Bund-Länder-Runde - Deutschlandticket soll bestehen bleiben - künftiger Preis noch unklar

Di 07.11.23 | 07:21 Uhr
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Eine Frau mit Kind steht vor einem VBB-Fahrkartenautomaten im Bahnhof Berlin-Friedrichstraße. (Quelle: imago-images/Emmanuele Contini)
Audio: rbb24 Inforadio | 07.11.2023 | Bild: imago-images/Emmanuele Contini

Das 49-Euro-Ticket soll es auch ab Mai 2024 geben, aber eine Preiserhöhung scheint möglich - darauf einigten sich Bund und Länder nach langen Debatten. Unklar ist, welche Verluste das Deutschlandticket den Verkehrsunternehmen beschert und wer sie ausgleicht.

  • Deutschlandticket soll bestehen bleiben
  • Finanzierung allerdings noch unklar
  • Preiserhöhung ist möglich

Nach wochenlangem Streit und Warnungen vor einem Aus des Deutschlandtickets haben Bund und Länder Schritte zu einer weiteren Finanzierung vereinbart. So sollen in diesem Jahr nicht verbrauchte Mittel 2024 zum Ausgleich finanzieller Nachteile durch das günstigere Ticket bei Verkehrsunternehmen eingesetzt werden können.

Darauf verständigten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Montagabend in Berlin, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. In den Blick rückt auch der Preis von bisher 49 Euro im Monat, der ausdrücklich als "Einführungspreis" gilt.

"Wir wollen es weiterführen"

Die Verkehrsminister sollen jetzt ein Konzept für die Umsetzung des Tickets 2024 erarbeiten. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte die Verständigung von Bund und Ländern und bezeichnete das Ticket am Dienstag als großen Erfolg.

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein (CDU) aus Hessen, sagte schon vor der Runde mit Scholz, das Ticket für Busse und Bahnen im Nahverkehr in ganz Deutschland sei ein Erfolgsmodell. "Wir wollen es weiterführen." Dazu einigten sich Bund und Länder nun auf ein Vorgehen - aber mit noch offenen Punkten.

Nach einer Verabredung von Ende 2022 schießen beide Seiten in diesem und im nächsten Jahr schon je 1,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Bus- und Bahnbetreibern zu. Doch Knackpunkt waren zuletzt etwaige Mehrkosten darüber hinaus. Dass Bund und Länder sie ebenfalls je zur Hälfte tragen, ist nur für das Einführungsjahr 2023 vereinbart. Die Verkehrsbranche und die Länder forderten das lange auch für 2024. Davon war nun keine Rede mehr. Als Puffer soll ungenutztes Geld von 2023 dienen können, wozu eine Gesetzesänderung nötig ist.

Mögliche Finanzierungslücke

Mit dem angepeilten Konzept der Verkehrsminister soll "eine weitere Nachschusspflicht durch Bund und Länder" 2024 ausgeschlossen werden. Welche Mehrkosten es wirklich gibt, lässt sich noch nicht beziffern. Bund und Länder peilen daher eine genaue "Spitzabrechnung" für 2023 und 2024 an, die nach Vorliegen endgültiger Daten für beide Jahre von den Ländern gemacht werden soll.

Laut einer Prognose des Verbands der Verkehrsunternehmen dürften die Verluste für die Branche dieses Jahr 2,3 Milliarden Euro betragen, nachdem das Ticket erst Anfang Mai startete. Im vollen Jahr 2024 sollen es dann 4,1 Milliarden Euro sein. Bei sechs Milliarden Euro Zuschüssen für 2023 und 2024 könnte sich unter dem Strich also eine Lücke von 400 Millionen Euro ergeben.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte vor der Beratung mit Scholz, die Übertragung nicht verbrauchter Mittel von 2023 schaffe die Grundlage, dass das Ticket auch im nächsten Jahr weitergehen könne. "Ob und in welcher Form das Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben wird, das müssen uns die Verkehrsminister sagen." Insofern werde der Ball da an die Fachminister zurückgegeben.

Ticket soll vereinfacht werden

Bund und Länder beauftragen die Verkehrsministerkonferenz, ein Konzept vorzulegen - und zwar rechtzeitig vor dem 1. Mai 2024. Dann wird das Ticket ein Jahr alt. Dafür sollen sich Bund und Länder über die weitere Finanzierung und einen Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises verständigen, "der auch eine Erhöhung beinhalten kann". Dass der Start-Preis von 49 Euro einmal wie andere Tarife auch steigen kann, war prinzipiell immer klar. Doch nun kommt eine mögliche Anhebung als Finanzierungselement für 2024 konkret auf den Tisch.

