Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Entscheidungen über Asylanträge von Syrern vorerst gestoppt

Mo 09.12.24 | 21:00 Uhr
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Archivbild: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). (Quelle: dpa/Balk)
Audio: Antenne Brandenburg vom rbb | 09.12.2024 | Matthias Gindorf / Evi Seibert | Bild: dpa/Balk

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) stoppt vorerst Entscheidungen über Asylanträge von Syrern. Grund ist die unklare Lage nach dem Sturz des Assad-Regimes. Deutschlandweit geht es um rund 47.000 Anträge.

  • Bamf will über Asylanträge von Syrern erst einmal nicht mehr entscheiden
  • Hintergrund ist Lage in Syrien nach Sturz von Machthaber Assad
  • Berliner Flüchtlingsrat warnt vor längerer Bearbeitungspause

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat wegen der unklaren Lage in Syrien vorerst alle Entscheidungen über Asylanträge aus dem arabischen Land gestoppt. Das sagte ein Behördensprecher am Montag. Zuerst hatte der "Spiegel" berichtet.

Die Regelung gelte nicht für sogenannte Dublin-Verfahren, bei denen ein anderes EU-Land für das Asylverfahren zuständig ist, sagte der Behördensprecher. Betroffen seien stattdessen alle Anträge, für die die Situation in Syrien ausschlaggebend sei. Betroffen seien derzeit mehr als 47.000 Asylanträge von Syrern, davon 46.081 Erstanträge. Auf bereits getroffene Asylentscheidungen hat die neue Lage in Syrien keine Auswirkungen.

"Im Stapel nach unten sortiert"

"Das Bamf schaut sich sehr genau an, wie der Einzelfall gelagert ist, dazu gehört auch eine Bewertung der Lage vor Ort im Herkunftsland", sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums in Berlin. Bei einer unklaren Lage habe das Bundesamt die Möglichkeit, Asylentscheidungen zurückzustellen - und dass dies in Syrien der Fall sei, sei offensichtlich.

Praktisch bedeutete die Entscheidung des Bamf für die Betroffenen, ihre Anträge "werden im Stapel nach unten sortiert und andere Asylentscheidungen vorgezogen".

Kritik vom Flüchtlingsrat Berlin

Der Flüchtlingsrat Berlin kritisierte den Entscheidungsstopp des Bamf jedoch. "Es gibt überhaupt keinen Grund, hier jetzt Entscheidungen zu pausieren oder davon auszugehen, dass die Lage in Syrien irgendwie sich drastisch verbessern würde in den nächsten Monaten", sagte Emily Barnickel, Vorsitzende des Flüchtlingsrats Berlin, dem rbb. "Die Menschen brauchen weiterhin Rechtssicherheit bezüglich ihrer Verfahren", betonte auch Mariella Lampe vom Flüchtlingsrat Berlin in einer Mitteilung von Montag.

Ferat Kocak von der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus forderte, dass keine Abschiebungen nach Syrien stattfinden dürften. Dazu sei die Lage zu instabil und die Gefahr durch Islamisten zu groß. Auch der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein sagte, Geflüchtete aus Syrien müssten darauf vertrauen können, dass sie in Deutschland weiterhin Schutz finden und nicht abgeschoben werden.

Rebellen unter der Führung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten in der Nacht zum Sonntag die Kontrolle über die syrische Hauptstadt Damaskus übernommen und damit das Ende der mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Herrschaft der Familie von Präsident Baschar al-Assad eingeläutet. Der entmachtete Präsident floh mit seiner Familie nach Russland. Tausende Syrer feierten auf deutschen Straßen den Umsturz in der alten Heimat, auch in Berlin.

Syrer und Syrerinnen feiern den Sturz Assads

Fast eine Million Syrer in Deutschland

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums befanden sich mit Stand Ende Oktober 974.136 Menschen mit syrischer Staatsbürgerschaft in Deutschland.

Bei mehr als zwei Drittel der Menschen handelt es sich um sogenannte Schutzsuchende. Darunter befanden sich laut Bundesinnenministerium 5.090 Asylberechtigte. 321.444 Menschen sind demnach als Flüchtlinge nach der Genfer Konvention registriert, also aus begründeter Angst vor Verfolgung wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder Religion.

Insgesamt 329.242 Syrerinnen und Syrer genießen subsidiären Schutz. Dieser greift, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden, den Betroffenen aber im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht.

Unter den rund 300.000 weiteren Syrerinnen und Syrern sind laut Ministerium Menschen, die als Familienangehörige von Geflüchteten gekommen sind, in Deutschland eine Arbeitserlaubnis oder andere Aufenthaltstitel haben.

