Bundesnetzagentur gibt grünes Licht - Durch 50 Kilometer des Berliner Gasnetzes soll künftig Wasserstoff fließen

Di 22.10.24 | 18:39 Uhr
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Symbolbild: Eine Entspannungsstation für Wasserstoff. (Quelle: dpa/Henning Kaiser)
dpa/Henning Kaiser
Audio: rbb Antenne Brandenburg | 22.10.2024 | Jan Zimmermann | Bild: dpa/Henning Kaiser

Deutschland will ein mehr als 9.000 Kilometer langes Netzwerk an Wasserstoffleitungen aufbauen. Damit sollen künftig auch mehrere Heizkraftwerke in Berlin versorgt werden. Dafür sollen bestehende Gasleitungen umgerüstet werden.

Mehr als 50 Kilometer des Berliner Gasverteilnetzes sollen Teil des bundesweiten Kernnetzes werden, durch das künftig Wasserstoff fließen soll. Das teilten der Energieversorger Gasag und die Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg (NBB) am Dienstag gemeinsam mit.

Demnach soll eine Leitung im Osten der Stadt und eine im Westen künftig Teil der künftigen "Wasserstoff-Autobahn" sein. Bereits im Sommer seien die betreffenden Abschnitte auf ihre Eignung geprüft worden, hieß es. Es seien ausschließlich Leitungen ausgewählt worden, die künftig ohnehin nicht mehr für die Gasversorgung notwendig seien, hieß es.

Über die Leitungen sollen mehrere Heizkraftwerke, die aktuell noch mit Gas versorgt werden, an das bundesweite Netz angeschlossen werden. "Mit deren Umstellung könnte etwa ein Fünftel der Berliner Wohngebäude, die über einen Fernwärme-Anschluss verfügen, vom Einsatz des CO₂-freien Wasserstoffs profitieren", hieß es.

Netz wird kleiner als ursprünglich geplant

Zuvor hatte die Bundesnetzagentur am Dienstag grünes Licht für den Bau wichtiger Wasserstoff-Leitungen in ganz Deutschland gegeben. Bundesenergieminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) teilte bei einer Pressekonferenz in Berlin mit: "Heute ist das Wasserstoffkernnetz entschieden. Es ist noch nicht fertig - aber es wird jetzt gebaut werden."

Von der Idee bis zur Genehmigung seien gerade einmal zweieinhalb Jahre vergangen. Das sei "rekordverdächtig", so Habeck. Der Bau solle sukzessive beginnen, Teilstrecken sollten bereits vor dem Zieljahr 2032 fertigt werden.

Mit einer Gesamtstrecke von 9.040 Kilometern wird das Netz allerdings deutlich kleiner als zunächst angenommen. Mehr als 600 Kilometer strich die Bundesnetzagentur aus dem ursprünglichen Plan heraus. Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller begründete das mit dem Abbau von "Redundanzen" und Anbindungsleitungen, die nicht im Kernnetz gebraucht würden. Habeck betonte, dass kein Bundesland ohne Anschluss bleibe und es sich um einen "atmenden Prozess" handele.

Ersatz für Öl und Gas

60 Prozent des Gesamtnetzes sollen durch die Umwidmung bestehender Erdgasleitungen entstehen. Müller betonte, dass die Versorgung mit Erdgas trotzdem gewährleistet bleibe: "Wir bauen auch zusätzliche Erdgasleitungen, um genau den Aspekt der Versorgungssicherheit im Erdgas, den wir noch eine ganze Weile brauchen, zu ermöglichen."

Allein das werde zwei Milliarden Euro kosten. Die Gesamtkosten in Höhe von 19,8 Milliarden Euro soll die Privatwirtschaft tragen - mit staatlicher Unterstützung über die Deckelung von Netzentgelten.

Das Projekt hat eine große Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland. Auf Wasserstoff ruhen große Hoffnungen als klimafreundlicher Alternative zu fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas. Das Wasserstoffkernnetz soll die wichtigsten Leitungen der künftigen Wasserstofftransport- und -importinfrastruktur umfassen.

