Drei-Säulen-Modell - Berliner Senat will Lösung für freie Volkshochschulkräfte finden

Di 04.06.24 | 21:36 Uhr
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Das Logo des Deutschen Volkshochschul-Verbandes hängt an der Fassade einer Volkshochschule. (Quelle: dpa/Martin Schutt)
Video: rbb24 Abendschau | 04.06.2024 | Leonie Schwarzer | Bild: dpa/Martin Schutt

Wegen der Rechtsunsicherheit für Honorarkräfte an Musik- und Volkshochschulen hat der Berliner Senat eine Task Force gegründet. Daran sind die Senatsverwaltungen für Bildung, Kultur, Justiz und Finanzen beteiligt.

Ihr Vorschlag ist ein sogenanntes "Drei-Säulen-Modell". So sollen in Zukunft Lehrkräfte teilweise fest angestellt sein, als sogenannte feste Freie arbeiten oder auch wie bisher als Honorarkräfte. Dazu braucht es allerdings die Zustimmung der Deutschen Rentenversicherung. Geplant ist ein gemeinsames Treffen mit der Task Force für Ende Juni.

Gut 4.000 freiberufliche Kursleitungen in Berlin

Hintergrund für die Unsicherheit ist das sogenannte "Herrenberg-Urteil" aus dem Jahr 2022. Damals hatte eine freie Musikschullehrerin auf Festanstellung geklagt und Recht bekommen. In Berlin und auch anderen Städten ist dadurch unklar, wie es mit Honorarkräften etwa an Musik- oder Volkshochschulen weitergeht. Vielen Musikschullehrern droht ab August die Arbeitslosigkeit.

Für das Land Berlin würden mehr Festanstellungen vor allem mehr Sozialversicherungsbeiträge, und damit mehr Kosten bedeuten. Bislang ist unklar, wie hoch die Mehrkosten wären - und wer sie zu welchem Anteil tragen würde. Nach Angaben der Bildungsverwaltung sind aktuell an den Berliner Volkshochschulen 4.000 bis 4.500 Personen als freiberufliche Kursleitungen tätig. Von ihnen sind wiederum rund 900 Personen als arbeitnehmerähnlich anerkannt, ihnen zahlt das Land Berlin bislang auf Nachweis freiwillige Zuschläge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.

Derzeit gehen die Berliner Volkshochschulen unterschiedlich mit Honorarverträgen um. So werden beispielsweise in Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf Honorarverträge nicht wie üblich von den VHS-Leitungen unterschrieben, sondern von den zuständigen Bezirksstadträtinnen. Dahinter steckt die Sorge vor Haftungsfragen: Befürchtet werden finanzielle Forderungen von der Deutschen Rentenversicherung, aber auch eine mögliche Strafbarkeit.

Unter anderem in Tempelhof-Schöneberg, Pankow und Reinickendorf werden die Verträge dagegen trotz der rechtlichen Unsicherheit nach einer rbb-Abfrage nach wie vor von den zuständigen VHS-Leiter:innen unterzeichnet. Auch mit der Unterzeichnung neuer Honorarverträge für die Zeit nach der Sommerpause gehen die Bezirke unterschiedlich um. So werden beispielsweise in Neukölln und Marzahn-Hellersdorf derzeit keine Verträge für das zweite Halbjahr abgeschlossen, in Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg dagegen schon.

Sendung: rbb24 Abendschau, 03.06.2024, 19:30 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Die Volkshochschulen sollen genau das bleiben, was sie sind und was ihr Name sagt, nämlich Bildungsstätten für das Volk, somit auch für Normal- und Geringverdiener, die sich die von Ihnen gewünschten Marktpreise nicht leisten können. Deshalb sind sie gegründet worden und in einem angeblichen Sozialstaat sollte jeder die Bildung erhalten können, die er sich wünscht und nicht nur diejenigen, die sich das leisten können.

  2. 16.

    u. a. wegen der Trennung von öffentlichem Recht und Privatrecht; es können nur die Schulen selbst zuständig sein

  3. 15.

    "Ich bin der Meinung, dass Kommunalpolitiker (also von der BVV gewählter Bezirksstadträte) keine privatrechtlichen Verträge unterschreiben dürfen. Diese Verträge wären rechtsungültig! "
    Wie kommen sie denn auf diese Idee ?

  4. 14.

