Konzert | Protest gegen Sparpläne - "Kultur ist Maloche"

Mi 20.11.24 | 11:49 Uhr | Von Antje Bonhage
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Sasha Waltz & Guests bei dem Konzert am 19.11.24.(Quelle:Moritz Haase/Berliner Ensemble)
Video: rbb24 | 20.11.2024 | Nachrichten | Bild: Moritz Haase/Berliner Ensemble

Am Dienstag machte der Senat genaue Zahlen öffentlich: Insgesamt rund 130 Millionen Euro sollen der Berliner Kultur gestrichen werden. Ein Schock - der sich am Dienstagabend in einer Protestveranstaltung Luft gemacht hat. Von Antje Bonhage

Wut über die geplanten Kürzungen und Unverständnis war spürbar – nicht zuletzt auch bei Juli Zeh. Die Schriftstellerin erinnerte an die Bedeutung von Kunst und Kultur als wichtigen Raum für Diskurs, den die Gesellschaft gerade jetzt besonders nötig habe in einer Zeit, in der die Demokratie ins Wanken geraten sei.

Es sei "nicht nur absurd, sondern menschlich und auch politisch dumm, zum Gewinn von haushalterischen Peanuts, die Kürzungsschere ausgerechnet an diesem für den gesellschaftlichen Zusammenhalt relevanten Bereich anzusetzen", sagte Zeh am Dienstagabend beim Protest der Berliner Kulturszene gegen die Sparpläne des Senats im Haus der Berliner Festspiele.

"Berlin ist Kultur" Konzert am 19.11.2024 mit Ensemblemitgliedern der Deutschen Oper.(Quelle:Moritz Haase/Berliner Ensemble)
Musiker der Deutschen Oper beim Konzert "Berlin ist Kultur" | Bild: Moritz Haase/Berliner Ensemble

Ein Rundumschlag der Berliner Kultur

Gefühlt die gesamte Kulturszene war bei der fast dreistündigen Veranstaltung vertreten. Die großen Schauspielhäuser wie das Deutsche Theater, die Schaubühne oder das Berliner Ensemble genauso wie kleinere Einrichtungen wie das Grips Kinder- und Jugendtheater oder das HAU Hebbel am Ufer. Tanzcompanies wie Sasha Waltz & Guests sowie Toula Limnaios zeigten ihr Können auf der Bühne, das Ballhaus Naunynstraße war mit einem Cellosolo vertreten, die Opernhäuser und der Rundfunkchor unterhielten mit sehr unterschiedlichen Gesangseinlagen.

Aus der Carnegie Hall in New York schickten die Berliner Philharmoniker eine Videobotschaft -darin ein deutlicher Appell von Chefdirigent Kirill Petrenko an die Verantwortlichen im Senat, die Berliner Kultur nicht kaputtzusparen. In einer weiteren Videobotschaft erklärte sich Daniel Barenboim bereit, alles zu tun, was ihm jetzt, im Alter und mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen, noch möglich sei, um zu vermeiden, dass die Kultur in Berlin in ihrem Potenzial beschnitten wird.

Teilnehemende der Demonstration "Berlin ist Kultur" am 13.11.24.(Quelle:Nico Damian Lenz)
Demo von "Berlin ist Kultur" mit Teilnehmenden des Berliner Ensembles am 13.11.2024. | Bild: Nico Damian Lenz

Ein lebendiges Fest – statt Schockstarre

In insgesamt 25 kurzen Beiträgen aller Art – darunter Reden, Statements und Appelle, Instrumentalmusik, Gesang und Tanz – gab sich die Szene kämpferisch und machte deutlich, dass die Berliner Kultur derart massive Kürzungen langfristig nicht überleben werde und sie deshalb nicht hinnehmen könne. Der Schock über die drohenden Einsparungen war spürbar, nicht zuletzt auch die Empörung über fehlende Dialogbereitschaft und über die relative Kurzfristigkeit, mit der der Senat mit konkreten Zahlen rausrückte.

Dennoch verstand sich der Abend als ein Fest, eine Feier der Berliner Kultur, die ihre Vielfalt darbot, sich in all ihren unterschiedlichen Facetten präsentierte - und dennoch zeigte, dass sie solidarisch zusammensteht.

Schlussapplaus beim Konzert "Berlin ist Kultur" am 19.11.2024.(Quelle:Moritz Haase/Berliner Ensemble)
Schlussapplaus beim Konzert "Berlin ist Kultur". | Bild: Moritz Haase/Berliner Ensemble

Kultur: Berlins Kapital

Es sei die Kultur, die Menschen aus aller Welt nach Berlin locke. Die Kultur sei Berlins Kapital. Sie könne nicht einfach herbeigezaubert werden, sondern sie sei "Maloche", wie es in einem am Abend vorgetragenen Text von Carolin Emcke heißt.

Auch Annemie Vanackere, die Intendantin des HAU Hebbel am Ufer unterstrich: "Kunstwerke werden nicht geboren, sie werden erarbeitet." Es sei fahrlässig, das in vielen Jahren Erreichte einfach zu stoppen. Kultur sei fragil: "Alles, was Wert hat, ist wehrlos."

