CDU-Nachwuchs - Führungsstreit bei der Jungen Union Berlin eskaliert

Mi 26.06.24 | 20:27 Uhr | Von Sabine Müller
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Johannes Winkel, Chef / Bundesvorsitzender Junge Union (Quelle: dpa)
Johannes Winkel, Junge Union Bundesvorsitzender | Bild: dpa

In den monatelangen Machtkampf um die Führung der Berliner Jungen Union hat sich nun sogar der JU-Bundesvorstand eingeschaltet. Er wollte eine Neuwahl organisieren, wurde aber vor Gericht zurückgepfiffen. Von Sabine Müller

In der Jungen Union (JU) in Berlin hat der Streit über den Landesvorsitz eine neue Eskalationsstufe erreicht. Der JU-Bundesverband scheiterte mit dem Versuch, den umstrittenen Berliner Landeschef Harald Burkart und den Rest des Vorstands abzulösen.

Passieren sollte dies auf einem außerplanmäßigen Landesparteitag, zu dem die Bundes-JU kurzfristig für diesen Samstag eingeladen hatte. Wichtigster Tagesordnungspunkt laut Einladungsschreiben vom 20. Juni, das dem rbb vorliegt: Die Wahl eines neuen Landesvorstands.

Anspruch auf Wahrung von Verbandsinteressen

Der Berliner JU-Landesverband zog dagegen mit einem Eilantrag vor das Landgericht und bekam Recht. Die Vorbereitung und Durchführung des Parteitags am Samstag wurde untersagt, bei Zuwiderhandlung drohen ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. In der Gerichtsentscheidung, die der rbb einsehen konnte, heißt es zur Begründung unter anderem, die Junge Union Berlin habe als "eigenständige Landesvereinigung Anspruch auf Wahrung ihrer Verbandsinteressen", dazu gehöre auch die Frage von Neuwahlen.

Der Bundesverband der Jungen Union wollte die Angelegenheit auf rbb-Anfrage nicht kommentieren. "Als JU Deutschlands äußern wir uns generell nicht öffentlich zu parteiinternen Auseinandersetzungen und laufenden Verfahren", hieß es. In der Berliner JU-Spitze wird die Entscheidung des Gerichts begrüßt.

"Die Bundes-JU hatte keine rechtliche Grundlage für die Einberufung einer Landeskonferenz", sagte Vorstandsmitglied Sebastian Agha dem rbb. "Das Vorhaben wurde zu Recht vom Landgericht Berlin kassiert."

Juristischer Streit vor Parteigerichten läuft derzeit

Der Ablöse-Versuch ist die jüngste Volte in einer langen Reihe von Vorfällen, seit Harald Burkart und der Rest des Berliner JU-Vorstands im Juli vergangenen Jahres auf einem digitalen Parteitag gewählt wurden. Die Berliner Landes-CDU und Teile der JU erkennen diese Wahl nicht als rechtmäßig an, der juristische Streit vor Parteigerichten läuft noch. Das Berliner Landgericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, "dass aufgrund der fehlenden Entscheidungen durch die Schiedsgerichte bisher nicht geklärt ist, ob und inwieweit die vorherige Wahl unzulässig und gegebenenfalls unwirksam war".

Landeschef Burkart sorgte in den vergangenen Monaten immer wieder für Negativschlagzeilen. Bei einem Straßenfest im vergangenen Sommer soll er seinen Parteikollegen und Regierenden Bürgermeister Kai Wegner derart bedrängt haben, dass ein Personenschützer eingriff.

Anfang dieses Jahres wurde bekannt, dass Burkart während der Coronazeit Fotomontagen teilte, auf denen Angela Merkel unter anderem als Adolf Hitler dargestellt wurde. Berichte über eine angebliche frühere Mitgliedschaft Burkarts in der AfD bestätigten sich nicht. Der CDU-Landesvorstand erteilte Burkart im Frühjahr einen Verweis. Für ein Parteiausschlussverfahren hätten die Vorwürfe nicht gereicht, hieß es unter der Hand.

Anfang April hatte die Junge Union Berlin mitgeteilt, Burkart übergebe die Amtsgeschäfte "vorübergehend" kommissarisch an Vize-JU-Landeschefin Jonuzi. Wie der rbb erfuhr, galt diese Regelung aber nur wenige Wochen. "Seit dem 1. Mai führe ich die Amtsgeschäfte wieder", teilte Harald Burkart auf Anfrage mit.

Auf die Frage, ob er glaube, die Bundes-JU habe bei der Ansetzung des Wahl-Parteitags alleine gehandelt oder "im Auftrag" des Landesvorstands der Berliner CDU, antwortet Burkart, der "Verdacht, dass dies eine Auftragsarbeit gewesen sein könnte, liegt angesichts der Vorgeschichte zwar nahe, ich möchte mich aber jeder Spekulation enthalten".

