Analyse der Krankenhausgesellschaft - Was die Krankenhausreform für eine kleinere Klinik wie in Forst bedeuten würde

Mo 13.02.23 | 18:31 Uhr | Von Anke Blumenthal
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Eine Hebamme hebt ein Kind aus dem Bett (Foto: rbb)
Audio: rbb24 Brandenburg aktuell | 13.02.2023 | Anke Blumenthal | Bild: rbb

Die geplante Krankenhausreform ist umstritten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat nun eine Analyse der Vorschläge veröffentlicht. Demnach könnte etwa jede zweite Geburtsstation schließen. Betroffen wäre auch die Lausitzklinik Forst. Von Anke Blumenthal

Durchschnittlich einmal pro Tag kommt in der Lausitzklinik Forst (Spree-Neiße) ein Baby auf die Welt - eine Luxussituation für junge Familien. Emilia ist seit drei Tagen auf der Welt, geboren in der Lausitzklinik. Hier scheint sich wirklich alles um das Mädchen zu drehen.

"Das finde ich gerade gut, dass es hier so individuell ist", sagt Mutter Franziska Biedermann aus Forst, "dass man hier das Gefühl von Einzelbetreuung hat, jederzeit fragen kann, Hilfe bekommt und das war wirklich sehr angenehm von Anfang bis jetzt." 360 Entbindungen gibt es in Forst pro Jahr, das sind nach den aktuellen Plänen der Regierungskommission zu wenig. 500 müssen es mindestens sein, das ist eines der Kriterien. Die Geburtshilfe in Forst wäre damit Geschichte.

Die drei Tage alte Emilia wird im Krankenhaus Forst fotografiert (Foto: rbb)
Emilia | Bild: rbb

Dabei entscheiden sich viele Frauen, zum Beispiel aus Cottbus, bewusst für Forst. "Die wollen nicht abgefrühstückt werden, die wollen nicht fertig gemacht werden. Weg, weg, weg", sagt Gynäkologie-Facharzt Jost Kluttig. "Die wollen, dass man sich auf sie einlässt, sie irgendwo auffängt", sagt er. Es sei der Vorteil der kleinen Klinik, individuell sein zu können. "Alles andere können die anderen mindestens genauso gut, keine Frage."

Jede zweite Geburtsstation auf der Kippe

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat am Montag eine Analyse der Auswirkungen der geplanten Krankenhausreform und erste Zahlen für die ingesamt 1.700 Krankenhäuser in Deutschland vorgestellt [dkgev.de]. Würden die derzeitigen Pläne so umgesetzt, würde laut der Analyse die Hälfte der Entbindungsstationen verschwinden.

"Selbst Standorte, die dann wegfallen würden, haben zum Teil bis an die 2.000 Geburten im Jahr", sagt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Gerald Gaß. "Das sind große Geburtshilfen, die hohe Qualität bieten können." Wenn das so käme, würden die Wege für Patienten länger werden, sagt Gaß.

Hans-Ulrich Schmidt (Foto: rbb)
Hans-Ulrich Schmidt | Bild: rbb

Die große Frage, die sowohl die Krankenhausgesellschaft als auch den Geschäftsführer der Lausitzklinik Forst, Hans-Ulrich Schmidt, umtreibt, ist: Wer soll den geplanten, gewaltigen Umbau bezahlen? "Die Transformationskosten, die Veränderungen in diesen Prozessen kosten auch Geld, die Schließung von Abteilungen, Umbauten, Herstellung von ambulanten Flächen, das kostet alles Geld", so Schmidt. Das sei nicht berücksichtigt worden.

Geringe Bereitschaft zu pendeln

Werdende Mütter aus Forst werden also nach den Plänen künftig nach Cottbus zur Entbindung fahren. Das Gleiche träfe für die neun Hebammen, sieben Pflegekräfte und drei Mediziner zu. "Pflege ist eine sehr heimatnahe Veranstaltung, wenn ich das mal so formulieren darf", so Gerald Gaß. "Da ist die Bereitschaft zu pendeln deutlich geringer als beispielsweise im ärztlichen Dienst."

Hebamme Sandy Bartoschek hatte sich einst bewusst für ihr kleines Krankenhaus in der Heimat entschieden. "Man hat schon Angst, dass die Kliniken geschlossen werden und wir irgendwoanders hinsollen." Nach Cottbus pendeln wäre für sie nichts, sagt sie. Bartoschek würde dann "komplett auf Freiberuflichkeit machen".

