Fragen und Antworten - Worum es bei der Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin geht

Fr 02.02.24 | 15:23 Uhr
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Archivbild: Ein Wähler wirft in einem Wahllokal, das im Klassenraum einer Grundschule im Stadtteil Prenzlauer Berg untergebracht ist, seinen Stimmzettel für die Bundestagswahl in eine Wahlurne. (Quelle: dpa/Dittrich)
Video: rbb24 | 20.12.2023 | Bild: dpa/Dittrich

In 455 Wahlbezirken Berlins sind am 11. Februar die Berlinerinnen und Berliner aufgerufen, noch einmal ihre Stimme für die Bundestagswahl abzugeben. Warum und wo und wie genau - hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welche Wahl wird diesmal wiederholt?

Diesmal wird die Bundestagswahl vom 26. September 2021 in Teilen von Berlin wiederholt.

Bei der Wahl am 26. September 2021 waren in Berlin der Bundestag, das Berliner Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen gewählt worden. Außerdem wurde über den Volksentscheid für die Enteignung großer Wohnungskonzerne entschieden.

Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung waren dann bereits im vergangenen Winter, am 12. Februar 2023, komplett wiederholt worden. Der Volksentscheid musste dabei nicht wiederholt werden – weil gegen sein Ergebnis kein Einspruch erhoben worden war.

Jetzt nun wird die Bundestagswahl wiederholt, allerdings nur in bestimmten Wahlbezirken in Berlin.

Wann wird gewählt?

Die Teilwiederholung der Wahl findet am Sonntag, dem 11. Februar 2024 statt.

Der Wahltermin musste innerhalb einer 60 Tage-Frist gefunden werden, die das Gericht bei der Verkündung des Urteils gegeben hatte. Der 11. Februar ist der letzte mögliche Termin innerhalb dieser Frist. Und es ist der letzte Tag der Winterferien in Berlin.

Wo wird neu gewählt?

In 455 der 2.257 Wahlbezirke. Das entspricht ungefähr jedem fünften Wahllokal. Auf dieser Karte sind alle betroffenen Wahlbezirke gekennzeichnet. Die meisten befinden sich in Pankow, Reinickendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf.

Wer darf wählen?

Alle, die zum Zeitpunkt der Wahlwiederholung wahlberechtigt sind, nach Alter und Wohnsitz. Also alle, die dann 18 sind und in den betroffenen Wahlbezirken mit Hauptwohnsitz wohnen sowie bestimmte Deutsche, die im Ausland leben.

Es darf also auch wählen, wer 2021 noch in einer anderen Stadt gewohnt hat, aber jetzt in einem betroffenen Wahlbezirk mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Wer bei der Wahl im September in Berlin gewohnt hat, jetzt aber aus Berlin weggezogen ist, darf nicht mehr wählen. Wer innerhalb Berlins umgezogen ist, für den gilt das gleiche: Wer zum Zeitpunkt der Wahlwiederholung mit Hauptwohnsitz in einem der betroffenen Wahlbezirke wohnt, darf wählen, wer dort nicht wohnt, darf nicht wählen, unabhängig vom früheren Hauptwohnsitz.

Berlinerinnen und Berliner, die seit dem 26. September 2021 volljährig geworden sind, dürfen bei der Wiederholungswahl ihre Stimme abgeben. Stimmen für inzwischen verstorbene Menschen können nicht stellvertretend abgegeben werden.

Rund 550.000 Berlinerinnen und Berliner dürfen damit bei dieser Wahl wählen.

Bleibt bei denen, die damals gewählt haben, nun aber nicht teilnehmen, die Stimme aus dem September 2021 gültig?

Nein. Im Februar findet eine Wiederholungswahl statt und es zählt das dann ermittelte Ergebnis. Das Ergebnis vom September ist in den Wahlbezirken, in denen die Wahl wiederholt wird, damit dann annulliert.

Wenn ich 2021 per Brief gewählt habe, darf ich dann nochmal wählen?

Ja, wenn das eigene Briefwahllokal betroffen ist. Wer nochmal wählen darf, bekommt auch eine Wahlbenachrichtigung. Wahlbenachrichtigungen wurden seit dem 2. Januar verschickt. Auch bei dieser Wahl ist die Briefwahl möglich.

Wer darf sich zur Wahl stellen?

Prinzipiell ist es so, dass bei einer teilweisen Wiederholungswahl dieselben Parteien und Kandidaten antreten wie zuvor, also in diesem Fall 2021. Es war nicht zulässig, neue Wahlvorschläge einzureichen. Wer gestorben ist, wird vom Wahlzettel gestrichen.

Auf den Stimmzetteln wird nun der Name der früheren Partei NPD geändert, weil die nun "Die Heimat" heißt.

Warum wird die Bundestagswahl in Berlin nur teilweise wiederholt?

