"Ausländer raus"-Rufe bei Stadtfest - Rassistische Parolen zu "L'amour toujours" bei Oktoberfest in Neuenhagen gerufen

Mo 16.09.24 | 16:59 Uhr | Von Sarah Mühlberger
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Symbolbild: Menschen jubeln bei einem Live-Auftritt im Gegenlicht vor einer Bühne. (Quelle: dpa/Dahhan)
Audio: rbb24 Antenne Brandenburg | 16.09.2024 | David Klevenow | Bild: dpa/Dahhan

Erneut kam es im Zusammenhang mit dem Partyhit "L'amour toujours" zu ausländerfeindlichen Parolen. Auf dem Oktoberfest in Neuenhagen grölte eine offenbar größere Menschenmenge lautstark "Ausländer raus" - ohne dass jemand einschritt. Von Sarah Mühlberger

Beim Oktoberfest in Neuenhagen (Märkisch-Oderland) am östlichen Stadtrand von Berlin sind am Wochenende offenbar lautstark rassistische Parolen gerufen worden. Auf mehreren Videos, die dem rbb vorliegen, ist zu sehen, wie eine dem Augenschein nach größere Gruppe von Stadtfestbesuchern beim Partyhit "L' amour toujours" von Gigi D’Agostino die rassistischen Parolen "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" skandierte.

Ein Sprecher der Polizeidirektion Ost bestätigte rbb|24 am Sonntag den Eingang einer Anzeige zu volkshetzenden Äußerungen auf dem Oktoberfest in Neuenhagen. Auf Videos sei zu sehen, dass eine Gruppe von rund 30 bis 35 Jugendlichen mitsang, sagte ein Sprecher der Polizei Strausberg der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Obwohl die Polizei vor Ort war, wurden die rassistischen Äußerungen den Beamten zunächst nicht gemeldet, so der Sprecher.

Der Veranstalter des Oktoberfests ließ eine Anfrage von rbb|24 bis Montagnachmittag unbeantwortet.

"Fast die ganze Menge brüllte diese Worte"

Das von Rechtsextremen vielfach instrumentalisierte Lied "L'amour toujours" ist nach rbb-Recherchen gegen 23:30 Uhr auf einer Außenbühne des Oktoberfests in Neuenhagen von DJs angespielt worden. Johannes S., der mit Freunden das Oktoberfest besuchte, schilderte die Szene im Gespräch mit rbb|24 so: "Viele erkannten den Song direkt, als er losging, es gab einen mega Ansturm auf die Tanzfläche." Eine andere Besucherin sagt, als es zu dem Part ohne Text kam, "fing eine Gruppe Jugendlicher an, 'Ausländer raus' im Takt der Musik zu grölen und es stiegen viele weitere mit ein, sodass fast die ganze Menge diese Worte brüllte".

S. schätzt, dass es mindestens 50 Menschen waren, die lautstark mitgrölten. "Niemand ist eingeschritten, dabei standen die Security-Leute direkt daneben." Auch die beiden DJs hätten nicht reagiert, "obwohl sie das sicher mitbekommen haben". Der Gesang sei aus der Mitte der Tanzfläche gekommen. Der Song sei ganz regulär zu Ende gespielt worden, danach habe es Applaus gegeben.

Die beiden DJs sagen, sie hätten nichts gehört

Auf Anfrage teilten die beiden DJs, die an diesem Abend gemeinsam auflegten, rbb|24 mit, dass sie nichts von ausländerfeindlichen Parolen mitbekommen hätten. Er bedauere, dass es "anscheinend zu einem solchen Vorfall gekommen sei“, schrieb DJ Calvin in einer Stellungnahme an rbb|24. Offenbar hatten sich die beiden DJs im Vorfeld abgesprochen, das Lied nicht zu spielen. DJ Calvin sagte, er habe sich spontan dazu entschieden, das Lied doch zu spielen, "da wir uns musikalisch in der gleichen Richtung befanden und 'L‘amour toujours" perfekt in das Set gepasst hat".

