Berliner Haushalt - Was ein Baustopp für die Sanierung der Komischen Oper bedeuten würde

Do 11.07.24 | 07:36 Uhr | Von Oda Tischewski
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Verhüllte Komische Oper in Berlin Mitte. (Quelle: Frank Köckritz)
Audio: rbb24 Inforadio | 10.07.2024 | Oda Tischewski | Bild: Frank Köckritz

Der Berliner Senat muss das aktuelle Haushaltsloch stopfen. Einige Projekte stehen deshalb auf dem Prüfstand. Auch die bereits laufende Sanierung der Komischen Oper. Die Intendanten warnen vor einer Kostenexplosion. Von Oda Tischewski

  • Seit September 2023 wird die Komische Oper in Berlin-Mitte saniert
  • Letzte Sanierung war in den 1960er Jahren
  • Senat hatte angekündigt, Pläne auf Haushaltsprüfstand zu stellen
  • Baustopp führt laut Intendantin Moser zu Kostenexplosion

Wer die Komische Oper als ein plüschiges, üppig mit Gold verziertes Haus in Erinnerung hat, der bekommt beim Betreten des Foyers derzeit einen Schreck: Spanholzplatten verdecken die empfindlichen Wandverkleidungen. Deckenstuck, Spiegel und Teppiche sind verschwunden.

In den Wänden klaffen eckige Löcher, aus denen weiße Kabel hängen. Und auch der historische Opernsaal sieht ohne Bestuhlung, Kronleuchter und Rangbrüstung recht wüst aus. Und dabei wurde mit den eigentlichen Sanierungsarbeiten noch gar nicht begonnen, erklärt Intendantin Susanne Moser.

"Man nennt es auch vorgezogene Maßnahmen, die im Moment hier stattfinden, dass wir die denkmalgeschützten Teile einlagern, sowie die gesamten Kabel und Heizungen zurückbauen", so Moser, damit "Bauuntersuchungen stattfinden können, und somit eine bessere Kostenkalkulationsbasis da ist für die nächste Planungsstufe."

Letzte Sanierung Ende der 1960er Jahre

Wie viele Gebäude in Berlin ist auch die Komische Oper ein wildes Puzzle aus Teilen unterschiedlichen Alters: Der Zuschauerraum von 1892 überlebte den Krieg und wurde anschließend in eine modernes architektonisches Ganzes integriert - die letzte Sanierung fand Ende der 1960er Jahre statt. Dass die mal wieder nötig war, wurde spätestens klar, als über den Publikumsreihen ein Netz aufgespannt werden musste: Von der Stuckdecke waren Teile abgebrochen und ins Parkett gefallen, so Philip Bröking, der mit Susanne Moser die Doppelspitze der Komischen Oper bildet.

Wir sind bereits in der Sanierung, wir befinden uns hier jetzt auf einer Baustelle und jede Verzögerung, jedes Anhalten, jeder Baustopp würde zu einer Kostenexplosion führen.

Susanne Moser, Intendantin der Komischen Oper

"In der Technik knirscht es und in den Elektroleitungen brezelt es und das ist ein richtig gefährlicher Arbeitsplatz geworden – für unsere Techniker einerseits, aber auch für unsere Künstlerinnen und Künstler", erklärt der Co-Intendant. Nach seinen Angaben stand das Gebäude kurz vor der baupolizeilichen Schließung, "weil es einfach vernachlässigt wurde."

Innenansicht Baustelle Komische Oper in Berlin Mitte. (Quelle: Frank Köckritz)Vom Prunk innerhalb der Komischen Oper ist derzeit nichts mehr zu sehen

Intendanten von Senats-Ankündigung "überrumpelt"

Jetzt soll nicht nur die Technik runderneuert werden: Mit der Schadstoffsanierung wurde schon begonnen, die Standfestigkeit des Opernhauses wird überprüft. Zur Glinkastraße entsteht ein neuer Verwaltungstrakt mit Probebühnen, das Gebäude zur Straße Unter den Linden wird nach den Sanierungsarbeiten nicht mehr zur Komischen Oper gehören.

Im September 2023 übergaben die Intendanten der Komischen Oper und der Kultursenator den Schlüssel zum Opernhaus symbolisch an die Senatsverwaltung für Bauen und Stadtentwicklung. Die Andeutungen aus dem Senat, man wolle das Projekt - wie viele andere - nun noch einmal auf den Haushaltsprüfstand stellen, hat die Intendanten überrumpelt.