Das Bundesverfassungsgericht betonte das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in den Bestand einer gewählten Volksvertretung. So seien zunächst festgestellte Wahlfehler zu berichtigen. "Eine Nichtigerklärung der gesamten Wahl setzt Wahlfehler von einem solchen Gewicht voraus, dass der Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung unerträglich erscheint", hieß es in der Begründung des Gerichts zu seinem Urteil. Für die Wahl zum Bundestag in Berlin kam das Gericht zu dem Schluss, dass der überwiegende Teil der Wahlberechtigten seine Stimme in Wahllokalen abgeben konnte, die von erkennbaren Wahlfehlern nicht betroffen waren.

Anders habe es bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl ausgesehen, die komplett wiederholt werden musste. "Hinzu kommt, dass bei den Landeswahlen Wahlfehler (wie etwa die Verwendung kopierter Stimmzettel) auftraten, die bei der Bundestagswahl nicht feststellbar sind. Vor allem aber ging der Verfassungsgerichtshof Berlin davon aus, dass die von ihm festgestellten Wahlfehler 88 Sitze von 147 und damit 60 Prozent der Mitglieder des Abgeordnetenhauses betrafen", hatte das Gericht bei seinem Spruch für die Wiederholung der kompletten Abgeordnetenhauswahl argumentiert.

Könnte die Wahl das Aus für die Ampel-Regierung im Bund bedeuten?

Nein. Rechnerisch kann die Wiederholungswahl nichts an den Machtverhältnissen im Bundestag ändern.

Könnte die Wiederholungswahl Auswirkungen für die Linke im Bundestag haben?

Mit der Linken ist es kompliziert. Aber eins ist klar: An der Sitzverteilung für die Linke - oder was davon übrig ist - wird sich nichts ändern. Die Linke hat bei der Bundestagswahl 2021 die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt und sitzt nur im Bundestag, weil sie drei Direktmandate gewonnen hat – durch Kandidaten, auf die in ihrem jeweiligen Wahlkreis die meisten Erststimmen entfallen sind. Drei Direktmandate heben sozusagen die Fünf-Prozent-Hürde auf – es zogen damit also auch Kandidatinnen und Kandidaten gemäß der Zweitstimmen für die Linke in den Bundestag.

Zwei Direktmandate gab es in Berlin: Gesine Lötzsch in Lichtenberg (Wahlkreis 86) und Gregor Gysi in Treptow-Köpenick (Wahlkreis 84) bekamen sie. In ihren Wahlkreisen wird bei der Wiederholungswahl aber nur in wenigen Lokalen neu gewählt. Der Vorsprung von Lötzsch und Gysi ist zu groß und das Gewicht der einzelnen von der Teilwiederholung betroffenen Wahlbezirke in ihren Wahlkreisen zu gering, als dass sie ihre Direktmandate verlieren könnten.

Darum bleiben auch die anderen Linken-Bundestagsabgeordneten - beziehungsweise die, die aus der Partei beziehungsweise der damaligen Fraktion ausgetreten sind - im Bundestag, darunter auch Sarah Wagenknecht, die bereits eine eigene Partei gegründet hat.

Gibt es überhaupt Auswirkungen?

Bei Stimmverschiebungen und einer veränderten Wahlbeteiligung in Berlin könnten andere Bundesländer berührt sein. Das hängt mit der bundesweiten Gewichtung der Stimmanteile zusammen. Theoretisch ist es möglich, dass nach der Wahl ein Berliner Bundestagsabgeordneter sein Mandat verliert, aber jemand anderes aus einer anderen Region nachrückt. Denkbar ist auch, dass sich das Parlament minimal verkleinert. Alles sei sehr komplex, hieß es aus dem Büro der Bundeswahlleiterin am Dienstag. Weiter spekulieren wolle man nicht.

Konkreter wird es bei der Wiederholungswahl für einzelne Politikerinnen und Politiker in Berlin bezüglich ihres Direktmandats. In Reinickendorf gewann CDU-Kandidatin Monika Grütters mit nur 1,4 Prozentpunkten beziehungsweise rund 1.800 Erststimmen Vorsprung vor SPD-Kandidat Torsten Einstmann das Direktmandat. In Charlottenburg-Wilmersdorf setzte sich der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit 3,5 Prozentpunkten Vorsprung gegen die aktuelle Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) durch. In Pankow schlug der Grüne Stefan Gelbhaar den SPD-Mann Klaus Mindrup um 4,0 Prozentpunkte.

Wenn die Auswirkungen so minimal sind, warum der ganze Aufwand einer Wahlwiederholung?

Es ist schon ein Unterschied, wer genau, auch für Berlin, im Bundestag sitzt und wer nicht und ob Berlin Mandate verliert zugunsten anderer Bundesländer oder nicht. Außerdem gab es viele Wahlfehler. Menschen mussten lange warten und Schlange stehen, Stimmzettel waren falsch oder fehlten ganz. Vorübergehend mussten Wahllokale schließen oder blieben bis weit nach 18 Uhr geöffnet - dem Zeitpunkt, an dem die Stimmabgabe eigentlich vorbei sein sollte. Wahlfehler bleiben in einer Demokratie nicht ohne Folgen. Das hat das Urteil jetzt auch deutlich gemacht.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.02.2024, 10:00 Uhr

25 Kommentare

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  1. 25.