Sendung: radio3, 20.11.2024, 7:40 Uhr

Beitrag von Antje Bonhage

20 Kommentare

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  1. 20.

    Der Kultursektor hat übrigens eh schon den kleinsten Etat im Haushalt.

  2. 18.

    Kultur bringt Touristen in die Stadt. Diese übernachten auch hier, gehen Einkaufen und in Restaurants. Fällt das weg, haben auch andere Bereiche weniger Einnahmen. Es hängt soviel und soviele Menschen und Bereiche dran. Geht die Kultur unter, gehen viele mit. Aber weitreichendes Denken erwartet man von unseren hochbezahlten Politikern ja nicht wirklich.

  3. 17.

    Ich gebe zu, dass ich es schwer ertragen konnte, dem Feuerwerk der Künste zuzusehen - im Bewusstsein der Nachricht - wird eingespart, weil das angeblich verzichtbar sei. Wie kann Berlin an diesem Ast derart die Säge ansetzen? Das AB-Ticket, o.k. es war ohnehin eine 'Sondernummer' in der Bundesrepublik. Und da gibt es noch andere Sachen. Aber in einer Bundeshauptstadt, an vorh. Bauwerken mit real existierenden Künstlern /Koyphäen aus dem In- u. Ausland zusparen- ähm.einzusparen, wegzusparen...das ist doch sehr einfältig. Sparte euch lieber die nutzlose Monsterdrucke ein, war diese Aktion wirklich notwendig, kostete aber kein Kleingeld...so ist doch vorgehen. WElchen Eindruck will denn die dt.Bundeshauptstadt in der Welt vermitteln? Dass an Kultur gespart wird? Man sollte lieber derart denken, dass sie ein deutscher(Zugpferd)Wirtschaftsfaktor ist. Also an den per se renommierten Häuserrn, Kinder/Jugend-Kunst hätte ich die Axt nicht angesetzt.

  4. 16.

    Mit welcher Respektlosigkeit hier teilweise über Menschen geredet wird, die in der Kulturlandschaft tätig sind- "kann weg". Unglaublich. Kultur ist Bildung!!!! Goethe,Schiller, Brecht, Beethoven, Mozart usw. - das ist Geschichte. Sanssouci- auch das Geschichte. Und nur, weil sie anscheinend keine Kulturangebote nutzen, werden diese noch lange nicht nur vom "Oberschichtklientel" genutzt. Kultur muss subventioniert werden. Mal überlegt, was Theater alleine an Mietkosten und Personalkosten haben. Das kann nicht über die Eintrittsgelder ausgeglichen werden.Solche Ticketpreise könnte sich niemand leisten. Da Sie hier auch die Maslowsche Bedürfnispyramide erwähnen, Soziale Bedürfnisse stehen in der Mitte dieser Pyramide und nicht am unteren Ende. Ja und Kultur schafft Freude, Ausgleich, soziales Zusammenkommen , ein Erlebnis in der Gemeinschaft. Als erstes könnte für mich die Diätenerhöhung unserer Politiker weg.Schönen Tag noch.

  5. 14.

    Mein Tip! Geh mal mit Deinem Kind ins Puppentheater oder überhaupt mal ins Theater! Was Du schreibst hat nichts damit zu tun, daß ust die Schuld der CDU!

  6. 13.

    Kumpel, ehrlich, Du warst doch noch nie in einem Puppentheater oder großen Theater/Oper/ Tanzbühne, freie Bühne, stimmts? Denn dann wüßtest Du, daß es viele Auf-und Vorführungen in b+BB gibt, die alle ihr Publikum finden, denn diese Menschen brauchen diese Kunst (im Gegensatz zu Dir Banausen)zum Leben, ja Kunst ist ein Lebensmittel. Also mein Auftrag an Dich, geh um die Weihnachtszeit ins Theater oder zu einem Konzert oder in eine Ausstellung!

  7. 12.

    Spart der Senat bei den sogenannten „Kulturschaffenden“, die nur sozialistische Ideologie propagieren, bleibt noch genug für die wahren Künstler übrig. Ich befürchte, das genaue Gegenteil wird eintreten.

  8. 11.

    Gut argumentiert und schön formuliert. Ich strecke die Violinen von mir und gebe mich geschlagen....:-)

  9. 10.

    Klar - wer hat die Studie beauftragt und damit bezahlt? Und wie genau war die Fragestellung? Und wieviele Berliner sind mit der Schulsituation zufrieden? Also Opern schließen, Kitas und Schulen sanieren, Erzieher statt Pantominen einstellen und wissen was wirklich wichtig ist. Klar würde kein Berliner behaupten Berlin hätte kein umfassendes kulturelles Angebot. Die 94 Prozent zeigen doch das man in dem Bereich sehr gut kürzen kann da ja übereichlich vorhanden ist. Und ja Schule ist nur ein Bereich der wichtiger ist. Ich greife diesen heraus weil er in einem besonders katastrophalen Zustand ist.

  10. 9.

