Nach Vorwürfen zu nicht artgerechter Haltung - Tierheim Wesendahl soll von Tochter der bisherigen Leitung weitergeführt werden
Verletzte Tiere, die nicht behandelt würden. Ungeziefer und falsche Haltungs- und Futterbedingungen. Die Liste der Vorwürfe gegen das Tierheim Wesendahl ist lang. Eine neue Leitung soll nun für Besserung sorgen. Tierschützer kritisieren die Personalie.
Yvonne Szech und Thomas Fritsch sind die neuen Leiter des umstrittenen Tierheims Wesendahl bei Altlandsberg (Märkisch-Oderland). Zum 1. Juni haben sie vorerst die Geschäfte übernommen. Jetzt muss noch das Land der Personalie zustimmen.
Szech und Fritsch sind keine Unbekannten im Tierheim Wesendahl. Beide sind langjährige Mitarbeiter. Yvonne Szech ist zudem die Tochter der bisherigen Leiterin. "Man muss sich da hüten vor Vorverurteilungen", verteidigt Friedemann Hanke, Vize-Landrat von Märkisch-Oderland, die Entscheidung. "Solange ich keine Schuld in dem Sinne nachweisen kann, gilt natürlich auch hier die Unschuldsvermutung."
Beide seien fachlich geeignet. Das habe eine Prüfung mit externen Sachverständigen ergeben, so Hanke weiter. Der Tierschutz sei unter der Leitung von Szech und Fritsch gewährleistet.
Ehemalige Mitarbeiterin befürchtet Status Quo
Tierschützer kritisieren das Vorhaben. Alina Beier, bis vor kurzem noch Auszubildende im Tierheim Wesendahl, hatte die Missstände gemeinsam mit anderen Auszubildenden und ehemaligen Mitarbeitern im Februar öffentlich gemacht. Von der neuen Personalie ist sie entsetzt.
Yvonne Szech habe im Tierheim schon länger inoffiziell die Leitung inne. Von einer Änderung könne deshalb kaum die Rede sein, so Beier. "Sie schmeißt die kranken Katzen einfach zu den gesunden Katzen rein. Die waren nicht kastriert. Die haben da Kitten gekriegt. Das war alles Yvonne", berichtet Beier. Sie weist zudem darauf hin, dass die bisherige Leiterin weiterhin im Tierheim vor Ort sei. Denn das Gelände ist Privatbesitz. "Die wird da weiterhin ihre Sachen machen. Es ist nicht jeden Tag jemand da, um das zu kontrollieren."
Beier und andere Tierschützer fordern deshalb die Schließung des Tierheims. Verschiedene Tierheime aus der Region hatten sich bereits angeboten, die Tiere aus Wesendahl aufzunehmen.
Die neuen Leitenden selbst waren bisher nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Schlechte tierärztliche Versorgung, falsche Haltungsbedingungen
In den vergangenen Monaten hatten Tierschützer aus Brandenburg und Berlin immer wieder auf die angeblich unzureichende Versorgung der Tiere im Tierheim Wesendahl aufmerksam gemacht. Bestätigt wurden diese Vorwürfe vom Tierschutzbeauftragten des Landes Brandenburg, Stefan Heidrich. Dieser sprach nach einer Vor-Ort-Begehung im März von "falschen Haltungsbedingungen und Fütterungen". Die tierärztliche Versorgung und die hygienischen Verhältnisse seien unzureichend. Es gebe deutlich zu wenige Mitarbeiter. Die Betreiber des Tierheims hatten die Vorwürfe immer wieder bestritten. Die Tiere würden gut versorgt und bei Krankheit auch behandelt.
Kreis: "Das Tierwohl war die ganze Zeit sichergestellt"
Auch der Landkreis widersprach immer wieder Heidrichs Darstellung. "Das Tierwohl war die ganze Zeit, seit wir seit Februar intensiv dort vor Ort waren, sichergestellt", betonte Vize-Landrat Friedemann Hanke gegenüber dem rbb am Donnerstag. Dass da die Ansichten auseinandergehen, zeigt auch eine Weisung des Landes Brandenburg gegenüber dem Landkreis. Ende April hatte das Verbraucherschutzministerium als oberste Aufsichtsbehörde Auflagen für den Weiterbetrieb des Tierheims Wesendahl erteilt. Zur Begründung hieß es, die vom Landkreis angeordneten Maßnahmen hätten die bestehenden Mängel nicht beseitigt und künftige nicht verhindert. Der Kreis sei seiner Kontrollpflicht nicht ausreichend nachgekommen.
"Wir sehen das Tierheim momentan auf einem guten Weg"
Die meisten der Landes-Auflagen seien inzwischen umgesetzt, so Hanke. So seien im Tierheim inzwischen rund 100 Tiere weniger untergebracht als im Februar. Wildtiere würden nicht mehr angenommen. Eine neue Quarantänestation für Neuankömmlinge sei im Aufbau, separiert von der Krankenstation. Private und Pensionstiere würden von Tierheimtieren getrennt gehalten. Zudem seien eine neue Tierheimordnung und ein Rahmenhygieneplan erstellt worden.
Bei der medizinischen Versorgung der Tiere hatte das Land eine vorerst wöchentliche Kontrolle durch einen Tierarzt angeordnet. Dies werde seines Wissens so umgesetzt, sagte Hanke. Auch jedes neue Tier werde von einem Tierarzt angesehen. Ob es sich bei dem Tiermediziner um den gleichen handelt, der schon vor den Auflagen im Tierheim kontrolliert hat, konnte Hanke nicht sagen. Wichtig sei nun, dass die Auflagen auch in Zukunft eingehalten würden, andernfalls drohe die Schließung. Alle zwei Monate fänden deswegen gemeinsame und unangemeldete Kontrollen von Land und Kreis im Tierheim Wesendahl statt. "Wir sehen das Tierheim momentan auf einem guten Weg", fasst Hanke zusammen.
Land: Situation in Teilen noch nicht zufriedenstellend
Vom zuständigen Verbraucherschutzministerium heißt es, die Situation im Tierheim habe sich verbessert, in Teilen sei sie aber "noch nicht zufriedenstellend". Details dazu gab es nicht. Bisher ungeklärt ist die Frage nach einer soliden Finanzierung des Tierheims. Die Betreiber hätten dazu ein Konzept beim Landkreis eingereicht, dies werde zurzeit geprüft, so Hanke. Auch sei wohl geplant, mehr Mitarbeiter für die rund 330 Tiere einzustellen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 03.06.2022, 15:40 Uhr