Veraltete Züge - U-Bahn-Takt muss womöglich auf mehreren Linien runtergefahren werden

Mo 01.07.24 | 18:23 Uhr
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Symbolbild: Die U-Bahnlinie 3 verkehrt am Ruedesheimer Platz in Wilmersdorf in Berlin. (Quelle: dpa/Florian Gaertner)
dpa/Florian Gaertner
Video: rbb24 Abendschau | 01.07.2024 | Nural Akbayir | Bild: dpa/Florian Gaertner

Nach Angaben der Berliner Verkehrbetriebe (BVG) ist die Situation zurzeit auf nahezu allen U-Bahn-Linien angespannt. Laut Mitteilung vom Montag fürchtet die BVG, dass auf einigen Linien Fahrpläne ausgedünnt und Züge verkürzt werden müssen.

  • BVG will wegen veralteter Züge Angebote auf den Linien U1 bis U4 prüfen
  • hoher Verschleiß führt auch auf anderen Linien zu Engpässen bei Zügen
  • derzeit laufen Gespräche, um Kleinprofil-Linien auszuweiten

Angesichts technischer Probleme an veralteten U-Bahn-Zügen erwägen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), auf den Linien U1 bis U4 Fahrpläne auszudünnen oder Züge zu verkürzen. Es sei aber noch unklar, wie viele und welche der vier Linien betroffen sind. Zudem seien die Anpassungen nur punktuell und sollen kaum spürbar sein, teilte die BVG am Montag mit.

Manche der Züge sind demnach seit rund 60 Jahren im Einsatz, hieß es weiter. "Da hätten wir uns gefreut, wenn wir die neuen Züge deutlich früher hätten bestellen können", sagte BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt.

Probleme gibt es allerdings auch auf den besonders stark genutzten Linien U6 bis U9. Nach Angaben der BVG verschleißen hier die Radsätze an Dutzenden Wagen außergewöhnlich stark. Die Werkstätten seien jedoch enorm ausgelastet, zumal das Depot in Friedrichsfelde derzeit vom U-Bahn-Netz abgekoppelt sei, hieß es. Grund dafür sei der einsturzgefährdete Waisentunnel unter der Spree, der als Verbindung zur U5 nicht genutzt werden könne.

Dem Vernehmen nach fehlten dadurch zuletzt knapp 50 U-Bahn-Wagen im Angebot, auf der U6 und U9 kam es in den vergangenen Wochen deshalb immer wieder zu Ausfällen. Hier solle es trotz der angespannten Lage aber keine Taktveränderungen geben, teilte ein BVG-Sprecher auf rbb-Nachfrage mit.

Außergewöhnlich hoher Verschleiß

Wegen rechtlicher Auseinandersetzungen rund um die Ausschreibung für neue Fahrzeuge hatte sich zunächst die Bestellung der jüngsten Baureihe lange verzögert. Dann führten Lieferschwierigkeiten beim Hersteller Stadler zu einer deutlich verspäteten Auslieferung der ersten Testzüge. Die Serienauslieferung soll laut BVG nun erst im kommenden Jahr beginnen.

Derzeit liefen Gespräche mit dem Aufgabenträger, dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg sowie dem Berliner Senat, um den Takt auf den Kleinprofil-Linien etwas auszuweiten. "Davon merken die Fahrgäste nur wenig, es bringt aber enorme Stabilität ins System", betonte Erfurt.

"Die Mitarbeitenden arbeiten mit Hochdruck daran, die Züge wieder in den Einsatz zu bringen", teilte die BVG mit. Doch es fehlen Werkstattkapazitäten, weil die Linie U5 mit ihrer Werkstatt in Friedrichsfelde derzeit vom Netz getrennt ist. Wann die Probleme behoben sind, ist derzeit noch offen. Bis dahin müssen sich Fahrgäste im Nahverkehr weiter auf den Ausfall von Fahrten einstellen.

Auslastung aufgrund der Fußball-EM deutlich größer

Anlässlich der angekündigten Einschränkung der BVG sagte Antje Kapek, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus: "Die aktuellen Kapazitätsprobleme bei der U-Bahn machen eins deutlich: Haushaltskürzungen zu Lasten des öffentlichen Nahverkehrs schaden ganz Berlin". Statt Gelder zu kürzen, müsse kontinuierlich in neue Wagen investiert werden. Zudem brauche es dringend den Bau des Waisentunnels, damit die Werkstatt in Friedrichsfelde angeschlossen werden könne und bei technischen Problemen für schnelle Entlastung sorgen könne.

Dass die Auslastung auf einzelnen Linien aufgrund der Fußball-Europameisterschaft an Spieltagen noch einmal deutlich größer ist, macht es für die BVG und ihre Fahrgäste nicht leichter. Dennoch äußerte sich Erfurt mit dem EM-Verlauf für die BVG zufrieden. "Alles was fahren und rollen kann, das fährt und rollt", sagte er. "Wir mussten für die EM-Zeit rund 100 neue Fahr- und Dienstpläne erstellen." Die angekündigte Taktverdichtung auf den besonders nachgefragten U-Bahn-Linien funktioniere. Das gehe aber zum Teil auf Kosten von anderen Linien, betonte der BVG-Manager.

