"Sensationsfund" in Berlin - Jahrhundertealtes Samurai-Schwert bei Ausgrabungen auf Molkenmarkt gefunden

Do 22.08.24 | 13:24 Uhr
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Detail des Stichblatts des Wakizashi-Schwertes nach der restauratorischen Aufarbeitung. (Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte / Anica Kelp)
Audio: rbb 88.8 | Steve Neuwirth | 22.08.2024 | Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte / Anica Kelp

Von so einem Fund träumen Archäologen: Bei Ausgrabungen nahe des Berliner Molkenmarktes fand sich unter Militaria ein Schwert, das offenbar aus dem Fernen Osten stammt. Interessierte können es sich am Wochenende ansehen.

Bei Ausgrabungen auf dem Berliner Molkenmarkt haben Archäologen ein japanisches Kurzschwert aus dem 17. Jahrhundert gefunden. Das sogenannte Wakizashi befand sich in einem mit Kriegsschutt verfüllten ehemaligen Keller eines Wohngebäudes in der Stralauer Straße, wie das Landesdenkmalamt am Donnerstag mitteilte.

Hier fanden sich bei der Freilegung diverse Militaria der Artillerie wie Trensen, Steigbügel, Kandaren und Zaumzeug, die offenbar in den letzten Zügen des Zweiten Weltkrieges dort eilig entsorgt worden waren, und eben das stark korrodierte Schwert.

Detail des Stichblatts des Wakizashi-Schwertes nach der restauratorischen Aufarbeitung. (Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte / Anica Kelp)
| Bild: Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte / Anica Kelp

Wahrer Charakter des Fundes zuerst nicht erkannt

Das Kurzschwert wurde anfangs für eine militärische Paradewaffe gehalten, was den restlichen Kellerfunden entsprochen hätte. Da alle Berliner Bodenfunde treuhänderisch vom Museum für Vor- und Frühgeschichte konserviert und verwahrt werden, wurde auch dieses Schwert in die Restaurierungswerkstatt des Museums eingeliefert. Erst hier wurde bei Restaurationarbeiten der wahre Charakter des Fundstücks erkannt.

Anhand der Motive und des Stils sei der Griff in die sogenannte Edo-Zeit zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert datiert worden. Die Klinge sei wesentlich älter und stamme möglicherweise sogar aus dem 16. Jahrhundert.

Detail des Stichblatts des Wakizashi-Schwertes nach der restauratorischen Aufarbeitung. (Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte / Anica Kelp)
| Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte / Anica Kelp

Herkunft lässt sich mit Fundort nicht in Verbindung bringen

Das Landesdenkmalamt sprach in einer Mitteilung von einem "Sensationsfund". Dieser zeige "einmal mehr, welche überraschenden Objekte in Berlins Boden auf ihre Entdeckung warten. Wer hätte sich vorstellen können, dass zu einer Zeit, als Japan abgeschottet war und kaum ein europäischer Reisender in das Land gekommen ist, eine solche, lange genutzte und reich verzierte Waffe hier nach Berlin gelangt ist?", erklärte der Berliner Landesarchäologe Matthias Wemhoff.

Wie das Kurzschwert, dessen Besitz einst als standesbezogene Waffe nur Würdenträgern wie Samurai vorbehalten war, an die Fundstelle gelangte, ist unklar. Eventuell war es ein Gastgeschenk japanischer Gesandter Ende des 19. Jahrhunderts, die Europa und die übrige westliche Welt besuchten, um Beziehungen aufzubauen und Impressionen zu sammeln.

Röntgenbild des Wakizashi-Schwertes nach der restauratorischen Aufarbeitung. (Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte / Anica Kelp )
Röntgenbild des "Wakizashi" nach seiner restauratorischen Aufarbeitung | Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte / Anica Kelp

Die räumliche Nähe des Molkenmarktes zum Berliner Schloss würden dafür sprechen, so das Landesdenkmalamt. Im Schloss empfing Wilhelm I. noch als König die japanische Gesandtschaft der Takenochi-Mission und 1873 als Kaiser die Gesandtschaft der Iwakura-Mission. Allerdings lässt sich die Herkunft des Schwerts nicht mit den Biografien der damaligen Hauseigentümer der Stralauer Straße am Molkenmarkt in Verbindung bringen.

Im Samurai-Museum zu sehen

Das Schwert soll zur Langen Nacht der Museen am Samstag erstmals im Samurai-Museum Berlin öffentlich ausgestellt werden.

Der Molkenmarkt in der historischen Mitte Berlins wird zurzeit neu gestaltet. Seit Grabungsbeginn vor fünf Jahren haben Archäologen am Molkenmarkt hinter dem Roten Rathaus mitten in Berlin rund 600.000 Fundstücke geborgen. Bis Ende 2025 sollen sie ihre Arbeit dort noch fortsetzen und nach Spuren der Berliner Geschichte suchen.

