Groundhopping-Tipps in Berlin - Diese fünf Fußballplätze atmen besonders viel Geschichte
Die einen möchten so viele Länder wie möglich bereisen, die anderen so viele Fußballplätze wie möglich besuchen. Letzteres ist besser bekannt unter dem Namen Groundhopping. Und Berlin hat für diese Leidenschaft so einiges zu bieten. Von Antonia Hennigs
Fast 200 Sportstätten für Fußball lassen sich in Berlin finden. Viele davon haben ihre besten Zeiten längst hinter sich und sind trotzdem - oder vielleicht sogar deshalb - beliebte Ziele unter Groundhoppern. "Ground" - das steht im Englischen unter anderem für Spielfeld - und "to hop" - das heißt übersetzt hüpfen oder springen. Wenn von Groundhopping die Rede ist, geht es also um das Hüpfen von Spielfeld zu Spielfeld.
Fünf Berliner Amateursportplätze stechen aus unterschiedlichen Gründen bei den vielen Sportstätten heraus und sollten nicht nur bei Groundhoppern ganz oben auf der Liste stehen. Auch für Familienausflüge am Sonntag sind diese Orte mehr als geeignet.
Ein Verein, der sich für das Gemeinwohl einsetzt
Ein Fassungsvermögen von 7.000 Zuschauern - aber so viele Menschen waren noch nie da. Nicht mal ansatzweise. Selbst von 3.000 Zuschauern träumt man nördlich vom Tempelhofer Feld im Stadion an der Züllichauer Straße nur. "Aber das macht auch ein bisschen diesen Charme aus", findet Groundhopper Peter Czoch im Interview mit rbb|24. "Grundsätzlich ist das in diesen Stadien so, dass sie irgendwie immer ein bisschen zu groß dimensioniert wirken."
Czoch hat schon um die 350 Grounds besucht und verspürt diese "merkwürdige Leidenschaft für die Atmosphäre auf Sportplätzen" weiterhin. Im Stadion an der Züllichauer Straße spielt der SC Berliner Amateure. Gegründet in den 1920er Jahren hat sich der Verein dem klassischen Breitensport verschrieben, auch als viele Fußballvereine begannen, sich zu professionalisieren.
Hier in Kreuzberg werden Bockwurst und Bier verkauft - nicht selbstverständlich im Amateurfußball, erklärt Czoch. Und wenn man ganz viel Glück hat, trifft man am Rande eines Landesligaspiels vielleicht auf den Ehrenvorsitzenden des Vereins und ehemaligen Berliner Fußballfunktionär Gerd Liesegang, der sich schon vor Jahrzehnten für Themen wie Fairplay, Integration und Gewaltprävention einsetzte.
Ein Kiezverein mit Geschichte
Sparta Lichtenberg spielt seine Heimspiele auf dem Sportplatz Fischerstraße in Rummelsburg. Ein Verein mit besonderer Geschichte. Sparta Lichtenberg entstand ursprünglich als Arbeiterverein, hieß damals noch SC Sparta 1922 Lichtenberg und wurde 1933 zwangsaufgelöst. Nach mehreren Neugründungen heißt der Verein seit 1990 SV Sparta Lichtenberg.
Nach einem beeindruckenden Aufschwung in den letzten Jahren stieg Sparta 2023 dann sogar in die Oberliga auf und ist noch nicht fertig: Das Ziel heißt jetzt Regionalliga.
Peter Czoch bezeichnet den Sportplatz an der Fischerstraße als "klassischen Sportplatz" bei einem "Verein zum Wohlfühlen". Hier kennen sich die Leute und "man wird sehr schnell aufgenommen". Und eine kulinarische Besonderheit sollte auch nicht unerwähnt bleiben: An der Würstchenbude gibt es hier sogar Sucuk.
"Gestorbene Berliner Fußballgeschichte"
Der Sportplatz Kienhorststraße in Reinickendorf - oder auch Wackerplatz genannt - war ursprünglich Heimat von Wacker 04 Berlin, einem Gründungsmitglied der 2. Bundesliga. 1975 sahen hier 3.500 Zuschauer einen 2:1-Sieg gegen Borussia Dortmund.
Noch heute finden hier theoretisch 5.000 Zuschauer Platz. Aber eben nur theoretisch. Peter Czoch beschreibt Wacker als "ein Opfer des modernen Fußballs", da sich der Verein nach der Zeit in der 2. Bundesliga stark verschuldete, aufgelöst wurde und sich dem Kiezrivalen BFC Alemannia anschließen musste.
Hier als Zuschauer ein Spiel zu schauen, ist aber weiterhin Fußball hautnah. Steht man am Wackerplatz vorne am Zaun, ist man nur knapp anderthalb Meter vom Geschehen auf dem Platz entfernt. Am besten auszuprobieren bei einem Heimspiel der Fußballer der Füchse Berlin in der Berlin-Liga.
Großes Stadion, kein großer Fußball
Trotz des prominenten Namens hat das Mariendorfer Volksparkstadion "den Spitzenfußball nie gesehen", bringt Czoch es auf den Punkt. Mit Platz für 10.000 Menschen ist es aber das siebtgrößte Stadion in Berlin. Und: Die Haupttribüne ist sogar überdacht.
Hier spielen der TSV Mariendorf, seit ein paar Jahren auch Blau-Weiß 90 Berlin und erst im Mai fand hier das Finale des Berliner Landespokals zwischen den Frauen von Viktoria und Union Berlin statt.
"Ein Stadion, das zum Träumen einlädt", formuliert Czoch es schön. Das Attribut "zentral" hat es allerdings nicht gerade verdient. Das Volksparkstadion liegt mitten im Volkspark Mariendorf. Am Ende der U6. Wer nicht immer nur Fußball sehen will, kann hier übrigens auch zum "Rocktreff" vorbeischauen - einem Festival für Amateurbands.
"Der Weg ist das Ziel"
Der wohl außergewöhnlichste Ground dieser Reihe sind die Sportplätze am Weiten Blick in Gatow. Peter Czoch genießt hier vor allem die Anfahrt: "Man fährt mit der S-Bahn bis Wannsee und steigt dann in die Fähre nach Kladow um", erzählt er. Dann könne man 20 Minuten lang "Seeluft schnuppern", bevor man von Kladow in den Bus nach Gatow steigt. "Und dann ist man in einer ganz anderen Welt."
Gatow sagt über sich selbst, dass sie das Dorf in der Großstadt sind. Nicht nur ein Spiel des SC Gatow ist demnach ein Anlass für einen Trip an den Stadtrand. Aber vielleicht der Beste für einen Sonntagsausflug ins Grüne mit der Familie.