Deal zwischen Russland und Westen - "Tiergarten-Mörder" kommt durch großen Gefangenenaustausch frei
Erstmals nach dem Ende des Kalten Krieges haben Russland und westliche Länder in großem Stil Gefangene ausgetauscht. Unter ihnen ist auch der "Tiergarten-Mörder" Vadim K.. Der Russe war in Berlin zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Westliche Länder unter Führung der USA, darunter auch Deutschland, haben sich mit Russland und Belarus auf einen Gefangenenaustausch geeinigt. Die Bundesregierung bestätigte am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP, dass die Freilassung von 16 Personen aus Russland ausgehandelt wurde. Im Gegenzug kamen zehn verurteilte Russen frei.
Die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland sind insbesondere wegen des Ukraine-Kriegs äußerst gespannt. Einen derart großen Gefangenenaustausch zwischen beiden Seiten hatte es zuletzt im Kalten Krieg gegeben. Insgesamt sieben Staaten waren an dem Austausch beteiligt.
Unter den freigelassenen Russen ist auch Vadim K., der sogenannte Tiergarten-Mörder. Dieser war Ende 2021 in Berlin zu lebenslanger Haft in Deutschland verurteilt worden und zuletzt in Eisenhüttenstadt inhaftiert. Auch der in Belarus verurteilte Deutsche Rico K. kommt im Zuge des Gefangenenaustauschs frei, wie die Regierungen in Ankara, Washington und Berlin mitteilten.
Gericht verurteilte K. als "Staatsterrorist"
Der Sprecher der Bundesregierung Steffen Hebestreit sagte Reuters zur Freilassung des "Tiergarten-Mörders" Vadim K.: "Unsere Schutzverpflichtung gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie die Solidarität mit den USA waren wichtige Beweggründe." Nur so sei es gelungen, die europäischen und amerikanischen Staatsbürger aus russischer und belarussischer Haft freizubekommen. Die Bundesregierung habe sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht, so Hebestreit.
K. war 2021 vom Berliner Kammergericht wegen Mordes und einer "besonderen Schwere der Schuld" zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er soll im August 2019 einen Mann aus Georgien im Kleinen Tiergarten in Berlin erschossen haben. Die Anweisungen dazu soll Vadim K. aus Russland erhalten haben. Laut Gericht habe er im Auftrag der russischen Regierung gehandelt. Der Richter sprach damals von "Staatsterrorismus". Das Opfer der Tat war auf dem Weg zu seinem Freitagsgebet. K. war mit einem Fahrrad an ihm vorbei gefahren und hatte ihn erschossen.
Seine Freilassung im Rahmen eines Gefangenenaustauschs soll bereits in der Vergangenheit thematisiert worden sein. Unter anderem stand offenbar ein Austausch gegen den inzwischen verstorbenen russischen Oppositionellen Alexej Nawalny im Raum.
Rico K. innerhalb kurzer Zeit verurteilt und begnadigt
Der 30-Jährige Rico K. war laut Menschenrechtsorganisation Wjasna am 24. Juni in Belarus wegen Vergehen wie "Terrorismus" und "Söldnertum" zum Tode verurteilt worden. Am Dienstag hatte es dann aus Minsk geheißen, der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko habe den Deutschen "unter Berücksichtigung aller Umstände" begnadigt. Zuvor hatte Krieger in vom belarussischen Staatsfernsehen gezeigten Aufnahmen um seine Begnadigung gebeten.
Nach Deutschland und in die USA ausgeflogen
US-Präsident Joe Biden nannte den Austausch "eine Meisterleistung der Diplomatie" und teilte mit, es seien 16 Personen aus russischer und belarussischer Haft befreit worden. Darunter seien fünf Deutsche, sieben Russen sowie drei US-Amerikaner und ein "Einwohner mit ständigem Wohnsitz in den USA". Türkische Behörden hatten auch von Inhaftierte aus Polen, Slowenien, Norwegen und Belarus gesprochen. Ob sich aus den Angaben der Staaten zu den Nationaliäten der Freigelassenen Widersprüche ergeben oder ob etwa doppelte Staatsbürgerschaften vorliegen, war am Donnerstag zunächst unklar.
Nach türkischen Angaben wurden insgesamt 13 Personen zunächst nach Deutschland und drei in die USA gebracht.
Die USA erreichten unter anderem die viel beachtete Freilassung des US-Journalisten Evan Gershkovich. Gershkovich war am 19. Juli wegen "Spionage" zu 16 Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt worden. Der Prozess hatte dabei nur etwas mehr als drei Wochen gedauert. Der 32-jährige US-Journalist, seine Redaktion und die US-Regierung hatten die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Auch der 54-jährige frühere US-Soldat Paul Whelan, der seit Dezember 2018 wegen "Spionage" in Russland inhaftiert war, kam am Donnerstag frei.
Sendung: rbb24 Abendschau, 01.08.2024, 19:30 Uhr
Zum Thema finden Sie in der ARD-Mediathek auch die "Deep-Doku: Mord im Tiergarten – Russlands Staatsterror in Berlin" von August 2022
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