    Kennen Sie die Maslowsche Bedürfnispyramide? Bedürfnisse sind eindeutig gewichtet. Ich bin mal gespannt wie hoch sie eine Schwanensee Aufführung noch gewichten wenn Sie eine Woche nichts gegessen haben. Ich habe den Bereich Schule beispielhaft ausgewählt da Bildung für dieses rohstoffarme Land eine imense Bedeutung hat und die Zustände an den Schulen nicht mehr anders als katastrophal zu bezeichnen sind. Und ja auch im Bereich Bildung wird gespart. Und DAS ist falsch. Da würde ich eher Sanssouci abreissen lassen als im Bildungsbereich zu sparen - ganz klar. Und das schreibe ich obwohl ich Sanssouci wundervoll finde und im Gegenzug zu so manchen Dingen die heute als Kunst gelten nicht missen möchte. Aber wie ich schon schrieb - unser BIP ist begrenzt und es sollte sinnvoll ausgegeben werden. Und Kultur kann ja jeder gerne in seiner Freizeit ausleben und eine Laienspielgruppe gründen oder seinen Namen tanzen. Warum auch nicht.

  11. 7.

    Auf'n Bau is Maloche. Kultur ist Hobby!

  12. 6.

    Nun ja. Es wird ja auch an Bildung, Schule und Infrastruktur gespart....ich weiß auch nicht, warum Sie gerade "Schule" herausgepickt haben um sie gegen "Kindertheater" als "Entweder/Oder" antreten zu lassen; das wird so ja gar nicht kommuniziert.
    Ansonsten halte ich Kunst/Kultur für unverzichtbar. Ich würde das nicht, so wie Sie, in eine gewichtende Reihenfolge mit einbeziehen. Kunst/Kultur steht nie unter oder über anderen Dingen, sondern immer gleich omnipräsent daneben. Ich hoffe, Sie verstehen, wie ich das meine.

  13. 5.

    Es muss gespart werden das ist klar. Und wenn ich die Wahl habe zwischen Kindertheater und Schule, dann spare ich lieber beim Kindertheater. Klar ist das schön, gerade in der Weihnachtszeit. Nur Schule ist nicht schön, Schule ist lebensnotwendig. Es kann halt eben nicht dauerhaft mehr ausgegeben werden als eingenommen. Und es soll Kultur ja auch nicht gänzlich abgschafft werden, sondern es soll gespart werden. Und wenn es da so Tanzwebsites für 85.000 Euro gibt und Opernkarten die von der Allgemeinheit subventioniert werden und hauptsächlich von einer Oberschichtklientel genutzt werden, dann kann das weg. Ich brauche Nahrung, ein Dach über dem Kopf, Gesundheitsfürsorge und Bildung. Auch Infrastruktur ist wichtiger und aktuell leider eben auch Rüstung. DANACH kommt alles andere. Und wenn ernsthaft daüber diskutiert wird das der Bundestag eine Poetin bekommt, dann kann ich darüber wirklich nur den Kopf schütteln, dafür möchte ich keine Stuergelder ausgegeben sehen.

  14. 4.

    Petition Berliner Kultur in der Haushaltskrise schützen!

  15. 3.

    Genauso ist es. Allen Kulturschaffenden meinen größten Respekt. Und an alle, die Kultur so überflüssig finden. Aus dem Kulturetat werden auch Chöre, Tanzvereine und ähnliches unterstützt. Auch deren Erhalt ist wichtig.

  16. 2.

    Sehr geehrte Beitragende, als Kinder- und Jugendtheater leisten wir einen maßgeblichen Teil zu Bildung, Teilhabe und zum Aufwachsen von Kindern. Wir stärken den Zusammenhalt, inspirieren und initiieren die Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen, v.a.m. Das eine gegen das andere auszuspielen ist an der Stelle eine falsche Schlußfolgerung.
    Ihre Annahme, dass Berliner und Berlinerinnen das kulturelle Angebot in ihrer Stadt so schlecht einschätzen, ist nicht korrekt. Der ehemalige Kultursenat hat dazu Studien durchführen lassen, deren Ergebnisse auch online nachzulesen sind: "Zufriedenheit der Berlinerinnen und Berliner mit dem Kulturangebot. Insgesamt stellt die Berliner Bevölkerung dem Kultur- und Freizeitangebot der Stadt ein sehr gutes Zeugnis aus. 94 Prozent der Befragten sind mindestens zufrieden mit ihm, 38 Prozent davon sogar sehr."
    Kultur ist Maloche: Wir sind gern Teil dieser Stadt, arbeiten mit und für sie.
    Freundliche Grüße vom Winterfeldtplatz

  17. 1.

    Kultur ist Luxus. Solange es keine vernünftigen Schulen und Schulplätze für Alle gibt - spart bitte bei der Kultur ( wie auch immer man diese im Einzelnen definieren mag - aber ich behaupte 85% der Durschschnittsdeutschen interessiert das eh nicht die Bohne - modernes Theater - benutzte Binden auf Kaffeeflecken= Kunst. Wir haben andere Probleme).

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