8. Mai in Brandenburg - Gedenken ohne russische Offizielle

Mo 08.05.23 | 08:27 Uhr | Von Michael Schon
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Blumen wachsen zwischen den Grabsteinen des Sowjetischen Ehrenfriedhofes auf dem Bassinplatz in Potsdam. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
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Video: rbb|24 | 08.05.2023 | J. Kienbaum | Im Gespräch: C. Hölscher | Bild: dpa/Soeren Stache

An verschiedenen Orten erinnert Brandenburg am 8. Mai an die Befreiung vom Nationalsozialismus durch die Rote Arme. Doch wie genau ist das möglich, wenn Russland einen Krieg gegen die Ukraine führt? Von Michael Schon

  • Landtagspräsidentin: Gedenken mit offiziellen Vertretern Russlands verbietet sich
  • Perspektive Polens steht im Zentrum von Brandenburgs offizieller Gedenkfeier
  • Potsdam erwartet zahlreiche russische Gäste beim Gedenken der Landeshauptstadt

Im Innenhof des Landtags werden am Montag Töne der Turmbläser Potsdam zu hören sein. Darius Pawłoś, Botschafter der Republik Polen, wird eine Rede zur Rolle seiner Landsleute bei der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus halten. Offizielle Vertreter der Russischen Föderation aber werden nicht anwesend sein bei der offiziellen Gedenkveranstaltung des Landes Brandenburg. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) hat sie nicht eingeladen.

Ein Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs ohne Russland – für viele Menschen in Brandenburg mag das nach wie vor schwer vorstellbar sein. Für die Landtagspräsidentin aber gibt es keine Zweifel: "Wir sind sensibilisiert durch 14 Monate Krieg in der Ukraine. Es werden neue Gräber ausgehoben für Zivilisten, für junge Menschen." In dieser Situation, in der keine Verhandlungsbereitschaft auf Seiten des "russischen Aggressors" bestehe, verbiete sich ein Gedenken mit offiziellen Vertretern Russlands, so Liedtke. Es schließe aber individuelles Gedenken von Menschen mit russischen Wurzeln oder russischer Staatsangehörigkeit nicht aus.

Die offizielle Linie Brandenburgs gegenüber Russland an diesem 8. Mai ist also eindeutig. Viele Teilnehmer wird das Gedenken an den Denkmalen zur Befreiung von Nationalsozialismus in diesem Jahr erneut nachdenklich machen: Blumen niederlegen an sowjetischen Ehrenmalen? In Zeiten des Ukraine-Krieges?

Gedenken als Mahnung zu Frieden und Verständigung

Auch die Landeshauptstadt Potsdam hat am Montag zum Gedenken geladen. Auf dem Bassinplatz am sowjetischen Ehrenfriedhof wird Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) eine Ansprache halten. Der 8. Mai verpflichte, Frieden, Freiheit und Demokratie zu erwirken und für Verständigung zwischen Menschen und Nationen zu sorgen, heißt es in der Einladung. Das Gedenken an die millionenfachen Opfer des Zweiten Weltkriegs und des Nationalsozialismus schließe auch die Mahnung für einen aktiven Einsatz für Frieden und Verständigung ein.

Die Veranstaltung wird traditionell auch von vielen Menschen mit russischen Wurzeln besucht. Die "Brandenburgische Freundschaftsgesellschaft" ist Mitorganisatorin des Gedenkens, eine Nachfolgeorganisation der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft in der DDR. Sie hat sich klar vom russischen Krieg in der Ukraine distanziert.

Dennoch sei die Lage vor der Gedenkveranstaltung nicht einfach, sagt Tobias Büloff, wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Erinnerungskultur der Stadt Potsdam. "Natürlich gibt es Spannungen in der Stadt. Und es mag sein, dass da Menschen stehen, die Anhänger der Kreml-Politik sind." Wie die Mahnung zum Frieden bei denen ankommt? Er habe den Eindruck, dass an diesem Tag zumindest das Gedenken an die Opfer des Krieges ein verbindendendes Element sei, sagt Büloff. "Als Stadt versuchen wir, auf das historische Ereignis zu verweisen und das Opfergedenken in den Mittelpunkt zu stellen." Potsdam sei darauf bedacht, dass die Veranstaltung nicht von der russischen Seite vereinnahmt werde. Die Polizei werde vor Ort sein.

