Wenn Barrierefreiheit an Bürokratie scheitert - Gericht blockiert Rampe vor Praxis - Ärztin muss ausziehen

Mo 12.12.22 | 18:16 Uhr | Von Andreas Rausch
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Ein Teil der Rampe, die sich zu 70 Zentimetern auf kommunalem Grund befand, ist bereits rückgebaut worden. Eine gelbe MArkierung weist auf, bis wohin die Rampe auf privatem Grund steht.
Video: rbb|24 | 12.12.2022 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: privat/Arno Asmus

Fünf Jahre streiten Kommune und ein Vermieter über eine ungenehmigte Rampe vor einer Arztpraxis. Von den Patienten wird die Rampe in dieser Zeit genutzt. Doch nun hat sich die Behörde durchgesetzt: keine Genehmigung, keine Rampe. Das heißt aber auch: keine Praxis.

Rund fünf Jahre lang haben Kommune und Hauseigentümer gestritten - nun ist der als "Döberner Rampe" bekannt gewordene barrierefreie Zugang zu einer Arztpraxis zur Hälfte abgerissen worden. Auch die Arztpraxis ist ausgezogen, die Patienten stehen ohne Hausärztin da.

Der Hauseigentümer Arno Asmus baute seine Räumlichkeiten in Döbern (Spree-Neiße) vor fünf Jahren extra für eine Arztpraxis aus, dazu gehörte auch ein barrierefreier Zugang, eine sogenannte Rampe. Die baute Asmus aber ohne die Baugenehmigung in der Tasche zu haben, die er für den 70 Zentimeter breiten Abschnitt braucht, der auf kommunalem Boden und damit auf dem öffentlichen Bürgersteig liegt. Der Antrag darauf lief parallel zum Bau der 3.500 Euro teuren Rampe, denn der Bauherr ging von einem positiven Bescheid aus. Für Fußgänger und Radfahrer sah er kein Hindernis durch die Rampe - sie hatten noch genügend Platz. Und die Stadt Döbern mit 3.300 Einwohnern brauchte dringend eine weitere Hausarztpraxis.

Doch letztendlich genehmigte die Kommune die Rampe nicht. Ein Gericht entschied gegen Asmus und ordnete den Rückbau der Rampe an.

Es ist einfach hirnrissig.

Haus-Eigentümer

Die rückgebaute Rampe bedeutet gleichzeitig das Aus für die Praxis, denn: die Hälfte aller Patienten ist auf die Rampe angewiesen und die Kassenärztliche Vereinigung macht es zur Auflage, einen barrierefreien Zugang zu gewährleisten. Asmus hat kein Verständnis für das Vorgehen: "Es ist einfach hirnrissig, was hier zurzeit abläuft", sagt der Eigentümer.

Zurück gebaute behindertengerechte Rampe
| Bild: privat/Arno Asmus

Mobile Rampe laut MVZ zu gefährlich

Praxisbetreiber war das medizinische Versorgungszentrum Forst, das zur Lausitzklinik Forst GmbH gehört. Geschäftsführer Hans-Ulrich Schmidt zeigt sich fassungslos, besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Infektionswellen: "Die Praxen sind rappelvoll. Manche brauchen die Versorgung, gerade alte Leute, hier in Döbern. Da müssen wir jetzt Lösungen schaffen."

Als in der vergangenen Woche das Amt Döbern-Land die Vollstreckung anordnet, die Rampe rückzubauen, muss die Praxis binnen kürzester Zeit aufgegeben werden. Eine mobile Rampe lehnt das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) ab, diese sei zu gefährlich.

Jetzt überlegen MVZ und Hauseigentümer, eine neue Rampe an einem Seiteneingang zu bauen, dort würde sie auf Privateigentum und nicht auf kommunalem Boden errichtet.

Es ist richtig in die Binsen gegangen.

Jörg Rakete, Bürgermeister von Döbern

Für Bürgermeister Jörg Rakete hätte es durchaus Möglichkeiten gegeben, den Schwarzbau Rampe im Nachhinein zu legalisieren. Das scheiterte an den verschiedenen Akteuren, sagt er. Eine Ausnahmegenehmigung hätte den Fall noch wenden können. Dagegen allerdings sträubten sich die Abgeordneten aus der Kommunalpolitik, Rakete konnte sich nicht durchsetzen.

