Bundestag - Petition gegen Humboldt-Forum-Fassade in Berlin gestartet

Mo 30.09.24 | 22:29 Uhr
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Bilder des wiederaufgebauten Berliner Stadtschlosses und des Fernsehturms am 04.08.2023 bei Nacht. (Quelle: dpa/Zoonar.com/elxeneize)
Bild: dpa/Zoonar.com/elxeneize

Kulturschaffende fordern in einer Bundestagspetition einen anderen Umgang mit der rekonstruierten Schlossfassade des Berliner Humboldt Forums. Die Petition fordert vom Bundestag, "die einseitige Preußenverherrlichung zu beenden, indem ausgelöschte Spuren der Geschichte des Ortes wieder veranschaulicht" werden, hieß es in einer Mitteilung der Initiatoren, darunter Journalistinnen, Historiker und Architekten.

Die Petition war laut Angaben einer Sprecherin vom Montag bereits im April erstellt worden und wurde jetzt zugelassen. Bis zum 7. November kann sie unterschrieben werden, bislang haben sie 192 Personen unterzeichnet [epetitionen.bundestag.de]. Das nötige Quorum sind 50.000 Unterzeichnerinnen oder Unterzeichner.

"Idealisierte Deckerinnerung an imperialistische Monarchie"

"Die Architektur (...) formuliert ein gesellschaftliches Selbstbild, das sich ungebrochen auf Preußen und das Deutsche Kaiserreich bis 1918 bezieht", heißt es im Text zur Petition. Dies sei in Zeiten eines erstarkenden Rechtspopulismus und -radikalismus fatal. Der Bau habe die Spuren "an die deutsche Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts im Straßenraum ausradiert und durch eine idealisierte Deckerinnerung an eine imperialistische Monarchie abgelöst", schrieb die Initiative "Schlossaneignung" weiter.

Nach Spenden aus umstrittenen Quellen fordert sie zudem eine umfassende Aufklärung. Die Rekonstruktion der Barock-Fassade des Ausstellungs- und Kulturzentrums war mit mehr als 100 Millionen Euro aus privaten Spenden finanziert worden, die der private Förderverein Berliner Schloss eingeworben hatte. Diese Geldbeschaffung hatte dem Humboldt-Forum immer wieder negative Schlagzeilen eingebracht.

Stiftung wehrt sich gegen Kritik

Die Stiftung Humboldt-Forum erklärte zu der Kritik, dass die Vorgängerbauten an mehreren Standorten in dem Gebäude thematisiert würden. "Diverse Kunstwerke, die im Ergebnis der Kunst-am-Bau-Wettbewerbe entstanden, setzen sich ebenfalls differenziert mit der Geschichte des Ortes auseinander", heißt es in einer Stellungnahme. Zu Spenden aus umstrittenen Quellen teilte die Stiftung mit, dass sie vor zwei Jahren ihre Spendenrichtlinie überarbeitet habe. Die Stiftung nehme keine anonymen Spenden mehr an und behalte sich vor, im Einzelfall zu prüfen, ob Spender im Einklang mit den in der Spendenrichtlinie festgelegten Werten stehen.

So funktionieren Petitionen

Die Möglichkeit, Petitionen zu starten soll mehr Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern am politischen Prozess ermöglichen. Bei öffentlichen Petitionen gilt ein Quorum von 50.000 Unterschriften innerhalb von vier Wochen. Wird dies erreicht, erhalten Petitions-Startende Rederecht vor dem Petitionsausschuss in einer Anhörung.

Jeder Mensch, unabhängig von Wohnsitz und Staatsangehörigkeit, kann eine Petition einreichen, auch Kinder und Jugendliche, solange ihr Anliegen verständlich formuliert ist. Die Petition muss auf dem Postweg oder via Online-Formular erfolgen - und die Bundesregierung muss für das Anliegen überhaupt zuständig sein. Der Bundestag ist verpflichtet, sich mit jeder formal korrekten Petition zu befassen, unabhängig von der Anzahl der Unterschriften oder der Art der Petition.

Im Jahr 2023 wurden insgesamt 11.410 Petitionen beim Petitionsausschuss eingereicht - durchschnittlich 46 pro Arbeitstag. Petitionen mit vielen Unterstützern lenken die Aufmerksamkeit auf Themen, können Diskussionen im Bundestag und in seinen Ausschüssen anstoßen. Eine Petition zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für wirtschaftlich geschädigte Personen der Corona-Pandemie erreichte 2023 mit 176.170 Mitzeichnungen die höchste Unterstützung. Obwohl nicht direkt umgesetzt, führte dies zu verstärkten Diskussionen über das Thema. Der Petitionsausschuss hilft außerdem festzustellen, ob beschlossene Gesetze das beabsichtigte Ziel erreichen oder zu neuen Problemen führen.