    Zitat aus dem Artikel:
    "Derzeit gehen die Berliner Volkshochschulen unterschiedlich mit Honorarverträgen um. So werden beispielsweise in Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf Honorarverträge nicht wie üblich von den VHS-Leitungen unterschrieben, sondern von den zuständigen Bezirksstadträtinnen. Dahinter steckt die Sorge vor Haftungsfragen: Befürchtet werden finanzielle Forderungen von der Deutschen Rentenversicherung, aber auch eine mögliche Strafbarkeit."

    Ich bin der Meinung, dass Kommunalpolitiker (also von der BVV gewählter Bezirksstadträte) keine privatrechtlichen Verträge unterschreiben dürfen. Diese Verträge wären rechtsungültig! Das würde ich als Bezirksstadtrat niemals machen, da ein Berliner Bezirksstadtrat ausschließlich für politische Aufgaben zuständig ist. Da müssen doch nun nicht die Kommunalpolitiker den Kopf in Bezug auf Haftungsfragen hinhalten!

  5. 13.

    Wie bei den Beamten auch versucht man das Einsparen der Sozialbeiträge.... Und entledigt sich auch gleich der Altersbezüge. Gerade diejenigen, die besonders Solidarität der Einzahlenden einfordern, sind diejenigen, die am wenigsten zahlen wollen. Stattdessen aber zuteilen der eingezahlten Beiträge als Kernkompetenz, wirkt auf die Gebenden besonders perfide. Das Gerichtsurteil dazu ist sowas von eindeutig. Und trotzdem wird weiter versucht seine (Sozial)Pflicht zu mindern.

  6. 12.

    Nur weil etwas alt ist, bedeutet es nicht, dass es sich im Laufe der Zeit nicht weiterentwickeln und mit der Zeit gehen sollte!
    Musikschulen und Volkshochschulen sollten dahingehend reformiert werden, dass Sie als Dienstleister die Anbieter und die Nachfrager zusammen bringen. Das nennt sich Plattformökonomie und ist heute der Standard. Das tut auch allen Beteiligten gut, weil dann durch Wettbewerb bessere Stundenlöhne erzielt und die administrativen Kosten gesenkt werden können.

  7. 11.

    Na, die Räume kann ich ja stundenweise in der Musikschule mieten, Gewerberäume in Berlin zu bekommen ist nicht das Problem. Auch gibt es genug Dienstleister für die beschriebenen Tätigkeiten. Oder die Musikschulen verstehen sich mehr als Servicedienstleister für ihre Kunden, die Musiklehrer. Das wäre auch mal etwas. Gilt übrigens genauso für die VHS. Kunden sind nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrenden. Dann würde hier auch mal ein ganz neuer Wettbewerb der Musikschulen und VHSen um die Lehrkräfte entstehen, wodurch wir bessere Stundenlöhne erhalten könnten. Musikschulen und VHSen sollten mehr wie Marktplätze funktionieren, um Angebot uns Nachfrage zusammenzubringen. Dafür könnten Sie dann eine geringe Gebühr verlangen.

  8. 10.

    Dadurch dass es aber von dem Land Berlin aktuell angeboten wird, wählen viele lieber die Schein-Selbständigkeit. Das Land Berlin sollte nur das Modell Selbständigkeit anbieten und nicht immer wieder versuchen hier Menschen in ein (Schein-)Angestelltenverhältnis zu führen, bei dem dann beide Seiten rechtswidrig handeln. Als Künstler bin ich sowieso in der Künstlersozialkasse versicherungspflichtig – ich zähle zu den Personen, die Musik, darstellende oder bildende Kunst schaffen, ausüben oder lehren. Das Land Berlin soll mich richtig aufklären und mich gleich richtig selbständig arbeiten lassen mit allen Freiheiten, die ich als Künstler sowieso bevorzuge.

  9. 9.

    Ich bin freiberuflich tätig. Eine Lösung wäre, für jedes Semester auf Grundlage der insgesamt an allen VHSen etc. geleisteten Stunden Sozialbeiträge zu erhalten. Darüber hinaus ist es ein guter Weg, dass überhaupt ALLE in die Sozialversicherung einzahlen - wie in Österreich. Aber Dank an die Bemühungen der Volkshochschulen in Berlin und den Dozentenvertretungen.

  10. 8.