Als jemand, der kommunal-politisch aktiv ist, müsse man auch bereit sein, Ermessensspielräume zuzulassen, meint Rakete. Man müsse abwägen, welche Konsequenzen politisches Handeln jeweils habe. "Das hat hier aus meiner Sicht nicht geklappt. Es ist eigentlich, richtig in die Binsen gegangen", so das Fazit des Bürgermeisters.

Patienten haben das Nachsehen

Das Nachsehen haben am Ende die Patienten. Da Döbern nur noch eine andere Arztpraxis hat, müssen sie nun weitere Wege auf sich nehmen, um zum nächsten behandelnden Arzt zu gelangen.

So auch der 82-jährige Eberhard Bache. "Ich musste bis nach Forst, nur um mir ein Rezept zu holen", berichtet Bache. Das seien je 20 Kilometer für eine Strecke mit dem Auto. "Gut für die Umwelt", fügt der Döberner sarkastisch hinzu.

Beitrag von Andreas Rausch

75 Kommentare

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  1. 75.

    Diese Behindertenfeindlichkeit ist bezeichnend für eine Kommunalvertretung wo die AfD mitmischt. Auch die Linken waren wohl gegen diese Rampe. 2022, 13 Jahre nach Ratifizierung der UN Behindertenrechtskonvention. Ausgrenzung von Menschen mit aller Gewalt. Ich wünschen Allen die gegen diese Rampe waren, eine baldige Schwerbehinderung. Diese Kommune ist einfach nur Menschenverachtend. Anstatt die Kraft gegen die Rampe zu verwenden, wäre das Suchen nach einer Lösung der richtige Weg gewesen.

  2. 74.

    In Deutschland ist so einiges "Hirnrissig", siehe letzte Generation.

  3. 73.

    Die Gerichte brauchen sich nicht wegen Überlastung zu beschweren, wenn sie so einen Mist urteilen. Die sollen sich lieber um ihre Verbrecher kümmern. Hier machen sie so einen Unsinn und auf der anderen Seite werden Verbrecher ohne Urteil aus der Untersuchungshaft entlassen und Verbrechen verjähren. Die Gerichte brauchen einen Tritt in den Arsch, damit sich das ändert.

  4. 72.

    "sträubten sich die Abgeordneten aus der Kommunalpolitik" Weiß man wer es war?

    Barrierefreiheit ist auch eine Verpflichtung der Kommune, d.h. im Prinzip hätte die Kommunte die Rampe bauen müssen, da der Hausbesitzer ja schlecht sein Haus mehrere Zentimeter absenken kann.

  5. 71.

    Ich lese: Hey, lass mal vernuftbegabt eine Entscheidung treffen, als mündiges Gesellschaftsmitglied mit Eigentum. Ich schlage vor: Arztpraxis mit barrierefreien Zugang. Soll grad im Ländlichen sehr hilfreich sein. Da machen wir was Gutes für alle.

    In 2022 gibt es jedoch die Möglichkeit: Schwarzbau der nachträglich nicht legalisiert werden kann, darin zu sehen.

    Könnten die Entscheidenden, die selbstredend weit weg jeder Beteoffenheit sind, bitte Tragödie und altmodisch nachschlagen? Dankeschön

  6. 70.

    Arztpraxisen werden ja nicht gebraucht ich hoffe nur, daß auch Kommunalpolitiker dringend eine Arztpraxis aufsuchen müssen und dann keine da ist.Tesla kann bauen und wird im Nachhinein bewilligt.

  7. 69.

    Typisch, würde ein angebliches Clan-Mitglied eine Rampe auf komm. Grund ohne Genehmiguing bauen,würde - zu einem Restaurant - 'Wo kommen wir denn da hin wenn jeder ....' - zweierlei Maß ! Und warum, wenn der Hauseigentümer soo auf kooperativ plötzlich macht und mitdenkend - warum dann nicht gleich auf dem privaten Grund die Rampe?

  8. 68.

    @Hannelore
    Das stimmt. Aber er hat die Aufsicht. Hat er nichts gemerkt? Das wäre seltsam. Also doch Kegeln.

  9. 67.

    Ich denke nicht,dass der Mediziner ein "Soll an Frakturen" bringen muss.
    Das sind doch eher Verschwörungserzählungen.

  10. 66.

