Fünftägiger Warnstreik - Erzieher setzen Kita-Streik mit Kundgebungen in Berlin fort

Mi 10.07.24 | 09:07 Uhr
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Archivbild: Eine Erzieherin hält beim Kita-Streik vor dem Roten Rathaus am 27.06.2024 in Berlin ein Schild mit der Aufschrift "Belastung - Hilfe - Entlastung". (Quelle: Imago Images/Bernd Friedel)
Audio: rbb24 Inforadio | 09.07.2024 | Tatiana Brasching | Bild: Imago Images/Bernd Friedel

Erzieherinnen und Erzieher der Berliner Kita-Eigenbetriebe setzen am Mittwoch ihren fünftägigen Warnstreik mit mehreren Kundgebungen fort. Zuerst sollen sie vor der Geschäftsstelle der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TDL) demonstrieren, anschließend ist eine weitere Kundgebung vor der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie geplant.

Die Gewerkschaft Verdi will damit den Druck auf das Land für eine höhere pädagogische Qualität und Entlastungen erhöhen. Die Beteiligung bei dem von Montag bis Freitag dauernden Warnstreik sei stabil, sagte ein Sprecher von Verdi. Es beteiligten sich etwa jeweils 3.000 Menschen.

Keine Annäherung in Sicht

Verdi fordert vom Land einen entsprechenden Tarifvertrag, in dem unter anderem Regelungen zu Gruppengrößen und zum Ausgleich von Belastungen verankert werden sollen. Der Senat lehnt das mit Verweis auf die Mitgliedschaft Berlins in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ab. Berlin könne deshalb in solchen tarifrechtlichen Fragen nicht allein entscheiden, so Finanzsenator Stefan Evers (CDU). Verdi wirft dem Senat vor, eine konstruktive Lösung im Sinne der Beschäftigten, Eltern und Kinder zu blockieren.

Vier der fünf städtischen Eigenbetriebe starteten am vergangenen Freitag eine gemeinsame Online-Petition mit dem Titel "Stoppt die Berliner Kita-Streiks!". In dem Begründungstext heißt es, die Tarifforderungen von Verdi seien weder praxistauglich noch umsetzbar. Sie richteten sich an die falschen Adressaten, da die bestreikten Kitas nicht die Tarifpartner seien.

Knapp zehn Prozent der rund 2.900 Kitas in Berlin gehören nach Angaben des Senats zu sogenannten kommunalen Eigenbetrieben. Dort betreuen rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Beschäftigte etwa 35.000 Kinder. Die übrigen Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben und aktuell nicht bestreikt. Insgesamt besuchen etwa 165.000 Kinder Berliner Kitas.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.07.2024, 8 Uhr

35 Kommentare

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  1. 35.

    Die Gefahr ist das die Rückendeckung der Eltern verloren geht? Sorry die Gefahr ist, dass in den Kitas tatsächlich mal etwas passiert und das betrifft unsere Kinder jeden Tag. Du willst also lieber eine Deprofessionalisierung der Kitas indem FSJler und Co. (letztlich ungelernte Menschen und es gibt einen Grund warum die Ausbildung so lang ist, dass ist nicht irgendein Beruf, sondern gesellschaftsprägend mit dem wichtigsten, was ich habe - mein Kind)stärker eingesetzt werden? Was denkst du, wieviele FSJler geben sich den Kita-Alltag, wenn sie unter den aktuellen Rahmenbedingungen eingesetzt werden?

    Ich bin sehr für diverse Lösungsansätze und Verbesserungen zu haben, aber der primäre Hebel sind die verbesserten Rahmenbedingungen aka Personalschlüssel, Entlastungszeiten sowie bessere Bedingungen für Auszubildende. Gesundheitsmanagement bei zu wenig Leuten für zuviel Arbeit ist immer ein bisschen Nebelkerze, weil es ein Symptom leicht lindert, aber nicht die Ursache behebt.

  2. 34.

