Corona-Regeln laufen aus - War's das?

Fr 07.04.23 | 13:56 Uhr | Von Oliver Noffke
  30
Frau im roten Mantel häkt FFP2-Maske in der Hand (Bild: imago images/Michael Gstettenbauer)
Bild: imago images/Michael Gstettenbauer

Vor drei Jahren fiel das Osterfest flach. Kontaktbeschränkungen, Ladenschließungen - der erste Lockdown legte das Land lahm. Nun laufen die letzten Corona-Maßnahmen aus. Können wir die Pandemie abhaken? Von Oliver Noffke

Es ist offiziell vorbei. "Wir haben in Deutschland die Pandemie erfolgreich bewältigt und auch mit einer guten Bilanz." Das sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch. Seit Karfreitag besteht auch in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen keine grundsätzliche Maskenpflicht mehr. Drei Jahre nach dem ersten Corona-Shutdown sind damit sämtliche Einschränkungen, die mit der Pandemie begründet wurden, wieder aufgehoben.

Was mit einem globalen Schock begann, mit Ausgangssperren, mit Kontaktbeschränkungen, dem Schließen von Grenzen und mit dem Absagen von Familienfesten an einem Osterfest, endet nun maximal unaufgeregt: Eine Hygieneregel läuft aus.

Pandemien können auf mehrere Arten enden. Politischer Wille gehört nicht dazu. Idealerweise wird der Erreger ausgerottet. Was nicht mehr existiert, kann auch keinen Schaden anrichten. Allerdings ist es der Menschheit bisher nur einmal gelungen, einen Erreger zu beseitigen: bei den Pocken.

Die Ausrottung der Pocken: ein Glücksfall

Das lag an einer Verkettung günstiger Umstände. Humane Pocken können nur von Mensch zu Mensch übertragen werden. Mehrfachansteckungen sind ausgeschlossen; wer die Pocken überstanden hat, ist ein Leben lang immunisiert. Zudem konnte gegen die Pocken ein sehr potenter Impfstoff entwickelt werden, der auch besonders leicht zu handhaben ist, weil er nicht gekühlt werden muss.

Zu guter Letzt war der öffentliche Druck da, denn vor den Pocken fürchtete sich die Welt. Noch im 20. Jahrhundert sollen bis zu einer halbe Milliarde Menschen an den Pocken gestorben sein. Wer die Krankheit überlebte, musste mit dauerhaften, massiven Schäden rechnen. Etwa mit dem Verlust des Augenlichts. Mit einer ausgeklügelten, weltweit koordinierten Impfkampagne konnten die Pocken eingekreist und schließlich komplett beseitigt werden. Seit 1980 gelten sie als ausgerottet. Lediglich in einer US-amerikanischen und eine russischen Forschungseinrichtung befinden sich heute noch Proben der Humanen Pocken.

Es wird keine lückenlose Immunisierung gegen Corona geben

Eine Ausrottung von Sars-CoV-2 wird nicht gelingen. Das Virus konnte bei Dutzenden Tierarten nachgewiesen werden; Übertragungen von Mensch auf Tier und Tier auf Mensch sind gut dokumentiert. Das Virus wird sich also sehr wahrscheinlich Reservoirs schaffen, auf die der Mensch nur eingeschränkten Zugriff haben wird; innerhalb von Tierpopulationen in abgelegenen Gebieten zum Beispiel.

Auch wird die Bevölkerung niemals vollkommen immunisiert sein. Mehrfachansteckungen mit Covid haben viele bereits erlebt; kein bisher verfügbarer Impfstoff kann das Virus dauerhaft in die Schranken weisen, der Impfschutz lässt mit der Zeit nach. Doch Sars-CoV-2 hat sich mit der Zeit abgeschwächt.

Andere Pandemien sind ähnlich zu Ende gegangen. Etwa die Spanische Grippe vor gut einhundert Jahren. Nach drei Ansteckungswellen ebbte ihr Schrecken schnell ab. Das erste Sars-Virus konnte vor 20 Jahren durch schlichte, aber effektive Maßnahmen wie Quarantäne, Abstand halten und intensivierte Hygieneregeln in Schach gehalten werden. Es ist zwar weitaus gefährlicher als Sars-CoV-2, aber deutlich schlechter übertragbar. Auch die Schweinegrippe verschwand nach wenigen Monaten wieder.

