Freiwillige retten Fische - Teile der Neiße in Guben so gut wie trocken gefallen

Do 21.09.23 | 17:30 Uhr
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Blick auf die Egelneiße, die wenig Wasser führt (Foto: rbb/Jahn)
Audio: Antenne Brandenburg | 21.09.2023 | Josefine Jahn | Egelneiße | Bild: rbb/Jahn

Von einem Tag auf den anderen sind Teile der Neiße in Guben fast trocken gefallen. Der Grund ist wohl fehlende Kommunikation zwischen polnischen und deutschen Behörden. Zahlreiche Fische und Muscheln verendeten. Von Josefine Jahn

Teile der Neiße führen momentan so gut wie kein Wasser mehr. Besonders betroffen ist die Egelneiße, ein Seitenarm des Flusses, der die Stadt Guben (Spree-Neiße) durchquert. Der Grund des Flusses liegt streckenweise komplett trocken in der Spätsommersonne.

Das liegt laut der Kreisverwaltung daran, dass von den polnischen Behörden das große Neißewehr abgesenkt wurde. Der Landkreis spricht von einem Schadensereignis, das bereits "mit der Bitte um dringende Unterstützung" der Hauptwarnzentrale in Frankfurt (Oder) gemeldet wurde. Alle Auswirkungen sind im Moment noch unklar.

Die Neiße in Guben führt wenig Wasser (Foto: rbb/Jahn)
Die Neiße führt sichtbar weniger Wasser | Bild: rbb/Jahn

Schon jetzt ist aber klar: Für Fische und Muscheln ist die plötzliche Trockenheit ein riesiges Problem. "Hier sind viele der Arten in großen Beständen, die sonst selten sind, die gefährdet sind. Jetzt sterben die hier alle", sagt Biologin Christina Grätz. Sie hat sich auf eigene Initiative mit den 20 Mitarbeitern ihres Renaturierungsunternehmens "Nagola Re" am Donnerstag an die Neiße in Guben begeben, um so viele Tiere wie möglich zu retten.

Muscheln auf dem trockenen Grund der Egelneiße (Foto: rbb/Jahn)
Muscheln auf dem trockenen Grund der Egelneiße | Bild: rbb/Jahn

Viele geschützte Arten im Fluss

Christina Grätz und ihre Helfer stehen in Gummistiefeln in der Egelneiße, sammeln Tiere aus dem Rinnsal in Eimer. "Hier ist eine Muschel, die hat es nicht schnell genug geschafft", zeigt die freiwillige Helferin. Die Tiere bräuchten Sauerstoff, doch der Wasserrest stehe schon eine Weile. Durch den Zufluss der Stadt gebe es immerhin noch etwas Wasser.

"Wir hatten hier viele Tiere, die auf Schlammbänken trockengefallen sind, nicht mehr gelebt haben oder noch gelebt haben und die sterben", so Grätz. Das sei deshalb dramatisch, weil es sich um ein Flora-Fauna-Habitat handle, also einem geschützten Raum. Auch die Tiere im Fluss sind laut Grätz alle geschützte Arten. "Gerade hier die Egelneiße ist ein Hotspot der Region für Muscheln und Fische."

Informationsfluss muss verbessert werden

Auch der vom Landkreis beauftragte Landesanglerverband war bereits in Guben, um Fische einzusammeln und umzusetzen. Das hätte passieren können, bevor das Neiße-Wehr auf polnischer Seite geöffnet wurde. Doch es gab offenbar einen Kommunikationsfehler, sagt Sven Rogosky, Fachbereichsleiter Bau und Instandhaltung der Stadt Guben.

Dabei sei der Grund, die Wartungsarbeiten des polnischen Betreibers der Wehranlage, kein ungewöhnlicher. Das komme bei so einer technischen Anlage in regelmäßigen Abständen vor, so Rogosky. "Sicherlich hat die Situation hier und heute wieder gezeigt, dass der Informationsfluss verbessert werden muss."

