Kartoffelanbau in Brandenburg - Die Oderbruch-Kartoffel feiert ihr Comeback

Do 29.08.24 | 15:48 Uhr | Von Philipp Gerstner
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Kartoffeln der Sorte Mia auf einem Laufband im Oderbruch. Quelle: rbb
Audio: Antenne Brandenburg | 29.08.2024 | Philipp Gerstner | Bild: rbb

Vor drei Jahrhunderten ordnete Friedrich der Große den Anbau von Kartoffeln im Oderbruch an. In den Neunzigerjahren verschwanden sie aus den dortigen Feldern. Nun hat ein Landwirt die alte Tradition wieder aufgenommen. Von Philipp Gerstner

Auf einem trockenen Feld im Oderbruch zieht ein Traktor eine meterlange, gelbe Maschine, an die man sich hier noch gewöhnen muss. Auf dem Kartoffelroder – genauer gesagt, einem Kartoffelvollernter – stehen vier Männer, die frisch geerntete Kartoffeln aussortieren. Der Rest wird auf einer Siebkette von Erde und Steinen befreit und gelangt schließlich in den Vorratsbunker.

Zwölf Stunden am Tag sind der Landwirt Lutz Wercham und seine Erntehelfer nun damit beschäftigt, die Kartoffelsorte Mia aus dem Boden zu ziehen, wie er sagt. "Sie hat eine ganz glatte Schale und ist innen fleischig gelb. Eine ganz übliche Speisekartoffel, die sonntags bei Mutter auf dem Tisch steht."

Eine jahrhundertealte Tradition im Oderbruch

Ursprünglich hatte der Landwirt Kräuter, Blumen und Gräser auf seinen Feldern bei Neutrebbin und Letschin (Märkisch-Oderland) vermehrt. Doch das Geschäft mit Saatgut habe sich für den 38-Jährigen nicht mehr gelohnt. Dann kam ihm die Idee mit der Kartoffel als Alternative.

Damit knüpfte er an eine jahrhundertealte Tradition an: Mitte des 18. Jahrhunderts erließ der preußische König Friedrich II. seine "Kartoffelbefehle" und verordnete den Anbau der Kartoffel in seinen Provinzen, um die Hungersnot zu bekämpfen. Die Kartoffel war bis in die Neunzigerjahre im Oderbruch verbreitet, dann verschwand sie. Der Grund: Die Böden dort sind zu schlammig und somit nicht optimal für die Pflanze und ihre Weiterverarbeitung.

Landwirt Lutz Wercham vor seinem Kartoffelfeld im Oderbruch im Jahr 2024. Quelle: rbbLandwirt Lutz Wercham vor seinem Kartoffelfeld im Oderbruch. Bild: rbb

Schlammige Böden erschweren die Arbeit

Für Landwirt Wercham sind die Erdklumpen eine tägliche Herausforderung. "Es ist sehr schwierig, sie maschinell zu trennen", sagt er. "Das ist auch der Grund, warum hier im Oderbruch lange keine Kartoffeln angebaut wurden." Wegen der schlammigen Erde müssen er und seine Mitarbeiter die Klumpen per Hand von den Kartoffeln trennen.

Wercham hat Kartoffeln auf zwei Feldern in Neutrebbin und Letschin (Märkisch-Oderland) mit einer Größe von insgesamt 50 Hektar angebaut. Henrik Wenndorff, Präsident des Landesbauernverbandes, zeigt sich von Werchams Experimentierfreude sehr beeindruckt: "Man muss für Qualität und Ertragsstabilität sorgen. Das ist nicht mit wenig Aufwand verbunden", sagt Wendorff. "Hut ab vor denjenigen, die in so ein neues – eigentlich altes – Geschäft wiedereinsteigen."

Ein Kartoffelvollernter entlädt Kartoffeln der Sorte Mia im Jahr 2024 im Oderbruch. Quelle: rbbEin Kartoffelvollernter entlädt Kartoffeln der Sorte Mia. Bild: rbb

Mehr als nur ein Experiment

Jeden Tag erntet Wercham nach eigenen Angaben 50 bis 75 Tonnen Kartoffeln. Auf seinem Hof werden sie noch einmal sortiert und verladen. Die Kartoffeln werden zuerst zu einem Zwischenhändler in Treuenbrietzen transportiert, bevor sie im Supermarkt weiterverkauft werden. Der Landwirt betreibt aber auch einen kleinen Hofladen.

Für Landwirt Werchman ist die Kartoffel mehr als nur ein Experiment, er möchte sie mindestens weitere zwei Jahre im Oderbruch anbauen: "Ich habe viel darin investiert und die Maschinen sind noch nicht alle bezahlt. Von daher, müssen wir weitermachen. Ich setzte viel Hoffnung drin."

Sendung: Antenne Brandenburg, 29.08.2024, 15:40 Uhr

Beitrag von Philipp Gerstner

9 Kommentare

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  1. 9.

    Für Polentouristen ist sicher noch Platzfelde mit Kartoffeln eine wunderbare Alternative. Von Bad Freienwalde kommend 2 km hinter dem Ortsausgang rechts. Und die haben nicht nur Kartoffeln, sondern auch Honig und Eier und ne Minute zum quatschen.

  2. 8.

    Vielen Dank, aber wenn ich in den Oderbruch fahre, stimmt die ökologische Bilanz hinten und vorne nicht.
    Dabei liebe ich gelbfleischige Kartoffeln!

  3. 7.

    Eine tolle Inititiave, hoffentlich finden sich bei Herrn Werchan hilfsbereite Kräfte, die ihm ermöglichen, die Vermarktung zu organisieren. Denn das ist im Endeffekt die Frage aller Fragen. Da ich daheim nicht über die Möglichkeiten verfüge, Lebensmittel wie Kartoffeln, "groß" zu lagern (kl. Wohnung/alles zur Westseite!) würde ich sehr gern an einem Verkaufsstand Kartoffeln 'made in Bbg' kaufen . -
    Ich hoffe, dass die zahlreichen Organisationen wie Landfrauen oder Regionale Kontaktgruppen EfRe diesen Beitrag lesen u. dem Initiator einfach helfen.

  4. 6.

    Hab mal gegoogelt: Es scheint nur den direkten Hofverkauf zu geben….

  5. 5.

    Hier auch kaum "Hofläden" in der Nähe. Hab bei mir selbst überall wo geht, Kartoffeln gesetzt. Staune, was die Knollen haben. Aber im regionalen Supermarkt gibts immer von recht nahen regionalen Produzenten Kartoffeln. Die nehm ich gerne. Gute Ware.

  6. 4.

    Ein bisschen näher darf‘s schon sein. Wenn jemand was gehört hat, bitte hier einstellen

  7. 3.

    Ja, aber in Tegel gibt's leider keinen Hofladen. Und ewig weit ins Umland zu fahren, ist ökologisch wenig sinnvoll.

  8. 2.

    Hofladen? Hallo? Im Supermarkt schlagen sie noch saftige Preise drauf!

  9. 1.

    Sehr schön, endlich mal was regionales und altbwährtes. Und wo kann ich die dann kaufen? Alles, was ich bisher gekauft habe, auch Bio, war leider nicht so dolle :-(

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