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Sendung: rbb24 Abendschau, 01.07.2024, 19:30 Uhr

117 Kommentare

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  1. 117.

    Naja, die U7 wird aktuell z.B. am Sonntag klammheimlich bereits vom 5-Minuten- zum 6 Minuten-Takt ausgedünnt. Das zeigt die Verkehrsauskunft, aber im Bahnhof hängt noch der alte Plan. Bei bvg.de kein Kommentar dazu. Ein bisschen Ehrlichkeit, auch was die chronisch falschen Anzeigen an Bahnhöfen und an Bushaltestellen angeht, wäre schon einmal schön.

  2. 116.

    Der Personalmangel bei der BVG (aber auch im ÖD Berlin) ist ein Märchen.
    Zwei aufeinander aufbauende Studiengänge (Bachelor und Master) im betriebswirtschaftlichen Bereich in Verbindung mit Elementen des ÖD.
    Fünf, sechs Mal bei der BVG beworben. Eine Einladung, ansonsten nur Absagen. Job nicht bekommen.
    Immerhin schafft es die BVG nach Ablauf der Frist zeitnah eine Absage zu versenden. Im ÖD, in den Senatsverwaltungen und Bezirken, habe ich nach 8 Monaten mal eine Absage erhalten. Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern, dass ich mich für die besagte Stelle beworben hatte.

  3. 115.

    Meiner Erfahrung nach ist das nicht ganz richtig.
    Mit dem Bus zum Rathaus Spandau, in die UBahn bis Mehringdamm u. dann noch eine bis Platz der Luftb. dauert ca ne Stunde(wenn es gut läuft), eher aber 70-80 Min.
    Mit dem Auto bin ich, zu gut 85%, innerhalb von 35-40 Minuten (inkl.parken) vor Ort.

  4. 114.

    Ich habe geschrieben dass ein guter ÖPNV einiges kostet, aber das bedeutet nicht dass diese Kosten über den Fahrpreis erhoben werden. Es muss vom Staat zugeschossen werden. Die Fahrpreise erhöhen würde den Sinn des ÖPNV verletzen, weil der ja auch gerade für alle da sein soll, die sich kein Auto leisten können, außerdem Kinder Schüler Studenten.

    Der Hintergrund ist auch dass die Fahrpreise in den letzten 30 Jahren weit stärker gestiegen sind als die Inflation. Das Netz wurde in der Zeit zwar auch stark erweitert, das ist anzuerkennen. Aber in den letzten 15 Jahren ist die Leistung extrem gesunken. Da sind die Leute zu Recht unzufrieden. Irgendwann reicht es. Neoliberale Dogmen helfen da nicht weiter.

  5. 113.

    So einfach ist es nicht mal eben in ein altes Bestandnetz (wie auch in HH), Bahnsteige mit Glasschutzwänden o.ä. zu versehen, genau so einen automatisierten Fahrbetrieb einzuführen.
    Aber Herr Falk hätte aus Hamburg die Erkenntnis mitnehmen können, wie ein in Schuss gehaltener, bzw. neuer Fuhrpark aussieht.

  6. 112.

    So wird dit nischt mit der Verkehrswende. Man könnte ja damit anfangen die U-Bahnen immerhin mit einer Belüftung auszustatten, wenn schon keine Klimaanlagen drin sind.
    ÖPNV funktioniert nur wenn er komfortabel und schnell ist. Sonst fahren die Leute weiter Auto.

  7. 111.

    So viel Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen......jetzt sind es wieder die Züge. Es ist das Personal. In den Werkstätten fehlt enorm viel Personal und Zugfahrer will unter den jetzigen Bedingungen auch keiner machen.
    Dort sollten Senat und BVG mal ansetzen. Die Jobs attraktiv zu gestalten.
    Ansonsten kann die Firma noch hundert Züge bestellen.

  8. 110.

    Der Kommentator Falk hat sich doch kritisch über den Fahrpreis echauffiert. Wer einen funktionierenden ÖPNV haben möchte, der kann das nicht zum Billigtarif haben. In diesem Land macht sich schon seit längerem eine Anspruchswelle und Anspruchsdenken bereit, der zwar einen Super-Service fordert, aber nicht bereit ist, diesen auch zu honorieren. Leider kann ich nicht sagen, welcher effektiv kostendeckende Preis bereits jetzt für den miserablem Service fällig wäre. Sicher aber wesentlich mehr als lumpige 29 € !

  9. 109.

    Der Kommentator Falk hat sich doch kritisch über den Fahrpreis echauffiert. Wer einen funktionierenden ÖPNV haben möchte, der kann das nicht zum Billigtarif haben. In diesem Land macht sich schon seit längerem eine Anspruchswelle und Anspruchsdenken bereit, der zwar einen Super-Service fordert, aber nicht bereit ist, diesen auch zu honorieren. Leider kann ich nicht sagen, welcher effektiv kostendeckende Preis bereits jetzt für den miserablem Service fällig wäre. Sicher aber wesentlich mehr als lumpige 29 € !