Die Neiße in Guben führt wenig Wasser (Foto: rbb/Jahn)
Die Neiße in Guben | Bild: rbb/Jahn

Der polnische Betreiber habe den Wasserspiegel nach eigenen Angaben für Modernisierungsarbeiten an der Wasserkraftanlage abgesenkt, teilte der Landkreis mit. "Der Wasserstand soll nach Aussagen des polnischen Betreibers nach Abschluss der Arbeiten spätestens am 10. Oktober 2023 wieder erreicht werden", heißt es weiter.

Bis dahin wollen Christina Grätz und ihre Helfer so viele Tiere wie möglich retten. Allein am Donnerstag haben sie tausende Muscheln eingesammelt, die allerdings größtenteils bereits tot waren.

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.09.2023, 16:40 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    „ Christina Grätz und ihre Helfer stehen in Gummistiefeln in der Egelneiße, sammeln Tiere aus dem Rinnsal in Eimer.“
    Sowas würde ich mir als TOP-Aktion für die LG vorstellen!!!

  2. 7.

    Wenn man in Brandenburg z.B. Elbehochwasserschutz betreibt, dann bedeutet das für die Hamburger? Wenn in Polen oder Tschechien Wasserbau betrieben wird, Deiche erhöht werden, was bedeutet das für Brandenburg? Das Umweltministerium und das Umweltamt weiß das? Wirklich?

    Ist Wasserbau nicht eine schönere Aufgabe als das Festkleben? An der frischen Luft Rentenpunkte sammeln ist schon gut.

  3. 6.

    „Wenn man ein Wehr absenkt, fließt mehr Wasser drüber. Oder war das Gegenteil der Fall?“

    Ich würde sagen, das kommt auf die Baumform des Wehres an: Bei den Wehren an der Großen und Kleinen Freiarche (Havelarme hier in Sachsenhausen) strömt das Wasser unter der Sperrvorrichtung durch. Je weiter man das Wehr dort senkt, desto weniger Wasser kann fließen.
    Ich kenne aber auch das Wehr an der Dahme in Neue Mühle bei Königs Wusterhausen. Dort fließt das Wasser über die Sperrvorrichtung. Wenn man diese senkt, dann fließt mehr Wasser.

    Ich denke, „öffnen“ oder „schließen“ wären eindeutige Begriffe unabhängig von der Bauform.

  4. 5.

    Der Grund für den Tod von Unmengen von Lebewesen (im und vom Fluss leben nicht nur Fische und Muscheln) ist nicht fehlende Kommunikation irgendwelcher Behörden. Der Grund ist die unglaubliche Anmaßung von Menschen, aus eigenem Interesse - hier: für möglichst bequeme Durchführung von Wartungsarbeiten an einer Wasserkraftanlage - mal eben ein komplettes Ökosystem drei Wochen lang nahezu abzuschalten: So, als wäre es nichts weiter als eine Kupferleitung in einem Stromnetz. Solche Eingriffe in vollem Bewusstsein der Folgen zu tun, ist eigentlich unfassbar - aber ja leider überall in Europa und auf der Welt gang und gäbe. Der Mensch hat immer noch nicht kapiert, dass er auf diesem Planeten nur Mitbewohner ist.

  5. 4.

    Ja, es fließt mehr Wasser ab. Oberhalb drüber bleibt dann weniger, dort sinkt der Pegel.

  6. 3.

    Wenn man ein Wehr absenkt, fließt mehr Wasser drüber. Oder war das Gegenteil der Fall?

  7. 2.

    "Das liegt laut der Kreisverwaltung daran, dass von den polnischen Behörden das große Neißewehr abgesenkt wurde." Dann sollte man die Überschrift etwas anpassen, damit die Ursache auf den ersten Blick deutlicher wird und es nichts mit klimatischen Faktoren zu tun hat.

  8. 1.

    Beispiele für bessere Zusammenarbeit gibt es ja durchaus, etwa beim Grenzschutz oder der Polizei. Da sollten sich die Wasser-Verantwortlichen ein Vorbild nehmen.

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