Nicht nur Spekulation, sondern allgemein bekannt ist, dass sich der 34-jährige Lucas Schaal am Samstag zum JU-Vorsitzenden wählen lassen wollte. Schaal gehört zur CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus und gilt als Wunschkandidat des Berliner Landeschefs Kai Wegner. Falls regulär erst im Mai 2025 ein neuer Landesvorstand der Jungen Union gewählt würde, wäre Schaal allerdings bereits aus dem JU-Alter heraus und könnte nicht mehr kandidieren.

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Beitrag von Sabine Müller

12 Kommentare

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  1. 12.

    Die vom Bürger gewählten Politiker sollten endlich aufhören, sich gegenseitig zu zerfleischen. Sie sollten ihre gut bezahlte Zeit nutzen, um das zu tun, wofür sie gewählt wurden: Realisierbare Lösungen finden im Interesse der Bürger.
    In diesem Sinne stimme ich auch "Kröte" zu: Wählerstimmen werden nicht gegeben, damit die Gewählten ihre Hauptaufgabe darin sehen, sich persönlich in die beste (bestbezahlte) Position zu bringen.

  2. 11.

    Und ich dachte schon, dass sich Union Berlin zerlegt;-).
    Das "Junge" hatte ich übersehen!

  3. 10.

    Dieser junge Mann forciert on aggressiver Form sein politisches Gegenüber. Hauptfeind, natürlich wieder die Grünen. Er ist der neue Merz nur schärfer. Und alles um der Kariere willen.

  4. 9.

    Ich bin zwar längst aus dem Alter heraus, aber einen Kai Wegner, jahrelang braver Merkel-Hinterbänkler, würde ich auch nicht unterstützen.

  5. 8.

    Solche Zankereien gehören nicht an die Öffentlichkeit. Das ist doch nur Wasser auf die schmutzigen Mühlen derjenigen, welche den Mehrparteienstaat hassen.

  6. 7.

    Ob ich es Streit nenne oder ein Synonym verwende, ändert nichts. Ein Einparteienstaat bildet nicht den Willen der Bevölkerung ab. Allerdings tut das eine Koalition, wie die, die Deutschland gerade regiert, auch nicht, denn was tun sie? Sie streiten sich! Wo sind denn da die berühmten Schnittmengen? Diese Koalition ist weder eine Traumhochzeit geschweige denn eine Vernunftsehe. Zum Glück steht das Trennungsjahr an.

  7. 6.

    Nur in einem Einparteienstaat oder in einer autoritären Diktatur gibt es oberflächlich kaum "Streit". Überall wo Menschen sind und erst recht in der Demokratie sind der argumentative Austausch und Aushandlungen unterschiedlicher Interessen gute Alltagspraxis. Wer dies negativ konnotiert und als "Streit" abwertet, lässt sich auf das Framing extremer Rechter und Linker ein, die uns gegen die Demokratie aufhetzen und spalten wollen. Auseinandersetzungen in der Sache sind gut, da es so meist zu besseren Ergebnissen kommt, als wenn ein vermeintlich starker Anführer alles allein entscheidet und die Gegenstimmen mundtot macht: s. Gleichschaltung/Staatspropaganda von Presse und Medien in Ungarn und der Slowakei, s. das Einsperren von Kritikern in Russland und China. Wer keine Gegenargumente und Verbesserungsvorschläge mehr hören kann, übersieht bessere Lösungen, s. wirtschaftlicher Abschwung und das einbrechende Niveau an Lebensglück in den genannten Ländern.

  8. 5.

    In welcher Partei wird eigentlich nicht gestritten? Und Jugendverbände haben zum Glück keine große Bedeutung. Die sind eh meistens konträr zur eigentlichen Partei

  9. 4.

    Solche Streitereien machen sich gut, die Linke hat sich bereits ins Abseits geschossen und die SPD war Zeuge.
    Andere haben die Rangeleien hinter sich oder schmollen in der Ecke. Mir als Wähler von irgendwem sagt das, es geht nicht um Politik für Bürger, es geht um den Sessel mit dem höchsten Komfort. Mein Vorschlag: Geht arbeiten und kauft euch einen!

  10. 2.

    Wieso streiten immer die rechtsradikalen Parteien unter sich? Bei den bürgerlichen Parteien ist das nicht der Fall.

  11. 1.

    Na sowas! Streit bei der JU? Gibt's bei anderen Parteien/Organisationen gar nicht. Ist ausgeschlossen!

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