    Die Gefahr ist das die Rückendeckung der Eltern verloren geht? Sorry die Gefahr ist, dass in den Kitas tatsächlich mal etwas passiert und das betrifft unsere Kinder jeden Tag. Du willst also lieber eine Deprofessionalisierung der Kitas indem FSJler und Co. (letztlich ungelernte Menschen und es gibt einen Grund warum die Ausbildung so lang ist, dass ist nicht irgendein Beruf, sondern gesellschaftsprägend mit dem wichtigsten, was ich habe - mein Kind)stärker eingesetzt werden? Was denkst du, wieviele FSJler geben sich den Kita-Alltag, wenn sie unter den aktuellen Rahmenbedingungen eingesetzt werden?

    Ich bin sehr für diverse Lösungsansätze und Verbesserungen zu haben, aber der primäre Hebel sind die verbesserten Rahmenbedingungen aka Personalschlüssel, Entlastungszeiten sowie bessere Bedingungen für Auszubildende. Gesundheitsmanagement bei zu wenig Leuten für zuviel Arbeit ist immer ein bisschen Nebelkerze, weil es ein Symptom leicht lindert, aber nicht die Ursache behebt.

  3. 33.

    Es gibt auch viele Eltern, die das nicht so schwarz weiß sehen. Auch wenn man nicht in dem Maße an den Tarifvertrag glaubt, heißt das nicht, dass man automatisch gegen die Erzieher*innen agiert. Überhaupt nicht.
    Das Thema ist mega komplex. Für den Fachkräftemangel (auch in anderen Branchen)gibt es nicht DEN oder DIE Schuldige und auch nicht DIE Lösung.
    Unabhängig vom Personalschlüssel sollten konkrete Lösungen bei Langzeitkranken und Krankheit generell erarbeitet werden, da wären u.a. die Leitungen der Eigenbetriebe gefragt,da kommt zu wenig Support. Und vielleicht sollte man auch etwas kreativer werden, indem auch Bufdis, Studenten oder auch mal Eltern zur Ausflugsbegleitung mit ins Boot geholt werden, das ist bei den Eigenbetrieben doch no go, da empfinde ich die Strukturen im öffentlichen Dienst als ziemlich starr.
    Die Gefahr bei immer mehr Streik ist einfach, dass die Rückendeckung der Eltern verloren geht, die haben auch ihre Leben mit vielen Herausforderungen.

  4. 32.

    Dein Kind bezahlt doch schon den Preis dafür, dass es in den Kitas das ganze Jahr über so läuft, wie es läuft. Wer bezahlt ihm den Ausfall der Förderung und Chancengleichheit für sein Leben? Die schlechteren Startbedingungen?

    Die Opportunitätskosten sollten gerade wir Eltern sehr ehrlich kalkulieren. Dein Kind hat schon einen realen Verlust, weil die Kita eben nicht mehr das ist, was sie für ein kleines Kind sein sollte. Du zahlst schon drauf. Die Gesellschaft sowieso.

  5. 31.

    Und wer ist für diese Situation verantwortlich? Die Erzieherinnen oder vielleicht die verantwortlichen Politiker? Wer verdient also den verständlichen Unmut der Eltern zu hören?

    Ich finde es beachtlich, dass Eltern sich bevorzugt gegen die Erzieherinnen der eigenen Kinder (!) richten und ihnen absprechen von ihren Rechten als Arbeitnehmer Gebrauch zu machen, statt hart mit der Politik ins Gericht zu gehen, die die Zustände in den Kitas seit Jahren geschehen lassen und jetzt auch noch statt Lösungsvorschlägen, ausschließlich Kritik zu naheliegenden Lösungen (Tarifvertrag) anbieten. Wenn vor mir eine gestandene Erzieherin steht und sagt, dass sie nicht mehr kann und verzweifelt ist, und ich als Mama sehe, wie wenig Förderung mein Kind in der Kita real erfährt, dann hat die Politik hier versagt. Ich verlange Lösungen von der Politik! Streikkritik ist KEINE Lösung, sondern ein Ablenkmanöver.