Habeck verglich das Projekt mit den Autobahnen im Straßennetz. Nach Angaben der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber soll das Netz jährlich bis zu 278 Terawattstunden an Energie in Form von Wasserstoff transportieren können. Das entspreche einem Drittel des heutigen Erdgasverbrauchs, betonte der stellvertretende Vorsitzende der Vereinigung, Ralph Bahke.

Süddeutschland bislang deutlich schlechter eingebunden

Verbände wie die Deutsche Energie-Agentur (Dena) begrüßten die Genehmigung als "richtungsweisend". Der Verband kommunaler Unternehmen gab zu bedenken, dass das Kernnetz allein nicht ausreichen werde, um viele Unternehmen aus Industrie und Mittelstand anzuschließen, die künftig auch auf gasförmige Energieträger angewiesen sein würden.

Dafür brauche es dringend Verteilnetze, erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Auch fehlten den Verteilnetzbetreibern bislang die rechtlichen Grundlagen zur Umrüstung bisheriger Netze auf grüne Gase.

Die Union kritisierte, dass südliche Regionen wie große Teile Baden-Württembergs und Bayerns laut den Plänen vorerst nicht ans Kernnetz angeschlossen werden sollen. CDU-Energiepolitiker Andreas Jung beklagte eine "Nord-Süd-Schieflage" und sprach von einem "Tiefschlag gegen den Süden", der so nicht hingenommen werden könne. "Weite Teile Baden-Württembergs werden schlicht abgehängt."

Habeck erklärte, dass hier wirtschaftliche Erwägungen und die Effizienz des Netzes eine Rolle gespielt hätten. Ihm persönlich sei es wichtig gewesen, dass zunächst einmal alle Bundesländer angeschlossen seien. Alles Andere sei "nicht in Stein gemeißelt", betonte er.

Sendung: rbb Antenne Brandenburg, 22.10.2024, 19:00 Uhr

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30 Kommentare

  1. 30.

    Die 15% Stickstoff aus dem Herstellungsprozeß müssen Sie aber abziehen von der brennbaren Gesamtzusammensetzung und dann ist es überwiegend Wasserstoff als brennbarer Bestandteil. Mal sehen, ob die Antwort beim ersten Mal durchkommt.

  2. 28.

    Von einer geeigneten und professionell gewarteten Therme geht grundsätzlich keine besondere Gefahr aus. Bei der Materialverwendung, auch bei der Zuleitung, muss auf die Standfestigkeit dieser Materialien geachtet werden. Es gibt das Phänomenen der Wasserstoffversprödung, vergleichbar mit Materialermüdung. Dies tritt bei bestimmten Kupfersorten (CU57 und 58)und Stählen mit Ausnahme der CrNi-Stähle auf; Titanrohre werden wohl eher selten sein. CrNi-Stähle sind Verarbeitungsstandard. Auf Qualitätsprodukten namhafter Hersteller ist oftmals der Aufdruck "H2-ready" vorhanden. Auch bei Ventilen und Absperreinrichtungen ist notwendiger hoher Standard verfügbar. Alte Gasarmaturen sind in der Regel völlig ungeeignet und bergen ein hohes Gefahrenpotential.

  3. 27.

    das „alte“ stadtgas bestand wohl zu maximal 51 prozent aus wasserstoff und auch beim modernen stadtgas kann man nicht so einfach hochschrauben: https://www.bundestag.de/resource/blob/915112/d1a66b707de8458aa57fb107f240754d/WD-8-046-22-pdf-data.pdf
    na mal sehn ob der kommentar auch verschluckt wird

  4. 26.

    Dieses,,künftig"... 7×mal in dem ,,Artikel" zu lesen für 50km neues,vorhandenes Netz durch Berlin 4 Green...Nööö...künftig I don't Like.

  5. 25.

    Der rbb ist hauptsächlich der SFB und kennt sich mehr in Berlin aus. Die wenigen Reste ORB kümmern sich hauptsächlich um Potsdam und die Lausitz. Da hat sich leider auch unter der neuen Leitung nichts dran geändert.

  6. 24.

    Das ist so gefährlich wie früher das Stadtgas, das ja auch hauptsächlich Wasserstoff war. Was sie als normales Stadtgas bezeichnen, ist heute kein Stadtgas mehr, sondern Erdgas - also hauptsächlich Methan. Dem Wasserstoff wird man wie beim Stadtgas etwas beimengen müssen, um die Flamme besser zu sehen, das eine Knallgasflamme nahezu durchsichtig ist.