Sein DJ-Kollege Toocrazy4life, der neben seiner DJ-Tätigkeit als freier Mitarbeiter für den rbb arbeitet, sagte, er habe während des Songs, "sensibel darauf geachtet, dass keine ausländerfeindlichen Parolen gesungen werden". Vom DJ-Pult aus habe er "nichts dergleichen wahrnehmen können, sonst hätte ich den Song sofort abgebrochen". Eines der Videos, die rbb|24 vorliegen, und auf denen die ausländerfeindlichen Parolen laut zu hören sind, ist in der Nähe des DJ-Pults aufgenommen worden. Man müsse beachten, "dass am DJ-Pult die Lautstärke sehr hoch war", schrieb DJ Calvin in seiner Stellungnahme.

Er sei persönlich dagegen, "einen Song zu verbieten bzw. nicht zu spielen, nur weil ein paar rechte Betrunkene auf Sylt einen neuen rechtsextremen Text darauf dichten", so DJ Calvin. "Bei dem Song geht es um die Liebe und nicht um Ausländerfeindlichkeit."

Seit Sylt gibt es immer wieder rechte Vorfälle um das Lied

Nach Pfingsten hatte ein Video aus Sylt bundesweit Empörung ausgelöst. Darin hatte eine Gruppe junger Menschen bei einer Feier ebenfalls die rassistischen Parolen "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen" zu dem 25 Jahre alten Lied von D'Agostino gegrölt. Politiker bis hin zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigten sich entsetzt. Zahlreiche Stadtfest-Veranstalter entschieden sich, das Lied auf ihren Festen zu untersagen, so darf es auch beim Oktoberfest in München nicht gespielt werden.

Seit dem Video aus Sylt sind zahlreiche weitere Vorfälle im Zusammenhang mit "L’amour toujours“ bekannt geworden. In Brandenburg waren der Polizei allein bis Mitte Juni 17 solcher Fälle gemeldet worden, bundesweit waren es bis Anfang Juli fast 400 Polizeieinsätze.

Erst Anfang September war auf einem Fest in Potsdam-Golm ein Mann schwer verletzt worden, weil er Polizeiangaben zufolge rassistischen Parolen während Gigi D’Agostinos Partyhit entgegengetreten war. Daraufhin wurde er aus der Gruppe der Singenden ins Gesicht geschlagen, nach Angaben der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" verlor er das Bewusstsein.

Polizeilicher Staatsschutz ermittelt in Neuenhagen

Ebenso wie in Potsdam-Golm ermittelt nun auch in Neuenhagen der polizeiliche Staatsschutz. Eine der Oktoberfestbesucherinnen sagte rbb|24, sie habe nach dem Lied zudem zweimal "eindeutig den Hitler-Gruß in der Menge gesehen". Es sei erschreckend, dass die ausländerfeindlichen Rufe von der Tanzmenge "einfach angenommen werden" und keiner ein Problem mit den Rufen zu haben schien.

Eine andere Besucherin sagte, sie und ihre Freunde seien alle in der Gegend groß geworden. "Wir waren entsetzt, wie viele so junge Menschen auf einem Dorffest solche Parolen rufen."

Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 16.09.2024, 17:30 Uhr

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Beitrag von Sarah Mühlberger

95 Kommentare

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  1. 94.

    Nicht in die Opferolle abgleiten (das hätte der deutsche Rechtsextremismus wohl gern). Stattdessen -solange wie möglich- den neuen Nazis ihre Untaten nachweisen und es selber besser machen.

  2. 93.

    "mal was zu spielen was Spaß macht" na, da gibt es doch was >>ALL YOU NEED IS LOVE<<

  3. 92.

    Der Hass der Rechten wird beliebig, der hört nicht bei Ausländern, nicht bei Juden, nicht bei Behinderten, nicht bei Homosexuellen auf, er wird beliebig. Menschen haben wieder Angst vor Rechten. Auch das Lied macht mir Angst, weil es Menschen dazu missbrauchen, anderen Angst zu machen, auszugrenzen. Wer Ausgrenzung harmlos findet, auch gesungen oder gesummt, oder als Code, der macht mir große Angst.

  4. 91.

    "Vielleicht mal etwas spielen was ein breites Publikum anspricht."

    Vielleicht haben sie auch einfach nicht die Problematik nicht erkannt.

