Fanklub "Brigade Bavaria" - In Bayern müssen Union-Fans besonders eisern zusammenhalten

Fr 01.12.23 | 08:40 Uhr | Von Shea Westhoff
  18
Union Berlin Fanklub Brigade Bavaria
Bild: privat

Während in Köpenick Krisenstimmung herrscht, ist ein Union-Fanklub in heller Aufregung. Die in München beheimatete "Brigade Bavaria" stimmt sich ein auf das Spiel ihrer Unioner beim FC Bayern. "Das ist, wie wenn Heimat zu Besuch kommt."

Hinweis: Wegen des extremen Winterwetters im Süden Deutschlands wurde die Partie von Union Berlin bei Bayern München am Samstagmorgen kurzfristig abgesagt. Ein Nachholtermin stand vorerst noch nicht fest.

Die Relegationsspiele des 1. FC Union Berlin gegen den VfB Stuttgart sollten nicht nur für das Köpenicker Fußballteam wegweisend werden, sondern auch für Jessica Weber-Guskar. 2019 war es, als das Team des damaligen Trainers Urs Fischer nach dem 2:2 im Hinspiel tatsächlich im Rückspiel die Chance hatte, den Aufstieg in die Bundesliga perfekt zu machen.

Union-Anhängerin Weber-Guskar, geboren in Königs Wusterhausen, war schon Jahre zuvor ins oberbayerische Tutzing gezogen. Und so saß sie dann dort in Süddeutschland, kurz vor einem der wichtigsten Spiele der Unioner Vereinsgeschichte, "und ich habe gedacht: 'Nee, wenn die jetzt wirklich aufsteigen? Dann kannste ja nicht alleine hupend durch Tutzing fahren!'"

"Spiel in München ist eine große Bühne für uns"

In einem Fan-Forum erkundigte sie sich also nach eisernen Anhängern im Großraum München - und siehe da: Weber-Guskar war bei weitem nicht die einzige Exil-Unionerin in Bayern. Von der sogenannten "Brigade Bavaria" meldete sich jemand bei ihr, man schaue das Relegations-Rückspiel gemeinsam in einem Wirtshaus nahe der Münchner Innenstadt - sie könne gerne dazukommen. Das Ende ist bekannt, Union Berlin sicherte sich sensationell den Aufstieg ins Oberhaus, und Weber-Guskar konnte das gemeinsam mit Gleichgesinnten feiern.

Eben jener "Brigade Bavaria" kommt vor der anstehenden Bundesliga-Partie des 1. FC Union Berlin beim FC Bayern München wieder einmal eine besondere Bedeutung zu. Weber-Guskar ist längst Mitglied dieser eisern-bayerischen Vereinigung und mittlerweile stellvertretende Vorsitzende, sie sagt am Telefon zu rbb|24: "Wir freuen uns immer darauf, wenn Tausende Berliner in der Stadt sind, das ist, wie wenn die Heimat zu Besuch kommt." So hat der Fanklub den anreisenden Fans eine Zusammenkunft im günstig gelegenen "Wirtshaus Atzinger" organisiert, von wo aus man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unkompliziert in die weit außerhalb liegende Allianzarena gelangt.

Auch Übernachtungsgäste würden manche Mitglieder aufnehmen, so Fanklub-Mitgründer Falk Helmecke, der in Berlin-Friedrichshain geboren ist und mittlerweile in München lebt. "Das Spiel von Union Berlin in München ist eine große Bühne für uns, wo wir zeigen können, wer wir sind."

Der Fanklub bedeutet auch Halt

Seit 2017 ist die Brigade Bavaria offiziell als eingetragener Fanklub beim 1. FC Union Berlin registriert, bereits ab 2009 hatten sich Exil-Unioner in einem losen Verbund zum gemeinsamen Fußballschauen in München getroffen. Die Gemeinschaft zählt aktuell gut 30 Mitglieder.

Laut Helmecke gibt es seit den zunehmenden Erfolgen der Köpenicker vermehrte Anfragen für eine Mitgliedschaft beim Münchner Fanklub – weil damit teilweise auch die Hoffnung auf erleichterten Zugang zu Stadiontickets verknüpft ist. Doch Helmecke, der bei der Brigade Bavaria sowohl als Schatzmeister wie auch für das Ticketmanagement zuständig ist, betont: "Wir müssen als Fanklub nicht wachsen, das Engagement ist wichtig." Man schaue sich also sehr genau an, wer passe und wer auch bereit sei, sich für die Gruppe einzusetzen.

Als ich hierher gezogen bin, dachte ich immer: 'Mensch, wenn hier mal irgendwann Union spielen würde...'

Brigade-Bavaria-Mitglied Jessica Weber-Guskar

Denn es handele sich um einen sehr heterogenen Fanklub, was Alter, Beruf und Prägung angehe. "Da steckt viel Arbeit drin, immer wieder zusammenzuhalten", sagt er. "Das ist kein Hauptberuf, aber eine Berufung. Wir geben uns hier im Exil gegenseitig Halt und Unterstützung in vielen Lebenslagen, auch abseits des Fußballs." Bei Geburtstagen, Hochzeiten, auch bei Todesfällen in der Familie, wolle man füreinander da sein.

Alle Mitglieder kommen aus Berlin oder Brandenburg, und alle hat es nach Bayern verschlagen; die meisten nach München und Umgebung, manche in andere Ecken des Bundeslandes. Für diese Menschen biete Union ein Stück Heimat.

