Beratungen zum Doppelhaushalt - Berliner Senat erwägt offenbar deutliche Einsparungen bei Radwegen

Di 04.07.23 | 05:57 Uhr | Von Jan Menzel
  168
Archivbild: Blick auf einen fast fertigen, aber für ungültig erklärten Radweg in der Ollenhauerstraße im Bezirk Reinickendorf. (Quelle: dpa/J. Carstensen)
Bild: dpa/J. Carstensen

Die CDU-geführte Verkehrsverwaltung hat jüngst die Radweg-Projekte in Berlin vorerst auf Eis gelegt - jetzt sollen offenbar auch die entsprechenden Mittel deutlich heruntergefahren werden. Experten in der Mobilitätsverwaltung schlagen Alarm. Von Jan Menzel

  • Finanzverwaltung fordert Kürzungen zwischen 40 und 60 Prozent
  • Experten in Verkehrsverwaltung warnen davor, Radwegeausbau abzuwürgen
  • Position von Verkehrssenatorin Schreiner unklar
  • Berlin droht Verlust von Bundesmitteln

Wären Haushaltsberatungen ein Radrennen, dann lägen die verschiedenen Senatsverwaltungen jetzt auf den letzten Metern. Der Entwurf für den Doppelhaushalt 2024/25 steht in seinen wesentlichen Zügen. Alle Fach-Senatoren waren beim obligatorischen "Chefgespräch" mit Finanzsenator Stefan Evers (CDU). Kommende Woche soll dann der Senat das Zahlenwerk beschließen.

Radfahrende und Radaktivisten treibt aber spätestens seit dem Radwege-Stopp von Mobilitätssenatorin Manja Schreiner (CDU) die Sorge um, sie könnten auf der Strecke bleiben. Senatsinterne Unterlagen für den geplanten Doppelhaushalt, die dem rbb vorliegen, zeigen, dass diese Befürchtung nicht unbegründet ist.

Finanzverwaltung will Kosten halbieren - Experten warnen

Für das nächste und übernächste Jahr droht demnach eine deutliche Reduzierung der Mittel im Radwege-Bereich. Die Finanzverwaltung hat in den üblichen Abstimmungsrunden mit der Verkehrsverwaltung Kürzungen zwischen 40 und 60 Prozent gefordert. Diese Spar-Vorgaben stoßen bei den Fachleuten in der Mobilitätsverwaltung jedoch auf Widerspruch.

Die Experten warnen eindringlich davor, dass bestehende Finanzierungszusagen für Radprojekte in den Bezirken nicht eingehalten werden können, wenn es bei den Kürzungen bleibt. Ohne mehr Geld gebe es auch "keine Spielräume für neue/zusätzliche Maßnahmen", schreiben sie in einer schriftlichen Stellungnahme.

Sanierung und Neubau wären betroffen

Konkret betroffen von den Kürzungsüberlegungen ist das Bezirks-Sonderprogramm für die Sanierung von Radwegen und eher einfache Maßnahmen in diesem Bereich. Hier hatte die seinerzeit noch von Grünen-Politikerin Bettina Jarasch geführte Verkehrsverwaltung 15 Millionen Euro für 2024 und 22 Millionen Euro für 2025 veranschlagt. Die Finanzverwaltung mit dem neuen Senator Evers fordert dagegen eine Halbierung auf 9 beziehungsweise 9,5 Millionen Euro pro Jahr.

Bei den großen Investitionsvorhaben – hier geht es vor allem um den Neubau von Radwegen – verhält es sich ähnlich. Ursprünglich waren 12 beziehungsweise 16 Millionen Euro für die beiden Jahre vorgesehen. Die Finanzverwaltung spricht sich dafür aus, nur etwa halb so viel auszugeben. Die Experten in der Mobilitätsverwaltung warnen deshalb vor einem Abwürgen des Radwegebaus, der sowohl bewilligte Maßnahmen als auch neue Projekte betreffen würde.

