Basketball-Nationalmannschaft testet in Berlin - Das brüderliche Heimspiel von Franz und Moritz Wagner
Die Berliner Brüder Franz und Moritz Wagner bereiten sich mit der Nationalmannschaft aktuell auf die Basketball-WM 2023 vor. Mit auf dem Plan: ein seltenes Heimspiel im alten Wohnzimmer – Aufregung inklusive. Von Jakob Lobach
Mit langen Schritten und einem entspannten Lachen auf dem Gesicht schlenderten Moritz und Franz Wagner am Dienstagmittag durch ihr altes Wohnzimmer. Vom Parkett über den Kampfrichtertisch bis zu den Katakomben – vieles ist gleich geblieben in der Mercedes-Benz-Arena. Hier kennen sich die Wagner-Brüder noch immer aus und fühlen sich noch immer wohl - hier, wo einst bei Alba Berlin ihre Profikarrieren begannen. Das klang deutlich durch, als Franz Wagner am Dienstagmittag am Rande des Parketts in einer Medienrunde der deutschen Nationalmannschaft sagte: "Es ist immer noch etwas Besonderes, hier in die Halle zu kommen, dann auch noch für die Nationalmannschaft und mit dem großen Bruder. Das muss man genießen."
NBA-Stars zurück in der Heimat
Mehr noch als das Training am Dienstag dürften Franz und Moritz Wagner ihren nächsten Besuch in der Arena am Ostbahnhof genießen – das Testspiel ihrer deutschen Nationalmannschaft am Mittwoch gegen Kanada (19:30 Uhr). Rund zweieinhalb Wochen vor dem Start der Weltmeisterschaft in Japan, Indonesien und den Philippinen kommt ein Härtetest für die Auswahl des Bundestrainers Gordon Herbert. Für die Wagner-Brüder ist es ein seltener Heimatbesuch inklusive untypischer Nervosität.
Schließlich schnüren der 26-jährige Moritz und der 21-jährige Franz für gewöhnlich knapp 8.000 Kilometer westlich im US-amerikanischen Orlando ihre Basketballschuhe. Während Moritz dort seine zwischenzeitlich etwas ins Stocken geratene NBA-Karriere wiederbelebte, ist sein kleiner Bruder ein absoluter Leistungsträger der Orlando Magic. Mehr noch: Der Sprössling der Alba-Jugend ist einer der spannendsten jungen Spieler der besten Basketballliga der Welt. Ein Berliner Basketballmärchen mit nur einem Nachteil: Wirklich viele Ausflüge nach Berlin können die noch immer sehr heimatverbundenen Brüder nicht in ihren Kalender quetschen. Die reguläre Saison alleine hat 82 Spiele.
Also galt es, den aktuellen Aufenthalt in der Heimat gut zu planen. Im Fokus stand dabei selbstredend das Sportliche – Trainingseinheiten, Videoanalysen, das Testspiel. Aber auch privat haben die Wagners Vorarbeit geleistet: "Die Familie ist auf jeden Fall ready, die Freunde sind eingeladen", erklärte Franz Wagner. So wird ein im Grunde wenig bemerkenswertes Testspiel durch den speziellen Rahmen auch für Moritz außergewöhnlich: Mit einem nachdrücklichen "Schon sehr" beantwortete der Forward am Dienstag die Frage, wie besonders das Berliner Gastspiel für ihn sei. "Ich freue mich sehr drauf und versuche, mich emotional ein bisschen unter Kontrolle zu behalten", ergänzte er.
Abwechslung und Integration
Gleiches oder zumindest Ähnliches dürfte am Mittwoch gegen Kanada für zahlreiche weitere Nationalspieler gelten. Maodo Lo und Niels Giffey sind zwei weitere gebürtige Berliner, Johannes Thiemann spielt seit Jahren für Alba. "Das ist einer der Gründe, warum wir das Spiel in Berlin austragen wollten", erklärte Bundestrainer Herbert. Der Test in der Hauptstadt beschert den Nationalspielern etwas, das in einer wochenlangen Turniervorbereitung neben Taktik, Training und Teambuilding ebenfalls wichtig ist: Abwechslung. "Es war gut für uns, das Camp hier in Berlin zu haben, weil die Jungs zuhause sind", erklärte Herbert. "Sie können Zeit mit ihren Familien, Frauen und Kindern verbringen, anstatt sie zwei Wochen lang gar nicht zu sehen."
Der Bundestrainer selbst hingegen will am Mittwoch möglichst den nächsten Schritt in der Entwicklung seiner meiner Mannschaft sehen, sagt er. Bei weitem nicht nur, aber auch, was die Integration von Moritz Wagner betrifft. Während sein Bruder Franz die Nationalmannschaft vergangenen Sommer maßgeblich mit zur EM-Bronzemedaille im eigenen Land führte, konnte Moritz ihm dabei mit einer Knöchelverletzung von außen nur zuschauen.
Rund ein Jahr später soll er ein Schlüsselfaktor auf dem Weg zur WM-Medaille werden. Insbesondere seine offensive Vielseitigkeit, aus der ein starker Wurf heraussticht, dürfte dabei seine Rolle im Nationalteam prägen. Wie genau diese Rolle zum Start der WM aussehen wird, weiß auch Moritz Wagner selbst noch nicht genau. "Es fügt sich durchs Spielen", sagte er am Dienstag, "und das müssen wir erstmal machen."
Die beste Nationalmannschaft seit Jahren
Wenngleich die Rollen also noch nicht bis ins letzte Detail definiert sind, ist das große Potenzial der deutschen Auswahl schon jetzt unbestreitbar. Mit vier NBA-Akteuren und zahlreichen Euroleague-Spielern wird die stärkste deutsche Nationalmannschaft seit mindestens zwanzig Jahren zur WM nach Asien reisen. Zumal die so erfolgreiche Heim-EM ihren Spielern die Gewissheit beschert hat, die Top-Nationen des Basketballs besiegen zu können.
Eine Gewissheit, die aktuell in Berlin genauso reaktiviert werden dürfte, wie die Erinnerungen von Moritz und Franz Wagner – an ihre Heimatstadt im Allgemeinen, aber auch an die Mercedes-Benz Arena. "Es ist der gleiche Vibe", sagte Franz am Dienstag, nachdem sein großer Bruder Moritz zuvor schon die Devise für den brüderlichen Berlin-Besuch ausgegeben hatte: "Nicht so viel drüber nachdenken, einfach genießen."
Sendung: rbb24 Inforadio, 09.08.2023, 20:15 Uhr