Infektionen behandeln, Übertragungen verhindern

Anderen Seuchen ist weitaus schwerer beizukommen. Nach wie vor werden jedes Jahr Hunderttausende Menschen mit HIV infiziert. So lange kein Heilmittel existiert, wird die Ausbreitung des Virus lediglich weiter verlangsamt, aber nicht gestoppt werden können. Die Krankheit verläuft unbehandelt tödlich, das Virus verlässt den Körper nicht wieder.

Gesundheitsexpert:innen konzentrieren sich darauf, Infizierte möglichst schnell medikamentös zu behandeln, um das Virus in ihren Körpern zurückzudrängen. Außerdem wird versucht Risikogruppen aufzuklären oder prophylaktisch zu behandeln. In vielen westlichen Ländern konnte eine weitere Ausbreitung von HIV mit dieser Strategie stark verlangsamt werden. In ärmeren Ländern ist dies hingegen nicht gelungen.

Was heißt eigentlich "erfolgreich"?

Inwiefern Deutschland die Corona-Pandemie tatsächlich "erfolgreich" und mit "guter Bilanz" überstanden hat, wie Bundesgesundheitsminister Lauterbach es formulierte, wird noch Thema vieler Debatten sein. Firmen sind pleite gegangen, komplette Branchen mussten sich neu erfinden, Schüler:innen und Studierende haben zum Teil jahrelang allein in ihren Zimmern gelernt. All die von der Pandemie Gestressten und Ausgelaugten müssen so lange auf einen Psychotherapieplatz warten wie nie zuvor in Deutschland.

Die US-amerikanische Johns Hopkins University [coronavirus.jhu.edu] hat die Pandemie bereits am 10. März beendet. Seitdem zählen die Forschenden der Universität nicht mehr, wie viele Menschen sich anstecken, ausheilen oder mit Corona infiziert sterben. 6.881.955 Todesfälle haben sie insgesamt gezählt. Allein in Deutschland sind demnach 168.935 Menschen in Zusammenhang mit dem Virus gestorben – das entspricht ziemlich genau der gemeinsamen Bevölkerung von Cottbus und Frankfurt/Oder.

In Brandenburg hat das Gesundheitsministerium Ende Februar aufgehört tägliche Pandemiezahlen zu veröffentlichen [msgiv.brandenburg.de]. Bei 6.473 Corona-Toten hat die Statistik aufgehört zu zählen. In Berlin steht man aktuell bei 5.666 Menschen, die infiziert gestorben sind [berlin.de]. Es werden weitere hinzukommen. Vielleicht wird Sars-CoV-2 sich weiter abschwächen, vielleicht wird es regelmäßig Erkältungswellen auslösen.

Gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite

Klar scheint, dass es zu weiteren Pandemien kommen wird. Dort, wo natürliche Ökosysteme zerstört werden und wilde Tiere dazu gezwungen werden, nah bei Menschen zu leben, steigt das Risiko einer Zoonose. Also einer Infektionskrankheit, die es schafft, die natürliche Barriere zwischen den Arten zu überwinden und vom Tier auf den Menschen überzuspringen.

Manche Erreger schaffen das regelmäßig. Die sogenannten "Affenpocken" zum Beispiel oder Ebola. Von beiden Erregern gab es in den vergangenen Jahren Ausbrüche, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufmerksam beobachtet wurden. Wie der nächste Erreger aussieht, der die Welt einnimmt, ist unklar. Die Pandemie hat aber auch gezeigt, wie schnell wissenschaftliche Erkenntnisse heutzutage vorliegen können.

Am 7. Januar 2020 wurde ein bis dahin unbekanntes Coronavirus für eine Reihe schwerer Lungenerkrankungen im chinesischen Wuhan verantwortlich gemacht. Sechs Tage später war sein Genom entschlüsselt. Ein Jahr darauf fuhren die Shuttlebusse zu den Impfzentren. Niemals zuvor konnte die Menschheit quasi in Echtzeit einen Impfstoff oder ein Medikament gegen einen pandemischen Erreger entwickeln.

Drei Jahre lang hat Corona unser Leben bestimmt. Jetzt sind die letzten Schutzmaßnahmen abgeschafft. Die Pandemie ist vorbei. Das Virus bleibt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 07.04.2023, 19:30 Uhr

Was Sie jetzt wissen müssen

Beitrag von Oliver Noffke

30 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 30.

