Freiwillige retten Fische - Teile der Neiße in Guben so gut wie trocken gefallen
Von einem Tag auf den anderen sind Teile der Neiße in Guben fast trocken gefallen. Der Grund ist wohl fehlende Kommunikation zwischen polnischen und deutschen Behörden. Zahlreiche Fische und Muscheln verendeten. Von Josefine Jahn
Teile der Neiße führen momentan so gut wie kein Wasser mehr. Besonders betroffen ist die Egelneiße, ein Seitenarm des Flusses, der die Stadt Guben (Spree-Neiße) durchquert. Der Grund des Flusses liegt streckenweise komplett trocken in der Spätsommersonne.
Das liegt laut der Kreisverwaltung daran, dass von den polnischen Behörden das große Neißewehr abgesenkt wurde. Der Landkreis spricht von einem Schadensereignis, das bereits "mit der Bitte um dringende Unterstützung" der Hauptwarnzentrale in Frankfurt (Oder) gemeldet wurde. Alle Auswirkungen sind im Moment noch unklar.
Schon jetzt ist aber klar: Für Fische und Muscheln ist die plötzliche Trockenheit ein riesiges Problem. "Hier sind viele der Arten in großen Beständen, die sonst selten sind, die gefährdet sind. Jetzt sterben die hier alle", sagt Biologin Christina Grätz. Sie hat sich auf eigene Initiative mit den 20 Mitarbeitern ihres Renaturierungsunternehmens "Nagola Re" am Donnerstag an die Neiße in Guben begeben, um so viele Tiere wie möglich zu retten.
Viele geschützte Arten im Fluss
Christina Grätz und ihre Helfer stehen in Gummistiefeln in der Egelneiße, sammeln Tiere aus dem Rinnsal in Eimer. "Hier ist eine Muschel, die hat es nicht schnell genug geschafft", zeigt die freiwillige Helferin. Die Tiere bräuchten Sauerstoff, doch der Wasserrest stehe schon eine Weile. Durch den Zufluss der Stadt gebe es immerhin noch etwas Wasser.
"Wir hatten hier viele Tiere, die auf Schlammbänken trockengefallen sind, nicht mehr gelebt haben oder noch gelebt haben und die sterben", so Grätz. Das sei deshalb dramatisch, weil es sich um ein Flora-Fauna-Habitat handle, also einem geschützten Raum. Auch die Tiere im Fluss sind laut Grätz alle geschützte Arten. "Gerade hier die Egelneiße ist ein Hotspot der Region für Muscheln und Fische."
Informationsfluss muss verbessert werden
Auch der vom Landkreis beauftragte Landesanglerverband war bereits in Guben, um Fische einzusammeln und umzusetzen. Das hätte passieren können, bevor das Neiße-Wehr auf polnischer Seite geöffnet wurde. Doch es gab offenbar einen Kommunikationsfehler, sagt Sven Rogosky, Fachbereichsleiter Bau und Instandhaltung der Stadt Guben.
Dabei sei der Grund, die Wartungsarbeiten des polnischen Betreibers der Wehranlage, kein ungewöhnlicher. Das komme bei so einer technischen Anlage in regelmäßigen Abständen vor, so Rogosky. "Sicherlich hat die Situation hier und heute wieder gezeigt, dass der Informationsfluss verbessert werden muss."
Der polnische Betreiber habe den Wasserspiegel nach eigenen Angaben für Modernisierungsarbeiten an der Wasserkraftanlage abgesenkt, teilte der Landkreis mit. "Der Wasserstand soll nach Aussagen des polnischen Betreibers nach Abschluss der Arbeiten spätestens am 10. Oktober 2023 wieder erreicht werden", heißt es weiter.
Bis dahin wollen Christina Grätz und ihre Helfer so viele Tiere wie möglich retten. Allein am Donnerstag haben sie tausende Muscheln eingesammelt, die allerdings größtenteils bereits tot waren.
Sendung: Antenne Brandenburg, 21.09.2023, 16:40 Uhr