Moser warnt vor Kostenexplosion

"Das ist natürlich für uns jetzt ein ganz wichtiger Schritt, dass die Politik sich weiter zu diesem Bauvorhaben bekennt, weil das jetzt zu stoppen ist viel zu spät", sagt Moser. "Wir sind bereits in der Sanierung, wir befinden uns hier jetzt auf einer Baustelle und jede Verzögerung, jedes Anhalten, jeder Baustopp würde zu einer Kostenexplosion führen."

40 Millionen Euro pro Jahr würde ein Auf-Eis-Legen des Sanierungsprojektes kosten, rechnen die Intendanten vor. Ende des Jahres sollen die Vorbereitungen abgeschlossen und die Kostenkalkulation vorgelegt werden. Die Leitung des Hauses ist zuversichtlich, dass man dabei im Plan bleiben werde: 500 Millionen Euro Baukosten, eine Bauzeit von geschätzt sechs Jahren. Wenn die Politik ihnen jetzt trotzdem die Unterstützung entzöge, wäre das ein fatales Zeichen - auch über Berlin hinaus, erklärt Philip Bröking.

[Die ehemalige Kulturstaatssekretärin; Anm. d. Red.] "Monika Grütters hat das mal sehr richtig gesagt: Alles, was kulturell in Berlin stattfindet, strahlt in die Republik aus. Und wir wissen, es wird in Düsseldorf ein neues Haus gebaut, die sind übrigens kostenmäßig – wie auch in Stuttgart – beim Doppelten", so Bröking. Das hieße, wenn in Berlin die Lichter ausgehen würden, würde es in der Republik "zappenduster" werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.07.2024, 14:55 Uhr

Beitrag von Oda Tischewski

22 Kommentare

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  1. 22.

    Ich kann jetzt schon fast prognostiziert werden,das die Oper für Jahre geschlossen bleibt und eventuell sogar nie wieder eröffnet wird.Einfach nicht gut umgegangen mit der Bausubstanz.

  2. 21.

    Alle die sich hier aufregen, könnten mal überlegen eine Spendenaktion zu starten! Und selbst mal aus dem A...h kommen. Ich selbst würde auch spenden!

  3. 20.

    Absolut richtig. Und da irrt z.B. Frau Grütters eben. Wir haben gute Opernensambles und bedeutende Häuser in ganz Deutschland, ob München, Düsseldorf, Dresden, Stuttgart oder auch Essen (mehrfach Oper des Jahres). Wenn in der Komischen Oper in Berlin die Lichter ausgehen würden wäre das sehr schade aber keine Katastrophe für die Republik...

  4. 19.

    Ein Baustopp spart kein Geld, sondern bringt Mehrkosten für die Zukunft. Ich hoffe der Finanzsenator hat da mehr Weitsicht.

  5. 18.

    "Warum plant man die kontinuierliche Erhaltung/Wartung der Bausubstanz nicht in den jährlichen Etat ein, wie man das auch bei einem eigenen Wohnhaus tun würde?"

    "Wir müssen sparen, bis es quietscht." Darum. ;)

  6. 17.

    >“ Warum plant man die kontinuierliche Erhaltung/Wartung der Bausubstanz nicht in den jährlichen Etat ein“
    Langfristige Vorausschau zur Kostensenkung über 20 Jahren gerechnet ist nicht die Kompetenz von öffentlichen Haushalten. Bei öffentlichen Haushalten geht es immer nur um von der Hand in Mund, Löcher stopfen von einem Jahr ins nächste und nicht um langfristige Instandhaltungsplanungen mit evtl. Rückstellungen.
    Und wenn alles zerbröselt ist, kommt der Schrecken und die teure Rechnung - und natürlich das politische Entsetzen so fürs Volk.

  7. 16.

    "Nach seinen Angaben stand das Gebäude kurz vor der baupolizeilichen Schließung, "weil es einfach vernachlässigt wurde."" Das ist also die Ursache? Vernachlässigung der Bausubstanz von den Eingentümern. Das ist doch ein Offenbarungseid. Warum plant man die kontinuierliche Erhaltung/Wartung der Bausubstanz nicht in den jährlichen Etat ein, wie man das auch bei einem eigenen Wohnhaus tun würde?

  8. 15.

    Die Ansprüche ans Leben werden halt immer größer. Sie wollen doch auch nicht mehr im unsanierten Altbau mit Außenklo halbe Treppe leben.

  9. 14.

