150 Euro für Landesbeschäftigte - Verwaltungsgericht hält Berlin-Zulage für verfassungswidrig

Mo 04.12.23 | 17:25 Uhr
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Das vergoldete Stadtwappen von Berlin mit dem Bären und einer Krone ist nach der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vor dem Roten Rathaus zu sehen. (Quelle: Soeren Stache/dpa)
Bild: Soeren Stache/dpa

Umstritten war die "Hauptstadtzulage" schon lange. Nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts ist sie verfassungswidrig. Die endgültige Entscheidung darüber fällt allerdings nicht in Berlin, sondern in Karlsruhe.

Die in Berlin im November 2020 für Beamte bis zur Besoldungsgruppe A 13 eingeführte sogenannte Hauptstadtzulage ist nach Einschätzung des Berliner Verwaltungsgerichts verfassungswidrig. Die Zulage in Höhe von 150 Euro monatlich verstößt demnach gegen das besoldungsrechtliche Abstandsgebot. Das teilte das Gericht am Montag nach einem entsprechenden Beschluss mit. (VG 5 K 77/21)

Weil nur das Bundesverfassungsgericht verbindlich die Verfassungswidrigkeit der Regelung zur Hauptstadtzulage feststellen könne, habe das Verwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt und diese Frage den Karlsruher Richter zur Entscheidung vorgelegt.

Stufenweise Beamtenbesoldung

Der Kläger des Verfahrens war Beamter in einem Berliner Bezirksamt. Er war zunächst Obermagistratsrat mit Besoldungsgruppe A 14, danach Magistratsdirektor mit A 15. Inzwischen ist er im Ruhestand. Mit seiner Klage hatte er sich gegen den Ausschluss höherer Besoldungsgruppen als A 13 gewandt und argumentiert, das verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das besoldungsrechtliche Abstandsgebot.

Das Verwaltungsgericht wies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hin, nach der das besoldungsrechtliche Abstandsgebot einen eigenständigen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums und damit ein verfassungsrechtliches Gebot darstelle. Die Beamtenbesoldung sei notwendigerweise abgestuft, so dass beispielsweise Beamte der Besoldungsgruppe A 13 weniger verdienten als Beamte mit A 14.

Mehrere Klagen gegen Hauptstadtzulage

Das besoldungsrechtliche Abstandsgebot untersage dem Gesetzgeber, den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen infolge von Einzelmaßnahmen einzuebnen oder deutlich abzuschmelzen, teilte das Verwaltungsgericht weiter mit. Die 5. Kammer des Gerichts sei der Überzeugung, dass der Berliner Gesetzgeber mit der Einführung der Hauptstadtzulage gegen das besoldungsrechtliche Abstandsgebot verstoßen habe.

In den Beamtenrechtskammern des Verwaltungsgerichts Berlin sind den Angaben zufolge mehrere die Hauptstadtzulage betreffende Klagen anhängig. Außerdem gibt es etliche Widerspruchsverfahren bei der Senatsinnenverwaltung, die nach Angaben des Gerichts zunächst mit Blick auf die zu erwartende Entscheidung bisher geruht haben.

Berlin zahlt die sogenannte Hauptstadtzulage seit November 2020 sämtlichen kommunalen Beamten und Angestellten bis einschließlich zu den Entgeltgruppen A13/E13 monatlich. Das betrifft etwa 124.000 Landesbedienstete.

Bei Tarifbeschäftigten wird die Zulage ebenfalls nur bis zu einer gewissen Grenze gewährt. Auch dagegen klagten Betroffene - bisher erfolglos. Nachdem das Landesarbeitsgericht die Klagen im vergangenen April abgewiesen hat, ist ein Fall den Angaben zufolge nun beim Bundesarbeitsgericht anhängig.

Sendung: rbb24 Inforadio, 04.12.2023, 17:00 Uhr

80 Kommentare

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  1. 80.