  6. 30.

    Ich frage mich, was das schlimmere Übel ist - der endliche Streik oder die unendliche Abwärtsspirale bzw. Situation in den Kitas? Es wird bereits seit Jahren schlimmer und wenn es so bleibt, werden weitere Pädagoginnen den Beruf verlassen oder das Bundesland, in Teilzeit gehen, neue kaum hinzukommen bzw. die Ausbildung abbrechen. So bereits in der Pflege passiert, in Krankenhäusern, in den Schulen. Man muss nicht in die Glaskugel schauen, was das dann für Otto-Normal-Verdiener-Eltern heißt. Geringere Kernöffnungszeiten, weniger Plätze, ggf. wieder Gebühren usw. Der weitere Abbau der gesellschaftlichen Infrastrukturen ist schon in den Startlöchern. Offensichtlich stört einige Eltern die Situation in den Kitas kaum und auch nicht der Ausblick. Auch die Solidarität mit den kaputten Erzieherinnen ist nur so viel Wert, wie man bitte selbst nicht leiden muss. Mir ist schleierhaft, warum dieser traurige Ausblick nicht viel mehr Eltern auf die Straße treibt. Der Verlust ist enorm.

  7. 29.

    In der Gruppe meines Kindes gibt es eine langzeiterkrankte Pädagogin - Gruppe mit 20 Kindern, davon zwei I-Kinder mit Status B. Also insgesamt drei Erzieherinnen, eine dauerhaft abwesend. Bleiben zwei, davon eine Vollzeit und eine Teilzeit. Zwischendurch kamen punktuell immer mal Springer aus anderen Gruppen. Die Vollzeitkraft ist eigentlich Integrationserzieherin und mittlerweile verzweifelt, weil sie nichts tun kann. Weder für die Integrationskids, noch für die anderen... Es reicht nicht, sie reibt sich auf, ebenso die andere Pädagogin, die frisch gebackene Mama ist. Muss ich erwähnen, dass sie häufiger ausfällt. Die Poolkräfte wurden zuletzt von unserem Träger kaum noch bewilligt...

    Berlin 2024 - es ist Kitakrise und viele wollen es nicht wahr haben und schon gar nicht erkennen, dass ihr Engagement gefragt ist. Rechte und Geld für Bildung fallen nicht vom Himmel! Was die aktuelle Krise ja auch bestätigt...

  8. 28.

    Volkswirtschaftlich ist das aber die denkbar schlechteste Antwort (also allgemein nicht auf euch bezogen) und Voraussetzung. Wir haben bereits Fachkräftemangel und unsere Gesellschaft überaltert, das ist letztlich ein enormes Problem. Das sollte man erwähnen, wenn man über das Gut Bildung und letztlich auch Machbarkeit von Kindern bzw. Familien nachdenkt.

    Selbst wenn einem die Kinder schnurzpiepegal sind, der Schaden der gesamtgesellschaftlich entsteht, wenn nur wenige Menschen sich entscheiden Kinder zu bekommen, ist enorm. Woher sollen die ganzen Menschen kommen, die in sämtlichen systemrelevanten Institutionen der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge arbeiten?

  9. 27.

    Hej,
    Aber Schwangere und Langzeitkranke dürfen doch vertreten werden, sie drücken zwar auf den Personalschlüssel , aber es gibt doch Gelder für Ersatz(oder nicht?)auch wenn der nicht so leicht zu finden ist. Könnte man nicht verstärkt gucken, einen Vertreterpool für die Eigenbetriebe aufzubauen, um gute und möglichst konstante Vertretung in den Kitas zu ermöglichen, in denen es brennt!? Es ist ja nicht in allen Kitas so prekär.
    Viele Grüße

  10. 26.