Medizinische Versorgung in den Mittelpunkt stellen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Anfang Dezember Vorschläge für die Krankenhausreform vorgestellt, um Kliniken zu entlasten. Für die Krankenhäuser sollen bei der Behandlung von Patienten weniger finanzielle Aspekte eine Rolle spielen - die medizinische Versorgung soll in den Mittelpunkt gerückt werden. Eine Basisvergütung soll neben das Fallpauschalen-System treten.

Die Reform sieht auch eine stärkere Spezialisierung der Kliniken vor. Anders als heute sollen Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden. So soll es Kliniken zur Grundversorgung geben, zum Beispiel für grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle. Andere Häuser sollen sich um die "Regel- und Schwerpunktversorgung" kümmern.

Ob eines Tages die Schwester oder der Bruder von Emilia in Forst zur Welt kommt, werden auch die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zeigen. Bis zur Sommerpause soll der Gesetzentwurf vorliegen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.02.2023, 16:10 Uhr

Beitrag von Anke Blumenthal

17 Kommentare

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  1. 17.

    Mit der Reform werden die beiden kleinen KKHs geschlossen werden! Grandiose Auswirkungen für Herzinfarkt und Schlaganfall. Ein Trost ist dass man dann allerdings in einer Uniklinik landet und nicht noch an ein Stroke Unit nochmals weitergeleitet wird.
    Ich habe die aktuelle Bettenzahl nachgeschlagen.

  2. 16.

    " etwa wird zu wenig ambulant operiert wird "

    mag durchaus sein aaber... nicht jeder ambulant operierte Pat erfüllt die Kriterien für eine lediglich weitere ambulante Betreuung,
    Altersgründe, Demenz , Alleinlebend etc.

  3. 15.

    die Fallpauschalen führten aber zu den " blutigen Entlassungen " , d.h wenn der Pat. die Fallpauschale erreicht hatte, wurde er entlassen um das Bett für die nächste Fallpauschale frei zu haben. Dies Pat wurden dann den Hausärzten überantwortet und die bekamen dann Probleme mit der KV

  4. 14.

    " muss Gewinn erwirtschaftet werden "

    warum ??? ein Krankenhaus sollte nicht profitorientiert sein, es geht um die Besserung oder Wiederherstellung der Gesundheit, dafür werden die Beiträge an die Krankenvers. entrichtet ; etwaige Verluste der Krankenhäuser müssen vom Staat über Steuergelder ausgeglichen werden. ein endloses und fruchtloses Thema

  5. 13.

    Zum Vorgängermodell waren die Fallpauschalen alternativlos. Die Zahlung pro Liegetag führte dazu, dass Patienten unnötig lange im Krankenhaus geblieben sind und die Kliniken keinen Anreiz hatten, die Patienten schnell wieder fit zu machen.

    Auch heute gibt's große Probleme: etwa wird zu wenig ambulant operiert, obwohl das bei sehr vielen Eingriffen möglich ist

  6. 12.

    und die Probleme bei den Studienplätzen sind von der Politik gemacht, einfach durch Streichungen. Brauchen wir nicht!!! Die Fallpauschale, Lieblingskind von Herrn Lauterbach ist von der Politik gemacht. Beides hat mit Beitragssätzen relativ wenig zu tun.

  7. 11.

    Die Politik und Verwaltungen haben eine Aufgabe, die als Prozess nie aufhört: Die Auflösung des Widerspruchs: hohe Kosten ./. Beitragshöhen. Vermutlich ist der richtige Zeitpunkt für privatgeführt und in kommunaler Hand oder gar eine Mischform richtiger? Auf jeden Fall ist es schwierig, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu machen. Gewinne und Wettbewerb richtig zu verstehen und zu nutzen ist halt schwierig.

  8. 10.

    Äpfel mit Birnen zu vergleichen macht keinen Sinn. In den Siebziger Jahren war die Versorgung wesentlich schlechter als heute. Außerdem gab es wesentlich mehr Beitragszahler und sehr viel weniger Personen, die ohne Beitrag versichert sind

    Außerdem waren die Kosten damals viel niedriger

  9. 9.

    Das Grundgesetz ist keine Anspruchsgrundlage. Weder in der Präambel noch immtext steht, dass eine Überversorgung und ein Überangebot an Betten vorhanden sein muss.

    Jeder Patient will eine perfekte Versorgung, aber niemand will dafür höhere Beiträge zahlen. Aber genau das wird kommen.

    Viele Kliniken auf dem Land arbeiten nicht mal kostendeckend

  10. 8.

    Das System kann eben nicht auf andere Füße gestellt werden. Auch wenn man auf kommunaler Träger umstellt, muss Gewinn erwirtschaftet werden.