    In unserem Charlottenburger Wahllokal gab es ebenfalls gehäufte Probleme,trotzdem wird dort nicht neu gewählt.Also was soll dann das ganze?

  2. 24.

    Ich denke,ich stehe mehr zur FDGO als vielleicht SIE und höchstwahrscheinlich auch schon länger als SIE.
    Die gerichtliche Entscheidung zu diesem Zeitpunkt bringt nur eins,mehr Steuerausgabe für NULL ERFOLG.
    Besser wäre gewesen strengere Auflagen für die Wahlbezirke für kommende Wahlen zu verhängen.
    Der Punkt ist doch der,dass durch die Wiederholungswahlen keine Veränderung im Bundestag entstehen kann,aber dadurch Steuergelder verprasst werden.

  3. 23.

    "Man sollte mal über einen kompletten Austausch der Richter im Bundesverfassungsgericht nachdenken."

    Man sollte man mal darüber nachdenken ob SIE überhaupt noch auf dem Boden der FDGO stehen.

  4. 22.

    Diese Wahlwiederholung ist eine Farce,kostet Steuergelder und bringt keine Veränderung egal wie sie ausgeht.
    Man sollte mal über einen kompletten Austausch der Richter im Bundesverfassungsgericht nachdenken.

  5. 21.

    Es wird Zeit , diese Regierung mal wieder auf dem Boden der Tatsachen zu holen. Wir haben einen Finanzminister der so arrogant ist, einen Außenministerin die nur ergebnislos durch die Welt fliegt, unser Bundeskanzler hat Gedächtnis Ausfälle ,
    Unser Bürgermeister erzählt viel setzt aber wenig um. Sie sollten mal mit offene Augen durch Berlin gehen.

  6. 20.

    Warum nach so langer Zeit diese Farce? Das Geld für diese Wahlwiederholung kann doch besser investiert werden! Gibt es da nicht genügend Projekte?

  7. 19.

    Das war das einzig richtige Urteil! Eine Wahl darf nur dort wiederholt werden wo es tatsächlich Probleme gab. In meinem Wahllokal in Pankow lief alles korrekt. Daher wird die Bundestagswahl auch nicht wiederholt. Dass aber die Wahl zum Abgeordnetenhaus wiederholt werden musste war rechtswidrig. Schade dass das Bundesverfassungsgericht das falsche Urteil vom Berliner Verfassungsgericht nicht aufgehoben hatte. Dann hätten wir jetzt vermutlich eine andere Regierung in unserer Hauptstadt.

  8. 18.

    Irgendwie frage ich mich, was das alles soll und was es ändert an der derzeitigen Situation in Deutschland.

  9. 17.

    Hahaha, hat lange gedauert. Ich kann das alles nicht ernst nehmen. VIVA s.g. (nicht direkte) Demokratie und die Politiker*innen - Versager*innen - ohne Berufung nur heiß auf die Posten und Dr.-Titeln.

  10. 16.

    Wie hoch sind Erfrischungsgelder für Wahlvorsteherinnen?

  11. 15.

    Wenn Berlin weit umfangreich Wahlkampf u. a. mit Wahlplakaten stattfindet braucht man offensichtlich keine Ressourcen und kein Geld zu sparen ! ?

  12. 14.

    Und wer damals nicht in einem Problem-Wahlbezirk gewohnt hat, nun in einen solchen gezogen ist, wählt dann doppelt.

  13. 13.

    Leider hat sich das BVerfG in seiner PM nicht näher zu diesen fünf Wahlprüfungsbeschwerden geäußert.

  14. 11.

    Die Wahlprüfungsbeschwerde der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag wurde vom Bundesverfassungsgericht als unzulässig zurückgewiesen ( Beschluss vom 19. September 2023, Az.: 2 BvC 5/23). Ferner sind noch fünf weitere Wahlprüfungsbeschwerden anhängig. (Pressemitteilung des BVerfG vom 19.12.2023)

  15. 10.

    Bin umgezogen, auch da wird wiederholt, dann wähle ich eben da AfD, was soll’s.

  16. 9.

    Danke, werde ich aus Interesse tun. Das wird aber länger dauern, als dieser Kommentarbereich offen sind wird.

    Hat BVerfG auch etwas zu den weiteren anhängigen Klagen entschieden zum gleichen Sachverhalt? Werden da noch welche nachverhandelt oder sind damit alle Klagen zu dem Sachverhalt erledigt?

  17. 8.

    "Der Gesetzeskommentar"? Welchen meinen Sie? Davon gibt es viele. Gerne können Sie sich aber auch selber die Veröffentlichungen des BVerfG zum Thema anschauen: bundesverfassungsgericht.de

  18. 7.

    Danke. Was sagt der Gesetzeskommentar zur Begründung der sechs Monate Frist in Absatz 2? Es liest sich etwas so, als wenn die ursprüngliche Intention war, das die Entscheidung regelmäßig innerhalb von sechs Monaten fallen sollte.

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