Siegesfahne der Roten Armee kann verboten werden

Eine Orientierungshilfe, wann bei Veranstaltungen an öffentlichen Totengedenkstätten Grenzen überschritten sind, gibt Brandenburgs Innenministerium. In einem Rundschreiben an Landräte und Oberbürgermeister, das nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine verschickt wurde, weist es darauf hin, dass beispielsweise das "Z-Zeichen" als Symbol der Solidarisierung mit Russlands Angriff verboten werden könne. Gleiches gelte für die Flagge der UdSSR und die Siegesfahne der Roten Armee. Beide werden als Zeichen von Putins Machtstreben gewertet, Russland in den Grenzen der Sowjetunion wiederherzustellen. Auch Kennzeichen der sogenannten "Nachtwölfe" können verboten werden. Der nationalistische und putinnahe russische Motorradclub hat sich auch in diesem Jahr wieder auf dem Weg nach Berlin gemacht, seine Route führt unweigerlich durch Brandenburg.

Eine mögliche Vereinnahmung von Gedenkfeiern durch Kreml-Sympathisanten oder offizielle Vertreter Russlands verurteilt auch die Deutsche Stiftung Aufarbeitung. In einer Erklärung heißt es: "Es ist eine Tragödie, dass die letzten ukrainischen Überlebenden des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion heute von den Bomben und Raketen Russlands bedroht sind." Der Schwur "Nie wieder Krieg" sei von Russland in unvorstellbarer Weise gebrochen worden.

Landtagspräsidentin Liedtke weist darauf hin, dass die Rote Armee nicht die russische Armee gewesen sei, zu ihr hätten beispielsweise polnische Divisionen gehört. "Jeder zehnte Soldat in der Schlacht um Berlin war ein Pole", sagt Liedtke. Deshalb stelle der Landtag in diesem Jahr mit der Einladung des polnischen Botschafters den Blick seines Landes in den Mittelpunkt des Gedenkens, das die Wehrmacht von Beginn des Krieges an unter Beschuss genommen habe. "Das nimmt den Befreiern der Roten Armee nichts weg", so Liedtke. "Es erweitert die Perspektive."

Sendung: rbb|24, 08.05.23, 13:00 Uhr

Beitrag von Michael Schon

92 Kommentare

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  1. 92.

    Ich schrieb doch für Deutschland, und nicht für die Deutschen. Es gibt doch nicht DIE Deutschen, genauso wie es nicht DIE Tschechen usw. gibt.

  2. 91.

    "Tja, so ist es, für Deutschland ist der 8.Mai der Tag der Niederlage."

    Für viele Deutsche war es der Tag der Befreiung!

    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/05/zweiter-weltkrieg-kapitulation-kriegsende-berlin-juedin-winkelmann-untergrund.html

  3. 90.

    Da kann man ihnen nur zustimmen. Putin ist wirklich im Stadium des St. Petersburger Straßenschlägers stehen geblieben.

  4. 89.

    Ich bin immer wieder verblüfft, was für unreife, erwachsene Menschen immer wieder in politische Ämter kommen.

  5. 88.

    Es gab Austausch mit Indien, sogar direkte Gespräche mit der Reichskanzlei und mindestens einen Staatsbesuch. Indien versprach sich durchaus viel von deutscher Hilfe bei der Befreiung vom Empire. Dort sind auch Langstrecken-U-Boote hingefahren (und natürlich Richtung Japan und alle umliegen Gewässer).

  6. 87.

    Der Kaukasus, gut von mir aus Eurasien, ist auch für die Definition von Weltkrieg irrelevant, wenn wir uns bei Europa und Afrika einig sind?
    Wenn nicht, dann rechnen sie die von Deutschland unterstützte japanische Invasion noch dazu, dann haben wir sicher Asien mit im Portfolio Hitlers.

  7. 86.

