Aus Kostengründen - Neuköllner Schulen vorerst ohne Wachschutz

Mi 30.08.23 | 21:14 Uhr
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Symbolbild: Die Tische in einem Klassenraum im Albert-Schweitzer-Gymnasium in Neukölln (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Bild: dpa/Annette Riedl

Nach vielen Jahren endete zum Start des neuen Schuljahres der Wachschutz an zwölf Neuköllner Schulen - aus Kostengründen. Besonders eine Schule am Hermannplatz sorgt sich nun um die Sicherheit ihrer Schülerinnen und Schüler.

Für insgesamt zwölf Neuköllner Schulen beginnt die erste Schulwoche des Jahres mit einer großen Veränderung: Ihnen wurde der langjährige Sicherheitsdienst gekürzt. Schulen wie das Albert-Schweitzer-Gymnasium am Hermannplatz konnten sich seit 2007 fast durchgehend auf einen Wachschutz verlassen. Die Schulen liegen in der Nähe besonders kriminalitätsbelasteter Orte.

Betroffene reagieren mit großem Unverständnis auf die Entscheidung des Bezirks. Eltern, Lehrer und Schüler mehrerer Neuköllner Schulen demonstrierten wegen der Kürzung des Sicherheitsdienstes am Mittwochnachmittag vor dem Rathaus des Bezirks und besuchten die anschließende Bezirksverordnetenversammlung, um ihre Unzufriedenheit auszudrücken. Zuvor hatte der Tagesspiegel (externer Link) über die Kürzung des Wachdienstes berichtet.

"Das gefährdet die Sicherheit der Kinder"

Die Schülerinnen und Schüler, die am Nachmittag vor dem Rathaus demonstrierten, hielten Plakate mit Aufschriften wie "Wir wollen uns in der Schule sicher fühlen" hoch. Besonders viele von ihnen gehen auf das Albert-Schweitzer-Gymnasium. Dessen Schuldirektorin, Karin Kullik sagt dem rbb: "Wir befürchten, dass unerwünschte Personen, Suchtkranke, psychisch kranke, vielleicht aggressive Menschen, die am Hermannplatz anzutreffen sind, wieder in die Schule kommen könnten. Das ist schon mal passiert, als der Wachschutz fehlte. Damals (Anm. d. Red.: 2012) hatten wir zwei suchtkranke Menschen auf der Toilette."

Auch Zerrin Duran, die Gesamtelternsprecherin des Albert-Schweitzer-Gymnasiums äußert sich entsetzt: "Das gefährdet die Sicherheit der Kinder und des Schulpersonals", sagt sie dem rbb. Ihr Sohn gehe in die 11. Klasse, wäre er aber jünger, würde sie deshalb überlegen, ihn von der Schule zu nehmen. Eine andere Mutter sagt der rbb24 Abendschau: "Manchmal ist der Schulweg schon nicht so schön, mit dem U-Bahnhof am Hermannplatz. Die Sorge ist, dass es jetzt auch in der Schule weiter geht."

Bezirksstadträtin: "Wir haben dieses Geld einfach nicht mehr"

Der Bezirk begründet die Kürzungen mit fehlendem Geld. Der Wachdienst koste rund 700.000 Euro im Jahr, sagt die Neuköllner Bezirksstadträtin für Bildung, Karin Korte (SPD). Für dieses Kalenderjahr seien bereits 450.000 Euro ausgegeben, nachdem erhoffte Rückzahlungen im Sommer nicht gekommen wären, habe man den Wachdienst kurzfristig kürzen müssen.

Die Proteste von Eltern, Schülern und Lehrkräften könne sie verstehen, so Korte. Ändern könne sie es aber nicht, sie habe das Geld dafür nicht. "Wir haben uns den Wachschutz seit vielen Jahren geleistet in Neukölln, indem wir immer wieder versucht haben, Mittel zu finden durch Querfinanzierung. In diesem Jahr ist es aber so, dass wir dieses Geld einfach nicht mehr haben", sagte Korte. Sie könne nicht an den Lehrmitteln oder am Mittagessen sparen, um eine Querfinanzierung hinzukriegen.