    Wenn Sie selbständig (und nicht scheinselbständig) arbeiten wollen, können Sie das heute schon tun. Sie dürfen sich aber weder die Teilnehmer von der VHS/Musikschule vermitteln lassen, noch deren Räume kostenlos nutzen. Sie müssten dann mit einem eigenem Webauftritt nach Kunden suchen, passende Räume anmieten und die Abwicklung (Einnahmen, Ausgaben) selbst verbuchen. - Wenn Sie aber als quasi Arbeitnehmer der Einrichtung auftreten und diese alles für Sie regelt, sollte die Einrichtung auch Sozialabgaben zahlen (Rentenversicherung etc.), damit nicht der Steuerzahler mit Rentenbeginn Ihre Mindestrente übernehmen muss.

  11. 7.

    Ist schon doof wenn man z.B. per Gesetz die Scheinselbständigkeit Paketboten in SVpflichtige Beschäftigungen bringen will und nun selbst in diese „Falle“ tappt.
    Ist aber bestimmt ein Problem das einzig und allein Berlin betrifft, darum muss man sich hier hinsetzen und überlegen was man nun macht. Klar ist auch … Stichtag ist der 30.06. denn bis dahin war ja alles OK.
    Scheinen wieder einmal echte Profis am werk zu sein.

  12. 6.

    Ich bevorzuge es auch, freiberuflich tätig zu sein. Habe gar keine Lust auf ein Angestelltenverhältnis. Warum kann man nicht die Renzenversicherung reformieren, damit ich mein Arbeitsleben so gestalten kann wie ich es möchte? Berlin ist groß, da kann doch jeder arbeiten wie er will. Eine Reform der in die Jahre gekommenen Umlagesysteme mit den demnächst zahlreich in Rente gehenden Babyboomern ist längst überfällig, weil das System jetzt schon hohe Steuerzuschüsse braucht.

  13. 5.

    Ich möchte wie viele meiner Kollegen zukünftig nicht mehr Honorarkraft sein, sondern selbständige Unternehmerin. Die damit verbundenen Freiheiten sowie der bessere Stundenlphn und die direkte Abrechnung auch mit Privatkunden sind nur einige der Vorteile. Ich bin dann nicht mehr weisungsgebunden, kann mein Angebot individuell und flexibel gestalten. Auch kann ich mich mit meiner Qualität dann besser als Dienstleisterin positionieren gegenüber anderen Mitbewerbern.

  14. 4.

    Berlin muss sparen. Die vorgeschlagene Scheinlösung ist keine wirkliche Lösung. Es muss richtige Selbständige und wenige Angestellte geben. Die fixen Personalkosten in diesem Bereich ist nicht zeitgemäß und das falsche Zeichen für die Bürger. Ehemalige Honorarkräfte sollten endlich mehr Freiheiten erhalten - das geht nur mit dem Status der Selbständigkeit. Auch die Fairness gegenüber Wettbewerbern wie den freien Musikschulen und Bildungseinrichtungen erfordert diese Statusangleichung. Schluss mit der Ungleichbehandlung, endlich mehr Freiheiten.

  15. 3.

    Ich weiß ja nicht, was in den Köpfen der verantwortlichen Personen der Musikschulen, Volkshochschulen, Bezirken und im Abgeordnetenhaus einschl. der von uns gewählten Personen vorgeht, aber die jahrelange Mentalität, dass ein privater Arbeitgeber die gesetzlichen Regelungen der Sozialversicherung zu beachten hat und nur der Senat und die Bezirke mit ihren angegliederten Institutionen munter machen was sie wollen, muss ein Ende finden. Leistungen der lehrenden Personen muss im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ordnungsgemäß gemäß, d.h. als abhängige Beschäftigung erfolgen. Das zugrundeliegende Urteil sollte schnellstmöglich umgesetzt werden und jedes weitere Lamentieren ob der nun entstehenden Kosten eingestellt werden. Auch staatliche Stellen sollten langsam wissen, dass es nicht anders gehandhabt werden kann. In vielen Fällen hat sich das Sozialversicherungsrecht gewandelt und der Staat kann nicht weiter auf seine bisherige Verfahrensweise pochen.

  16. 2.

    Gerade staatliche und städtische Arbeitgeber sollten sich nicht vor Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge drücken, insbesondere wenn es um Lehrkräfte geht. An Bildung darf nicht weiter gespart werden. Die ersten Volkshochschulen wurden ab 1919 gegründet, also vor mehr als 100 Jahren. Sie haben noch heute ihre Berechtigung wie auch Musik- und Kunstschulen. Daher muss schnell eine Lösung gefunden werden.

  17. 1.

    Ja das wird auch langsam Zeit

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