    Umstellung auf Länder oder Bundesebene muss auch rentabel sein.

    Fakt ist, es gibt in Deutschland zuviele Krankenhausbetten und das oft auf dem Land. Die Entfernungen sind in Deutschland nicht so groß, sodass jeder Patient in kurzer Zeit ein Krankenhaus erreichen kann.

    Wir können uns die Überversorgung und die Bequemlichkeit der Patienten nicht leisten.

  11. 7.

    MÜSSEN in der Medizin "Gewinne erwirtschaftet" werden? Wir können das System jederzeit auf andere Füße stellen. (… berücksichtigen, dass kommunale Betreiber auch Gewinne erwirtschaften müssen)

    Medizin als Wirtschaftsgut gibt es erst seit …? Das ist menschengemacht, kein Naturgesetz.
    Dann wären da noch:
    Wohnungs"markt", Arbeits"markt", Heirats"markt" …

  12. 6.

    Alle sollten sich auf das Grundgesetz (Präambel) beziehen und damit argumentieren. Gute Begleitung rund um den Lebensstart als selbstverständliches Anrecht. Gute Begleitung rund um den Lebensabend als selbstverständliches Anrecht. Gute Begleitung bei Krankheit als selbstverständliches Anrecht.

    Kein Anrecht auf Kapital-Rendite, Kapital raus aus der Lebensversorgung, die sollen an der Börse mit fiktiven Einsätzen spielen, haben im Leben der Menschen nichts zu suchen.

  13. 5.

    Es gibt in Deutschland zu viele Krankenhausbetten.

    Kleine Krankenhäuser auf dem Land sind oft unrentabel.

    Zukünftig wird es auch Krankenhäuser auf dem Land geben, nur nicht mehr so viele.

    Letztlich geht's auch um die Kosten für die Versicherten. Jeder möchte eine tolle versorgung, die jedoch immer teurer wird. Niemand möchte mehr Beiträge bezahlen.

    Da wird auf angebliche Investoren geschimpft ohne zu berücksichtigen, dass kommunale Betreiber auch Gewinne erwirtschaften müssen.

  14. 4.

    Vielleicht sollte man die Entscheider mal eine Weile in den ländlichen Raum verfrachten damit sie sehen wie wichtig die kleinen KKHs sind.
    Mein Vater hatte sich in den Siebzigern mal mehrere Finger bei einem Unfall abgeschnitten. Wir waren das letzte Kaff in NRW und haben 2KKH zur Auswahl gehabt die in 30Min. Fahrtzeit erreichbar waren(NRW und Hessen). Glücklicherweise war im KKH ein neuer Arzt der sich auf Gefäßchirurgie spezialisiert hatte. Der hat dann die Hand gerettet.
    Nach den neuen Plänen würden beide KKH dicht gemacht, die Fahrtzeit zum nächsten KKH beträgt dann mindestens eine Stunde je nach Wetter. Ob dann noch Finger gerettet werden können? Denn in einer großen Klinik habe ich mehr Wartezeit. Von Herzinfarkt und Schlaganfall rede ich schon gar nicht.
    Von Krankenbesuchen mit dem ÖPNV mal ganz zu schweigen...

  15. 3.

    Millionenschweres Monopoly um Kliniken in Deutschland. Finanzinvestoren im Ausland sind eigentlich nicht mehr greifbar oder erkennbar. Das Großkapital ist ständig auf Einkaufstour. Verlierer ist der Patient durch das Ausdünnen der medizinischen Versorgung.
    Was will Lauterbach denn dagegen tun? Wie will er den Ausverkauf von Kliniken, Arztpraxen, MVZs, denn verhindern?
    Ist dieser Ausverkauf eigentlich ethisch noch vertretbar?

  16. 2.

    „Für die Krankenhäuser sollen bei der Behandlung von Patienten weniger finanzielle Aspekte eine Rolle spielen“ selten so gelacht. Oder ist es so zu verstehen: keine Patienten, keine Ärzte, keine höheren Kosten? Wie kann es ein gutes Ergebnis für die Bürger geben, wenn die Reform ausschließlich von Lobbyisten geschrieben wurde? Gute Krankenversorgung künftig nur noch in Großstädten. Sicher eine gute Maßnahme um der Entvölkerung ländlicher Regionen entgegen zu wirken.

  17. 1.

    Wer glaubt das es um eine bessere Versorgung der patienten geht, der kann weiter schlafen. Es geht ums sparen. Wenn die Strecken länger werden, werden einige auf der Strecke bleiben. Die Zeit ist bei Behandlungen auch entscheident.

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