Korte sagte, sie wünsche sich, dass der Senat mehr Geld bereitstelle, damit der Wachschutz zumindest in den Jahren 2024 und 2025 wieder finanziert werden könne.

Zwei Tage ohne Wachschutz sorgten schon für Probleme

Kurzfristig müssen wohl andere Lösungen gefunden werden. Am Albert-Schweitzer-Gymnasium und dem ebenfalls besonders schutzbedürftigen Albrecht-Dürer-Gymnasium (in der Nähe des S-Bahnhof Neukölln) könnten beispielsweise verbesserte Schließanlagen an den Türen installiert werden, stellt Bezirkstadträtin Korte in Aussicht.

Vorerst muss sich das Kollegium im Albert-Scheitzer-Gymnasium aber anders organisieren. Schon an den ersten Tagen seit dem Wegfallen des Wachschutzes sei es dazu gekommen, dass Personen in die Schule eindringen wollten, schildert ein Lehrer. "Den Schulbetrieb, wie wir ihn haben wollen, mit einer sicheren Atmosphäre, den kann ich im Moment nicht gewährleisten", sagt Schuldirektorin Kullik.

Sendung: rbb24 Abendschau, 30.08.2023, 19.30 Uhr

39 Kommentare

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  1. 39.

    Antwort auf "Vater" vom Donnerstag, 31.08.2023 | 06:12 Uhr
    "Aber kein Geld für den Schutz von Kindern!" Aber.... die Gefahr für die Kinder ist doch nicht auf die Schule beschränkt, sonder latent immer, auch für Erwachsene da. Der Wachschutz ist ja nicht rund um die Uhr präsent. Vielleicht sollte man auf die abschreckende Wirkung von Videoüberwachung der Schulgelände und mehr Polizeipräsenz bauen?

  2. 38.

    Das ist die neue Normalität, die diesem Land so gut tut. Auch der Bundespräsident ist begeistert und völlig aus dem Häuschen, wenn es um das beste Deutschland geht, dass es jemals gegeben hat. Er genießt sogar Personenschutz.

  3. 37.

    Ach ja, der Schutz für Kinder vor den "durchgekanlten " Erwachsenen in bestimmten Lagen in Berlin?
    Die Erwachsenen und Jugendlichen in einigen Lagen sind das Problem, und das ist nur ein Berlin speziefisches Problem.
    Dieses Problem liegt insbesondere an Politik des jeweiligen Bezirks, wenig am Senat, und schon gar nicht am Bund, der hier in Berlin nur am Ausbau der Autobahn, und Unterhaltung der Bundesstraßen verantwortlich ist.

  4. 36.

    Fragt sich nur wer das bezahlen soll!? Des Weiteren ist das Wegziehen auch nicht so einfach. Auch da die Frage nach bezahlbarem Wohnraum! Auf Dauer wird die Frage ob „ wir das schaffen?“ von allein beantwortet! Oder besser: Sie wurde und wird immer deutlicher beantwortet!

  5. 35.

    Und wieder wird an den Schwächsten gespart. Es ist unglaublich, dass man für alles Geld hat, nur für die Kinder nicht.
    Was ist das für ein Signal an unsere Kinder? Und was werden wir dafür zurück bekommen?
    Wir sollten uns endlich alle zur Lobby für die Kinder machen. Die haben nämlich keine.

  6. 34.

    SPD-Korte spielt ein mieses Spiel. Letztlich hat sie höchstpersönlich die Streichung der Mittel für den Wachschutz initiiert und kräht nun Richtung CDU-SPD-Senat nach mehr Geld. Neukölln hat vom Senat zusätzliche 9 Millionen € erhalten, erzählte die Dame Korte gestern in der BVV. Der Neuköllner Haushalt umfasst insgesamt 1,3 Milliarden Euro.
    Was für ein verlogenes Verhalten. Jetzt heizt sie die Neuköllner an, um von ihrem eigenen Streichkonzert abzulenken.