    Mir gefällt es, dass nicht die unmoralische Gleichmacherei, sondern diesmal, ausnahmsweise, das Abstandsgebot dazu zwingt, darüber nachzudenken, in allen Bereichen, wie wichtig Abstand im Lohn ist. Da werden grundsätzliche Dinge der Anstrengung und Belohnung angesprochen, ohne die eine Gesellschaft nicht funktioniert. Auch Moralfragen werden berührt. Schön das dies ein Thema ist. Viel zu selten...
    Und ganz schlimm: In den NBL werden für die Arbeit einer A14 oder A15 erst gar keine Beförderungen ausgesprochen, so das man in der A13 ewig renten/pensionswirksam verharrt. Beispiele sind Lehrer: Für Fachbereichsvorsitzende gibt es ...nichts und vieles andere auch, z.B. bei der Polizei als Revierleiter...

  2. 79.

    Trotzdem empfinde ich dieses sehr diskriminierend gegenüber anderen, entweder alle oder keiner. Nach den Tarifverhandlungen durch die Angestellten !!! werden die ausgehandelten Bedienungen doch auch automatisch an die Beamten weitergeleitet.

  3. 78.

    Im Ergebnis wird es im Zuge des Beschäftigungsfriedens wohl eine neue Besoldungstabelle für Berlin geben müssen.
    Der Status Quo wäre ja defacto eine Besoldungskürzung bis A13.
    Den >A13 erwachsen allerdings keine Absprüche aus der nichtigen Berlinzulage. Die können lediglich für die Zukunft auf eine höhere Besoldungstabelle hoffen.

  4. 77.

    na hoffentlich muss Berlin die Zulage nun nicht nachzahlen

  5. 76.

    In der Besoldungsgruppe A 15 jucken einem doch keine 150 € mehr. In der Besoldungsgruppe A13 schon.

  6. 75.

    Wollen Sie sich nicht doch erstmal mit dem Begriff ABSTANDsgebot so auseinandersetzen, dass Sie erkennen können, wie unmoralisch, unsozial, ungerecht es ist, wenn man dieses nicht beachtet? Ich gönne jedem die 150€ und sogar noch mehr...

  7. 74.

    "Na endlich mal ein Beschluss. Jetzt muss nur noch der Länderfinanzausgleich für Berlin gestoppt werden."

    Manche Leuten scheinen einen Hass zu haben der rational nicht zu erklären ist.

    "Berlin hat in den letzten 20 Jahren nur von anderen Bundesländern gelebt. Das muss ein Ende haben."

    Ist das so? Berlin hatte unter der Wiedervereinigung gelitten wie kein anderes Bundesland, dann kamen noch die Hauptstadt Auf- und mit ihnen Ausgaben hinzu. Dann noch die Milliardenpleite ihres Freundes Diepgen.

    Btw. wurde mit Mitteln des LFA Siemens und AEG aus Berlin nach Bayern gelockt. Kein anderes Bundesland hat vom LFA so sehr profitiert wie Bayern. Sollen die auch alles zurückzahlen womit sie den Wettbewerb verzerrt haben?

  8. 72.

    Nur zum Verständnis: Sind Sie in Berlin geboren? Oder irgendwann hierhergezogen? Ich tippe auf Letzteres, niemand der sich in Berlin auskennt bezahlt über 1000 Euro für 40 qm - alleine schon um diesem Irrsinn nicht noch Vorschub zu leisten
    Ansonsten leider eine sehr selektive Negativ-Auswahl - vielleicht ist riesige anonyme Großstadt mit allen damit verbundenen (und bekannten!) Problemen nicht der richtige Ort zum Leben für Sie?
    Berlin hat sich allerdings über die Jahrzehnte tatsächlich sehr zum Negativen verändert. (meine Wahrnehmung als BerlinerIn) "Sparen bis es quietscht" und andere Merkwürdigkeiten im Regierungshandeln für Berlin. Nun quietscht es so laut daß man fast nichts anderes mehr hören kann außer dem Quietschen. Geliefert wie bestellt. Berlin wird wie ein Unternehmen geführt und vermarktet - der radikale Kurswechsel seit den 90ern bringt die politisch erwünschten 'Erfolge' die naturgemäß nicht im Interesse der BürgerInnen sein können, die wollen anderes.

  9. 71.

    Ich bin dafür, daß die Verbeamtung abgeschafft wird. Ausnahmen für Polizei und Feuerwehr. Alle anderen sollen bitte in die Sozialkassen einzahlen (Freiberufler auch) . Erst dann erreichen wir "Gleichbehandlung". Viele Beamte kommen ihren Verpflichtungen nicht mehr nach, zum Beispiel der Loyalität gegenüber der Regierung. Das System hat sich überholt.

