Weitere Standorte geplant - Neue Geflüchteten-Unterkünfte: Bezirke stellen Forderungen an den Senat

Fr 14.06.24 | 08:06 Uhr | Von Sabine Müller
  8
Archivbild: Bewohner und Mitarbeiter gehen am 04.10.2023 im Ankunftszentrum am ehemaligen Flughafen Tegel in Richtung der Leichtbauhallen. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Audio: rbb24 Inforadio | 13.06.2024 | Sabine Müller | Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Wie weiter mit Geflüchteten-Unterkünfte in der Stadt? Der Senat will in Lichtenberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg neue Immobilien anmieten, um weitere Geflüchtete dort unterzubringen. Bei den Bezirken stößt dies auf Skepsis. Von Sabine Müller

Neue Pläne des Berliner Senats für Geflüchteten-Unterkünfte stoßen in den Bezirken teilweise auf Skepsis. Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) machte gegenüber dem rbb deutlich, dass er im Gegenzug Zugeständnisse an anderer Stelle erwartet.

Es geht um eine neue Unterkunft, die an der Landsberger Allee im bisherigen "City Hotel Berlin East" entstehen soll. Dort könnten rund 1.200 Menschen untergebracht werden, heißt es in einem vertraulichen Senatspapier, das dem rbb vorliegt.

Weitere 1.200 Geflüchtete für Lichtenberg "nicht zu stemmen"

"Hohenschönhausen ist einfach nicht der richtige Ort für eine weitere starke Belastung", kritisiert Schaefer, es könnten nicht 1.200 Plätze "on top" kommen. Seiner Ansicht nach sollte die Unterkunft auf die bisher geplanten Plätze für Geflüchtete im Bezirk angerechnet werden. Unter anderem sollen vier der 16 neuen Containerdörfer, die ab nächstem Jahr entstehen, in Lichtenberg angesiedelt sein.

Darüber hinaus weitere 1.200 Menschen aufzunehmen, sei für den Bezirk nicht zu stemmen, betont Schaefer. "Das schaffen wir nicht hier in Lichtenberg, das sagen auch die vielen freien Träger, mit denen wir zusammenarbeiten". Als weiteres Zugeständnis des Senats erwartet Bezirksbürgermeister Schaefer, dass freie Träger, die am neuen Großstandort Angebote für die Geflüchteten machen, dort keine Raummiete zahlen. In der kommenden Woche will er mit Berlins Flüchtlingskoordinator Albrecht Broemme über die Angelegenheit sprechen.

Senat will weitere Immobilien für größere Standorte anmieten

Der Senat will nicht nur in Lichtenberg, sondern auch in Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg Immobilien für größere neue Standorte anmieten. Dabei handelt es sich um Bürogebäude. In der Soorstraße im Charlottenburger Westend könnten nach Umbauten bis zu 1.500 Plätze entstehen, in einem Objekt an der Hasenheide gut 1.000.

Hasenheide sollte erst zu einem Erfolg geführt werden

Die grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann, betont im Interview mit dem rbb, man wolle den "sehr großen Standort" an der Hasenheide zu einem Erfolg "für alle vor Ort" machen. Dafür brauche es aber bestimmte Rahmenbedingungen. Herrmann nennt unter anderem Schulplätze, medizinische Versorgung sowie Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche. Außerdem setzt sie darauf, dass auch die Volkshochschule Räume in dem Gebäude nutzen kann, um dort Angebote für Geflüchtete, aber auch für die Nachbarschaft zu machen.

Charlottenburg-Wilmersdorfs Bezirksbürgermeisterin Kristin Bauch (Grüne) wollte sich auf rbb-Anfrage noch nicht zu den Plänen in ihrem Bezirk äußern. Es fehlten noch konkrete Informationen, man wolle zunächst einen Termin mit dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) abwarten.

Senat hat erst am Mittwoch sich weitere Haushaltsmittel gesichert

Der schwarz-rote Senat hatte sich am Mittwoch im Parlament die Erlaubnis geholt, für die Geflüchteten-Unterbringung über den laufenden Haushalt hinaus finanzielle Verpflichtungen einzugehen. Der Hauptausschuss stimmte sogenannten Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von mehr als 1,32 Milliarden Euro zu. Dabei geht es um die Finanzierung der drei neuen Standorte und der 16 Containerdörfer, aber vor allem auch der großen Notunterkünfte in Tegel und Tempelhof. Neben den Regierungsfraktionen CDU und SPD stimmten auch die

Oppositionsfraktionen Grüne und Linke zu, die AfD nicht. AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker kritisierte die Kosten als "extrem hoch" und forderte detaillierte Zahlen ein. "Zu den Betriebs- und Nebenkosten sowie Herrichtung und Nebenanlagenbetrieb würde ich gerne eine genauere Aufstellung haben, wie die sich konkret zusammensetzen", so Brinker im Ausschuss.

