Herthas neuer Co-Trainer Mijatovic - Gelassen durch stürmische Zeiten

Mo 24.02.25 | 12:26 Uhr | Von Shea Westhoff
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Andre Mijatovic, Herthas Co-Trainer
Bild: IMAGO/Jan Huebner

Arbeitskollege, Mitbewohner, Freund: Co-Trainer Andre Mijatovic scheint perfekt mit Herthas neuem Coach Stefan Leitl zu harmonieren. Manches spricht dafür, dass er auch für den Verein die ideale Lösung ist. Von Shea Westhoff

Andre Mijatovic servierte der Fußballwelt in der vergangenen Woche eine Einschätzung über Hertha BSC, die allen Sympathisanten der Alten Dame wie eine köstliche Süßspeise vorgekommen sein musste, zusätzlich überzogen mit einer Schicht Zuckerguss. "In meinen Augen ist es der erste Verein in der Hauptstadt." Mmh, lecker, die Nummer eins in Berlin... Wobei, stopp! Darf man so etwas überhaupt noch sagen?

Es wird Mijatovic nicht entgangen sein, dass in Köpenick in den letzten Jahren ein anderer Hauptstadtverein am Werk ist, der weitaus erfolgreicher arbeitete (und wirtschaftete) als der dauerkriselnde Fußballklub aus Charlottenburg. Von Hertha als erstem Verein zu sprechen, klingt dann doch ziemlich verwegen.

Mijatovic, ein Ruhepol

Doch die aktuell triste Wirklichkeit sparte der Assistent des neuen Cheftrainers Stefan Leitl natürlich nicht aus, und die ist: der 14. Tabellenplatz in Liga zwei. "Diese Realität muss man annehmen und gewisse Sachen anpassen." Er und Leitl seien in Berlin, "um Hertha nach vorne zu bringen."

Man darf dem gebürtigen Kroaten durchaus unterstellen, dass ihm Hertha weit mehr bedeutet als nur ein Job für den Broterwerb. Zwischen 2010 und 2012 hielt der heute 45-Jährige die Abwehr bei den Berlinern zusammen. Mit dem damals von Arminia Bielefeld verpflichteten Mijatovic gelang dem Zweitligisten die Rückkehr in die Bundesliga.

Mehr als eine Randnotiz ist, dass der damalige Trainer Markus Babbel den Neuen als Nachfolger des nach Wolfsburg abgewanderten Arne Friedrich zum Kapitän machte. Nach einer chaotischen Vorsaison samt tiefem sportlichen Absturz war der zurückhaltende wie respektierte Mijatovic ein willkommener Ruhepol, der seinen Verantwortungsbereich nicht in markigen Sprüchen abseits des Feldes sah, sondern allenfalls auf dem Rasen. "Andre hat unheimlich viel Erfahrung und ist einer, der auf dem Platz den Mund aufmacht, das war mir wichtig", zitiert der Tagesspiegel den einstigen Hertha-Trainer Babbel.

Ein verlässlicher, sachlicher Akteur ist bei der gewohnt brodelnden Hertha immer willkommen, damals wie heute. Ein Ruhepol als Gegenpol im manchmal lärmenden Klub.

Leitl ist Freund und WG-Kollege

Nachdem Otto Rehagel in der Folgesaison die erneut abstiegsbedrohte Hertha Anfang 2012 übernahm, spielte Mijatovic eine immer geringere Rolle. In der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf stieg der Verein wieder ab, und für Mijatovic ging die Reise weiter zum damaligen Zweitliga-Konkurrenten FC Ingolstadt, wo er Leitl kennenlernte und später auch seine aktive Karriere auch beenden würde.

Doch die Zuneigung zur Hertha blieb bestehen. Bei der gemeinsamen Vorstellungs-PK gab Leitl preis, dass Berlin "für Andre eine sehr besondere Station war, ein sehr besonderer Verein. Er hat nur positiv über Hertha gesprochen." Leitl darf als seriöse Quelle gelten. Denn nicht nur kennt Herthas neuer Cheftrainer Mijatovic aus gemeinsam Jahren auf dem Platz und an der Seitenlinie. Die beiden verbindet außerdem eine Freundschaft – und während des vergangenen Engagements in Hannover auch eine Wohngemeinschaft.

