Nach umstrittenen Likes - TU-Präsidentin Rauch beantragt Diziplinarverfahren gegen sich selbst

Mi 05.06.24 | 18:44 Uhr
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Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität Berlin am 05.06.2024.(Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Audio: rbb24 Abendschau | 05.06.2024 | Dorit Knieling | Bild: dpa/Jens Kalaene

Nach umstrittenen Likes im Internet hat TU-Präsidentin Geraldine Rauch ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst in Gang gesetzt. Der Akademische Senat berät über ihren Verbleib an der Uni-Spitze. Neben Kritik gibt es aber auch Solidarität.

  • TU-Präsidentin leitet Disziplinarverfahren gegen sich ein
  • Geraldine Rauch hatte antisemitischen Posts im Internet ihre Zustimmung gegeben
  • Akademischer Senat beantragt keine Abwahl
  • Gremium hat aber Meinungsbild für Rauch erstellt

Die in der Kritik stehende Präsidentin der Technischen Universität (TU) Berlin, Geraldine Rauch, hat bei der Wissenschaftsverwaltung ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt. Sie wolle sich den Vorwürfen stellen und eine objektive Aufklärung ermöglichen, sagte sie am Mittwoch zu Beginn der Sitzung des Akademischen Senats der TU in ihrer Sache.

Sie entschuldigte sich außerdem erneut dafür, einen antisemitischen Post im Internet mit einem "Gefällt mir" (Like) markiert zu haben und sprach von "tiefer Reue". Sie habe viele Menschen tief verletzt und bitte noch einmal um Verzeihung. Die 41-Jährige betonte, sie lehne Antisemitismus strikt ab. Den aktuellen Vorwürfen wolle sie sich stellen und durch Transparenz Vertrauen wieder herstellen. Von sozialen Plattformen habe sie sich abgemeldet. Rauch kündigte außerdem an, die Antisemitismusarbeit an der Hochschule stärken zu wollen.

Die 41-jährige Mathematikerin ist seit April 2022 Präsidentin der TU Berlin. Laut Grundordnung der Hochschule wählt der Akademische Senat die Hochschulleitung oder kann diese abwählen. Er setzt sich aus Hochschullehrenden, akademischen Mitarbeitenden, Studierenden sowie Personal für Technik, Service und Verwaltung zusammen.

Keine Abwahl, aber Handlungsempfehlung

Der Akademische Senat der TU beantragte in der Sitzung zunächst keine Abwahl der unter Druck stehenden Uni-Präsidentin. Wie nach einer mehrstündigen Sitzung mitgeteilt wurde, wurde aber ein Meinungsbild unter den 25 Senatsmitgliedern erstellt, ob Rauch zurücktreten solle oder nicht. Das Ergebnis soll zunächst nur ihr selbst mitgeteilt werden. Sie hat nun 24 Stunden Zeit, zu entscheiden, wie sie damit umgeht. Nach Ansicht des Gremiums hat die Präsidentin mit ihrer Zustimmung für einen antisemitischen Tweet einen "schweren Fehler" gemacht. Sie sei aber keine Antisemitin, hieß es.

Zu Beginn der Sitzung des Akademischen Senats hatte sich Rauch gut achteinhalb Minuten lang erklärt und nochmals um Verzeihung gebeten für ihr "unbedachtes und zweifelsfrei falsches Handeln". Das Disziplinarverfahren "ermöglicht eine umfassende und objektive Prüfung der Vorwürfe", sagte Rauch. "So kann in einem geordneten Verfahren Klarheit geschaffen werden." Die Wissenschaftsverwaltung schrieb dem rbb, der Antrag werde nun geprüft.

Sprechstunde für jüdische Studierende

Neben der juristischen Aufarbeitung kündigte Geraldine Rauch weitere Schritte an der Uni an. Unter anderem will sie das Team der Anlaufstelle für Betroffene von Antisemitismus erweitern, eine persönliche Sprechstunde für jüdische Studierende einführen und verstärkt Lehrinhalte zu Antisemitismus anbieten. Außerdem versprach sie konsequentes Handeln, falls es an der TU antisemitischen Protestaktionen geben sollte.

Studierende demonstrieren für Rauchs Verbleib

Vor Beginn der Sitzung hatten etwa 80 Studierende vor der Technischen Universität demonstriert, so eine rbb-Reporterin vor Ort. Auf einem großen Transparent forderten sie "Hochschulautonomie statt Hetze - Geraldine bleibt". "Wir stehen in kritischer Solidarität zu Geraldine Rauch", sagte eine Studentin dem rbb. Eine Hochschule müsse unabhängig von Engriffen aus der Landespolitik agieren. Ein anderer Student betonte, Rauch sei nicht antisemitisch. Er erwarte allerdings, dass sie in Zukunft in den Sozialen Medien sensibler agiere.