  10. 108.

    ÖPNV soll nicht zu attraktiv sein!

    Ich bin beim Jobwechsel einmal umgezogen, statt tausende Mal Bus fahren zu müssen.

    Niemals mehr pendeln, sehr angenehm.
    ..
    Können wir generell von "€348 Ticket" sprechen, wegen der Mindestlaufzeit?

  11. 107.

    Eine großartige Idee! Nach Ihrer brillanten Logik sollte man künftig auch die Kosten der Straßenbenutzung, der Einsätze von Polizei und Feuerwehr oder den Aufwand für das Bildungswesen voll auf die Nutzer umlegen. Vom Gesundheitswesen, der öffentlichen Verwaltung oder der Kultur ganz zu schweigen.

    Nur, wer ordentlich blecht, darf sich beschweren! Alle anderen sollen zufrieden und dankbar sein, wenn sie überhaupt irgendetwas bekommen. Gemeinsinn, Gemeinschaftsaufgaben - alles Blödsinn. Wenn jeder an sich selber denkt, ist an alle gedacht. In Ihrer Welt rangiert vermutlich auch die FDP unter "sozialistische Spinner".

  12. 106.

    Es gibt keinen ÖPNV der sich aus dem Fahrkartenverkauf allein finanziert, und einen der Gewinn macht schon gar nicht. Das zu verlangen läuft auf Sabotage hinaus.

    Wenn wir ÖPNV wollen, müssen die Defizite aus dem Steueraufkommen finanziert werden. Und je besseren ÖPNV wir wollen, umso teurer ist es. Da beißt keine Maus den Faden ab. Das muss halt politisch gewollt sein. Ich bin dafür.

  13. 105.

    Wer ist denn letztendlich für die desolaten Zustände verantwortlich ? Ein Privatmann ? Mit Ihrer Expertise können Sie das einem Troll sicherlich genau erklären, warum die Politik hier keine Verantwortung trägt und außen vor ist, und wie es dazu kommen konnte, dass " Fachleute " die Karre soweit in den Dreck gefahren haben.

  14. 104.

    Na warum wohl. Anfang der 2000er war auf der Linie 5 ein Prototyp unterwegs. Das waren die Vorbereitungen für Autonomes fahren. Da befürchtet wurde, dass Arbeitsplätze wegfallen könnten würde dieses Vorhaben von den Arbeitnehmervertretern blockiert. Viele Vorhaben im öffentlichen Dienst werden oft von den Arbeitnehmervertretern blockiert. Die haben bei allem was das Personal angeht Mitspracherecht. Wir dürfen uns nicht wundern, warum in Berlin nicht nur im ÖPNV vieles nicht mehr rund läuft.

  15. 103.

    Die neoliberale Ideologie hat alle Verkehrsbetriebe zum Sparen an der Substanz gezwungen. Inkompetenz in der Politik und beim Management spielen auch eine Rolle.

  16. 102.

    Was wollen Sie denn für 29 € erwarten ? Gerecht wäre es, die tatsächlichen Kosten auf die Fahrscheine und Tickets umzulegen, Dann könnte man auch berechtigt Rumnörgeln !! Haben Sie die aktuellen Defizitzahlen oder Gewinne parat ?
    Solange Gewinne generiert werden, könnte man die an die Kunden als Boni weitergeben.

  17. 101.

    Wenn man im Bus mit Bargeld bezahlen möchte, ist das nicht möglich. Es geht nur noch unbar. Hat man keine EC-Karte osr App, wird man durch die Beförderungspflicht kostenlos mitgenommen. Ich wollte es nicht glauben und habe es selbst ausprobiert. Für den Bus braucht man nichts bezahlen.
    Aber auch Freibier muss jemand produzieren, transpotieren und ausschenken.
    So etwas kann nicht lange gutgehen!

  18. 99.

    Immer wieder drollig (oder sollte ich schreiben ‚trollig‘?), wie hier manche von Berliner Problemen bei der Organisation des ÖPNV auf den allgemeinen Niedergang der politischen Kaste kurz schließen, ja sogar auf deren Kampf gegen den eigenen Staat. Natürlich mit jeder Menge sachlich fundierten Argumenten …

    Ohne Gruß
    Navan

  19. 98.

    Zu früheren Zeiten war das Netz wesentlich kleiner, die Bahnsteige - siehe U 6 unterhalb der Friedrichstraße - unaufwändig erreichbar, die verarbeiteten Materialien in der Tendenz grundsolide. Heute wird das Zeugs aus allen Erdteilen her gekauft und statt einer vorsorgenden Instandhaltung gilt die "ereignisorientierte !" Instandhaltung - warten, bis das Defekt-Ereignis tatsächlich eintritt, dann wird atemlos hinterherrepariert.

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