  7. 23.

    Wie sieht es denn mit der geplanten Sicherheit aus? Kann dem Wasserstoff auch wie beim erdgas ein geruchsstoff beigefügt werden, der ein leck für die menschliche Nase riechbar macht?

    Wie teuer soll Wasserstoff werden? Ich hatte letztens eine interessante Doku gesehen, dass derzeit kaum Wasserstoff produziert wird, weil es derzeit einfach teurer als die aktuelle Energieträger ist. Es sich wirtschaftlich einfach noch nicht rechnet in Wasserstoff zu investieren und sich an Wasserstoff zu binden.

  8. 22.

    Das sollten nicht nur moderne Anlagen können, sondern auch sehr alte, da Stadtgas früher großteils aus Wasserstoff bestand. Etwas vereinfacht geht es also wieder zurück zum Stadtgas.

  9. 21.

    Der Wasserstoff sollte da ja auch schon gegen Helium ausgetauscht sein. Der damals größte Anbieter von Helium weigerte sich aber das Deutsche Reich zu beliefern und es blieb deshalb beim feuergefählichen Wasserstoff.

  10. 20.

    Wenn 20% der Berliner mit Fernwärmeanschluß versorgt werden könnten, wäre es auch interessant, wieviel Prozent der Berliner überhaupt einen Fernwärmeanschluß haben, um diese Zahl besser einordnen zu können.

  11. 19.

    Für den Süden hat die Bundesregierung vor ein paar Monaten eine Vereinbarung mit Italien und Österreich zur Versorgung mit Wasserstoff unterzeichnet, was aber der Union entgangen ist. In Bayern rechnet man zudem mit so viel eigenem Wasserstoff, dass Aiwanger den im grossen Stil für Busse und LKW verwenden will.

  12. 18.

    Im Nordwesten Brandenburgs, wurde die Leitung von Rostock, über die Prignitz, bis nach Ketzin/Havel, erst kürzlich gestrichen - da wird wieder einmal, eine gesamte Region ,,vergessen,, und dadurch benachteiligt.
    Obwohl in Ketzin/Havel, schon mehrere Erdgasleitungen anliegen, wurde die wichtige Wasserstoff-Leitung nach Rostock, einfach weg rationalisiert.

  13. 17.

    Das Warum zur Entzündung und nicht Explosion des Traggases haben Sie geflissentlich nicht erwähnt? Aus Unwissen oder aus Polemik? Und die Hindenburg ist technologisch höchstwahrscheinlich etwas rückständiger als die heutige Standarts - auch vergessen oder nur unsinnige Angstmache?

  14. 16.

    Die meisten undichten Gasleitungen in Wohnhäusern und die darauf folgenden Verpuffungen beruhen auf illegalen oder unfachmännischen Manipulationen an der Anlage. Die Gasversorger selber haben kein Interesse daran, undichte Leitungen zu verlegen. Da arbeiten in der Regel Fachleute mit entsprechenden Vorschriften. Was die Privatleute dann an der Leitung hinter dem Zähler veranstalten, liegt nicht mehr im Bereich des Netzbetreibers.

  15. 15.

    Das früher genutzte Stadtgas bestand aus mehr als 50% Wasserstoff und die Berliner Häuser sind früher nicht reihenweise wegen Knallgas Explosionen zusammengefallen, oder?
    Haben sie ein wenig Zuversicht .

  16. 14.

    Es wird Fachleute geben, um den sicheren Betrieb zu gewährleisten. Wir sind doch in Deutschland: Für alles braucht man Genehmigungen, Gutachten, Stempel, Ausschreibungen und ganz ganz viel Papier. Das wird dann per Faxgerät hin- und her geschickt. Darauf können Sie sich verlassen. Die deutsche Bürokratie wird da ganz genau hinschauen und jede Schraube begutachten.

  17. 13.

