Nach umstrittenen Likes - TU-Präsidentin Rauch beantragt Diziplinarverfahren gegen sich selbst
Nach umstrittenen Likes im Internet hat TU-Präsidentin Geraldine Rauch ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst in Gang gesetzt. Der Akademische Senat berät über ihren Verbleib an der Uni-Spitze. Neben Kritik gibt es aber auch Solidarität.
- TU-Präsidentin leitet Disziplinarverfahren gegen sich ein
- Geraldine Rauch hatte antisemitischen Posts im Internet ihre Zustimmung gegeben
- Akademischer Senat beantragt keine Abwahl
- Gremium hat aber Meinungsbild für Rauch erstellt
Die in der Kritik stehende Präsidentin der Technischen Universität (TU) Berlin, Geraldine Rauch, hat bei der Wissenschaftsverwaltung ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt. Sie wolle sich den Vorwürfen stellen und eine objektive Aufklärung ermöglichen, sagte sie am Mittwoch zu Beginn der Sitzung des Akademischen Senats der TU in ihrer Sache.
Sie entschuldigte sich außerdem erneut dafür, einen antisemitischen Post im Internet mit einem "Gefällt mir" (Like) markiert zu haben und sprach von "tiefer Reue". Sie habe viele Menschen tief verletzt und bitte noch einmal um Verzeihung. Die 41-Jährige betonte, sie lehne Antisemitismus strikt ab. Den aktuellen Vorwürfen wolle sie sich stellen und durch Transparenz Vertrauen wieder herstellen. Von sozialen Plattformen habe sie sich abgemeldet. Rauch kündigte außerdem an, die Antisemitismusarbeit an der Hochschule stärken zu wollen.
Die 41-jährige Mathematikerin ist seit April 2022 Präsidentin der TU Berlin. Laut Grundordnung der Hochschule wählt der Akademische Senat die Hochschulleitung oder kann diese abwählen. Er setzt sich aus Hochschullehrenden, akademischen Mitarbeitenden, Studierenden sowie Personal für Technik, Service und Verwaltung zusammen.
Keine Abwahl, aber Handlungsempfehlung
Der Akademische Senat der TU beantragte in der Sitzung zunächst keine Abwahl der unter Druck stehenden Uni-Präsidentin. Wie nach einer mehrstündigen Sitzung mitgeteilt wurde, wurde aber ein Meinungsbild unter den 25 Senatsmitgliedern erstellt, ob Rauch zurücktreten solle oder nicht. Das Ergebnis soll zunächst nur ihr selbst mitgeteilt werden. Sie hat nun 24 Stunden Zeit, zu entscheiden, wie sie damit umgeht. Nach Ansicht des Gremiums hat die Präsidentin mit ihrer Zustimmung für einen antisemitischen Tweet einen "schweren Fehler" gemacht. Sie sei aber keine Antisemitin, hieß es.
Zu Beginn der Sitzung des Akademischen Senats hatte sich Rauch gut achteinhalb Minuten lang erklärt und nochmals um Verzeihung gebeten für ihr "unbedachtes und zweifelsfrei falsches Handeln". Das Disziplinarverfahren "ermöglicht eine umfassende und objektive Prüfung der Vorwürfe", sagte Rauch. "So kann in einem geordneten Verfahren Klarheit geschaffen werden." Die Wissenschaftsverwaltung schrieb dem rbb, der Antrag werde nun geprüft.
Sprechstunde für jüdische Studierende
Neben der juristischen Aufarbeitung kündigte Geraldine Rauch weitere Schritte an der Uni an. Unter anderem will sie das Team der Anlaufstelle für Betroffene von Antisemitismus erweitern, eine persönliche Sprechstunde für jüdische Studierende einführen und verstärkt Lehrinhalte zu Antisemitismus anbieten. Außerdem versprach sie konsequentes Handeln, falls es an der TU antisemitischen Protestaktionen geben sollte.
Studierende demonstrieren für Rauchs Verbleib
Vor Beginn der Sitzung hatten etwa 80 Studierende vor der Technischen Universität demonstriert, so eine rbb-Reporterin vor Ort. Auf einem großen Transparent forderten sie "Hochschulautonomie statt Hetze - Geraldine bleibt". "Wir stehen in kritischer Solidarität zu Geraldine Rauch", sagte eine Studentin dem rbb. Eine Hochschule müsse unabhängig von Engriffen aus der Landespolitik agieren. Ein anderer Student betonte, Rauch sei nicht antisemitisch. Er erwarte allerdings, dass sie in Zukunft in den Sozialen Medien sensibler agiere.
Rauch hatte sich bereits zuvor für das Liken entschuldigt und erklärt, sie haben den Beitrag wegen seines Textes gelikt und das darunter gepostete Bild nicht genauer betrachtet. Dabei ging es insbesondere um einen Beitrag mit Fotos von Demonstranten, die ein Bild des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit aufgemaltem Hakenkreuz hochhalten. Der Urheber des Tweets gibt an, dass auf den Bildern türkische Demonstranten zu sehen seien, die einen Waffenstillstand im Gazastreifen forderten.
Rauch hatte Kritik unter anderem vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), vom Zentralrat der Juden und vom TU-Präsidium geerntet. Wegner hatte der TU-Präsidentin vorgeworfen, mit ihrem Verhalten Berlin als Wissenschaftsstandort zu schaden. Die Generalsekretärin der Berliner CDU, Ottilie Klein, fordert gar Rauchs Rücktritt. Studenten und Mitarbeiter zeigten sich dagegen solidarisch mit der Präsidentin.
Der Akademische Senat ist nicht das einzige Gremium, das eine Abwahl Rauchs fordern könnte. Am kommenden Montag tagt das Kuratorium, auch hier wäre mit Zweidrittelmehrheit ein Abwahlantrag möglich.
Sendung: rbb24 Abendschau, 05.06.2024, 19:35Uhr
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