Bund und Länder betonten, das Ticket weiterentwickeln, vereinfachen und digitaler machen zu wollen. Und Ziel sei auch, "mit einer erfolgreichen Umsteigeoffensive mögliche Finanzierungsdefizite soweit wie möglich zu senken".

Sendung: rbb24 Abendschau, 07.11.23, 19:30 Uhr

72 Kommentare

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  1. 72.

    Wir nutzen die Karte tageweise abwechselnd. Kombiniert mit Homeoffice ist das eine gängige und günstige Variante.

  2. 69.

    Zustimmung!
    Wer fährt in dreckigen, unpünktlichen, nicht ganz gefahrlosen Bahnen/Bussen und mit mäßiger Anbindung außerhalb des S-Bahnrings, wenn das Auto vor der Tür steht?
    Selbst wenn es kostenlos ist ...

  3. 68.

    Also das ist für Ihre Situation dann eine sehr gute Lösung. Wer aber beispielsweise täglich auf den ÖPNV angewiesen ist, kann sich nicht ein "Familienticket" teilen. Dann sind einzelne AB-Tickets erforderlich und somit rechnet sich das D-Ticket rasch. Ich finde jedoch auch, dass es zu teuer ist bzw. andere Lösungen braucht, sei es durch günstigere regionale Angebote oder eine einkommensabhängige Berechnung (was verm. schwer umsetzbar wäre).

  4. 67.

    "D-Mogelticket" ist eine treffende Bezeichnung. Es werden einem überall Dinge verkauft, die man nicht braucht. So auch die bundesweite Gültigkeit beim "D-Mogelticket".

  5. 66.

    Ich brauche auch kein bundesweites Ticket, wie die meisten. Für so eine Mogelpackung viel Geld zu bezahlen, scheidet für mich aus. Wir fahren zu zweit mit einer übertragbaren Monatskarte AB im Abo für 66 €. Das sind 33 € pro Person. Da kann das D-Mogelticket preislich nicht mithalten.

  6. 65.

    Mit dieser Äußerung haben sie zum Teil recht “sprich die Steuern unsere Kinder oder Enkel und die Geldentwertung / Inflation in der Zukunft“.

    Ja es geht auf Kosten der Kinder (Steuern), aber das altbekannte aber dazu ist. Um so mehr wir jetzt versuchen den Verlauf z.B. Klima zu verlangsamen, um so länger haben/können die Kinder, Urenkel, usw. so was wie Natur erleben und müssen nicht nur Einöde sehen.

    Die Inflation der Zukunft hat aber nichts damit zu tun. Dies ist wie immer davon abhängig wie gierig die Menschheit wird/ist. Bestes Beispiel dazu sind die jetzigen/gestiegenen Strom- und Gaspreise. Die nicht so hoch wären, wenn man die Preise nicht selber hochgetrieben hätte und die altbekannte Panik gemacht hätte. Bestes Beispiel für zu gierig sind die Handypreise, was in Wahrheit mal übertrieben gesagt gerade mal zwischen 8 und 20 Euro kostet, wird für mehrere hundert Euros verkauft.

  7. 64.

    Ein angemessener Preis wären 490 €, wer sich in ganz Deutschland bewegen will soll auch dafür "angemessen" bezahlen (wobei auch das reicht nicht aus.....)

  8. 63.

    Toiletten am Ostkreuz wurden vergessen gibt nur eine außerhalb schwer zu finden und bei Regen bist du durchgenässt.

  9. 62.

    Mit dieser Äußerung haben sie zum Teil recht “sprich die Steuern unsere Kinder oder Enkel und die Geldentwertung / Inflation in der Zukunft“.

    Ja es geht auf Kosten der Kinder (Steuern), aber das altbekannte aber dazu ist. Um so mehr wir jetzt versuchen den Verlauf z.B. Klima zu verlangsamen, um so länger haben/können die Kinder, Urenkel, usw. so was wie Natur erleben und müssen nicht nur Einöde sehen.

    Die Inflation der Zukunft hat aber nichts damit zu tun. Dies ist wie immer davon abhängig wie gierig die Menschheit wird/ist. Bestes Beispiel dazu sind die jetzigen/gestiegenen Strom- und Gaspreise. Die nicht so hoch wären, wenn man die Preise nicht selber hochgetrieben hätte und die altbekannte Panik gemacht hätte. Bestes Beispiel für zu gierig sind die Handypreise, was in Wahrheit mal übertrieben gesagt gerade mal zwischen 8 und 20 Euro kostet, wird für mehrere hundert Euros verkauft.

  10. 61.

    Da die Kosten fürs Klima auch von Steuergeldern finanziert werden, ist es somit nicht nur für Bund und Länder mit dem Deutschlandticket am “billigsten“, sondern auch für den Steuerzahler. Aber das wissen/müssten sie bestimmt selber.