Position von Senatorin Schreiner unklar

Dass in Haushaltsberatungen die Finanzverwaltung stets restriktiver auftritt als die jeweiligen Fachverwaltungen, ist durchaus üblich und gehört sozusagen zum Geschäft. Unklar ist dagegen, wie sich die neue Mobilitätssenatorin Schreiner in ihren Verhandlungen mit dem Finanzsenator positioniert hat. Schreiners Verwaltung hatte den Prüf-Stopp für alle Radprojekte bereits mit einer Priorisierung und der finanziellen Situation Berlins begründet. Das könnte darauf hindeuten, dass die Senatorin beim Radwegebau künftig mit weniger Geld kalkuliert. Eine Sprecherin der Mobilitätsverwaltung wollte sich dazu nicht äußern.

Die Sprecherin der Finanzverwaltung verwies darauf, dass die Haushaltsberatungen noch nicht abgeschlossen seien. "Grundsätzlich kann ich mitteilen, dass wir mit unseren Ansätzen für 2024 und 2025 weit oberhalb der Ist-Ausgaben von 2022 liegen", sagte sie weiter. Das klingt zunächst so, als würde es mehr Geld für den Radverkehr geben. Am Ende könnte sich hinter der Formulierung "weit oberhalb der Ist-Ausgaben von 2022" aber doch die befürchtete Kürzung verbergen.

Geht Berlin damit bei Bundesmitteln leer aus?

Denn 2022 war bezogen auf den Landeshaushalt ein besonderes Jahr. Aufgrund der Koalitions- und Senatsbildung nach der Abgeordnetenhauswahl 2021 verzögerte sich damals der Haushaltsbeschluss. Als Konsequenz rutschte Berlin in der ersten Jahreshälfte in die vorläufige Haushaltswirtschaft. Für die Verwaltungen war das eine Quasi-Haushaltssperre. Damit konnten zum Teil keine Aufträge mehr erteilt werden und auch keine Mittel abfließen. 2022 wurden im Rad-Bereich für einfache und große Bauvorhaben zusammen nur rund neun Millionen Euro abgerufen. In etwa die gleiche Summe blieb ungenutzt liegen.

Die Fachleute der Mobilitätsverwaltung prognostizieren aber, dass die Mittel ohne vorläufige Haushaltswirtschaft wieder besser abgerufen werden. Die Bezirke hätten zudem mehr offene Stellen mit Radplanern besetzt. Das könnte dafür sprechen, dass mehr Radwege geplant und gebaut werden können.

Den Experten zufolge läuft Berlin aber auch Gefahr, künftig bei Bundesmitteln aus dem Förderprogramm "Stadt und Land" leer auszugehen. Dabei handelt es sich um Radprojekte, bei denen der Bund Dreiviertel der Kosten übernimmt. Den Rest muss Berlin zuschießen. Damit diese Fördergelder in Anspruch genommen werden können, dürften die Ansätze im Haushaltsentwurf aber nicht so stark abgesenkt werden, mahnen die Mobilitätsexperten.

Sendung: rbb24 Abendschau, 03.07.2023, 19:30 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Beitrag von Jan Menzel

168 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 168.

    Skandalös, was diese neue Regierung unserer Zukunft antut.
    Wann wird endlich die perverse Autoindustrie und die verantwortungslose Nutzung von viel zu großen Autos reguliert?

  2. 167.

    Weiß das Finanzamt, dass Sie keine Steuern zahlen? Falls Sie doch welche zahlen, wissen Sie wofür die ausgegeben werden?

  3. 166.

    Die Finanzierung ist bereits vorhanden. Die Gelder existieren aber werden nicht abgeschöpft.

    Ihre Forderungen sind einfach Quark, der vom eigentlichen Problem ablenken soll.

    Es erinnert mich immer ein wenig an das Argument, wenn Fahrradfahrer Helm und Licht hätten, gäbe es keine Unfälle mehr. Jetzt haben Fahrradfahrer mehrheitlich Helm und Licht aber die Unfälle sind trotzdem nicht zurückgegangen. Jetzt fordern sie Nummernschilder - dann wird es diese geben und meinen Sie wirklich, die Unfälle hören dann auf? Nein. Weil die Ursachen erwiesener Massen andere sind. Also bitte bleiben Sie einfach sachlich und fokussiert.