Rauch hatte sich bereits zuvor für das Liken entschuldigt und erklärt, sie haben den Beitrag wegen seines Textes gelikt und das darunter gepostete Bild nicht genauer betrachtet. Dabei ging es insbesondere um einen Beitrag mit Fotos von Demonstranten, die ein Bild des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit aufgemaltem Hakenkreuz hochhalten. Der Urheber des Tweets gibt an, dass auf den Bildern türkische Demonstranten zu sehen seien, die einen Waffenstillstand im Gazastreifen forderten.

Rauch hatte Kritik unter anderem vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), vom Zentralrat der Juden und vom TU-Präsidium geerntet. Wegner hatte der TU-Präsidentin vorgeworfen, mit ihrem Verhalten Berlin als Wissenschaftsstandort zu schaden. Die Generalsekretärin der Berliner CDU, Ottilie Klein, fordert gar Rauchs Rücktritt. Studenten und Mitarbeiter zeigten sich dagegen solidarisch mit der Präsidentin.

Der Akademische Senat ist nicht das einzige Gremium, das eine Abwahl Rauchs fordern könnte. Am kommenden Montag tagt das Kuratorium, auch hier wäre mit Zweidrittelmehrheit ein Abwahlantrag möglich.

Sendung: rbb24 Abendschau, 05.06.2024, 19:35Uhr

 

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86 Kommentare

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  1. 85.

    Wenn es nach Arnim Laschet geht, dann müssen alle ihren Preis bezahlen, und zwar richtig, mit Internet-Pranger und allem was dazu gehört. Natürlich ist der Verlust des Arbeitsplatzes eine angemessene Strafe, auch ohne juristische Verurteilung. Das darf nicht nur für die besoffenen Sylter gelten.

  2. 84.

    Die TU hat über 8.000 Mitarbeiter und knapp 34.000 Studenten.

    Die Behauptung, die Mitarbeiter (Anzahl 129) oder die Studenten (Anzahl 80) würden sie also besonders stützen, entbehrt damit jeder Grundlage.

    Eher ist das Gegenteil der Fall. Frau Rauch hat kaum Rückhalt. Im Präsidium schon gar nicht, wenn man sich deren Statement durchliest.

    Und es soll mir bitte niemand sagen, dass sie nicht gewußt hat, was sie da liket. Das ist ja nur noch albern.

  3. 83.

    Ich kann mir vorstellen, dass Frau Rauch im Falle eines Rücktrittes auch in eine mögliche beruflich und finanziell prekäre Lage kommen könnte.
    Eine vergleichbare, gut dotierte Stellung im öffentlichen Dienst wäre in dieser Situation kaum möglich.
    Auch aus diesem Grund wird sie versuchen, ihren Posten zu behalten.

  4. 82.

    Wie gehabt. Ich kann das genaue Gegenteil bestätigen und auch nachweisen. Und es geht mir genauso - nur anders herum. Ich versuche das mittlerweile nicht mehr ernst zu nehmen. Wenn Argumente nichts bringen, ist eine Diskussion zwecklos.

    Eine Registrierung ist hier leider immer noch nicht möglich. Auf Nachfrage wurde dies wohl mal intern angeregt, aber da bislang dazu noch nichts passiert ist, wird das auch wohl weiterhin so bleiben.

  5. 81.

    Eigentlich mussen wir uns entspannen und dürfen nicht alles in extremen sehen. Wir wünschen dem jeweiligen Gegner immer sofort den Rücktritt oder was auch immer. Wenn es danach geht zu irgendwelchen Äußerungen, dann müsste ich so oft gegen Politiker von Grünen und SPD schreiben und Rücktritt fordern, weil manche aussagen mir extrem gegen die Kultur gehen.

  6. 80.

    Wat für eine abstruse Logik! Wer selbst rechtsrum dreht und hetzt, wird sich wohl kaum über Hatespeech beschweren.
    Die Redaktion hat vermutlich einen Kommentar unabsichtlich freigeschaltet, in dem die Rechtslastigkeit auf der Plattform angesprochen wurde. Rechtsgestrickte Kommentare/Antworten werden hier zu Hauf freigeschaltet - Kritik und Widerspruch dagegen äüßerst selten.

