrolle habe das Ordnungsamt zudem Essen auf dem Fußboden einer Großküche gefunden und einen "Verstoß gegen Auflagen" gesehen. "Weil die Großküche noch nicht in Betrieb genommen werden darf, gab es auch keine Küchenschließung, allerdings untersagte das Ordnungsamt die Auslieferung des heutigen Essens. Auf Anordnung der Behörde mussten viele Essen entsorgt werden."
"Meine Mandanten haben sicherlich nicht alles perfekt gemacht", räumte Moser ein. Er betonte aber: "Sie sind grundsätzlich in der Lage, alle Schulen ordnungsgemäß zu versorgen."
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Sendung: rbb24 Abendschau, 10.09.2024, 19:30 Uhr