Sendung: rbb 88.8, 22.08.2024, 14:30 Uhr

15 Kommentare

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  1. 14.

    Kamelienöl? das kenne ich nur für den Gebrauch für die Haare!?

  2. 13.

    "...das Kurzschwert, dessen Besitz einst als standesbezogene Waffe nur Würdenträgern wie Samurai vorbehalten war..."
    Das stimmt so nicht. Gerade das Wakizashi durfte auch von einfachen Leuten mitgeführt werden. Nur das lange Katana war den Samurai vorbehalten.

  3. 12.

    Tja, das Öl. (Küchen-)Banausen nehmen Ballistol, gar WD-40, stecken es vll. noch in die Spülmaschine. Ich würde eher Kamelienöl empfehlen und eine Reinigung mit einem Naturschwamm.

  4. 11.

    Sie sitzen aber auf 'nem hohen Roß!? Warum so belehrend ungeduldig?

  5. 10.

    Interessanter Fund.vielleicht finden sich auf der Angel der Klinge noch Gravuren des Schmiedes zur Zuordnung des Schwertes.Tsuka (Griff) und Tsuba können ausgetauscht worden sein.Anhand des Röntgenbildes (Wellenlinie der Schneide) kann man noch ein wenig vom Hamon erkennen.Wurden auch Reste der Saya gefunden?Und wo ist das dem Daisho dazugehörige Katana?Für sich allein kann ein Wakizashi auch als Aufforderung zum Seppuko verstanden werden.Ich habe selber Japanische Messer aus Kohlenstoffstahl.Sehr scharf und machen Spaß beim Schneiden.Aber nach Gebrauch sofort reinigen und mit säurefreien!!! Öl einreiben sonst Rost.

  6. 9.

    Ok, Nihon steht für Japan und to für Schwert und sollte die These des Gesandten zutreffen ist "Give-Away-Schrott" eher unwahrscheinlich. An den Beschlägen kann der Zahn der Zeit genagt haben. Interessant wär ob das alte Schätzchen ggf. aus traditionell gefalteten Tamahagane-Stahl ist. Ohne Pflege verrottet selbst dieser über die vielen Jahre. Wer weiß, vll. findet sich das passende Katana noch dazu. Ein Wakizashi einzeln zu überreichen kann auch mißverstanden werden.

  7. 8.

    Das ist alles ein totaler Unsinn. Japan war um 1900 ein Touristenmagnet. Jeder der was auf sich hielt musste nach Japan und brachte alles mit was in den Trödelläden zu kaufen war. Auch dieses Schwert ist von minderer Qualität wenn man sich die Beschläge anschaut. Billiger Ramsch. Vermutlich war die Klinge damals in Japan schon nix mehr wert.
    Nihonto Sammler haben die Schränke voll damit.
    Als Landesarchäologe würde ich mal ein paar Bücher wälzen. Jede Minute die sich ein "Experte" damit befasst ist vergeudete Zeit.

  8. 7.

    Ach, das ist ja schade, ich dachte mit Elektronenmikroskop wäre evtl. noch was anderes oder mehr zu entdecken....

  9. 6.

    Es wäre ein Wunder, fände sich noch verwertbare DNA. Ein Schwert ist zu Nutzungszeiten gut gepflegt w.h. gereinigt worden. Seit Kriegsende ist es stark korrodiert. Blut wäre als „Auflagerung“ denselben Bedingungen ausgesetzt und längst verwittert. Anders als in Knochen und Zähnen, wo sich noch nach Jahrhunderten verwertbare DNA finden lässt, ist DNA bei Auflagerungen leider schon nach relativ kurzer Zeit nicht mehr verwendbar, selbst, wir hier, in evtl. den Rillen von metallischen Verzierungen.

  10. 5.

    Ich frage mich, ob es (nur) die reellen "Schätze" des Wohnungseigentümers war...
    ... oder widerrechtlich enteignete Güter verfolger/ jüdischer Personen waren, welche dort gehortet wurden.

    Eigentlich eine nicht unwichtige Frage, dem nachgegangen werden sollte.

  11. 4.

    2. Versuch!?
    Phantastisch! Wer weiß, was noch so alles da unten schlummert! danke an die Archäologen!

  12. 3.

    Unerhört, was die Leute alles wissen wollen,, was, Max aus Cotbus?
    Aber ja - man kann solche Spuren feststellen, wenn man einen gewissen Aufwand betreibt...

  13. 1.

    Kann man an so alten Gegenständen noch DNA Spuren erkennen?Besser gesagt, Blutspuren, um festzustellen ob damit gekämpft wurde?

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