  5. 90.

    Sie sind nicht in der Lage auf Fragen inhaltlich zu antworten. Hassgesänge haben keinen Platz in Deutschland.

  6. 88.

    Vielleicht mal etwas spielen was ein breites Publikum anspricht. Ich bin Berliner und bis vor 15 Jahren war ich sehr oft in kulturelle Veranstaltungen. Ich finde das es mal wieder Zeit für ein breites Publikum und auch mal was zu spielen was Spaß macht und nicht belehrt. Momentan ist die Situation mit all diesen Problemen auf der Welt schon traurig genug .

  7. 85.

    Genau so ist es! Meine Eltern stammen aus Polen und Russland, deren Eltern auch. Meine Schwiegereltern hatten italienische und ungarische Wurzeln. Die schlauen Jugendlichen sollten sich mal schlau machen. Ob sie Ihre Klappe dann auch so aufreißen würden?
    Fast jeder Deutsche ist kein „reiner Deutscher“. Haupsache er ist Mensch!

  8. 84.

    Deutschland würde ganz schnell im Chaos versinken, wenn wir Ausländer euch alleine lassen würden. Das garantiere ich.

  9. 83.

    Was erzeugt dieses schlechte Lied? WAS?

  10. 82.

    "Nach 1945 flüchteten in die beiden nachher Restdeutschlands über 20 Millionen. Weshalb die meisten als Familie eine Migrationsgeschichte haben."

    Ironischerweise hatten es diese "Volksdeutschen" keinen Deut besser als heutige Flüchtlinge. Keiner wollte sie haben. Bis irgendwann mal zugeteilt wurde.

    Blöd nur wenn man vorher aus einer erzkatholischen Gegend in Schlesien in eine stramm protestantische Gegend zugeteilt wurde oder umgekehrt.

  11. 81.

    Wer diesen Vorfall runterspielt ist meistens Nazi oder nazi-nah. Dieser Song mit diesem Text steigert den Hass. Wie wäre es stattdessen mit "All you need is love"?

  12. 80.

    Dieser unterkomplexe Schlager ist kein harmloses ,,Lied'' mehr, es ist ein CODE. Und unter diesem CODE wird gesungen und getanzt.

  13. 79.

    Geht's noch? Ich kenn das Lied als es veröffentlicht wurde. Ich habe nix verharmlost. Ich habe nur etwas gegen diese Diskussion.

    Ich verharmlose nix. Der Staat sollte bezahlbare Wohnungen, Kitas und schulen bauen. Und keine Lieder verbieten. Dieses verbieten hatten wir im dritten Reich, in der DDR. Nur weil einige wenige den Text anders singen, sollte ein Lied nicht verboten werden. Es sollten die dorfsänger angezeigt werden. Die haben auch geatmet. Soll jetzt der Sauerstoff verboten werden?

  14. 78.

    Sehr richtig, wer dieses Lied jetzt noch spielt, macht es nur aus einem Grund !
    Vielleicht fänden sich mal ein Paar Menschen, die brüllen „Arschlöcher raus“! Und damit meine ich alle Nationalitäten und Religionen. Das Leben könnte so schön sein ohne diese AL‘s!

  15. 77.

    "Wo standen die Wiegen eurer Urgroßeltern? Wo genau?"

    Auch son Punkt bei diesen "Ausländer-Raus"-Deppen: Nach 1945 flüchteten in die beiden nachher Restdeutschlands über 20 Millionen. Weshalb die meisten als Familie eine Migrationsgeschichte haben.

    Kaum ein Land ist so sehr aus Flucht und Vertreibung gemacht wie Deutschland. Hier gibts überhaupt niemand, der mit Recht gegen Geflüchtete und Vertriebene Dreck erzählen kann, ohne dabei nicht auch über die eigene Familie, die eigene Geschichte zu sprechen.
    Schon ganz schön irre rechts ganz unten dumm dieses Rechts.

  16. 76.

    Ich möchte hier keine Schleichwerbung machen aber ein bekannter Modehersteller hat den Verkauf bestimmter Hemden eingestellt weil sie von Nazis als Erkennungszeichen mißbraucht worden sind.

    Es geht also.

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