  4. 165.

    Ein Aufschrei bei den Prinzip-Nörglern und Radfahrern, die nur ihr eigenes Ich im Kopf haben oder einfach nur sinnfrei meckern wollen. Das Steuergeld ist eben nicht unendlich und Wichtiges muss von Unwichtigem getrennt werden, ob´s passt oder nicht. Wenn ich über meine Verhältnisse lebe, muss ich mich auch anpassen und umdenken.
    Es sind noch nicht einmal 5 Monate um und schon wird genörgelt und schwarzgeredet, weil der neue Senat noch nicht geliefert hat. Geht´s noch? Jeder, der der Meinung ist, es besser machen zu können, sollte sich bei der nächsten Wahl für seinen Wahlkreis aufstellen lassen. In die Polkitik kommt man auch ohne Arbeitserfahrung oder Grips - wie die Ampel beweist.

  5. 164.

    Die Finanzierung ist bereits vorhanden. Die Gelder existieren aber werden nicht abgeschöpft.

    Ihre Forderungen sind einfach Quark, der vom eigentlichen Problem ablenken soll.

    Es erinnert mich immer ein wenig an das Argument, wenn Fahrradfahrer Helm und Licht hätten, gäbe es keine Unfälle mehr. Jetzt haben Fahrradfahrer mehrheitlich Helm und Licht aber die Unfälle sind trotzdem nicht zurückgegangen. Jetzt fordern sie Nummernschilder - dann wird es diese geben und meinen Sie wirklich, die Unfälle hören dann auf? Nein. Weil die Ursachen erwiesener Massen andere sind. Also bitte bleiben Sie einfach sachlich und fokussiert.

  6. 163.

    Sehr gut Herr Wegner,endlich wieder solide Haushaltspolitik für Berlin.
    RRG konnte nur Geld rausschmeißen, immer mehr Schulden aufnehmen.

  7. 162.

    Antwort auf Sabine
    Ich kenne den Brunsbüttler Damm habe in Spandau gearbeitet lange im Grässe Weg und musste auch dort immer lang unten ist der Radweg ok weiter oben stimmt da ist einiges zu sanieren.
    Deshalb wenn wir Radfahrer Steuern zahlen haben wir auch Ansprüche.
    Ist ja mein Reden also kämpfen Sie mit für Fahrradfahrer Steuern und Kennzeichen.

  8. 161.

    In anderen Ländern setzt man sich in der Tat für eine "zeitgemäße Verkehrsinfrastruktur" ein. Man schaue nach Wien oder Paris, die den ÖPNV massiv ausgebaut haben oder gerade dabei sind. Sogar Kopenhagen hat eine U-Bahn gebaut, weil man die Grenzen des Rades als Mittel für eine Verkehrswende erkannt hat. Straßenbahnen erleben weltweit eine Renaissance. BTR als Vorstufe kommen auch immer mehr in Mode. Es ist halt etwas komplexer, dem Autofahrer eine Alternative anzubieten als nur konzeptlos Verkehrsraum auch zu Lasten den ÖPNV dem Radverkehr zu widmen.

  9. 160.
    Antwort auf [Jan] vom 04.07.2023 um 08:35

    " Verschuldung für die vermeintliche Verkehrswende auf Lasten von Schulen und Bäderbetriebe explodieren lassen hat."

    Verkehrswende auf Lasten von Schulen und Bäderbetrieben ???? Glauben Sie wirklich was Sie hier schreiben ??? Und wird jetzt unter dem CDU geführten Senat tatsächlich eine Politik für " Alle " gemacht werden oder gar eine Verkehrswende die den Namen auch verdient und längst überfällig ist ???? Ich habe daran starke Zweifel !!!!!

  10. 159.

