Unterwegs mit einem Pilzberater - "Wer mit Röhrlingen anfängt, fängt eigentlich sehr sinnvoll an"

Mo 21.10.24 | 12:51 Uhr
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Archivbild: Eine Frau erntet in einem Wald in Brandenburg einen Maronenroehrling. (Quelle: dpa/Scheurer)
Audio: Antenne Brandenburg | 23.10.2024 | Martina Rolke | Bild: dpa/Scheurer

Als Psychotherapeut sucht ein Eberswalder Ruhe und Entspannung beim Pilze-Suchen im Wald. Jetzt hat er sich zu einem von Brandenburgs Pilz-Berater ausbilden lassen. Diese informieren auch Laien, die fragend in ihr Körbchen blicken.

An Waldrändern in Brandenburg kann man aktuell die Fahrzeuge derjenigen, die auf der Suche nach Pilzen durch das Unterholz pirschen, sehen. Auch Steffen Pawelczack ist in der Region um Eberswalde (Barnim) mit Messer und Korb unterwegs. Als er einen Maronen-Röhrling entdeckt, knacken die Zweige unter seinen Schuhen. "Das ist ein prächtiger Bursche", sagt der sogenannte Pilz-Berater als er unter einer Kiefer stehen bleibt.

Pilz Berater Steffen Pawelczack
Pilz-Berater Steffen Pawelczack unterwegs im Wald | Bild: Julia Tautz/rbb

Pawelczack empfiehlt Anfängern, nach jenen braunen Pilz mit dem markanten Schwämmchen an der Unterseite zu suchen. "Die Röhrlinge sind eine Gruppe von Pilzen, bei denen wir in Deutschland eigentlich keine wirklich gefährlichen darunter haben. Die sind alle nicht tödlich giftig. Deswegen: Wer mit Röhrlingen anfängt, fängt eigentlich sehr sinnvoll an", sagt er.

Vom Hobby zum Pilz-Berater

Steffen Pawelczack sei Pilzberater aus Leidenschaft. Erst vor drei Wochen hat der Eberswalder seine Pilz-Prüfung bestanden. Diese hat er beim Verein Brandenburgischer Landesverband der Pilzsachverständigen (BLP) abgelegt. In Theorie und Praxis hat Pawelczack sich dort unter anderem mit den heimischen Arten, Naturschutz, Risiken und Giften oder dem Verzehr beschäftigt.

Als Absolvent kann er nun sein Wissen in Form von Beratungen weitergeben. "Ich habe festgestellt, dass Pilze für mich das perfekte Hobby sind", erklärt er. "Die haben drei unterschiedliche Aspekte: Die haben etwas mit Wissenschaft zu tun - das finde ich spannend -, die haben etwas mit Draußen-sein in der Natur zu tun und die haben etwas mit gutem Essen zu tun. Alles drei zusammen finde ich doch ziemlich klasse."

Nabu rät Laien: nur Röhrlinge sammeln

Auch der Naturschutzbund (Nabu) empfiehlt Einsteigern, bevorzugt Röhrlinge zu sammeln [nabu.de]. "Sie haben ihren Namen aufgrund der Röhren, die sich unter ihrem Schirm befinden - die Hutunterseite ähnelt einem Schwamm." Aufgrund der eindeutigen Merkmale seien sie gut von potentiell giftigen Pilzen zu unterscheiden. Die Marone zeichne sich durch den braunen Hut und gelben Schwamm aus. "Pilze mit weißen Lamellen sollten Anfänger*innen meide, denn unter ihnen befinden sich tödliche und giftige Arten."

Die deutsche Gesellschaft für Mykologie rät zudem dringend davon ab, sich allein auf eine Smartphone-App zu verlassen. Denn anders als Experten beziehen die Apps zu wenig Merkmale ein [ndr.de].

Auf schlechten Böden beste Erträge?

In seiner Hauptberufung ist Pawelczack Psychotherapeut. Zu abseitig sei seine Sammelleidenschaft deshalb nicht. Denn das bedeutet für den Eberswalder auch Entspannung.

Es sei gut zu wissen, wo man suchen muss. "Nur in Ecken, wo die Böden schlecht oder arm sind, ist es für die Bäume attraktiv, Lebensgemeinschaften mit Pilzen einzugehen. Dann finden wir auch diese Speisepilze, die als Symbiose-Pilze wachsen." Je ärmer also der Boden, zum Beispiel im Kiefernwald, desto reichhaltiger sei die Pilzauswahl. Sogar Baumpilze dürfen in die Pfanne, sagt der Pilzberater. "Der Schwefelporling ist so ein guter Speisepilz. Aber auch da gibt es individuelle Unverträglichkeiten. Das ist allerdings ein vielseitiger und spannender Fleisch-Ersatz."

