Folgen der Grenzkontrollen - Słubice demonstriert gegen Verkehrschaos in Grenzstadt
Seit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen 2023 kommt es im polnischen Słubice regelmäßig zu Staus. Der Unmut der Bevölkerung wächst. Am Sonntag haben Anwohner gegen das Verkehrschaos demonstriert. Von Felicitas Montag
Lautes Hupen in Slubice. Ein polnischer Rettungswagen versucht sich seinen Weg durch das Verkehrschaos zu Bahnen. Doch er kommt nicht durch. Anwohnerin Aleksandra Wypij hat solche Szenen schon zwei Mal beobachtet. "Stellen Sie sich vor, im Krankenwagen wäre einer meiner beiden Söhne. Das geht nicht."
Seit einem Jahr kommt es in der polnischen Grenzstadt regelmäßig zu kilometerlangen Staus. Für die Gastronomin Wypij sei das ein Albtraum: "Es geht so nicht weiter. Die Bewohner können öfter nicht nach Hause kommen, weil die Straßen so verstopft sind. Es geht auch um die Unternehmen, die verlieren Kunden."
Auch Wypij ist selbst betroffen: Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie ein Sushi-Restaurant in Grenznähe, eigentlich mit einem Lieferservice. Doch dieser ist wegen des Verkehrschaos derzeit eingestellt. Einen Mitarbeiter habe sie deswegen schon entlassen. Die Unternehmerin sorgt sich aber nicht nur um die Wirtschaft, auch um das deutsch-polnische Miteinander: "Wir leben nicht mehr zusammen, wir sind über die Grenze getrennt. Viele bleiben halt zu Hause und wir haben immer sonst so schön zusammengelebt."
Warum kommt es in Slubice zu kilometerlangen Staus?
Seit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen im Oktober 2023 herrscht in Slubice dieses Verkehrschaos. Nicht die Kontrollen auf der Stadtbrücke seien das Problem, sondern auf der Autobahn A12, sagt der stellvertretende Bürgermeister von Slubice, Tomasz Stefanski. Dort verenge die Bundespolizei kurz hinter der Grenze die Autobahn auf eine Spur und es gelte eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 10 km/h. Dadurch würden die Autofahrer auf Slubice und die Stadtbrücke ausweichen.
"Ich denke, dass eine neue Infrastruktur auf der Autobahn entstehen sollte, zum Beispiel wo die Fahrzeuge kontrolliert werden könnten", sagt Stefanski. "Aus meiner Sicht ist das die optimale, sinnvolle Lösung zum jetzigen Zeitpunkt. Ob das permanent oder vorübergehend funktionieren kann, hängt auch von der deutschen Seite ab. Aber diese Verengung auf der Autobahn muss verschwinden, weil sie die Stadt lahmlegt", so Stefanski.
Gespräche mit verschiedenen Behörden in Polen und Frankfurt (Oder) hätten bereits mehrfach stattgefunden, so Stefanski. Eine Lösung der Stauproblematik gibt es bislang aber nicht. Die Slubicer Stadtverwaltung hat zudem eine Petition ans polnische Innen-und Außenministerium verfasst, worin sofortige Maßnahmen gefordert werden. Es ist eine Art Hilferuf an die polnische Regierung, sich schnellstmöglich mit der deutschen Seite auf eine Lösung zu einigen.
Bürgerinnen und Bürger wehren sich mit Protest
Die Anwohnerin Aleksandra Wypij will nicht länger nur den Staus zusehen. Auf Facebook mobilisiert sie bereits in der Gruppe "Korki Slubice" (Staus Slubice) gegen das Verkehrschaos und teilt regelmäßig Fotos und Videos. Jetzt soll der Protest auf die Straße geholt werden.
In Slubice gingen am Sonntag nach einem Protestaufruf von Aleksandra Wypij rund 100 Menschen gegen Verkehrschaos auf die Straße. "Zu Hause zu sitzen und Kommentare zu schreiben ist immer sehr einfach. Aber wir müssen sichtbar und hörbar sein, weil uns sonst keiner helfen wird", so Wjypij.
Unterstützung bekam Aleksandra Wypij dabei auch von der Stadtverwaltung, betont der stellvertretende Bürgermeister Stefanksi. Er versicherte, dass auch sie den Protest unterstützen: "Wir haben es geschafft, die zuständigen Behörden zu erreichen und wir hoffen, dass diese Signale angekommen sind und analysiert werden."
Sollte es keine zeitnahe Lösung für die Staus geben, könnten die Proteste künftig auch auf die Autobahn ausgeweitet werden, so Stefanski. "Dann werden wir gezwungen sein, die Fahrspuren in beide Richtungen zu blockieren, um zu zeigen, wie weit die Frustration der Einwohner reicht."
Sendung: Antenne Brandenburg, 17.11.2024, 14 Uhr
Mit Material von Felicitas Montag und Oliwia Bak