    >“ Opern kosten den Steuerzahlern hohe zehnstellige Millionenbeträge. Gehört auf die Streichliste ganz oben hin.“
    Die Oper ist eine musikalische Gattung des Theaters. Oder meinten Sie Opernhäuser, in denen meist eben diese Art der künstlerischen Darbietung aufgeführt werden?
    Kunst mit allen ihren Spielarten, Unterhaltungsarten, Dastellungsarten und auch der Bildungsform ist zumeist ein teilweises Zuschussgeschäft. Dennoch zeichnet eine fortschrittliche humanistische Gesellschaft aus, dass eben solche kreativen Möglichkeiten auch Teil dieser Gesellschaften sind. Kunst ist auch Ideengeber für gesellschaftliche Prozesse.
    So pauschal wie Sie es formulieren zeugt es nicht gerade von gebildeter gesellschaftlicher Diskussion.
    Die Anzahl solcher Spielstätten steht hier zur Disposition, nicht die Oper an sich.

  10. 13.

    ...nach der Sanierung bleibt von der alten Komische Oper wohl nicht mehr viel übrig - ich finde, die Komische Oper ist im Schillertheater sehr gut aufgehoben. Auch das Publikum hat die Spielstätte angenommen (siehe Auslastung); Wie wäre es wenn die komische Oper die freien Spieltage der Staatsoper oder Deutschen Oper für Ihre Produktionen nutzt.......das wären zusätzlich Platzkapazitäten.........

  11. 12.

    Was sind denn "zehnstellige Millionenbeträge"?
    Also ich kenne "einstellige", "zweistellige" und "dreistellige" Millionenbeträge...
    Meinen Sie damit jetzt jetzt mehrere Billiarden? Haben Sie dafür einen Nachweis?

  12. 11.

    Berlin ist mit Bühnen gut ausgestattet- klare Entscheidung: Stopp und kompletter Rückbau

  13. 10.

    Opern kosten den Steuerzahlern hohe zehnstellige Millionenbeträge.

    Gehört auf die Streichliste ganz oben hin.

  14. 9.

    Warum muss in Berlin immer alles
    „luxussaniert“ werden? Warum ist ein Verwaltungstrakt mit Probebühne nötig? Es ging vorher auch ohne. Warum ist die Standsicherheit plötzlich u. U. gefährdet? Der Denkmalschutz verteuert die Sanierung auch immens. Im Übrigen haben wir mindesten zwei, so gut wie leerstehende Theater, das Schillertheater und das Theater am Potsdamer Platz. Ich würde es schade finden, wenn es die Komische Oper nicht mehr an diesem Standort geben würde, aber Berlin ist pleite…

  15. 8.

    Wer braucht schon eine Komische Oper wenn Berlin sogar richtige Opernhäuser hat.
    Wer sie benötigt soll sie auch bezahlen.

  16. 7.

    Wollen wir wetten, dass sich das Ganze am Ende bis zur 1-Milliarden-Grenze hochschaukeln wird? Es werden sich "unvorhergesehene" Probleme zeigen, dann Material- und Personalkostensteigerungen. Undundund. Kennen wir ja alles von anderen Großbaustellen.
    Außerdem ist es auch nicht schön. Aber das ist ein anderes Problem...

  17. 6.

    Sie haben absolut Recht! Wie wir alle wissen, werden aus veranschlagten 5 Jahren Bauzeit leicht 10 Jahre. Und ebenso werden sich die Kosten verdoppeln. Die aktuellen Tarifabschlüsse lassen da noch einiges erwarten.

  18. 5.

    Frau Moser hat komplett die Kontrolle über das Projekt verloren. Angefangen hat es mit EUR 70 mio. Nun reden wir über EUR 470 Mio und angabegemäß fangen die Untersuchungen gerade erst an. Da kann ich verstehen, dass der Finanzsenator die Reisleine zieht und hoffentlich auch Frau Moser feuert. Berlin ist arm und kann sich ein solches Versagen nicht leisten.

  19. 4.

    Das sehe ich genauso. Es ist schon ein Gewinn für die Kultur in diesen Zeiten, wenn die drei Berliner Operhäuser erhalten bleiben können. Das gilt natürlich besonders für die Komische Oper, die in der Tradition des Gründers Walter Felsenstein (gründete 1947 die Komische Oper)und des Regisseurs Harry Kupfer steht.

  20. 3.

    Tatsache ist: es muß gespart werden. Das aktuelle Ausweichquartier ist doch gut. Keiner will das Opernhaus abschaffen, aber man muß es sich auch leisten können. Hauptsache ist doch die Institution wird erhalten.

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