Es habe einfach gut gepasst, so Mijatovic: Neben dem Fußball gebe es genug Themen, über die man spreche, da könne man auch einfach zusammenziehen. Mit ihren jeweiligen Familien haben die beiden ihre Hauptwohnsitze in Oberbayern (Mijatovic in Ingolstadt, Leitl in München).

Mijatovics defensive Impulse

Nun sollen beide, Leitl und Mijatovic, das Ruder beim Krisen-Klub herumreißen. Der einstige Abwehrspieler Mijatovic werde sich dabei vor allem um die Defensive kümmern, so Leitl. Und nach dem ersten Arbeitseinsatz des Trainergespanns lässt sich sagen: Während offensiv gegen den 1. FC Nürnberg wenig zusammenlief, hielt die Defensive immerhin dicht. Und das könnte bei einer Berliner Mannschaft, deren letztes Spiel ohne Gegentor zwei Monate zurücklag, auch auf die Impulse Mijatovics zurückzuführen sein.

Von seinem letzten Arbeitgeber, Hannover 96, wo er gemeinsam mit seinem Chef Leitl im Winter entlassen wurde, kann Mijatovic sogar den glänzenden Arbeitsnachweis der stärksten Zweitliga-Defensive präsentieren. Das muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen: Leitl und Mijatovic vom Trainerjob entbunden, trotz bester Abwehr ligaweit.

Ohne ihn läuft es bei Hannover nicht mehr

Man sollte beim grundsympathisch wirkenden Mijatovic nicht davon ausgehen, dass er ein schadenfroher Typ ist. Wäre er es, hätte er allerdings gut zu schmunzeln: Seitdem sich Hannover von ihm und Leitl trennte, konnte der Verein von sechs Spielen genau noch eines gewinnen.

"Fußball macht mir sehr viel Spaß, auch wenn der Trainerjob etwas komplett anderes ist, auch viel anstrengender", sagte Mijatovic vor rund zehn Jahren der Medienabteilung von Hertha BSC. Und dann der schöne Gedanke: "Als Spieler denkst du mehr über dich als eigene Person nach, als Trainer musst du das große Ganze, die Mannschaft im Blick haben - einen Plan und eine Philosophie haben. Und dieses Wissen muss man dann an die Jungs vermitteln. Das ist auch eine Kunst." Manches spricht dafür, dass er diese Kunst nun als Teil des Trainergespanns bei bei Hertha BSC besonders gern zur Geltung bringen will. Selbst wenn der Klub nur die Nummer zwei in Berlin sein sollte.

Beitrag von Shea Westhoff

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12 Kommentare

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  1. 12.

    Es ist bei euch eben das "Pfeifen im Walde".Und wen das der Hr.Mijatovic so sagt dann glaube ich,will er sich an der "Ostkurve"anbiedern.

  2. 11.

    Jetzt bin ich aber verwundert. Wer von den sportlich Verantwortlichen, hat dass den gesagt?
    Ich kann mich nicht an so eine Aussage seit dem Abstieg erinnern. Und auch davor nicht. Helfen Sie mir bitte mir einem oder zwei konkreten Belegen!

  3. 10.

    Natürlich sieht jeder Fan seinen Verein als die Nr.1 der Stadt oder Region an, auch wenn die Konkurrenz höherklassig spielt. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden. Nur fällt bei Hertha auf, dass diese "Wir sind die wahre Nr. 1 und der einzige Verein für ganz Berlin" Mentalität auch bei sportlich Verantwortlichen fest verankert zu sein scheint - und immer wieder betont wird.

    Mutmacherei gut und schön. Aber angesichts der äusserst prekären wirtschaftlichen Lage in der sich Hertha gerade befindet, da der Aufstieg in die BL. verpasst wird und im Sommer wohl ein deutlicher Kader-Aderlass ansteht, hätte Mijatovic sich den Querschuss in Richtung Köpenick sparen können.

  4. 9.

