Antisemitismus-Debatte - 129 Mitarbeitende sprechen TU-Präsidentin Unterstützung aus

Di 04.06.24 | 07:48 Uhr
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Geraldine Rauch, Präsidentin der TU-Berlin, steht bei einem Fototermin mit der Deutschen Presse-Agentur im Hauptgebäude der Technischen Universität Berlin im Lichthof. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Audio: rbb24 Radio3 | 03.06.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Christoph Soeder

Erst Rücktrittsforderungen - nun ein Unterstützer-Brief: Dutzende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der TU Berlin wollen, dass ihre Präsidentin im Amt bleibt. Geraldine Rauch hatte sich zuvor für das Liken antisemitischer Posts entschuldigt.

  • TU-Beschäftigte kritisieren "unverhältnismäßige Anfeindungen" gegen Rauch
  • Ihr Verhalten müsse "sorgfältiger" abgewogen werden
  • Akademischer Senat der TU berät am Mittwoch über weiteres Vorgehen
  • Regierender Bürgermeister Wegner hält an Rauch-Kritik fest

129 Beschäftigte der Technischen Universität Berlin haben in einer schriftlichen Stellungnahme ihre Unterstützung für TU-Präsidentin Geraldine Rauch zum Ausdruck gebracht. In dem Schreiben, das dem rbb vorliegt, ist von "kritischer Unterstützung" die Rede. Die Unterzeichnenden verurteilen demnach, so wörtlich, die "unverhältnismäßigen Anfeindungen gegen Geraldine Rauch als Person". Zuerst hatte der "Tagesspiegel" berichtet.

Andere Mitarbeitende der TU haben hingegen Rauch zum Rücktritt aufgefordert. In den vergangenen Tage hatte sie um Entschuldigung gebeten, nachdem bekannt wurde, dass sie antisemitische Posts in sozialen Medien gelikt hatte. Diesen Schritt begrüßen die Unterzeichner der Stellungnahme, eine Entschuldigung könne aber "nur ein erster Schritt sein" zu einem Aufarbeitungsprozess.

Als nächstes sei es notwendig, umfassend das Gespräch zu suchen. Nach rbb-Informationen zählen zu den 129 Unterzeichnenden vor allem wissenschaftliche und studentische Mitarbeiter sowie einige Professoren.

Zwischen gerechtfertigter Kritik und Hetze unterscheiden

Rauch zeige seit vielen Monaten, dass ein wohlüberlegtes Handeln auch bei sehr sensiblen Themen möglich sei, argumentieren die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner. Umso wichtiger sei es, sorgfältig auch persönliche Handlungen wie zum Beispiel das Liken von Posts gerade im Hinblick auf das Verbreiten antisemitischer Inhalte abzuwägen.

Sie fordern zugleich, zwischen gerechtfertigter Kritik und ungerechtfertigter Hetze zu unterscheiden. Als demokratischer Ort biete eine Universität "niemals Raum für persönliche Diffamierungen und Hetze gegen einzelne Personen, insbesondere nicht durch rechte Netzwerke und ihre Followerschaften".

TU-intern hatte es bereits Rücktrittsforderungen an Rauch gegeben. Über mögliche Konsequenzen berät der Akademische Senat der Universität am Mittwoch. Rauch ist seit rund zwei Jahren TU-Präsidentin.

Wegner: Rauch hat Wissenschaftsstandort Berlin geschadet"

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner warf Geraldine Rauch derweil vor, Berlin als Wissenschaftsstandort mit ihrem Verhalten zu schaden. "Ich kann nur sagen, was sie gemacht hat, hat nicht nur der Technischen Universität geschadet, sondern dem Wissenschaftsstandort Berlin. Und das möchte ich ausdrücklich nicht", sagte der CDU-Politiker am Montagabend bei der Veranstaltung "Wegner vor Ort" in Reinickendorf.

Wegner sagte zu Rauchs Entschuldigung, die Frage sei, wie ernst das zu nehmen sei. "Sie hat erklärt, sie wusste nicht so genau, was auf den Bildern zu sehen war. Ich habe mir das auch mal angeguckt, das war ziemlich eindeutig", sagte er. "Das alles Entscheidende ist aber gar nicht so sehr, was ich glaube oder ob mir das reicht, sondern: Wie werden die Gremien der Universität jetzt entscheiden? Da bin ich sehr, sehr gespannt."

CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein war bereits viel deutlicher geworden. Zuletzt am Freitag hatte sie erneut den Rücktritt der TU-Präsidentin gefordert. "Die Position der CDU Berlin ist hier eindeutig: Präsidentin Rauch muss gehen und wir werden alles dafür tun, dass sich jüdische Studenten und Mitarbeiter wieder sicher an Berliner Universitäten fühlen können", erklärte sie in einem Newsletter des Landesverbands.

Am Studienkolleg der Technischen Universität Berlin an der Straße des 17. Juni hängt am 04.06.2024 ein Transparent. (Quelle: Picture Alliance/Mia Bucher)Ein Transparent hängt am 04. Juni 2024 am Studienkolleg der TU.