    Schon wieder falsch. Sie sollten nicht ihrer Ideologie sondern den Tatsachen folgen.
    Der Einmarsch der Deutschen Wehrmacht und der Roten Armee in Polen erfolgte aufgrund eines geheimen Zusatzabkommens zum Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23. August 1939. In diesem Zusatzabkommen teilten beide Regierungen Polen unter sich auf und beschlossen den Einmarsch. Das die Rote Armee 17 Tage später in Polen einmarschierte ist dabei unerheblich.
    Der deutsche Überfall auf die anderen Staaten Europas der Westfeldzug begann erst am 10.Juni 1940.
    Sie sollten sich der Tatsache stallen, dass Deutschland und die Sowjetunion fast zeitgleich und nach einem gegenseitigen Abkommen den Überfall auf Polen und deren Aufteilung beschlossen haben. Die von Deutschland weiteren Überfälle auf andere Länder erfolgten erst 1940.
    Der Deutsch-Sowjetische Nichtangriffspakt wurde erst von Deutschland mit dem Einmarsch in die Sowjetunion am 21. Juni 1941nichtig. Bis dahin galt dieser Vertrag.

  8. 84.

    Zitat: "Wenn die Flagge der UdSSR und der Roten Armee verboten sind, zeigt das ein klares Signal an alle, dass für die Landes- und Bundesregierung 8 Mai ein Niederlage-Tag ist."

    Wie kommen Sie zu dieser Behauptung, Martin? Der 8. Mai gilt offiziell nach wie vor als "Tag der Befreiung". Mir zumindest ist nicht bekannt, dass dieser Gedenktag nach dem Russischen Überfall auf die Ukraine zum "Tag der Niederlage" umgewidmet wurde.
    Und auch wenn Sie hier für "alle" zu sprechen meinen, betrifft Ihre bewusste Fehlinterpretation ganz sicher nur einen kaum messbaren Teil der Bevölkerung Deutschlands. Wie es damit in Russland aussieht, ist aktuell nicht von Belang. Wofür sich die Angehörigen der Sowjetischen Kriegsopfer gerne bei Putin bedanken können.

  9. 83.

    Die Wehrmacht war in Asien?

    Aber auch interessant wie man die Angriffs und Eroberungskriege Stalins so einfach wegignorieren kann....und am Ende ist er auch noch der Große Befreier, der nebenbei mehr als ein halbes dutzend Völker zusätzlich unterdrückt....

  10. 82.

    Also auch für sie nochmal ganz langsam und so werden sie es überall nachlesen können, der 2. Weltkrieg begann nicht mit dem Überfall Stalins auf Polen, sondern 17-Tage früher durch Deutschland.
    Und warum nennen wir den Überfall Stalins in Polen nicht Weltkrieg? Weil dieser Teil Polens nicht die Welt ist. Im Gegensatz zu Stalin hat Hitler weite Teile Europas, Asiens und Afrikas verheert.

  11. 80.

    Kleiner Hinweis: Putin wurde am 7. Oktober 1952 geboren, also 7 Jahre nach der Beendigung des II. Weltkriegs. Das ist einfaches Rechnen.

  12. 79.

    Ich wollte Ihnen eine Freude machen ...
    Sie haben natürlich recht. Wollte erst anders schreiben.

  13. 78.

    Sie sollten dringend ihre Geschichtskenntnisse erweitern.
    Am 17. September 1939 marschierte die Rote Armee in Ostpolen ein. Beide Armeen, die Großdeutsche Wehrmacht und die Rote Armee hielten am 22. September1939 eine gemeinsame Parade in Brest-Litowsk ab. Von deutscher Seite nahm der General der Panzertruppen Heinz Guderian und von sowjetischer Seite der Brigadekommandeur Semjon Kriwoschein die gemeinsame Parade ab.
    Sie sollten sich wirklich informieren bevor sie wieder falsche Meldungen in die Welt setzen und Falsches behaupten.

  14. 77.

    Nicht?

    Ich kenne eigentlich nur 2 eventuell 3.

    Serbien, dann eventuell noch Ungarn, Orban spielt recht häufig die harte Nationalismuskarte und eben Russland.

    (Türkei mal nicht mitgezählt, Armenien-Aserbaidschan auch nicht)

    Wo gibt es denn noch relevante politische Kräfte die Grenzen verschieben wollen?

  15. 76.

    So mit rechnen und so....

    Statt rechnen (Putin ist 70) hilft auch googeln.

  16. 75.

    War da nicht was mit Schweiz und AFD Spenden und Wahlkampangnen im AFD Look aus der Schweiz?

  17. 73.

    Genauso ist es, der Krieg hätte bereits im Keim erstickt werden können, wenn man es wirklich gewollt hätte.

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