Sendung: Fritz, 30.09.2024, 22 Uhr

40 Kommentare

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  1. 40.

    Hm, was soll man dazu sagen? Die Kritik v. Hrn Oswalt ist luftig. Zumindest ist es doch der Versuch, Berlin eine historische Mitte zu geben. Denn was sollte man zu den Baurekonstruktionen in Dresden, zur Frauenkirche sagen, der man weitgehend die historsiche "Umrandung" wiedergab? Oder zu Nürnberg? Also bis auf die Tatsache, dass man die moderne Idee einer Stadtgestaltung durch eine wirkl. gezielte Grünanlagengestaltung dem Ensemble bisher vorenthalten hat, ist gegen die doch z.T. sehr moderne u. etwas ungewöhnl. Nutzung hinter histor. Fassade wirkl. nichts einzuwenden. Also, da wäre doch noch viel 'Aufbauarbeit' zu erfüllen, denn ganz so dümmlich, wie unangenehm man sich jetzt durch die schwer verständliche Diskussionsführung in Absatz 3 dieser Darstellung angefasst fühlt, soll das Gros der Bürger sein? Denn einen Aufmarschplatz wie zu DDR-Zeiten braucht es nun wahrlich nicht wieder! Der PdR ist noch mal *ne andere Nummer. Leider Mehrheitsentscheid.

  2. 39.

    Natürlich. Müßte man empört (!) alles. Abreißen. Man errichte plattenbau. Wbs 70. Grau, einheitlich. Und tschüss Kultur und und und....

  3. 37.

    Ich hoffe, dass sich nicht allzu viele Leute vor den Karren dieser Initiative, die solch wirre Intentionen beim Anblick der Schlossfassade hat, spannen lassen.
    Was sollte denn mit der Schlossfassade passieren, wenn diese fragwürdige Petition Erfolg hätte? Das Gebäude rundum verkleiden, analog der Ostfassade? Oder gleich ganz abreißen. Das wäre ein Paradebeispiel für Nachhaltigkeit. Zumal sich das Haus mittlerweile sehr gut angenommen wird und mit seinen Ausstellungen oder anderen Veranstaltungen das kulturelle Angebot in Berlin bereichert. Ideologische Spitzfindigkeiten haben da keinen Platz.

  4. 36.

    Das Stadtschloss sieht toll aus und die vielen Kulturangebote werden gut besucht. Ich finde der Wiederaufbau hat sich gelohnt.

  5. 35.

    Das Stadtschloss sieht toll aus und die vielen Kulturangebote werden gut besucht. Ich finde der Wiederaufbau hat sich gelohnt.

  6. 34.

    "Hat Berlin nicht andere Probleme?"
    Schon. Nur die 192 (!) Unterzeichner anscheinend nicht.

  7. 33.

    Wenn man gerade beim Schloss-irgenwas-mit-erneuern-oder-so ist:
    kann man nicht bittebitte gleich das angefangene Schaukeldingens davor mit abreißen? Nicht nur dass es den Vorplatz vom, äh, schönen Schloss verschandelt, es ist auch per se eine totale Schnapsidee.
    Ich würde auch beim Abbauen helfen kommen...
    Danke!

  8. 31.

    Das stimmt, aber jetzt ist nun mal da und man sollte es so lassen wie es ist. Außerdem, sind wir mal ehrlich, die Fassade fügt sich tatsächlich in das Ensemble außenrum ein. Der Dom, Zeughaus etc. Auch sollte man nicht vergessen dass es wohl historisch korrekt aufgebaut werden sollte also von der Fassade her, hätte man das alles weggelassen wäre es ja nicht mehr korrekt gewesen.

  9. 30.