    Erst wird ein Arbeitskreis oder eine Kommission gegündet. Dann werden Honorare bereitgestellt. Am Ende wird das Gelaber zu den Akten genommen. -langweiliger Automatismus.

  2. 29.

    Alle ihre „Beispiele“ tragen ihre Ausrüstung bei der Arbeit und auch nur dann wenn sie einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt sind…. oder haben sie schon oft gesehen, dass Feuerwehrleute bei einem Verkehrsunfall in voller ABC Ausrüstung ankommen, denn es könnte ja sein das unter Umständen der verunfallte PKW Gefahrstoffe geladen hat ?
    Das sie immer und überall eine Gefahr vermuten … naja viele sind das nicht mehr die so denken.

  3. 28.

    Ihre Sichtweise erscheint nicht einleuchtend. Im (notwendigen) Arbeits- und Militärschutz gelten für alle möglichen schutzwürdigen Vorfälle Masken- oder ähnliche Pflichten. Denken Sie an Feuerwehrleute, Schweißer, Gesundheitswesen, Luftwaffenpiloten und sonstige Soldaten (ABC-Masken u.ä.), Taucher usw. WER von denen die Masken verweigert, riskiert a) empfindliche Strafen und bezahlt b) mit seinem Leben.
    Die Maskenpflicht hatte deshalb fast keinen Effekt auf das Infektionsgeschehen, weil Masken oft falsch oder nicht getragen wurden, obwohl JEDE/R lebender Beweis für die Wirksamkeit von ffp2-Masken ist, weil JEDE/R feststellen musste, dass ffp2-Masken das Ein- und Ausatmen stark erschweren: wo Luft kaum durchkommt, kommen auch Viren schlecht durch.Immer noch sterben Menschen sinnlos an Corona. Seriöse Informationsquelle: https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html
    https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/COVID-19-Trends/COVID-19-Trends.html

  4. 27.

    Gott sei dank hat die Pandemie ihr "soziales Ende" gefunden. Das Virus ist nicht verschwunden, aber wir akzeptieren, damit zu leben. Das hätten wir auch viel früher haben können, was mich sehr aufregt! Ohne die massiven Demos wäre es aus meiner Sicht auch nicht dazu gekommen. Ich bin froh, bei den Demos dabeigewesen zu sein trotz all der Anfeindungen.

  5. 26.

    Naja, mit der Weile ist der Deutsche mit Allerweltsthemen
    ..wie Klima,Energie,Gendern,Krieg
    ...eingelullert worden das die Thematik Corona ( Impfung) und die Folgen wohl nur spät am Abend im TV kurz präsent ist.

  6. 25.

    Wird genauso Probleme geben diese nicht so zu erfassen wie die täglichen Zahlen zur C-Zeit, wird wohl zu beiden Themen einen Grund geben...

  7. 24.

    ....hören Sie auf hier herumheulen,
    Ihre Entscheidung....ich kenne Leute die im Job gekündigt wurden weil sich nicht impfen ließen, eben weil diese und auch ich besser informiert waren


    fette Ende kommt erst noch....jetzt warnen wir, Herr Lauterbach, Drosten und Wieler sind ja wohl diesbezüglich abgetaucht...

  8. 23.

    3 Impfungen und 2 Infektionen und dann noch noch danke für alles sagen...
    Alles klar?...

  9. 22.

    Die Maske schützt vor Verbreitung von Keimen. Die Theorie mit der mangelnden Immunität kann ich nicht nachvollziehen. Habe als Krankenschwester häufig Maske getragen. Präventiv und das schützt sich und andere und braucht dann zB. nicht die Grippeschutzimpfung im Herbst.

  10. 21.

    Wer heute noch eine Maske trägt, ohne schwer vorerkrankt zu sein und ohne zu einer extremen Risikogruppe zu gehören, der beschädigt sein Immunsystem! Man darf je heute nicht sagen, man könne sein Immunsystem trainieren, so wie einen Muskel, denn dann ist man ein Schwurbler oder Aluhutträger.

    Aber lassen wir Prof. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI) zum Thema Atemwegsinfekte sprechen: "Da bin ich alle paar Jahre wieder fällig. Und wenn ich mir dann diese Infektion nicht abhole und meine Immunität auffrische, dann bin ich immer noch fällig." Die Maske und auch die Isolation stauen also kommende Infekte auf. Wer heute ohne Not Maske trägt, der enthält seinem Immunsystem wichtige aktuelle Informationen vor!

