Patrouillen am Wasserturm - Beelitzer Eltern gründen Wehr gegen Jugendgang
Weil ihre Kinder von einer Gruppe Jugendlicher in Beelitz bedroht, angepöbelt und abgezogen worden sein sollen, wollen sich nun die Eltern dagegen zur Wehr setzen. Für den Bürgermeister der Stadt geht das Engagement ein Stück zu weit.
Der Wasserturm in Beelitz (Potsdam-Mittelmark) ist ein beliebter Treffpunkt von Jugendlichen. Doch einige von ihnen verbreiten Angst. Schüler und Schülerinnen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren sollen hier von einer Jugendgang angepöbelt, geschlagen und beraubt worden sein.
Auf Nachfrage bestätigte die Polizeidirektion West dem rbb am Mittwoch, dass "in den vergangen vierzehn Tagen vereinzelt Straftaten, welche unter Beteiligung von Jugendlichen stattgefunden haben, festgestellt werden konnten". Dabei handele es sich um "ein Körperverletzungsdelikt, einen Verstoß gegen das Waffengesetz und einen Bedrohungssachverhalt". Die Polizei nennt zudem eine vorliegende Anzeige vom 31. Juli, die sich auf eine Raubstraftat im Beelitzer Skaterpark in der Virchowstraße bezieht.
Was genau bei den Straftaten passiert ist, sei derzeit noch Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen. Nähere Angaben zu Opfern und Tätern macht die Polizei nicht. Die Anzahl der Straftaten, an denen Jugendliche beteiligt waren, liege "aktuell jedoch nicht höher als in den Vorjahren", teilte die Sprecherin der Pressestelle in ihrer Antwort dem rbb mit.
Polizeistreife traf auf Eltern, die Bürgerwehr gründen wollten
Eltern aus der Stadt sind dennoch in Sorge. Sie wollen den Wasserturmpark selbst bewachen und mit regelmäßigen Patrouillen für Sicherheit an den Orten sorgen, wo sich die gefürchtete Jugendgruppe regelmäßig aufhält. Knapp 20 Eltern haben dafür eine Art Bürgerwehr gegründet, wie zuerst die Märkische Allgemeine Zeitung berichtete [Bezahlinhalt].
Das bestätigte die Polizei dem rbb. Am vergangenen Wochenende hätten Polizeibeamte im Rahmen ihrer Streifentätigkeit Kontakt mit Eltern auf einem Parkplatz in Beelitz aufgenommen, teilte die Polizeidirektion West mit. Eltern hätten demnach mitgeteilt, dass sich ihre Kinder an Jugendtreffpunkten nicht wohlfühlten und sich teilweise von Eltern abholen ließen. Mit den vor Ort befindlichen Eltern seien Meldewege im Falle von strafbaren Handlungen und auch Verhaltensweisen besprochen worden.
In den vergangenen Tagen habe es außerdem bereits ein Gespräch zwischen der Polizei und Vertretern der Jugendclubs in Beelitz und Fichtenwalde, der Schulen in Beelitz und des Vorsitzenden der Sicherheitspartnerschaft Fichtenwalde gegeben. Bekannt gewordene Sachverhalte sollten laut Polizei "in jedem Fall gemeldet werden".
Im Rahmen einer verstärkten Streifentätigkeit zeige die Polizei in Beelitz ihrerseits mehr Präsenz und "bewertet die Lage täglich neu".
Runder Tisch im Rathaus geplant mit Eltern, Jugendlichen und Polizei
Für den Bürgermeister der Stadt geht die Gründung einer Wehr sehr weit. "Die Stadt nimmt die Problematik sehr ernst und wir wollen die Sorgen der Eltern berücksichtigen und dort unterstützen", sagte Beelitz' Bürgermeister Bernhard Knuth (parteilos) dem rbb. "Die Bürgerwehr ist etwas, das vielleicht nicht unbedingt auf dem Stadtgebiet sein muss, deshalb möchte ich gerne die Eltern, die sich zusammenschließen wollen, einladen ins Rathaus hier mit uns gemeinsam zu agieren", sagte Knuth. Er finde es wichtiger, Sozialarbeiter oder Streetworker mit Jugendlichen ins Gespräch kommen zu lassen. Am kommenden Samstag lädt der Bürgmeister Eltern, Jugendliche und Polizei zu einer Gesprächsrunde ein.
Die Beelitzer bewerten die Gründung einer Art "Elternwehr" unterschiedlich. "Auf jeden Fall ist alles, was das Monopol der Gewalt infragestellt, gefährlich. Wer steuert das? Wer ist Chef? Wo ist die Legitimation?", fragt sich zum Beispiel Ralf Gemeinhardt.
Bürgermeister Bernhard Knuth sorgt sich noch anderweitig: "Die Wellen in den sozialen Netzwerken schlagen natürlich hoch", sagte er dem rbb. "Das Schlimme ist, dass dort kein Regulativ stattfindet." Oft kursierten dort Halbwahrheiten und Halbwissen, die eine Stimmung entstehen ließen, die für die politische Landschaft in der Stadt Beelitz nicht vorteilhaft sei.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 17.09.2024, 19:30 Uhr