  10. 70.

    Nun übertreiben Sie mal bitte nicht. Das Abstandsgebot nicht einzuhalten bzw. die Unterschiede abzubauen ist weder unmoralisch noch unsozial. Hingegen dürfte ein solches Vorgehen mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gem. Art. 33 Abs. 5 GG nicht vereinbar sein.

  11. 69.

    Ja das „erstaunt“ mich auch. Denn wir reden in den letzten Urteilen des BVerfG und hiesigen Fachgerichten zu gesetzgeberischer Tätigkeit nicht mehr von strittigen Rechtsinterpretationen, sondern eigentlich glasklaren Rechtsauslegungen.

  12. 67.

    Ja, sicher wollte der Kläger auch in den Genuss der Berlinzulage kommen, ansonsten hätte ja gar kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden.

  13. 66.

    Weil die „hergebrachten Grundsätze“ nach Art. 33 Abs. 5 GG nur für Personen in einem öffentlich- rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis gelten, nicht für Tarifbeschäftigte, deren Arbeitsbedingungen ausgehandelt werden.

  14. 65.

    In Österreich zahlt man mehr ein, durch höhere Beiträge. Das geht in Dtl. auch. Wollen das die Meisten? Und in Österreich gibt es keine Pflegeversicherung. Wissen Sie was das im Einzelfall bedeuten kann?
    Den Beamtenanteil, den Sie fordern, bedeutet, dass Sie (!) den AG-Anteil plus den AN-Anteil übernehmen müssen. Ein Beamtenarbeitsleben lang. Ich vermute, dass die Pensionen das kleinerer „Übel“ sind, weil viele die gar nicht und lange erreichen im Vergleich der Anzahl die arbeiten gehen.
    Der AN- Anteil ergibt sich, weil bei der Landesverbeamtung ca. 7% vom Brutto abgezogen wurde, damit nicht ein Cent Netto mehr rauskommt. Ein Arbeitsleben lang minus 7%! Eine Nettokürzung des Gehaltes wird wohl keiner hinnehmen. Sollten Sie das wollen, dann stimmt der Charakter nicht, weil „Sie“ bei der 7%- Kürzung der Gewinner waren.

  15. 64.

    Wollen Sie sich nicht doch erstmal mit dem Begriff ABSTANDsgebot so auseinandersetzen, dass Sie erkennen können, wie unmoralisch, unsozial, ungerecht es ist, wenn man dieses nicht beachtet? Ich gönne jedem die 150€ und sogar noch mehr...

  16. 63.

    ich meinte natürlich, Österreich ist im Gegensatz zu D ein moderner Staat..... nicht Statt....
    Solange sich die Regierenden keine Gedanken über die Existenz der Arbeitsbürgerschaft ab Eintritt ins Rentenalter macht, sondern nur um sich selbst kreist, solange wird die Politikverdrossenheit leider immer weiter zunehmen. Und damit meine ich ausdrücklich NICHT die AfD´ler sondern die demokratischen Parteien, die in den letzten Jahrzehnten immer eine Modernisierung des Landes mit Phrasendreschen erfolgreich verhindert haben.

  17. 62.

    Art. 33 Absatz 5 ist komplett überholt sollte gestrichen werden. Oder Beamte, Freiberufler, Richter und Selbständige zahlen auch Sozialabgaben, damit die Gemeinschaft gestärkt wird. Es kann nicht sein, dass alle anderen Arbeitnehmer über die Sozialabgaben und spätere Rente klein gehalten werden. Österreich macht es erfolgreich vor, denn dies ist ein moderner Statt im Gegensatz zum verstaubten und verfilzten D.

  18. 61.

    Würden Verbeamtete, Freiberufler, Richterschaft und Selbständige analog zu Österreich in eine Rentenkasse einzahöen würden, gäbe es diese Ungerechtigkeit in Sachen Rente und Rentenhöhe nicht. Aber in D werden ja Pfründe gesichert, während das arbeitende Volk im Ruhestand nochmal die Rente versteuern muss und das Renteniveau unter 50% gehalten wird. Es hat den Anschein, als wären wir Arbeitnehmenden dem Staat nur gerne gesehen, solange wir Einnahmen für den Fiskus generieren und danch gerne ganz schnell abtreten sollen.

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