Rund 50.000 Syrer in Berlin - 21.000 in Brandenburg

Am 30. Juni 2024 lebten laut Landesamt für Statistik in Berlin 49.325 Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit.

In Brandenburg waren es (zum Stichtag 31. Oktober 2024) 21.347 syrische Staatsangehörige, wie das Innenministerium dem rbb mitteilte. Davon hatten 13.072 Personen ein Aufenthaltsrecht aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen. Von diesen standen 6.850 Personen unter sogenanntem subsidiären Schutz, 4.471 Personen wurde die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. 2.094 Personen hatten Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen. 1.166 Personen hatten Aufenthaltsrecht, weil bei ihnen z.B. das Asylverfahren noch lief. 335 waren Ausreisepflichtige, davon war bei 317 Personen die Abschiebung ausgesetzt (Duldung). 806 Personen hatten kein Aufenthaltsrecht und 56 Personen waren als Asylberechtigte anerkannt.

Mit Stand 30. November 2024 waren in Brandenburg 736 und in Berlin 1.497 Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen anhängig, teilte das Bamf am Montag dem rbb mit.

Sendung: Antenne Brandenburg vom rbb, 09.12.2024, 13 Uhr

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52 Kommentare

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  1. 52.

    Drusen ubd Kurden in einen Topf mit Islamisten zu werfen zeugt von Unkenntnis. Ein zerstörtes Land, dessen Zerstörungsgrund weggefallen ist, stellt bestimmte Asylanträge in einen anderen Dringlichkeitsstatus. Viele wollen und werden ihre Heimat wieder aufbauen, das sollte mit Respekt gezollt werden.

  2. 51.

    Geduldet werden nur eben jene Personen die bereits vollziehbar ausreisepflichtig sind, nach negativ abgeschlossenem Asylverfahren.
    Während diesem man im übrigen nach 3 Monate Antragstellung arbeiten darf. Im geduldeten Umstand jedoch nur bei geklärter Identität und Vorlage eines zur Rückreise berechtigten Dokumentes. Ein laufendes „ruhendes“ Asylverfahren bedeutet keine Abschiebung.

  3. 50.

    Es stimmt, dass jetzt Verrückte die Macht übernommen haben, es gibt kein größeres Risiko für die Bevölkerung (Christen oder Muslime)! Wer profitiert von der Kriminalität? Wer bezahlt diese Kriminellen? Ich denke an meine christlichen und muslimischen Brüder! Amen

  4. 49.

    ......was wird das hier? Wir nehmen uns jetzt mehrere Nicks und greifen damit 'Helmut Krüger' an? Seine Aussage im ersten Kommentar war ein rhetorisches Stilmittel seiner Meinung über die Aussagen, die von Politikern schon getätigt wurden oder was sonst sollte wohl das "am Liebsten" in seinem Kommentar heißen? Aber wenn man es natürlich unbedingt falsch verstehen möchte, kann man das dann auch. Zwinkernde Smileys werden anscheinend von manchen auch nicht mehr verstanden.

  5. 48.

    Hier im Forum wird keine Politik gemacht, sondern hier werden mitunter beabsichtigte, disqualifizierende, unwahre Behauptungen aufgestellt, zwecks Meinungsmache, und das fügt der Demokratie einen Schaden zu, oder?

  6. 47.

    "Die Syrer aus der Türkei machen es reihenweise vor!"

    Viel Meinung aber keine Ahnung. Die Syrer sind in der Türkei inzwischen massiven Repressalien ausgesetzt, nachdem man sie vorher als billige Arbeitssklaven mißbraucht hatte.

    Die Tagesschau spricht sogar von "Pogromartige Zustände ".

    Nachdem Erdogans Versuch gescheitert ist die syrischen Flüchtenden als "Verhandlungsmasse" gegen die EU einzusetzen wollte er sie so schnell wie möglich loswerden und hat u.a. deswegen in den Bürgerkrieg in Syrien eingegriffen.

    Wo ist denn der Asylgrund weggefallen? Die Syrer kehren in ein völlig zestörtes Land wieder zurück, von dem man nicht weiß wie sich Drusen, Kurden und die Islamisten in Zukunft verhalten werden.

  7. 46.

    "Warum bearbeitet man die Anträge nicht. Innerhalb des nächsten Jahres wird die Lage dort doch nicht stabil sein. Und man kann doch die Anträge genau mit dieser Laufzeit bewilligen und in der Zeit die Lage neu bewerten. "

    Sie dürfen nicht vergessen wer der Leiter der BAMF ist, eine treuer cSU Parteisoldat der auf Geheiß Seehofers auf recht denkwürdige Weise ins Amt gehieft wurde, siehe die angebliche "Affäre" Cordt.