  7. 79.

    Insomnia, konnte in dem Beitrag von Doreen keine "rechtsextreme Hetze " erkennen, nur Sie fallen auf mit ihren mehrfachen Anschuldigungen wegen Hetze. Sie sollten sachlich bleiben und respektvoller

  8. 78.

    Billiger Versuch, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

  9. 77.

    Warum äußert sie sich dann nicht offiziell und legt ihren Standpunkt dar?
    Diese Gelike ist doch Kindergarten.

  10. 76.

    Okay, akzeptiert ;-)

    M.E. kann aber auch eine ,öffentliche' Person einen Standpunkt haben - so wie der Internationale Gerichtshof in Den Haag.
    Natürlich muss diese jedoch vor jedem Like, jedem Wort, jeder Äusserung ,zig Mal überlegen'.
    In dieser ,aufgeheizten Zeit' wird es leider m.E. immer schwieriger.

  11. 75.

    Natürlich darf man auch als TU-Präsidentin seine Stimme gegen Massenmord und Kriegsverbrechen erheben, auch wenn die dt. Presse und Politik mehrheitlich versucht, diese Art von Protest zu verhindern/zu kriminalisieren.

  12. 74.

    Okay, mal anders: Wenn ich in einer Position des öffentlichen Lebens wäre, würde ich mich tunlichst zurückhalten, auf unsozialen Netzwerken irgendwas zu liken, wenn es um heikle Themen wie pro und kontra Palästina oder Israel geht.
    Als Privatperson Lieschen Müller kann sie liken, was sie will, aber nicht in der Funktion der TU-Präsidentin!

  13. 73.

    Zusatz:
    Wenn ich Frau Rauch richtig verstehe, hat sie den ,Text' gelikt und jedoch die Hakenkreuze ,übersehen'-
    Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese auch übersehen hätte.

  14. 72.

    "Das passiert doch nicht versehentlich - das passiert aus Überzeugung. "Versehentlich" ist doch nur die Ausrede, weil der Präsi-Posten in Gefahr ist."

    Somit haben Sie ihr ,Absichtlichkeit unterstellt' und anschließend geschrieben, ,wenn es mir passiert wäre, hätte ich sofort gelöscht.'

    Daher mein Hinweis auf den Widerspruch.
    Warum soll man etwas löschen, wenn es aus Überzeugung passiert?
    ODER
    Warum soll man etwas löschen, wenn es versehentlich passsiert ist (keiner Schuld bewusst ist)?

  15. 71.

    "Ich habe hier aber auch schon Kommentatoren*innen erlebt, die völlig sachlich diskutiert haben, deshalb von Rechten niedergemacht wurden und entweder aufgegeben haben oder gesperrt wurden."

    "Ein äußerst beliebstes Mittel unter Rechten ist es auch Fake Kommentare und falschen Namen abzugeben, damit der Nickinhaber diskreditiert oder durch Provokationen gesperrt wird."

    .....auch wenn ich Ihre Aussage vorhin ziemlich extrem fand und es eigentlich nicht zum Thema gehört, dieses hier kann ich allerdings auch bestätigen, Danke.

  16. 70.

    Bewusst passiert mir das natürlich nicht, aber wenn der Finger aus Versehen auf die rechte Maustaste drückt und der Mauszeiger ganz woanders ist, kann das passieren. Kann man auch auf Apps wieder rückgängig machen.

  17. 69.

    "Wenn mir das passieren würde, würde ich den Like sofort löschen und nicht erst wenn ich darauf hingewiesen werde."
    Widerspricht sich das nicht?
    Ich lösche doch nicht den Like, wenn ich mir keiner Schuld bewusst bin.

  18. 68.

    Das passiert doch nicht versehentlich - das passiert aus Überzeugung. "Versehentlich" ist doch nur die Ausrede, weil der Präsi-Posten in Gefahr ist. Und angehäuftes Wissen bietet keine Garantie für Intelligenz und Resistenz gegen Antisemitismus.
    Wenn mir das passieren würde, würde ich den Like sofort löschen und nicht erst wenn ich darauf hingewiesen werde.

  19. 67.

    Hanna Veiler, JSUD, trägt hier ganz sachlich und vernünftig ihre Kritik und Forderung vor und im Gegensatz zu den Schlagzeilen stützen sich ihre Rücktrittsforderungen auf mangelnder Medienkompetenz und Führungsschwäche als auf den hier inflationär benutzten ANTISEMITISMUS.

    Alles andere hätte mich auch sehr irritiert!!

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