#Wiegehtesuns | Parkinson-Patientin - "Im Skiurlaub habe ich das erste Mal gemerkt, da haut was nicht hin"
Kathrin Dezer-Pickert aus Guben ist noch nicht einmal 50, als sie die Diagnose "Parkinson" bekommt. Ihr Hausarzt erkennt die Erkrankung jahrelang nicht. Die heute 51-jährige Altenpflegerin ist eigentlich zu jung dafür. Ein Gesprächsprotokoll.
In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
2015 im Winterurlaub merkt Kathrin Dezer-Pickert das erste Mal, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Ihr linkes Bein wollte plötzlich nicht mehr so, wie sie es wollte. Sie konnte beim Skilaufen keine Kurven mehr fahren, erzählt sie rbb|24. Erst Jahre später bekam sie endlich eine Diagnose und die war niederschmetternd: Parkinson. Wie es Kathrin Dezer-Pickert geht, darüber hat sie mit rbb|24 anlässlich des Welt-Parkinson-Tages gesprochen:
Wenn ich in Stresssituationen komme, dann fängt der linke Arm an zu zittern ... ich bekomme Fußschmerzen, ich kann dann manchmal nicht richtig auftreten. Man sieht es dann an der Gangart. Jetzt fängt es auch gerade wieder an zu zittern. Ich kann es dann auch nicht unter Kontrolle kriegen. Dann merke ich, die Tabletten - die fünf Stunden sind dann rum - und dann fängt es an.
Die Krankheit beeinträchtigt mich in Stresssituationen. Im ambulanten Dienst hat man vorgeschriebene Zeiten, das hat jeder ambulante Dienst, die können nicht stundenlang beim Patienten verweilen. Sie haben immer im Nacken, dann müssen sie zu der Zeit da sein oder beim nächsten sein, dann kommt ja die Fahrzeit dazu ... da kommt irgendwas dazwischen, kann ein Stau sein und dann verschiebt sich die ganze Zeit und man kommt unter Zeitdruck direkt ... und dann fängt wirklich mein Arm an, meine Hand an zu zittern, die linke Seite blockiert. Also ich hatte auch wirklich schon Situationen, wo ich eine halbe Stunde nicht weiterfahren konnte mit dem Auto.
Ich hatte Schmerzen im Fuß, die kamen und gingen. Das hat man dann immer nicht für bare Münze genommen. Dann ist man zum Arzt gegangen - ja, gefunden wurde nichts. Also hat man sich schon eingeredet, vielleicht bildet man sich das Ganze nur ein. Dann wurde es aber immer schlimmer und ich wurde dann vom Fußspezialisten zwei Jahre auch schon behandelt und es zog sich wirklich immer hin die ganze Geschichte, aber es besserte sich nichts. Im Gegenteil, in Stresssituationen wurde alles immer noch schlimmer.
Ja und dann habe ich dann auch Depressionen bekommen, war auch eine ganze Weile krankgeschrieben, ein halbes Jahr circa. Keiner ist auf die Idee gekommen, mich mal zum Neurologen zu schicken.
Ich selbst dachte, also wenn nichts gefunden werden kann, dann kann es ja auch an was Neurologischem liegen. Und daraufhin bin ich dann selber zum Arzt, hab mich dort angemeldet, hier bei uns in Guben, und er hat es selbst sofort gesehen ... und mir im Gespräch gesagt, sie haben wirklich was Neurologisches. Sie bilden sich das nicht ein.
Dann wurde ich zu unterschiedlichen Untersuchungen geschickt. Bis sich dann bestätigt hat, dass ich Parkinson habe. Im ersten Moment ist das ein Schock. Es wäre gelogen, wenn jemand sagt, der kann damit umgehen oder sagt, dass ihn das nicht berührt. Ich wusste, dass ich irgendwo ein Problem hatte. Damit habe ich mich ja schon auf eine Situation eingestellt, dass ich damit rechnen muss, dass es irgendwas ist. Natürlich in dem jungen Alter erwartet man Parkinson nicht unbedingt. Aber ich wollte unbedingt auch noch eine Zweitmeinung hören und bin dann nochmal zu einer anderen Ärztin gefahren. Und es zog sich wirklich bis 2021 hin, ehe bei mir festgestellt wurde, dass ich Parkinson habe.
Autofahren ambulant, das geht nicht mehr, also nicht in der Konstellation, wie es vorher war. Im Schichtsystem, das funktioniert nicht ... der Zeitdruck ist dann zu doll, denn man im Hinterkopf hatte. Sturzgefährdung ist auch, also ich stolpere viel schneller. Ich muss viel nach unten gucken und auf die Straße achtgeben. Es ist mir auch schon zweimal passiert, dass ich gefallen bin.
Weil ich nicht aus der Pflege raus wollte, haben wir uns dann an einen Tisch gesetzt (Anm. d. Red. "mit dem Arbeitgeber") und da kam mir die Idee Pflegeberater, ich mache ja viele Beratungsgespräche, dass ich mich darauf erweitern könnte, dass ich direkt die Weiterbildung mache zum Pflegeberater. Das Ganze läuft fast ein Jahr. Ich habe das Ende Juni vorigen Jahres angefangen und werde Ende Mai dieses Jahr dann fertig.
Gesprächsprotokoll: Phillipp Manske
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Sendung: Antenne Brandenburg, 11.04.2023, 16:42 Uhr