    Federführend für diese Pedition ist wohl hier der Architekt Prof. Philipp Oswalt, der seit Jahren gegen das Stadtschloß Sturm läuft. Oswalt hat auch keine Hemmungen, eine der größtmöglichen Denunziationskeulen im aktuellen neudeutschen Diskurs auszupacken: Auf den von ihm herbeigeschriebenen vermeintlichen Einfluss „rechtsradikaler Akteure auf das Projekt Stadtschloss“ reagiert die Stiftung Humboldt Forum, indem sie „die Probleme“ (Achtung!) „leugnet, beschweigt und beschönigt“! Als wäre dies nicht schon Vorwurf genug, würzt Oswalt den weiteren Text mit zusätzlichen Reizworten: „ein wirklicher Wunsch nach Aufklärung und Abhilfe ist nicht zu erkennen“, „fehlerhafte Aussagen“, „Verschleppung von Auskünften“, „Gesichtswahrung mittels Vertuschung.
    Aus diesem Grunde spende ich schon lange nichts mehr. Keiner Hilfsorganisation, für irgendwelche Opfer von Naturkatastrophen, uvm.
    Kann man voraus sehen, ob man nicht dafür irgendwann diskreditiert wird?

  10. 29.

    Sie verkennen, dass das sogenannte Stadtschloss ein Wiederaufbau als Nachbau und nicht historisch ist. Ein Bau in diesem Gewand hätte verhindert werden müssen.

  11. 28.

    ...und die alte Wache, das Zeughaus, das Brandenburger Tor - also eigentlich alle Schinkel-Bauwerke und wenn wir schon dabei sind auch den Deutschen und Französischen Dom, das Schauspielhaus kann auch weg, die alte Charité, die Staatsbibliothek, das neue Museum...überhaupt alle Museen auf der Museumsinsel. Naja und dann kann man das ja noch auf die gesamte Stadt ausweiten, wie die Zitadelle in Spandau, die Reste der alten Pionierschule in Karlshorst, den ehemaligen Pionierpalast in der Wuhlheide, Schloss Biesdorf, Pankow und Hohenschönhausen... tut mir leid - so lange sich hier an diesem Schwachsinn überhaupt einer einträgt, kann ich nur sagen: Es ist kein Wunder, dass immer mehr Deutsche ihr Heimatland verlassen...

  12. 27.

    14/ wissen Sie eigentlich was ein „Unrechtsstaat“ ist?? Viele der heutigen Probleme gab es damals nicht bzw. oder sie wurden rechtzeitig erkannt und angegangen. Man sollte nicht alles nachplappern.

  13. 26.

    Sollen jetzt alle Gebäude aus der Kaiserzeit abgerissen werden? Das ist doch Unsinn.

  14. 25.

    Was!? Eine Petition gegen das Schloss?! Unerhört!
    Das hört man die Konservativen, die Preußen-Fans, die Kaisertreuen sagen. Die, die fleißig gespendet haben.
    Wenn man sich darauf einigen könnte, dass ALLE Fassaden neu gestaltet werden, würden auch viele Berliner mal in das Fake-Schloss gehen...

  15. 24.

    Ich drücke es mal ganz krass aus. Das Humboldt Forum gehört abgerissen, an gleicher Stelle wird dann ein Wohnquartier in Modulbauweise erstellt. Dieses Quartier passt sich dann hervorragend in den heutigen Baustil ein. Zu beachten wäre dann nur die strenge Kontrolle der Lieferanten dieser Module. So und nun ist die Ieonie zu Ende.

  16. 23.

    Wenn ich mir die Zitate aus der Petition durchlese, fühle ich mich wie im Staatsbürgerkunde Unterricht in der DDR.

  17. 22.

    "Die Herrschafften sollten lieber eine Petition gegen die Verschandelung der Stadt mit zunehmend eintönigen, schmucklosen Betonquadern mit Schießschartenfenstern starten. Und sich bewisst machen, dass vor allem Städte mit historischen, schmuckvollen Gebäuden und möglichst viel historischem Stadtbild Besucher erfreuen."


    Starten Sie gerne eine Petition gegen schmucklose Betonquader mit Schießschartenfenstern.

  18. 21.

    Welches Fassadenelement genau ist es denn, das die Herrschaftsgeschichte verklärt? Gibt es diese Fassadenelemente evtl. auch an anderen Gebäuden (z.B. Humboldt Uni)? Und gilt diese Kritik auch für die Ostfassade, die ja gesichtslos modern daherkommt?
    Ich kann mit der Kritik nix anfangen. Hässliche Einheitskisten aus Glas, Stahl und Beton haben wir doch zuhauf. Und immer, wenn ein historisches Ensemble wiederhergestellt wird, meckern die Freunde des 70ger-Brutalismus. War in Frankfurt auch so.

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