  8. 45.

    Ja, was soll dieses Politik-Bashing. Nur um der Demokratie zu schaden?

  9. 44.

    Ein Beleg für diese Behauptung gibt es nicht, also doch Hetze gegen CDU und FDP, in altbekannter AfD - Manier

  10. 43.

    Merke: "Eine subjektive Wahrnehmung von Stimmen etc. ist keinesfalls eine oblektive Messlatte, zumal wenn persönliche Symphatie oder Antipathie im Spiel ist"
    Aber manch Einer ist sich für keine Unterstellung zu schade, ganz nach der Methode der AfD - Populisten ,

  11. 42.

    Ggf. auch 46,8 und 49,3 Std.. ;-)

    Aber mal im Ernst: Aus der kritisierten Großtönerei von TEILEN einer Partei eine Hetze (!) gegen die Gesamtpartei zu konstruieren, ist schlichtweg hergeholt. Hetze dagegen ist es schon, pauschal von DEN Syriern zu sprechen, die jetzt ja allesamt nichts mehr zu befürchten hätten.

    Einfach mal hinhören. Jürgen Hardt klingt bedächtig und überlegend, Markus Söder nicht.

  12. 41.

    Ich halte viele Reaktionen zu den syrischen Flüchtlingen in Deutschland aktuell für verfrüht, z.T. überzogen und populistisch.
    Wenn in kurzer Zeit viel Syrer wieder in ihr Land zurückgehen würden, gäbe es möglicherweise in einigen Bereichen herbe Einschnitte. So hatte erst gestern der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft vor einem Weggang der syrischen Mediziner gewarnt. Derzeit würden ca. 5000 in deutschen Kliniken arbeiten. Auch in anderen Bereichen haben sich viele der ehemaligen Flüchtlinge etabliert.

  13. 40.

    „Aber schauen wir nach Libyen, Iran, Irak, Ägypten oder Afghanistan“

    Die können auch kommen! Logisch.

  14. 39.

    Das sehe ich auch so. Man sollte erstmal abwarten und den Syrern, die nach so vielen Kriegsjahren hier integriert sind, die Entscheidung selbst überlassen. Und: Ich denke nicht, dass es uns (der westlichen Welt) zusteht, darüber zu entscheiden, in welchem System ein fremdes Volk leben will - auch das sollten - hoffentlich- die Menschen in Syrien selbst entscheiden. Der arabischen Welt das Christentum überzuhelfen- daran sind schon die alten Römer gescheitert und auch eine Demokratie nach unserem Verständnis muß nicht für alle der Weisheit letzter Schluß sein.

  15. 38.

    Entscheidungen auf Eis legen finde ich richtig. Jetzt muss erst einmal einen Moment gewartet werden, was in Syrien nachkommt. Das kann viel schlimmer sein als vorher. Assad ist ein Schlächter, dem nun glücklicherweise das Handwerk gelegt ist. Aber schauen wir nach Libyen, Iran, Irak, Ägypten oder Afghanistan. Wurde es da wirklich besser?

  16. 36.

    Bitte teilen Sie die Quelle für Ihre Behauptung, dass teile der CSU und FDP fordern, dass Menschen aus Syrien am liebsten binnen 48 Stunden abgeschoben werden sollen!
    Meine Recherche führte dies bezüglich ins Leere.

    Ein SPD -Landrat in Thüringen, Herr Jendricke, forderte heute Abschiebung von Syrern ohne Job, und der CDU - Innenminister von Sachsen sprach heute von Abschiebungen, und natürlich die AfD möchte sofort den Asylstatus aufheben, mehr Konkretes war nicht in Erfahrung zu bringen.

    Falls sie keine Belege bringen, war es doch nur eine Hetze gegen CSU und FDP.

  17. 35.

    Guten Abend! Die genannte Zahl bezieht sich auf die gesamte ausländische Bevölkerung in Deutschland. Die Zahl der Schutzsuchenden liegt bei 3.173.135. Weitere Details finden Sie in der angegebenen Quelle.

  18. 34.

    guten abend,habe ich die zahl richtig gelesen....in deutschland 13 Millionen....die asyl oder ähnlich.......momentan hier leben?

    13 millionen......???????

  19. 33.

    Hallo geht's noch. In Syrien fallen nach wie vor Bomben: Die Amerikaner bombardieren vermeintliche IS-Stützpunkte, Israel bombardiert ebenfalls und die Türkei bekriegt wie gehabt die kurdischen Syrer im Norden des Landes und das auf unbestimmte Zeit. Insofern ist die Entscheidung des BAMF nicht nachvollziehbar. Das Bundesverfassungsgericht sollte die Rechtmäßigkeit überprüfen.

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