Kein Wahlkampf in Deutschland - Türkischer Präsident Erdogan plant keinen Besuch in Berlin
In der Türkei wird im Mai gewählt. Wahlkampfauftritte in Deutschland führten zuletzt zu Spannungen. Dieses Mal ist das nicht zu erwarten. Zehntausende Berliner können den Wahlausgang aber mitentscheiden. Von Hasan Gökkaya
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird vor der anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahl in der Türkei wohl keinen Wahlkampf in Berlin führen. Es gebe keine Pläne des Präsidenten oder eines Vertreters der türkischen Regierung Berlin zu besuchen, sagte eine Sprecherin der Türkischen Botschaft in Berlin auf Nachfrage von rbb|24.
Zudem hat das Auswärtige Amt türkischen Mandatsträgern bisher keine Genehmigung für einen Wahlkampfauftritt in Deutschland erteilt. "Auftritte innerhalb von drei Monaten vor dem Wahltermin werden grundsätzlich nicht genehmigt", heißt es dazu vom Auswärtigen Amt. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass gar nicht erst eine Erlaubnis beantragt wird. Eine Antwort der Berliner Innenverwaltung auf eine Anfrage von rbb|24 steht noch aus.
Anfang des Jahres hieß es noch, dass Erdogan Berlin Ende Januar einen Besuch abstatten wollte. Ein Besuch des türkischen Präsidenten hätte womöglich einen brisanten Ausgang nehmen können, da damit gerechnet werden konnte, dass er den Besuch möglicherweise auch zu Wahlkampfzwecken nutzen würde. Sein Ziel: Die mehr als 100.000 türkischen Staatsbürger, die in Berlin leben.
Vielleicht aber nicht nur dafür, wie ein Rückblick auf 2017 zeigt: Damals planten türkische Regierungsvertreter Wahlkampfauftritte in Deutschland, um für Stimmen unter den Deutschtürken zu buhlen. Hintergrund war das anstehende Verfassungsreferendum in der Türkei. Die geplanten Wahlkampfauftritte führten zu einem Streit zwischen der deutschen und der türkischen Regierung. Die Bundesregierung erlies am Ende ein Auftrittsverbot für ausländische Politiker kurz vor anstehenden Wahlen. Diese Regelung gilt auch bis heute: "Wahlkampfauftritte ausländischer Amts- und Mandatsträger bedürfen der Genehmigung der Bundesregierung", heißt es aus dem Bundesinnenministerium.
Zehntausende Menschen in der Region sind wahlberechtigt
Die Situation eskalierte weiter, als Erdogan der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "Nazimethoden" vorwarf - er nutzte die Krise aber auch aus, um innenpolitisch zu profitieren. Am Ende ging das Referendum zu seinen Gunsten aus, Erdogan verfügt seitdem als Staatspräsident über mächtige Exekutivrechte und kann das Land quasi im Alleingang regieren.
Tatsächlich hat aber der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen bereits "Besorgnis" ausgedrückt, weil ein Politiker von Erdogans Regierungspartei jüngst in Neuss eine aggressive Rede hielt [fr.de]. Es wird angenommen, dass der Politiker damit um Stimmen im Ausland werben wollte. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf prüft derzeit, ob eine Straftat vorliegt. Das Auswärtige Amt teilte rbb|24 dazu mit, dass die türkische Botschaft nach dem Vorfall "deutlich auf die bestehende Regelung zur Genehmigung von Wahlkampfauftritten hingewiesen" wurde.
Gewählt wird in Charlottenburg-Wilmersdorf
Bekanntlich leben Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland. Es besitzen aber nicht alle die türkische Staatsbürgerschaft, die Vorraussetzung ist, um an der Präsidentschafts- und Parlamentswahl teilzunehmen.
Bundesweit gibt es etwa rund drei Millionen Türkeistämmige. Davon besitzen 1,4 Millionen die türkische Staatsbürgerschaft und sind mindestens 18 Jahre alt. In Berlin sind es insgesamt rund 101.000 Menschen [statistik-berlin-brandenburg.de], in Brandenburg 5.300.
In der Türkei findet die Wahl zwar am 14. Mai statt. In Deutschland beginnt der Urnengang für türkische Staatsbürger jedoch bereits am 27. April, wie die türkische Rundfunkgesellschaft TRT berichtet [trtdeutsch.com]. Der letzter Wahltag für diese Gruppe ist demnach der 9. Mai.
Die Stimmen können in türkischen Auslandsvertretungen und an Grenzübergängen abgegeben werden. In Berlin wird vermutlich wieder das türkische Generalkonsulat an der Heerstraße 21 (Charlottenburg-Wilmersdorf) als Wahllokal dienen. Allerdings ist nur wahlberechtigt, wer auch im Wählerverzeichnis registriert ist. Wer dort nicht zu finden ist, kann dies wohl auch nicht mehr nachholen, da die Frist dafür am 2. April ablief.
Berlin - ein Exil für türkische Intellektuelle
Erdogan regiert die Türkei seit mehr als 20 Jahren, zuletzt mit immer härterer Hand. Viele Akademiker haben das Land verlassen, weil sie sich bedroht fühlen. Berlin ist seit Jahren ein Exil für bekannte türkische Journalisten, darunter Can Dündar.
Bei der kommenden Wahl stellt sich Erdogan ein starkes Oppostionsbündnis entgegen, angeführt von der Mitte-Links-Partei CHP. Tatsächlich muss Erdogan um eine Wiederwahl bangen, da unter anderem die Wirtschaftskrise den Menschen immer weiter zusetzt.