    Fragen sie mal einen HSV Fan, wer die Nr. 1 in Hamburg ist, oder einen Schalker zum Ruhrpott, oder einen Fan von Lok Leipzig. Die werden alle sagen, sie sind jeweils die Nr. 1., das Sportliche ist da irrelevant.
    Im übrigen hat Mijatovic auch gesagt, "er SIEHT Hertha als die Nr. 1 in Berlin", die "Realität ist momentan aber eine andere."
    Ich finde diese Diskussion hier so überflüssig. Natürlich steht jeder zu seinem Club, da werden bestimmte Kriterien (wer legt die fest?) auch mal ausgeblendet.
    Und wetten, wenn Union mal wieder abrutschen sollte oder hinter einem anderen Berliner Club landen sollte, bleibt es für viele Unioner IHRE Nr. 1.
    Zwei Berliner Clubs im Profifußball ist klasse, hoffe, es bleibt so, beide die Nr. 1

  5. 8.

    Die Bedeutung eines Vereins ist nicht unbedingt davon abhängig, in welcher Liga er gerade spielt. Das sieht man nicht nur an Hertha: Nummer eins trotz Liga 2. Auch der Blick nach Köpenick bestätigt das: Vorübergehend Liga 1 und trotzdem nicht Nummer eins. Das mag man bedauern. Ändern kann man das nicht.

  6. 7.

    Es ist extrem erstaunlich, dass es immer noch Menschen wie Sie gibt, die die Realität derartig verklären müssen, um den Niedergang des eigenen Vereins irgendwie zu ertragen. Auch wegen dieser Überheblichkeit befindet sich Hertha BSC in den Tiefen der zweiten Liga, gut für die Konkurrenz, dass das anscheinend weder die sportliche Führung, noch Teile der Fans, einsehen.

  7. 6.

    Nun, Hertha BSC spielt noch in der 2.Liga, vielleicht auch bald in der 3.
    Und Union Berlin spielt noch in der 1.Liga, vielleicht auch bald in der 3.
    "Es wird Mijatovic nicht entgangen sein, dass in Köpenick in den letzten Jahren ein anderer Hauptstadtverein am Werk ist, der weitaus erfolgreicher arbeitete (und wirtschaftete) als der dauerkriselnde Fußballklub aus Charlottenburg."
    Auch, das ich der Unterschied: Union steht auf eigenen finanziellen Füßen, Hertha BSC wird von der Stadt Berlin alimentiert.
    Mit einer gestundete Stadionmiete z.B. und anderen Zuwendungen.

  8. 5.

    Es ist schon erstaunlich, dass es immer noch Menschen gibt, die ständig behaupten, ein anderer Verein als Hertha könnte die Nummer eins sein.
    Dabei ist das doch gar nicht so wichtig. Die Stadt ist groß genug für viele Vereine, und im Laufe der Jahrzehnte hat es auch andere Clubs temporär sportlich nach oben gespült, Blau-Weiß 90, den SCC, Tennis Borussia… Und aktuell spielt halt ein Verei aus Köpenick Erste Liga. Und ist deshalb natürlich noch lange nicht Nummer eins.

  9. 4.

    Es ist schon beachtlich und irgendwie auch amüsant, wie sich nicht nur Anhänger, sondern auch Angestellte der Hertha immer wieder dahingehend äussern, dass die Charlottenburger die (eigentliche) Nr. 1 in Berlin sind - und der FCU, dessen Namen man sich dort nahezu scheut auszusprechen, immer noch nur als Emporkömmling und Vorstadt-Club für eine gewisse (Ost-) Berliner sowie hinzugezogene Klientel betrachtet wird. Diese Micha "schon mal danke für die sechs Punkte" Preetz Mentalität, scheint im Westend tief verwurzelt zu sein.

  10. 3.

    Es ist schon erstaunlich, mit wieviel Belanglosigkeit man sich beschäftigen darf.
    Hertha, Ruder herum reißen, einzig: "Von Hertha als erstem Verein zu sprechen, klingt dann doch ziemlich verwegen."

  11. 2.

    Herzlich willkommen zurück André Mijatovic und maximale Erfolge.

  12. 1.

    Möge das neue Trainerduo erfolgreich arbeiten und eine Ära prägen können.