Sendung: rbb24 radio3, 03.06.2024, 18.30 Uhr

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102 Kommentare

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  1. 102.

    Die TU hat über 8.000 Mitarbeiter.
    Da wirken 129 Unterzeichner nicht gerade als Unterstützung.
    Noch viel deutlicher war das Präsidium. Deren Statement klingt alles andere als pro Rauch.

  2. 101.

    Ich freue mich, das hier ne enchte Kontroverse möglich ist! Merci

  3. 100.

    Josti, Antisemitismus brauche ich Ihnen nicht zu erklären, es ist klar definiert. Da nützt Ihre Rumeierei hier überhaupt nichts, Kritik gegenüber der Politik Israels dürfen Sie, ich und jeder andere üben. Aber das Thema hier ist doch eigentlich ein ganz anderes, oder?

  4. 97.

    Ja weil es zwischen Kritik der israelischen Regierung und dem Antisemitismus überhaupt keinen Zusammenhang gibt.
    Antisemitismus, im Sinne Wilhelm Marrs, ist eine Ausprägung des Rassismus, also die gezielte Abwertung einer ethnischen Gruppe (Rasse) und ihrer Vertreibung bis hin zur totalen Vernichtung.
    Also ich habe von solchen Umtrieben und Lehren weder durch Lehrkräfte an den Berliner Unis noch von solchen Praktiken der Präsidentin der Berliner TU gehört.
    Diese Lehren dürften im Übrigen in einem aufgeklärten Land gerade intelligenten Studenten wohl kaum noch biologisch vermittelbar sein.
    Aber sie haben Recht, es gibt nach wie vor Antisemitismus und Rassismus gegen den man entschieden vorgehen muss, aber ganz sicher nicht indem man seine außenpolitischen Schwächen und Unzulänglichkeiten an Kritikern wie Geraldine Rauch auslebt.

  5. 96.

    Extremisten haben wieder Mut in Deutschland! Das darf man doch noch sagen dürfen und so!

  6. 95.

    Die TU hat mit antisemitischen Umtrieben zu tun, darüber gibt es bereits genügend Aussagen von Experten etc., und nur dem Antisemitismus Wohlgesinnte bestreiten es bis dato., und sie verstecken sich hinter Israel-Kritik.
    Ich persöhnlich kritisiere derzeit die isrealische Regierung zum Teil auch, aber denoch sehe ich den Uterschied..
    Ich glaube, es ist vergebens hier den Unterschied zwischen Kritik und Antisemitismus zu erläutern, aus offensichtlichen Gründen.

  7. 94.

    Tja, die Antisemiten, die benutzen hier lieber das Wort israel, und meinen sich damit unverdächtig zu machen.
    Übrigens, jetzt glaube ich, dass mit der Hetzjagd die Präsidentin gemeint war.
    Ergo, der Beitrag #76 war wohl auch nur eine wermeitlich geschickt verpackte Aussage, so wie etliche hier..

  8. 93.

    Relativierungsversuche sind nur eine andere Form seine Gesinnung kund zu tun.

  9. 92.

    Ist doch irre, was hier einige alles aus der Kritik an Benjamin Netanjahu so herauslesen; eine Hetzjagd gegen die Juden, intellektuellen Antisemitismus und ein Gleichnis mit den Nazis im 3. Reich!?!
    Aber sie werden uns doch aber sicher nicht weismachen wollen, dass Benjamin Netanjahu, ganz sanft ausgedrückt, ein glühender lupenreiner Demokrat mit der Liebe zur Säkularisation, Gewaltenteilung nebst unabhängige Justiz und dem Völkerrecht ist?!

  10. 91.

    Wo und was relativieren ich denn? Hier geht es nicht um die jüdischen Studenten, hier geht darum eine mißliebige Präsidentin zu schassen.

  11. 89.

    Ich muss zugeben, dass ich den Artikel nicht gelesen habe.
    Es ging mir nur um den gelikten Post.

    ... hätte ich ohne die ganze ,Öffentlichkeit', die Hakenkreuze gesehen? Ich weiß es nicht.

  12. 86.

    ´Israel ist ein mieser, korrupter, Mafia-, Terror-Staat!´ Wenn Sie soetwas ´geliked´ hätte, könnte ich einen Antisemitismusvorwurf noch verstehen!

  13. 85.

    Sie meinen wohl eine Hetzjagd auf die Juden, ergo, noch schlimmer?
    Tja, das sehe ich noch nicht.

  14. 84.

    Pffff..... LOL, habt ihr ne Weisung von ´Oben´ bekommen!? Na seht ihr, jetzt könnt ihr Euch annähernd vorstellen, wie es in der DDR war!

  15. 83.

    Können Sie mir Beispiele aus den Kommentaren hier nennen, wo Sie so etwas herausgelesen haben? Vielleicht kann ich Sie ja dann besser verstehen?

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