Positive Bilanz - Frankfurt (Oder) feiert fünf Jahre Kommunales Integrationszentrum
Mit mehr als 18.000 Beratungsgesprächen unterstützt das Frankfurter Kommunale Integrationszentrum Menschen aus 78 Nationen bei Themen wie Aufenthalt, Arbeit und Bildung. Die Politik lobte das Zentrum als Vorbild für Brandenburg. Von Corinna Cerruti
Das Kommunale Integrationszentrum (KI) in Frankfurt (Oder) hat am Dienstag nach fünf Jahren Arbeit eine positive Bilanz gezogen. Mehr als 18.000 Beratungsgespräche mit Menschen aus 78 Nationen hat das Zentrum nach eigenen Angaben seit der Eröffnung geführt.
Die Einrichtung ist eine erste Anlaufstelle für Menschen nicht-deutscher Herkunft. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus acht verschiedenen Ländern geben Tipps und Hinweise zu den Themen Aufenthalt, Arbeitsmarkt, Wohnen sowie Kita und Schule.
Ziel ist die langfristige und nachhaltige Integration aller zugewanderten Menschen in ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben. Dabei werden nicht nur frisch Zugewanderte angesprochen. Auch Menschen mit Migrationsgeschichte, die schon länger in der Region leben, finden hier Rat. Der Aufenthaltsstatus spielt dabei keine Rolle.
"Häufig beraten wir die ganze Familie", sagte Leiterin Izabella Bliss. "Während der Mann beispielsweise bei Tesla arbeitet, braucht die Frau vielleicht einen Sprachkurs, weil auch sie Qualifikationen mitbringt und eine Arbeit sucht. Für die Kinder brauchen sie Beratung in Sachen Kita und Schule oder auch, bei welchem Fußballverein das Kind mitspielen kann."
Seit dem Start findet die Beratung im Gebäude der Arbeitsagentur statt. Die kurzen Wege sollten die Abstimmung zwischen KI und Behörde erleichtern, sagte Bliss.
Erfahrungsaustausch beim Tag der offenen Tür
Politikerinnen und Politiker, Mitarbeitende sowie Interessierte ließen am Dienstagnachmittag bei Kaffee und Kuchen die Arbeit des Integrationszentrums Revue passieren. Eine anlässlich des Geburtstages angefertigte Wandtafel-Ausstellung zeichnete die letzten fünf Jahre nach. Die Feier fand zudem im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Fairer Interkultureller Sommer“ statt.
Zu Besuch war ebenfalls die Landesintegrationsbeauftragte Diana Gonzalez Olivo. "Frankfurt (Oder) hat als Grenzstadt eine Vorreiterrolle eingenommen", sagte sie.
Im Jahr 2019 war das KI das erste seiner Art in Brandenburg. Die Grenzstadt Frankfurt (Oder) hat mit knapp 18 Prozent den höchsten Anteil an ausländischen Bürgerinnen und Bürgern in Brandenburg (Stand Mai 2024). Die polnische Bevölkerung bildet dabei die größte Minderheit. Dazu kommen viele Studierende der Europa-Universität Viadrina. Mittlerweile berät das KI zudem viele Menschen aus Syrien, Afghanistan, Ukraine, Russland und dem Iran.
Zentrum kann Arbeitskräfte vermitteln
Auch Milena Manns, Dezernentin für Kultur, Bildung, Sport, Bürgerbeteiligung und Europa der Stadt Frankfurt (Oder), nannte das Zentrum "eine volle Erfolgsgeschichte“. "Die Einrichtung ist niedrigschwellig, gut in der Stadt zu erreichen und hat Zugriff auf ein großes Netzwerk an Partnern aus der Region. Das Team kann so konkret vermitteln."
Dieses Netzwerk kann auch Betrieben in der Region zugutekommen. Das KI bietet Arbeitgebern Beratung und Vermittlung von Arbeitskräften an. Denn in Brandenburg herrscht Fachkräftemangel. Zwischen Juli 2023 und Juni 2024 fehlten im Land mehr als 22.800 qualifizierte Arbeitskräfte. Damit gab es für durchschnittlich 50,3 Prozent aller offenen Stellen keine passend qualifizierten Arbeitslosen. Das Kommunale Integrationszentrum soll hier Unternehmen dabei unterstützen, den geeignete Arbeitskraft zu finden.
"Wir bemühen uns immer eine Arbeit für die Menschen zu finden, die ihrer Qualifikation entspricht", sagte Leiterin Bliss. "Es werden sonst Potenziale verschwendet, wenn wir gebildete Leute in Reinigungsarbeiten schicken, nur weil die deutsche Sprache noch nicht so sitzt." Denn gerade die Bürokratie gelte als Standortnachteil für die deutsche Wirtschaft. Für viele Menschen, die nach Deutschland kämen, könne der Papierkram erst einmal überfordernd sein. Das Zentrum könne Menschen dabei helfen, die notwendigen Voraussetzungen, wie eine Zeugnisanerkennung oder einen berufsbegleitenden Sprachkurs zu organisieren, sagte Bliss.
"Integrationsarbeit ist essenziell für den sozialen Frieden in den Städten und den Regionen. Wenn es uns hier nicht gäbe, gäbe es 18.000 Anliegen, die vielleicht nicht rechtzeitig gelöst werden könnten", sagte Bliss. "Und dann kommen die Menschen in die Schuldenfalle, in die Wohnungslosigkeit, in die Perspektivlosigkeit und dann wird es schwierig."
Um Vorurteilen und Desinformation vorzubeugen, können sich auch deutsche Bürgerinnen und Bürger im Kommunalen Integrationszentrum über das Thema Migration und Asyl informieren. "Ich habe das Gefühl, dass rechtspopulistische Meinungen sehr oft darauf beruhen, dass die Menschen nicht informiert sind" sagte Bliss. "Man unterstellt den Geflüchteten, dass sie hier in vergoldeten Schlössern untergebracht werden und die Wirklichkeit sieht anders aus."
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 10.09.2024, 19:30 Uhr