  11. 19.

    Nee Sabi,kann Ihnen keiner beantworten. Aber, ich arbeite in der Demenzpflege-wir haben 50 Bewohner in 8 Wohngemeinschaften-Corona ist mehrmals "durchgelaufen " -unsere Bewohner, natürlich multimorbid, haben es alle "überstanden ", auch das Pflegepersonal (Was manchmal glücklich war, wenn der Test positiv war)-Ich muss dazu sagen, daß Unsere Bewohner und Wir zu 95%geimpft waren und sind.

  12. 18.

    Ich habe in dieser Zeit sehr viel Erfahrungen gesammelt über Menschen und ich möchte mich nochmals bei unserer Regierung dafür bedanken, dass ihnen trotz weniger Erfahrungen im Umgang mit einer Pandemie die Menschen im Mittelpunkt des Schutzes standen, auch wenn einer Minderheit ein Zettel am Zeh lieber gewesen wäre!

  13. 17.

    Ich hatte nach meiner 2. Impfung auch "Schwierigkeiten". 3 Tage danach Schmerzen in der Brust, VA Herzinfarkt, Krankenhaus mit allem was man sich so vorstellen kann aber nicht wünscht. Diagnose Perikaditis. Ich habe mich darauf hin eingehend mit dem Virus und der Historie der mRNA Impfstoffe beschäftigt. Die Technologie dazu gibt es ja nicht erst seit 2020, sie wurde nur nie verprobt. Leider wurden meine Kommentare dazu vom rbb nicht durchgewunken, so wie auch dieser hier vermutlich nicht. Nichts darf sein was nicht sein darf ...

  14. 16.

    "Ja, das war's! Leben Sie wieder wie vorher!" Ach, schön wär's. Ich werde jedenfalls nicht vergessen können wie sich eingie wegen einem Stückchen Stoff wie die Vollidioten benommen oder gehamstert haben.

    Bei den meisten lieben Mitmenschen steckt unter einen hauchdünnen Schicht Zivilisation halt immer noch der Urmensch.

  15. 15.

    Was wäre wenn, diese Frage ist müßig. Es geht darum, die Menschen mit Impfschäden nicht zu ignorieren und ihnen Hilfe/ Behandlung zu ermöglichen. Auch der Umgang mit der Pharmaindustri/ lobby muss kritisch betrachtet werden. Impfregister gibt es bis heute nicht usw. Wir sind da noch nicht durch und es kann sich wiederholen. Warum gehören Masken nicht allg zur Prävention mittlerweile. Weiter so wie vorher wird nicht gut gehen.
    Frohes Ostern

  16. 14.

    Ich rede von Langzeitfolgen, und nicht von Nebenwirkungen die nach ein paar Tagen verschwunden sind, die hatte mein Sohn auch.
    Ich hätte über übliche Nebenwirkungen gar nicht geschrieben, und schon gar nicht wäre es ein Grund gewesen eine weitere Auffrischung zu unterlassen!


  17. 13.

    Diejenigen, die sich " solidarisch " verhalten haben, um ins Restaurant ohne Maske essen gehen zu können, werden sich noch wundern.

  18. 12.

    Ich möchte nichts beschönigen, jedoch sehe ich zwischen Impfnebenwirkung und Impfschaden Unterschiede.

    Auch ich hatte nach der 3. Impfung so meine Schwierigkeiten, habe diese mit meinem Arzt besprochen (wurde gemeldet), aber nach ca. 4 Tagen war alles wieder gut. Inzwischen habe ich auch zwei Infektionen ohne große Probleme überstanden.
    Hätte ich dies auch ohne Impfung ... wird mir wahrscheinlich nie jemand beantworten können ...

    Schöne Ostern

  19. 11.

    Genau ... "im Nachhinein" ist man immer schlauer ...

    "Jede Impfung hat Nebenwirkungen, ja, wurde aber öffentlich anders vermittelt."
    Sehe ich immer noch anders. Meines Wissens wurde genug veröffentlich, diskutiert und bestimmte Imfungen aus dem Verkehr gezogen bzw. die Altersgruppen angepasst.

    Die gesamte Corona-Zeit muss auch m.E. transparent aufgearbeitet werden muss, da stimme ich Ihnen sofort zu.
    Jedoch muss man sich dann auch die Frage stellen, was wäre passiert, hätte es die Imfpungen nicht so schnell gegeben.

Nächster Artikel