  11. 60.

    ÖPNV gibt es subventioniert oder gar nicht. Wenn wir ÖPNV wollen, müssen wir also Subventionen in Kauf nehmen und das Thema dann auch abhaken. Immer wieder davon anzufangen ist dann kontraproduktiv.

    Außerdem macht ÖPNV nur dann einen Sinn, wenn er für die Nutzer billig ist. Wenn Fahrpreise sich wie Luxus anfühlen, verliert das System seinen Sinn.

    Es war mal vor langer Zeit bezahlbar, aber die Fahrpreise sind in den vergangenen 30 Jahren weit stärker gestiegen sind als die Inflation - schon aus Westsicht, von der DDR-Perspektive nicht zu reden. Schuld ist daran ua auch die neoliberale Denke der Politik, dass Infrastruktur betriebswirtschaftlich profitabel sein müsse, was grundsätzlich Quatsch ist.

    Ich sehe das 49-Ticket auch als Korrektur dieser Fehlentwicklung.

  12. 59.

    Diese Flatrate nur für den ÖPNV und Regionalverkehr ist total unausgewogen. Bitte Gleichartiges mit üppiger staatlicher Subvention auch für Einkäufe im Supermarkt, Diesel & Benzin, Gas & Strom, Kino & Theater, Urlaubsreisen - und und und...!

  13. 58.

    das ist toll,dass Sie an die Umwelt denken. Ich hoffe die Sparpreise der Deutschen Bahn sind weiterhin doch noch am Automaten erhältlich.Ein 29.- Ticket am Automaten wäre sehr gut für Viele,auch welche die ein Auto trotzdem benötigen!

  14. 57.

    Wenn das Geld nicht verbraucht wurde hat das etwas damit zu tun dass weniger 49-Euroabos als prognostiziert verkauft wurden. Nicht damit dass die zu teuer waren.
    Eins ist unter dem Strich doch eh klar: die Differenz zwischen einem 9, 29 oder 49-Euroticket und den realen Kosten je Fahrgast zahlt, wie immer, doch ebenso der Bürger. Und zwar bei den anderen Steuern, für die er keine Gegenleistung bekommt (Einkommensteuer, Mehrwertsteuer, Kapitalertragsteuer, Grundsteuer und so weiter). Je billiger das XY-Euroticket wird, je höher werden die übrigen Steuern sein. Oder weiter aufgetürmten Staatsschulden (heißen auf Neusprech inzwischen Sondervermögen), sprich die Steuern unsere Kinder oder Enkel und die Geldentwertung / Inflation in der Zukunft

  15. 56.

    Finde es richtig gut, wenn das Deutschlandticket bleibt. Habe es viel im Urlaub deutschlandweit genutzt (steige seit 2020 in keinen Flieger mehr)und würde es auch weiter tun.Allerdings mehr als 55 € möchte ich nicht zahlen. Bin im nächsten Jahr nicht mehr berufstätig, das Geld wird also knapper. Ich würde dann, wenn's viel teurer wird für Berlin zum 29€ Ticket wechseln und sonst wieder mit meinem kleinen Auto fahren.

  16. 55.

    Die Spanier sind begeistert, die dürfen dort den ÖPNV kostenlos nutzen und schätzen das sehr.

  17. 54.

    Sie sind nicht viel mit dem ÖPNV unterwegs,oder? Es muss umgekehrt sein: Erst massiver Ausbau der Bahn-Infrastruktur, danach kostenloser ÖPNV.

  18. 53.

    "Wie lange ist der Fahrstuhl im Erfurter Hauptbahnhof ausser Betrieb? Eine Schande ist das. Wer Ansprüche stellt sollte auch seiner Verantwortung gerecht werden."

    Sie sprechen damit einen wunden Punkt an, der Viele vom dauerhaften Bahnfahren trotz des günstigen Preises abhält: Der Ausfall sowohl von Bahnen als auch von Fahrstühlen, Rolltreppen und dergleichen Anlagen ist systematisch einkalkuliert und macht die Bahn damit unpässlich. Seit Mehdorn ist die vorsorgende Instandhaltung faktisch nur noch auf den sicherheitsrelevanten Bereich konzentriert - das sind Bremsen und Fahrwerk - , für den so bezeichneten Service-Bereich, dazu gehören Türen, WC, im Bahnhof eben Rolltreppen und Fahrstühle, gilt die nachgeordnete Wiederinbetriebsetzung. Kurzum: Die Gerätschaften müssen erst einmal defekt werden, bis sie dann repariert werden. Und das kann dauern.

    Ohne Paradigmenwechsel in der Instandhaltung, vorsorgende Instandhaltung in ALLEN Bereichen, wird der Run auf die Bahn ausbleiben.

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