Aber auch Grüne und Linke haben noch Fragen. Der Haushaltsexperte der Linksfraktion, Steffen Zillich, wollte unter anderem wissen, ob beim Hotelkomplex an der Landsberger Allee statt einer Anmietung auch ein Kauf geprüft worden sei. Antworten werden in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses am 26. Juni erwartet.

Lage in Berlin sehr angespannt

Die Unterbringungslage für Geflüchtete in Berlin ist extrem angespannt. In den Notunterkünften sind aktuell nur etwa 2.600 Plätze frei. Bis zum Jahresende rechnet die Sozialverwaltung nach eigenen Angaben aber mit 6.700 Asylbewerbern und Ukraine-Kriegsflüchtlingen, die untergebracht werden müssen.

Sozialstaatssekretär Aziz Bozkurt sagte im Ausschuss, in den Regelunterkünften des LAF seien zurzeit nur 350 Plätze frei. Im vertraulichen Papier der Verwaltung heißt es, "rund 80 % der Mietverträge des LAF" hätten eine verbliebene Laufzeit von drei Jahren und weniger, deshalb müsse man sich auf Verluste an Unterkunftsplätzen einstellen. Die Sozialverwaltung geht davon aus, dass bis 2026 mindestens 17.000 neue Plätze geschaffen werden müssen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.06.2024, 19:20 Uhr

Beitrag von Sabine Müller

8 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 8.

    Das Karstadt-Outlethaus ist auch ein Migrantenheim. Für Neuköllner mit kleinem Einkommen ein echter Verlust. Waren sind inzwischen wohl nur ein Riesen-Verschrottungsberg statt Sonderangebot.

  2. 7.

    Und die Belegschaft vom Hotel rutschen in die Arbeitslosigkeit
    Ich arbeite im besagten Hotel und es gibt hier viele ältere Mitarbeiter die es schwer haben werden ein neue Stelle zu finden.
    Wo ist da die Gerechtigkeit es gibt doch mit Sicherheit Andre Orte wo man das machen kann warum muss man ein gut laufenden Betrieb schließen der steuern zahlt.
    Hier sind viele Sportler wegen der nähe zum Sportforum wo sollen die in Zukunft untergebracht werden denkt der Berliner Senat überhaupt nach was sie tun ???

  3. 6.

    "man wolle den "sehr großen Standort" an der Hasenheide zu einem Erfolg "für alle vor Ort" machen" – das ist super, gleich nebenan Sonnenallee (wo spätabends die Böller geworfen werden) und Karl-Marx-Straße.

    Da kann mann dann eine Art Schichtdienst einrichten.

  4. 5.

    Berlin ist voll ! Und nicht nur Berlin. Das gefährliche ist, dass das unsere Politiker nicht merken oder merken wollen. Der soziale Sprengstoff ist am Limit. Kein Wunder, dass dann so gewählt wird. Man kann nicht immer hier schreien ohne an die Konsequenzen zu denken und den Einheimischen alles über bügeln. Leider haben sich die Herren Politiker schon lange von den Bürgern und der Realität weit entfernt

  5. 4.

    Was wurde zu diesen Thema nicht schon alles versprochen und was ist passiert nichts, nur das es immer teurer wird. Das einzigste was in diesem Land noch funktioniert ist gie großzügige Versorgung unserer Politiker von denen es reichlich gibt in unserem Land. Und es wird bis zur nächsten Wahl auch nicht viel passieren. Dann wird wieder versprochen und danach kehrt wieder Ruhe ein. Und der Bürger verliert immer mehr Lebensqualität.

  6. 3.

    Leider muss ich sagen, dass die Prozesse besser und schneller werden müssen. Wenn aktuell nur etwa 2.600 Plätze frei sind, müssen Menschen ohne Bleibeperspektive schneller wieder in die Herkunftsländer zurück und die mit Bleibeperspektive schneller bundesweit integriert und dem Arbeitsmarkt zugeführt werden. Dann muss man hier auch nicht immer weitere Kapazitäten schaffen, weil die vorhandenen Kapazitäten einfach nur effizienter genutzt werden müssen.

  7. 2.

    Der Einwohnerzuwachs (egal woher)ist für Berlin einfach nicht mehr zu stemmen.
    Es gibt sehr schwer Arzttermine, insbesondere in Lichtenberg ist es schwer einen Hausarzt zu finden.
    Termine beim Bürgeramt sind ein Sechser im Lotto. Die Wohnungsnot ist ja bekannt, mit mittlerem Einkommen bekommt man keinen WBS und somit keine Wohnung bei städtischen Gesellschaften.
    Die öffentlichen Verkehrsmittel sind überlastet, siehe die U5 mit den schmalen Wagen.
    Auf den Straßen sieht es nicht anders aus.

  8. 1.

    Die Verteilung auf die Bundesländern muss reformiert werden. Ein Stadtstaat kann einfach nicht so viele Menschen unterbringen wie ein Flächenstaat. Jeder Zuzug steigert die Quote ja nochmals. Das ist unlogisch. Und Menschen auf kleiner Fläche zusammnzupferchen kann ja nun niemand wollen.

Nächster Artikel