    Im Falle Tesla war die Bürokratie offensichtlich sehr flexibel, auf einen mangelhaften nicht's sagenden Antrag ein derartiges umweltgefährdendes Projekt“vorab zu genehmigen. Dass ich nicht lache “Rückbau“ ... hier gab es andere überzeugende “Argumente“ um politisch alles durchzuführen. Hier geht's es nur um eine Arztpraxis. Davon hat die“Politik“ nicht's. Nicht einmal Weihnachtsgeschenke

  11. 65.

    Die verantwortliche Verwaltung und die Richter, die diesen Schwachsinn verzapft haben, müssen wegen Gemeinwohl schädlichen Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden und müssten sämtliche Kosten aus ihrer Privatschatulle zahlen.

  12. 64.

    Da kann sich jetzt wahrscheinlich eine andere Kommune über ihre neue Ärztin freuen. Ist doch auch etwas wert. Diesem Schwachsinn kann man nur noch mit Zynismus begegnen.

  13. 63.

    Erstmal informieren und dann schreiben, Tesla hatte eine Genehmigung schon zu bauen, auch wenn die endgültige Entscheidung noch nicht gefallen war.
    Trotzdem kann man in dem Fall mit der Praxis nur mit dem Kopf schütteln. Es ist schon ein Unterschied ob z.B. eine Kneipe sowas ohne Genehmigung baut oder eine Arztpraxis, die offensichtlich dringend benötigt wird. Aber da ist unsere Bürokratie offensichtlich nicht flexibel genug. Die Herrschaften vom Amt reiten eben nur auf Paragraphen herum.

  14. 61.

    Es ist erstaunlich, wie sich hier nahezu alle Kommentare auf die Seite des illegal bauenden Immobilienbesitzers stellen: Es ist nicht nur ohne Genehmigung auf einem Nachbargrundstück gebaut worden, sondern auch so, dass eine Genehmigung ohne privatrechtliche Zustimmung des Nachbarn (hier der Gemeinde) nicht erteilt werden kann. Offensichtlich hat der Eigentümer fünf Jahre lang gepokert und gehofft vor der Drohkulisse einer Praxisschließung seinen Schwarzbau nachträglich legalisiert zu bekommen.

  15. 60.

    Im Nachhinein genehmigen öffnet Tür&Tor für Nachahmer (aber der hat ja auch!). Empathie&Mitleid (die armen Rentner!)sind gottseidank keine Genehmigungskriterien.

  16. 59.

    Unfassbar, andere bauen ohne Genehmigung Kilometer große Fabriken in den Wald? Was ist das Problem? Gab es hier Gefahr für die Trinkwasser Versorgung?

  17. 58.

    Oft sind es die kleinen Geister mit einem kranken Selbstbewußtsein, die es scheinbar nötig haben sich auf derartige Weise groß zu tun und wichtig zu machen, egal auch wenn sie der eigenen Kommune damit schaden,- aus Prinzip eben.
    Da kommt Ihnen die Bürokratie als Rechtfertigung gerade recht;- außerdem brauchen sie dann nicht mehr selber zu denken !-
    Gerade solche Menschen erobern sich auch die entsprechenden Posten z.B. in Amtsstuben, Politik und Gerichtsbarkeit.-
    Hoffentlich wissen die döberner Bürger wen sie bei künftigen Wahlen nicht mehr wähle sollten;-
    und hoffentlich gehen sie zur Wahl.-
    Es ist wichtig das geringste Übel zu wählen um die größeren Übel zu verhindern.-

  18. 57.

    Wenn man einen Beleg für bürgernahe Politik braucht, hier ist er. Vor den Wahlen das Geschwätz, alles für das Wohlergehen der Wähler zu tun, danach ist es vergessen. Ich hoffe nur das die Angehörigen der Abgeordneten, die diesen Schwachsinn beschlossen haben, nun auch betroffen sind und weit fahren müssen oder sich einen neuen Arzt suchen dürfen.

  19. 56.

    Dass eine Stadtverwaltung sich quer stellt für alte behinderte Menschen diese Rampe im Nachhinein zu genehmigen ist schon eigenartig und einfach nicht durchdacht, denn auch sie und ihre Familien werden oder sind alt und benötigen einen Arzt.

    Aber das SCHLIMMSTE daran ist, dass ein Gericht diese Idiotie noch bestätigt und in keiner Sekunde an die Bewohner denkt die eingeschränkt mobil sind.

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