Union Berlin Fanklub Brigade Bavaria unterwegs

Ein Traum wird Normalität

Der Fanklub verfügt in München sogar über eine Art Wohnzimmer, die Stammkneipe "Stadion an der Schleißheimerstraße". Dort treffen sich die Mitglieder, wenn sie nicht gerade gemeinsame Fahrten zu den Bundesligaspielen unternehmen, um dort die Partien des geliebten Klubs auf dem Bildschirm zu verfolgen. Man habe in dem Wirtshaus mittlerweile "einen festen Stand", sagt Helmecke. "Es könnten Bayern und Dortmund gleichzeitig spielen – aber es wird Union gezeigt, der Wahnsinn."

Am Samstag wartet nun das Spiel des Jahres für die Mitglieder der "Brigade Bavaria". Wie es ausgehen wird? Die Vorzeichen waren in den vergangenen Jahren für Union jedenfalls wohl nie düsterer. Aber alles eine Frage der Perspektive. Jessica Weber-Guskar sagt: "Man kommt immer an der Allianzarena vorbei, wenn man aus Berlin nach München fährt, die empfängt einen ja sozusagen. Als ich hierher gezogen bin, dachte ich immer: 'Mensch, wenn hier mal irgendwann Union spielen würde...'"

Was einst ein ferner Traum war, ist mittlerweile Normalität. Und für die Mitglieder der Brigade Bavaria trotzdem ein Feiertag.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.11.2023, 18:10 Uhr

Beitrag von Shea Westhoff

18 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 16.

    So sind sie eben unsere Unioner. Können nicht über den Tellerrand schauen. Und glauben mit Union hat die Fußballwelt erst begonnen, weil sie ja der einzige wirkliche Fußballclub sind mit den einzigen Fußballfans, die wirklich immer hinter ihrem Verein stehen. Einfach nur lächerlich, zumindest diejenigen, die hier immer im Forum schreiben. Ich bin sicher, es gibt auch andere.

  2. 14.

    Das ist ja interessant! Welcher Berliner "Stadtteilklub" spielt denn in der 2. Liga, der es noch nie in die CL geschafft hat? Und der es schon gar nicht in die 2. Runde der CL geschafft hat? Und der schon überhaupt nicht zuhause gegen den FC Chelsea und AC Mailand siegreich war? Kleiner Tipp: Wenn man es schon nicht weiß, lohnt sich eine Suche im Internet.

  3. 13.

    Also ich kenne einen Berliner Sportclub der sogar die Vorrunde mit 8 Punkten abgeschlossen hat und in die nächste Runde eingezogen ist.
    Muss man als Unioner aber auch nicht wissen wie viele andere Dinge auch nicht.

  4. 10.

    Richtig. Es gibt auch noch ein Stadtteilklub, der in der 2. Liga spielt und es noch nie in die Champions League geschafft hat

  5. 9.

    Otto,was haben Sie nicht verstanden? Horst hat doch vom Stadtteil von Berlin gesprochen! Also ist Union ein Verein aus Berlin, mir ist es egal, welcher Verein Berlin vertritt.

  6. 8.

    Ist Köpenick kein Stadtteil von Berlin. Die Logik eines Herthaners ist nicht zu verstehen.

  7. 7.

    @Horst. Das stimmt einerseits. Andererseits überlege ich, ob mir Fanclubs der Eisbären, von Alba oder den Reinickendorfer Füchse in München bekannt sind. Meine Antwort lautet: Nein.

  8. 6.

    Neben militärischen Brigaden gibt es Küchenbrigaden und sozialistische Brigaden. Brigade war in der DDR eine gängige Kollektiv-/Abteilungsbezeichnung und wird auch heute noch in manchen Betrieben als Arbeitsgruppenbezeichnung, allerdings ohne den sozialistischen Hintergrund, verwendet. Zur Küchenbrigade siehe wikipedia. Ultras stehen auch auf den Begriff, aber die finden Hierarchien ja auch toll. Oder auch die Brigade Hartmut Strampe mit dem Ruf: WIR SIND HIER, WIR SIND LAUT, WEIL IHR UNSRE SCHIRIS HAUT!

  9. 5.

    Ja, es gibt weitere Vereine in Berlin. Aber eben nicht in der Bundesliga, weshalb es überall auf der Welt so ist, das eine Berichterstattung sich auch nach Wertigkeit richtet! Sogar in der Fussballwoche ist eine Berichterstattung entsprechend!
    Kämpfen und fighten bis zum Abpfiff...
    Grüße an die Exilunioner...
    Jo mei, Eisernes HaHoHe

  10. 4.

    Klar gibt es andere Vereine. Und über die berichtet auch der rbb. Heute zB.: https://www.rbb24.de/panorama/thema/2023/adventskalender_2023/beitraege/berlin-brandenburg-hochgestochen-tiefgestapelt-ubahn-gesundbrunnen-tuer-1.html
    Darin geht es u.a. über das alte Stadion der Hertha. Das musste der Verein verkaufen, weil er mal wieder pleite war. Ist aber wohl zu langweilig, regelmäßig über die Finanzmiseren der Alten Dame in Vergangenheit und Gegenwart zu lesen. Deshalb doch lieber sympathische Geschichten über Union, kommen eben besser an.

  11. 3.

    Brigade Bavaria? Passt natürlich gut zu Union. Ich hoffe aber mal, dass der Begriff "Brigade" hier mit Augenzwinkern verwendet wurde.

  12. 2.

    Ich erwarte keinen Punkt. Ich erwarte aber eine anständige Vorstellung.

  13. 1.

    Ist der RBB jetzt der Hofberichterstatter von Union? Es gibt auch noch viele andere Vereine in Berlin. Nicht nur den Stadtteilclub aus Köpenick.

Nächster Artikel