    Sie schreiben es: „ zeitgemäße Verkehrsinfrastruktur“ und nicht eine Beeinträchtigung eines Verkehrsteilnehmers.
    ALLE haben das Recht, sich auf dieselbe oder andere Art fortzubewegen.
    Und ehrlich: wozu brauchen wir Radwege, wenn ein Großteil der Radfahrer die Bürgersteige benutzen und somit den schwächsten Verkehrsteilnehmer, den Fußgänger, bedrängen, belästigen und in Gefahr bringen

  11. 158.

    Danke für Ihre ehrliche Anmerkung. Es gibt sie doch - die realistischen Radfahrer ;-)

  12. 156.

    Das ewige selbe Geheule was damals mal war und wie (un)fortschrittlich RRG war. Es geht allen gut wenn es der Wirtschaft gut geht (Jobs, Geld, Wohlstand). Was SPD/Grüne tun war noch nie fortschrittlich und ging nie gut aus, egal ob Bund oder Berlin. Gut das ein Großteil CDU wählte und keine „Zählergemeinschaft“ die allein nichts raffen

  13. 155.

    In Amsterdam lachen sie uns aus für dieses Armutszeugnis.

    Man hört immer nur von allen Seiten, wie toll unsere europäischen Nachbarn mit Energiewende, Bildung und öffentlicher Infrastruktur usw. umgehen, aber die Zukunftsfähigkeit Deutschlands wird nur noch von ewig gestrigen Lobbyisten blockiert.

  14. 154.

    Die cDU hat keine eigene Mehrheit sondern ist durch das Umfallen der SPD in die Regierung gekommen. Bitte nicht vergessen.

  15. 153.

    Diepgen war ein sehr guter Regierender Bürgermeister.

  16. 152.

    Hören Sie doch mal mit diesen ollen LKW-Kamellen auf.
    LKW bringen uns Nahrungsmittel und Güter des täglichen Bedarfs ins Stadtzentrum.
    Und ich möchte auch nicht, dass LKW-Fahrer ständig bei ihrer Arbeit von linksgrünen Verkehrsbehinderungen genervt werden.
    Sie haben eh schon einen anstrengenden Job.

  17. 151.

    Um Geldverschwendungen zu vermeiden, finde ich es völlig ok, wenn bisher geplante Projekte auf dem Prüfstand landen. Es muss eine Prioritätenliste für Berlin geben. Was ist kurzfristig wohl wichtiger: Radwege, die sinnfrei sind und nur EINE Bevölkerungsgruppe befriedigen oder evtl. doch dafür Schulen auf Vordermann bringen, den Öffi für ALLE fit machen, die Außenbezirke besser anbinden etc.? Jeder, der über den Tellerrand schauen kann, hat die Antwort parat. Ja, vorhandene Radwege sanieren und neue installieren, wo es Sinn für den gesamten Straßenverkehr ergibt, ist wichtig. Doch der vorherige Senat hat auf Teufel komm raus neue Radwege geplant. Ob´s Sinn machte oder nicht.
    Deshalb: ALLES auf den Prüfstand und Prioritäten setzen...auch wenn das Gejammere bei den GRÜNEN und LINKEN wahrscheinlich unendlich ist.

  18. 150.
    Antwort auf [Jan] vom 04.07.2023 um 08:35

    Immerhin hat Grüne Politik dafür gesorgt, dass die Wähler die CDU auf 28,2% hochkatapultiert haben.
    Also dem besten Berlin-Ergebnis seit 24 Jahren.
    Die Wähler wollten eine neue vernünftige Mobilitätspolitik.
    Und die bekommen sie jetzt dank Manja Schreiner und Kai Wegner.

  19. 149.

    Ok, dann radle ich eben weiter auf dem Gehweg, da der Radweg entlang des Spandauer Damms/Charlottenburger Chaussee streckenweise in einem unsäglichen Zustand ist und teilweise sogar schon gesperrt ist. Auf die Fahrbahn werde ich ganz sicher nicht ausweichen. Danke CDU!

Nächster Artikel