    Soso rbb Antenne Brandenburg berichtet also über die 50km Leitung die in Berlin für den H2 Start genutzt werden sollen.
    Schön das Ihr uns Brandenburgern zutraut sich die Information über die Leitungen in unserem Land (das zweite b in rbb) selbst nachzuforschen.
    Ein Gasnetz mit Autobahnen vergleichen geht auch nur in Deutschland.
    Grundsätzlich aber gut, dass es weitergeht. Nur etwas mehr auf Brandenburg bezogene Berichterstattung wäre schon gut. Schließlich haben wir im Gegensatz zu Berlin die Industrie die danach ruft und nicht nur Heizkraftwerke.

  18. 12.

    Wenn man Gasleitungen umrüstet...und wie geht das? Wäre schön, wenn dazu im Beitrag mehr erklärt würde.
    Ich habe gehört, die OPAL/EUGAL sollen Wasserstoff transportieren. Die Rohre aus Stahl haben einen Innendurchmesser von etwa 1,4 m und die Schweißnähte sind von innen nicht isoliert, nur außen. Die Leitungen sind nicht gerade, folgen dem Gelände, liegen nur 1 m unter der Erde. Wasserstoff hat andere chemische Eigenschaften als Erdgas, macht Metall spröde. Reicht es, zu hoffen, dass das gutgeht so dicht an Ortschaften vorbei?

  19. 11.

    Man liest doch hin und wieder von undichten Gasleitungen, auch und gerade in Wohnhäusern. Is das nicht extra gefährlich, also gefährlicher als normales Stadtgas?
    Von den Mengenverhältnissen habe ich natürlich keine Ahnung, sorry...

  20. 10.

    Es gab keine Explosion auf dem Luftschiff, mein Kommentar zur Erklärung des TÜV-Nord wurde nicht veröffentlicht, siehe den Link von Kommentar #8

  21. 9.

    Schon bei geringem Austritt aus der Leitung entsteht Knallgas, eine explosionsfähige Mischung von gasförmigen Wasserstoff und Sauerstoff. Beim Kontakt mit offenem Feuer (Glut oder Funken) erfolgt die so genannte Knallgasreaktion. In Luft unter atmosphärischem Druck muss der Volumenanteil des Wasserstoffs dabei zwischen 4 und 77 % liegen. Werden diese Grenzwerte unter- bzw. überschritten, kommt es nicht mehr zu einer Explosion. Bei einer kontrollierten Verbrennung kommt es zu einer Knallgasflamme. Die größte Reaktion entsteht bei einem Verhältnis von Zwei Wasserstoff Und 1 Sauerstoff. Sollte der Sauerstoff aus der Luft genommen werden, führt ein Volumenverhältnis von etwa 2:5 zu einer besonders großen Explosion.

  22. 8.

    Der TÜV-Nord beantwortet Ihre Fragen:

    https://www.tuev-nord.de/de/unternehmen/energie/wasserstoff/wasserstoff-eigenschaften-sicherheit-gefahren/

  23. 6.

    Ein Nachtrag: Es gibt heute schon moderne Heizanlagen, die von Gas auf Wasserstoff umgestellt werden können.

  24. 5.

    "Am 6. Mai 1937 ging das deutsche Luftschiff Hindenburg bei der Landung in New Jersey in Flammen auf. 35 (13 Passagiere, 22 Crewmitglieder) der 97 Personen an Bord starben, dazu ein Mitglied der Bodenmannschaft. Zur Katastrophe kam es, weil der als Traggas verwendete Wasserstoff explodierte."

  25. 3.

    Sehr gut, ich begrüße alles was unsere Abhängigkeit von fossilen Energien, die oft aus dem Ausland teuer importiert werden müssen zu reduzieren.

  26. 2.

    Wie, was? Kann hier mal ein Fachmann helfen - wie siehts denn da mit der Sicherheit aus? Ist Wasserstoff nicht hochexplosiv?

  27. 1.

    Wasserstoff ist entscheidend für die Energiewende, wobei Norwegen und Berlin unterschiedliche Ansätze verfolgen. Norwegen nutzt hauptsächlich Wasserkraft zur Produktion von grünem Wasserstoff durch Elektrolyse, was eine hohe CO2-Effizienz gewährleistet. In Berlin hingegen wird Wasserstoff oft aus Erdgas gewonnen, was weniger nachhaltig ist, jedoch kostengünstiger. Dennoch gibt es Bestrebungen, auch hier mehr grünen Wasserstoff durch Wind- und Solarenergie zu fördern.

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