    Es geht auch um die Sicherheit der Kinder, welche unter den gegebenen Umständen nicht tragbar ist.
    Wann wacht man auf, wenn das erste Kind verschwunden, schwer verletzt und mit bleibenden Schäden oder im schlimmsten Falle sich tödlich verletzt hat.
    Dieser Streik ist kein verdammter Spaß. Es geht auf keinen Fall so weiter

  11. 25.

    Na Hauptsache deine Kind wird von auf dem Zahnfleisch kriechenden Erziehern betreut...Es ist unglaublich! Wie kann man das wollen?!

  12. 24.

    Es reicht langsam. Das ist nicht mehr tragbar. Wer zahlt mir den ständigen Ausfall auf Arbeit? Niemand.

  13. 22.

    Also unsere Kinder sind in eine private Kita gegangen und gehen jetzt auch beide auf eine Privatschule. Man muss sich halt für die Kinder entscheiden und nicht immer nur sparen wollen.

  14. 21.

    Wir alle bezahlen über die Steuern dafür. Ich wäre hier aber auch für mehr Wahlmöglichkeiten und direkte finanzielle Teilhabe an den Kita-Kosten.

  15. 20.

    Also in der DDR lief es auch mit der Kindererziehung in den Kitas. Es sind halt nicht alle Einsteins - auch wenn die Eltern das oft denken.

  16. 19.

    Hallo in die Runde.
    Es wird schlimmer.
    Es wird härter.
    Und alle Leute die es ändern könnten haben kein Interesse es zu ändern.
    Alle Fakten besagen das es in Kita und Schule enger, schwieriger und komplizierter wird.
    Das schon seit Jahren wenn nicht Jahrzehnten.
    Insofern ist es absolut legitim zu STREIKEN!!!
    Wahrscheinlich ist es eine Pflicht wenn man den Ethos eines Erziehers wirklich lebt.
    Es sind genervte Eltern welche ihren Kindern Handys in die Hand drücken welche gegen den Streik sind.
    Bleibt Stark!!!

  17. 18.

    Ich bin so froh, dass wir uns gegen Kinder entschieden haben, wenn ich dass so sehe mit den Kita-Plätzen und in der Schule geht das Drama ja weiter. Oder man leistet sich private Anbieter. Aber da muss man für das Kindswohl investieren.

  18. 17.

    Wenn jetzt nichts passiert wird es immer schlimmer werden! Warum verstehen das manche nicht? Natürlich ist ein geschlossene Kita für erwerbstätige Eltern Mist, das steht außer Frage. Aber es kann doch so nicht weitergehen. Die Leute werden verheizt und dann gibt's noch weniger Personal. Der Beruf des Erziehers ist so unattraktiv wie kaum ein anderer. Die Eltern müssen versuchen sich in dieser Zeit gegenseitig zu unterstützen, basta. Hätte ich noch Kinder im KiTa Alter würde ich mich mit den anderen an einen Tisch setzen und quatschen. Notfalls auch ne Krankschreibung vom Arzt, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Die Erzieher kämpfen für das Wohl der Kinder! Ich persönlich habe dafür absolutes Verständnis und würde alles erdenkliche tun um dieses Ziel zu unterstützen. Jeder, der das negiert, hat den Bezug zur Realität verloren.

  19. 16.

    Hallo Veronika,

    Der Rest ist entweder krank, schwanger oder macht eben Notbetreuung. Das Problem mit den kranken und Schwangeren ist, das sie auf den Personalschlüssel drücken und dafür kein Ersatz kommt. In unserer Einrichtung gibt es 2 Schwangere und vier Langzeit kranke. Diese werden auf dem Personalschlüssel angerechnet. Das heißt ich und andere Kolleg*innen müssen die Mehrarbeit übernehmen. Was auf dauer dazu führt das man überlastet ist und auch ausfällt. Wenn man zu dritt täglich 25-30 Kinder unter drei Jahren betreut und keine personelle Verbesserung in Sicht ist, dann ist es ok das man dafür streikt. Ich lade dich gern in unsere Einrichtung ein um dir selbst ein Bild zu machen.

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