Archivbild: Gemeiner Schwefelporling (Laetiporus sulphureus), Fruchtkörper an abgestorbenen Baum. (Quelle: dpa/Sommariva)
Bild: imageBROKER

Bei Unklarheit lieber fragen

Das "Schnitzel für Veganer" sei zu finden in einzelnen gelben Fächern am Baumstamm. Dagegen sollten Suchende Pilze mit Buckel auf dem Schirm besser stehenlassen. Als Beispiel nennt Pawelczack den "Spitzgebuckelten Raukopf". Dieser hat einen orangen oder fuchsbraun gefärbten Hut sowie Lamellen. So schön der Pilz auch aussieht, gilt er doch als tödlich giftig und sollte deshalb stehen gelassen werden. "Der Spitzgebuckelte Raukopf greift das Nieren-Gewebe an", erklärt der Berater. "Er macht darüber hinaus aber keine großartigen Symptome. Das heißt, die Nieren sterben quasi ab, ohne dass ich als Betroffener etwas merke."

Bevor unerfahrene Pilz-Jäger also ein giftiges Exemplar erwischen, können sie die Dienste der Experten des Landesverbands wie Steffen Pawelczack in Anspruch nehmen. Die Beratungen sind kostenlos und in den meisten Fällen telefonisch möglich. Eine Übersicht stellt der Verein auf seiner Internetseite zur Verfügung [blp-ev.de]. Viele von ihnen bieten auch geführte Wanderungen an. Und auch Pawelczack plant ab kommendem Jahr Exkursionen um Eberswalde.

Sendung: Antenne Brandenburg, 23.10.2024

Mit Material von Julia Tautz und Tony Schönberg

8 Kommentare

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  1. 8.

    Also sich bin auch etwas vorsichtiger geworden nachdem ich nach dem Genuss einer selbstgesammelten Pilzpfanne mal leichte Vergiftungssymptome hatte. Keine Ahnung, was sich da ins Körbchen 'geschummelt' hat. Es fühlte sich jedenfalls in etwa so an, als ob man einen fetten Joint direkt aus Jamaica durchgezogen hätte. Das war nun nicht übermäßig unangenehm oder gar beängstigend und hatte auch keine weiteren Folgen, kam aber doch sehr überraschend. Bei Älteren od. Kindern hätte es aber vllt. schon zu einer gewissen Panik führen können. Daher immer Obacht beim Pilzesammeln. ;)

  2. 7.

    Ich hab mal Gallenröhrlinge mit Steinpilzen verwechselt. Die Überraschung beim ersten Bissen war echt groß. Nun gucke ich mir die Pilze im Wald nur noch an….

  3. 6.

    Das mag für das Mycel zutreffen, ganz sicher nicht für den Rest, den ich beschrieb.
    Herzlichen Dank für den Link.

  4. 5.

    Dazu gibts eine Langzeitstudie der Schweizer:
    https://www.wsl.ch/fileadmin/user_upload/WSL/Biodiversitaet/Artenvielfalt/Pilze/Pilzreservat_La_Chaneaz/sdarticle.pdf

    Ich verstehe ihre Argumente, aber zum Glück haben die auf das Myzel keine Auswirkungen. Im Gegenteil, das Ernten der Fruchtkörper wirkt eher wachstumsfördernd.
    Auch wie die Fruchtkörper dem Pilzgeflecht entnommen werden, schneiden, herausdrehen oder herausreißen hat überhaupt keinen Einfluss auf das Myzel.

  5. 4.

    Fredi, Fallobst wird gesammelt, nicht gepflückt. Haben Sie noch nie z.B. auf einer Streuobstwiese oder an einer kleinen, alten Landstraße (mit Erlaubnis des Besitzers bzw. der Gemeinde) Äpfel oder Birnen eingesammelt?

  6. 3.

    Ich entstamme einer Pilzsammlerfamilie. Bin aber heute nur noch fotografisch am Sammeln, da ich der Meinung bin, dass wir Menschen es endlich mal lernen sollten, die Natur unberührt und unausgebeutet zu lassen.
    Ich sehe die Sammler mit ihren PKW praktisch direkt in den Wald gurken und dann mit mehr als den erlaubten 2 kg/Person da rauskommen. Entspannung findet sich noch schöner Natur, wo nicht lauter geköpfte Pilzstiele und abgerupfte Kappen aus und auf dem Boden sich finden. Und auch, wo nicht alles jenseits der Wege zertrampelt wird.
    Gut essen kann man auch ohne Pilze aus dem Wald. Und ohne den Kick "giftig" oder "Becquerel" (vor allem Bayern) oder "Schwermetalle".

  7. 1.

    Ich sammel gerne Äpfel etwa aber mit Pilze meine ich, ich kann nie ganz sicher sein dass sie essbar sind.

    Falsche Pilz genossen= Leben vorbei.

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