  7. 33.

    Was der Elias unterschlägt: Noch zu RRG-Zeiten wurde der Haushalts für 2023 aufgestellt, darunter auch die Mittel für die Bezirke. Linke und Linksalternative sind bekanntlich erst seit dem Frühjahr in der Opposition.

  8. 31.

    Dann wird ja die Gewalt noch mehr explodieren.

  9. 30.

    Die Privatschulen haben Aufwind. Selbst "ordentliche Grüne Eltern" werden hektisch, wenn der Einschulungstermin naht. Eltern, selbst wenn sie es nicht so dicke haben, versuchen entweder aus den Problemgebieten weg zu ziehen oder ihr Kind auf eine Privatschule zu schicken. Ist in GB ganz normal, wird hier in D auch so werden.
    Macht die Genossin MP von Meck-Pom schon jahrelang so.

  10. 28.

    Interessant, daß kaum jemand fragt, wie es zu einer solch prekären Situation überhaupt kommen konnte, daß Schulen mittlerweile Wachschutz benötigen.

  11. 27.

    Antwort auf "Hansen" vom Mittwoch, 30.08.2023 | 21:22 Uhr
    "Weniger für Radwege und mehr für Sicherheit ausgeben." Es ist einfach nur armselig und inzwischen UNERTRÄGLICH, wie Sie jedes Thema zur Hasstirade gg. Radfahrer umzudrehen versuchen! Können Sie sich BITTE ein anderes Hobby suchen?

  12. 26.

    Dumm nur wenn man keinen Schulplatz in der näheren Umgebung bekommt! Dann werden Kinder auch in anderen Schulen untergebracht. Und das ist in Berlin gängige Praxis.

  13. 25.

    Nur nicht aufregen. In Neukölln gibt es schon seit 2012 Wachschutz an Schulen. „Wir haben mit zwölf Schulen angefangen“, sagt die Neuköllner Schulstadträtin Karin Korte (SPD). „In diesem Jahr sind es noch acht Oberschulen und eine sonderpädagogische Förderschule" Rund 300.000 Euro kostet diese Maßnahme den Bezirk Neukölln im Jahr. „Aber diese Investition lohnt sich langfristig“, sagt Korte.“ Das war Anfang 2018. Jetzt kostet der "Sicherheitsdienst", wie man lesen kann, 700.000 Euro. Bei den Steigerungen kann man Ende des Jahres eine Million Euro erwarten.

  14. 24.

    Antwort auf "Martin" vom Donnerstag, 31.08.2023 | 06:16 Uhr
    "Mehr Hilfsangebote für Suchtkranke ...." Die Angebote sind da (und die kosten richtig viel Geld), aber die werden nicht angenommen. Stattdessen legalisieren wir Drogen ....

  15. 22.

    So ein Quatsch! 2007 hieß der Senat Wowereit III und der Sparexzess ist dem Senat Wegner zu verdanken, unter RRG war das Geld für den Wachschutz da.

    Bedanken sie sich als bei der cDU, namentlich Evers und Günther-Wünsch. Der zuständie Staatsseketrär heißt btw. Falko Liecke und kommt aus Neukölln. Ja genau der, der unter RRG immer lautesten gekräht hatte.

  16. 21.

    Was für Zustände! Die Kriminalität in einigen Bezirken Berlins gefährdet den Schulbetrieb!
    Hat man sich bei den politisch Verantwortlichen daran schon gewöhnt?
    Warum hört man nichts über Strategien zur Überwindung dieser unhaltbaren Zustände?
    Ein Wachschutz ist ja ebenfalls nur ein Herumdoktern an den Symptomen.

  17. 20.

    Welche Extrawürste? Die Extrawürste für den Autofahrer kosten die Allgemeinheit Milliarden, die besser angelegt wären.

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