Kaputte Fahrstühle in Berlin - Wenn der Lift zur Last wird

So 28.05.23 | 08:16 Uhr | Von Kira Pieper
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Symbolbild: Ein Aufzug in Kreuzberg (Quelle: dpa/Schoening)
Bild: dpa/Schoening

Wer einen Aufzug im Haus hat, sollte es doch eigentlich leichter haben. Der Lift nützt nur nicht viel, wenn er ständig kaputt ist und die Reparatur ewig dauert. Fahrstuhlexperten sprechen von verschleppten Modernisierungen, die sich nun rächen. Von Kira Pieper

Rollstuhlfahrer, die monatelang in ihren Wohnungen festsitzen, weil der Fahrstuhl nicht funktioniert. Küchen, die nicht in den 8. Stock geliefert werden, weil der Lift kaputt ist oder defekte Aufzüge in Seniorenwohnanlagen, so dass es die Bewohner nicht zum Arzt schaffen. Die Liste ließe sich noch weiter führen.

Viele Beschwerden von Mietern

Zahlen darüber, wie viele Aufzüge es insgesamt in Berliner Wohnhäusern gibt und wie viele davon kaputt sind, gibt es nicht. Wibke Werner, Geschäftsführerin vom Berliner Mieterverein, kann auf Nachfrage von rbb|24 nur so viel dazu sagen: Defekte Aufzüge seien immer wieder auch Gegenstand der Beratungen. "Denn wo Aufzüge ausfallen, ist das oft mit Beschwerlichkeiten der Mieter:innen verbunden."

Auch Ebru Gemici-Loukas, stellvertretende Geschäftsführerin vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im Bereich Aufzüge und Fahrtreppen, hat keine genauen Zahlen für Berlin, teilt aber auf Nachfrage von rbb|24 mit: Nach Verbandseinschätzungen gebe es derzeit nicht mehr Reparaturen als im Vorjahreszeitraum.

Nur 45,5 Prozent der Aufzüge sind mängelfrei

Doch immerhin gibt es Zahlen des TÜV, die den Zustand der Fahrstühle in ganz Deutschland beschreiben. Der letzte Anlagensicherheitsreport [tuev-verband.de] hat ergeben: 2021 waren weniger als die Hälfte der geprüften Aufzugsanlagen (45,5 Prozent) mängelfrei. Doch nur wenn sie mängelfrei sind, gelten sie als sicher und bekommen eine Plakette mit dem nächsten Prüftermin. Sind sie es nicht, müssen die Mängel von einer Wartungsfirma behoben werden. Vermieter müssen dafür sorgen, dass der Fahrstuhl regelmäßig geprüft wird.

2021 mussten bundesweit 2.600 Aufzüge (0,7 Prozent) sogar wegen "gefährlicher Mängel" komplett stillgelegt werden. Heißt: Sie hatten zum Beispiel ein ausgefallenes Notrufsystem oder ein verschlissenes Tragseil.

Experten: Fahrstühle sind in die Jahre gekommen

14,4 Prozent der Fahrstühle stufte der TÜV 2021 in die Kategorie "erhebliche Mängel" ein. Und: Es wurden 645 Unfälle mit Personenschäden registriert. Das bedeutete: Personen hatten sich in Aufzugstüren zum Beispiel die Finger eingeklemmt oder waren in den offenen Aufzugsschacht gestürzt. 2020 sahen die Zahlen ähnlich aus: 0,7 Prozent der Lifte wiesen "gefährliche Mängel" auf, 11,8 Prozent hatten "erhebliche Mängel".

Aufzugsexperten gehen davon aus, dass ungefähr die Hälfte der in Deutschland fahrenden Anlagen in die Jahre gekommen ist.

Ersatzteile sind schwer zu kriegen

Die stellvertretende VDMA-Geschäftsführerin Ebru Gemici-Loukas vermittelt einen ähnlichen Eindruck. Die vom VDMA vertretenen Berliner Aufzugunternehmer seien der Ansicht, dass einige Eigentümer Modernisierungen aufgrund von Mietpreisbindungen und Millieuschutz nach hinten verschoben hätten. Ein Umstand, der sich nun rächt. Berlin stelle deswegen eine Besonderheit dar, erklärt Gemici-Loukas: "Hier gibt es besonders viele Aufzugsanlagen, die älter als 30 Jahre alt sind." Die Ersatzteile seien deswegen teilweise speziell und schwerer zu bekommen. Reparaturen dauern deswegen.

Ein akutes Fachkräfteproblem hätten Berliner Aufzugsunternehmen derzeit indes nicht. "Momentan sind die Firmen personell gut aufgestellt", erklärt Gemici-Loukas. Ergänzt aber: Bei der Personalsuche werde der Fachkräftemangel immer spürbarer.

Mietminderung einfordern

Auch wenn defekte Fahrstühle also mutmaßlich künftig nicht schneller repariert werden, die Geschäftsführerin vom Berliner Mieterverein, Wibke Werner, weist dennoch darauf hin, dass Mieter in der Regel bei einem defekten Fahrstuhl zu einer Mietminderung berechtigt seien. Denn: "Der Fahrstuhlausfall ist ein Mangel der Mietsache", so Werner auf Nachfrage von rbb|24. Allerdings sollte man den Vermieter schnell auf den Defekt aufmerksam machen. Und dann ankündigen, dass man von dem Recht der Mietminderung Gebrauch machen wolle und deswegen bis zur Reparatur des Aufzugs die Miete unter Vorbehalt bezahle.

Außerdem sollte der Mieter dokumentieren, wie lange der Lift im Haus defekt sei. "Damit kann dann nach der Reparatur des Fahrstuhls rückwirkend eine angemessene Mietminderung berechnet und vom Vermieter auch rückwirkend eingefordert werden", so Werner. Die Höhe der Mietminderung sei davon abhängig, in welchem Stockwerk die Wohnung liege, wie lange der Fahrstuhl ausfalle und ob noch ein zweiter funktionierender Fahrstuhl im Haus existiere. "Eine angemessene monatliche Mietminderungsquote kann zwischen 7 und 20 Prozent liegen", sagt die Expertin.

Beitrag von Kira Pieper

44 Kommentare

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  1. 43.

    Schön, dass es so etwas gibt. Auch...wer dort wohnt-um zu vervollständigen.

  2. 42.

    ".... wo die Faulen und Rücksichtslosen es als selbstverständlich erachten, dass ihr hinterlassener Müll auf Kosten der Allgemeinheit beseitigt wird....." Genau, und das ist ein allgegenwärtiges Thema: ich arbeite in einem reinen Bürogebäude; in den Aufzügen sind die Spiegel bespuckt, auf der Tastatur klebt Kaugummi und auf der angehängten Decke sammelt sich Müll - die Reinigungstruppe kommt kaum nach, eine Frage der Zeit, wann irgendetwas kaputtgeht.

  3. 41.

    ich wohne jetzt seit 15 Jahren in meiner Wohnung, unser Lift wird regelmäßig 1x im Jahr vom TÜV geprüft und war bisher nur einmal für 3 Tage kaputt. Beschmiert ist er auch nicht, machen wir etwas falsch :-))))
    Es kommt wohl eindeutig darauf an, wo man wohnt!

  4. 40.

    Mal ein Tipp für kluge Mieter: Dachrinnenreinigung - nur so ab und zu mal ist Instandhaltung. Wenn dies aber regelmäßig geschieht - z. B. durch Beschluss der Eigentümer werden daraus umlagefähige Betriebskosten. Obwohl ich Miteigentümer bin habe ich das für die hier wohnenden Mieter aufgedröselt und auch bewiesen, dass der Beschluss durch fehlende Tatsachengrundlage nicht nur anfechtbar sondern falsch ist. Es liegt ja im Herbst nur ganz wenig Laub in den Rinnen; weht fast der Wind wieder fort. Noch nie verstopft oder gar Moos und Modder.

  5. 39.

    Setzen Sie stets rechtzeitig ihre Rechte durch. Höhe der Mietminderung kann man erlesen. Ankündigen und nach Reparatur für die Ausfallzeit geltend machen.

  6. 38.

    Ihr Meister kennt bestimmt die spezifischen Verschleißteile; bei unserem früheren Elektroherd von EWS waren es die Herdplatten. Ich hatte mir da einiges an Vorrat zu gelegt. Dagegen funktioniert unser BOSCH-Ceran-Feld schon 28 Jahre fehlerfrei. Für die große Gastherme ( Durchlauferhitzer mit Abgasführung )erwarb ich den ganzen Brennsatz.

  7. 37.

    Im Elfgeschosser hatten wird den Spass 2021, ein Chip war angeblich nicht lieferbar. Um wenn man dann nach 6 Wochen Stillstand Mietminderung verlangt wird die landeseigene Howoge noch patzig.

  8. 36.

    Als Eigentümer würde ich in diesem Haus nichts mehr investieren!

  9. 35.

    Das obige Foto ist, glaube ich, von den total versifften und wirklich ekligen Fahrstühlen am S-Bahnhof Schöneweide. Die sind so vollgeschmiert, dass man die Tasten nicht mehr sehen kann. Eine absolute Zumutung!

  10. 34.

    Nur haben die wenigsten Feuerwehreinsätze tatsächlich mit Bränden zu tun...

  11. 33.

    Wie bei vielen technischen Geräten, gibt es für Fahrstühle eine Nutzungsdauer. Bei meiner neuen Gasheizung sagte mir der Meister, soll mit ca. 15-20 Jahre rechnen, sofern eine regelmäßige Wartung erfolgt. Ersatzteile gibt es dann nicht mehr. Bei Fahrstühlen mit zig-facher Nutzung pro Tag, sollte die Nutzungsdauer nach 30 Jahren schon mehrfach überschritten sein und Ersatzteile Glückssache. Hier sind die Vermieter gefragt. " Eigentum verpflichtet".

  12. 32.

    Bei Aufzügen, Heizung etc. sind die Warfungskosten umlegbar, wogegen die Reparaturkosten nicht, auch nicht die Neuanschaffungskosten.

  13. 31.

    Natürlich gehen Dinge schneller kaputt, wenn man sie nicht pfleglich behandelt. Die Hausverwaltung hat keinen Bock oder es fehlen schlicht die Mittel, da alle naselang teure Instandhaltungen vorzunehmen. Der größere Anteil ist allerdings die allgemeine Verwahrlosung. Ob nun in denn Aufzügen von Wohnblocks oder im "Volkspark" Friedrichshain, wo am Montag Morgen zu Wochenanfang der Müll abtransportiert wird, wo die Faulen und Rücksichtslosen es als selbstverständlich erachten, dass ihr hinterlassener Müll auf Kosten der Allgemeinheit beseitigt wird.

  14. 30.

    Im Verwaltungsdeutsch heißt so etwas "zumutbar". Es soll Menschen "zumutbar" sein, insolcher Verwahrlosung und Zumutung zu (über)leben. Wen wundert da der Frust? Und alle schauen zu …

  15. 29.

    Nun, Chancengleichheit, gute umfassende Bildung für alle, gleichwertige Lebensverhältnisse, keine "Glasdecken", Pflege gesellschaftlichen Zusammenhalts, ähnliches Einkommen für alle …

    Und was sind Ihre Ideen?

  16. 28.

    Ich kenne noch Zeiten, in denen sich die Nachbar abwechselnd um die Hausflurreinigung gekümmert haben.
    Sicherlich nicht mehr zeitgemäß?! Oder warum eigentlich nicht?
    Die Leute haben m.E. mehr auf Ordnung und Sauberkeit geachtet, mussten ja dann selbst den Dreck wegmachen.

  17. 27.

    In Berlin gibt es Gegenden, da kann man nur noch flüchten. Ob als Elternteil oder als Mieter. "Früher" gab es auch Aufzüge, nur die sahen nie so aus. Was hat sich verändert?

  18. 26.

    Habe einen Schreck bekommen, wie versifft und vergammelt so ein Aufzug aussieht. BrokenWindows heißt wohl der Effekt, Ausdruck von gesellschaftlicher Verwahrlosung. Ich bedauere die, die daran nichts ändern können aber irgendwie mit diesem Umfeld leben müssen.

  19. 25.

    Sie kennen das von überall. Eine Sache liegt rum. Das kann auf einem Rasenstück sein, in der Ecke des Fahrstuhls, im kleinen Bach oder im Wasserbecken auf dem Spielplatz. Dann kommt eine zweite, dritte Sache hinzu u. s. w., u. s. f. Menschen nehmen sich eher ein Beispiel an negativen Dingen, weil da offensichtlich der Frust rausgelassen werden kann, als an positiven Dingen, denn dass vorher und nachher ein blitzblanker Fahrstuhl existiert, darin ist kein Unterschied zu merken und DAHER fehlt es auch an der Wertschätzung für die Arbeit, die dafür nötig ist.

    Diese Arbeit bleibt im Vorborgenen. Wenn die Putzleute an jedem zweiten Tag streiken würden und Schlieren auf dem Fußboden von ihrem Fehlen künden würden, wäre die Wertschätzung für ihre Arbeit höher als so, wo in blitzblanken Geschäftsetagen die Spuren ihrer Arbeit nicht erkennbar sind.

    Bei derlei Fahrstühlen aber haben alle aufgegeben. ;-

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