Wahlparteitag der Berliner AfD - Ein Durchmarsch mit kleinen Schönheitsfehlern

So 19.03.23 | 10:15 Uhr | Von Sabine Müller
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Berlins AfD-Chefin Kristin Brinker spricht vor Beginn des AfD-Landesparteitag mit einem Delegierten. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.03.2023 | Sabine Müller | Bild: dpa/Paul Zinken

Die Wahlen zum AfD-Landesvorstand haben deutlich gemacht, wie unangefochten die Berliner Parteichefin aktuell an der Spitze der Landespartei steht. Und Kristin Brinker zeigte, wie sie mit Angriffen auf den neuen politischen Lieblingsfeind punkten will. Von Sabine Müller

Fünf Stunden lang läuft alles komplett nach Plan für Kristin Brinker. Wie erwartet macht ihr den Parteivorsitz niemand streitig. Es geht nur noch um die Frage, wieviel Unterstützung sie ohne Gegenkandidaten bekommen wird.

Bei ihrer ersten Wahl vor zwei Jahren hatte Brinker erst nach mehreren Wahlgängen in einem Wimpernschlag-Finale mit 50,2 Prozent gegen die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch gewonnen. Genau diese Beatrix von Storch schlägt den Delegierten nun Brinker zur Wiederwahl vor: "Kontinuität an dieser Stelle ist sehr gut, und ich hoffe, dass wir uns mit großer Mehrheit hinter Kristin Brinker stellen."

Und der Parteitag folgt der Empfehlung: Brinker erhält knapp 81 Prozent der gültigen Stimmen. Es ist ein klarer Vertrauensbeweis für die Frau, unter deren Führung es in der Berliner AfD intern ruhiger geworden ist und die die Partei erst wieder wirklich arbeitsfähig gemacht hat - unter anderem dadurch, dass sie es immer wieder schafft, der bei vielen Vermietern unerwünschten AfD Parteitags-Locations zu organisieren: diesmal in einem Gymnasium in Spandau.

Und nach der Vorsitzenden-Wahl kommen auch die vier Kandidatinnen und Kandidaten, die Brinker für die Vize-Posten im Landesvorstand vorschlägt, problemlos durch, ebenso ihr Kandidat als Schatzmeister

Ein Schnitzer bei der Beisitzer-Wahl und viel Applaus für eine Kritik

Um kurz nach 15 Uhr bei der Wahl zum dritten Beisitzer im Vorstand wird es dann erstmals unruhig. Der Kandidat, den Brinker vorgeschlagen hatte, fällt durch. Gewählt wird stattdessen Frank Scheermesser, der bisher bereits Beisitzer im Vorstand ist, aber nun eigentlich nicht mehr vorgesehen war.

Scheermesser hält eine feurige Rede, bei der es dann besonders viel Applaus gibt, als er offene Kritik am Wahlergebnis bei der Wiederholungswahl übt: "Mich treibt die Frage um, warum unsere AfD am 12. Februar gerade mal 9,1 Prozent der Stimmen bekam, obwohl der Bundestrend bei 17 Prozent liegt. Warum sind Wähler von SPD und FDP nicht zu uns gekommen, sondern zur CDU? Über diese Frage sollte man mal intensiver nachdenken."

Kurz darauf kommt ein weiterer Brinker-Kandidat nicht durch. Bei beiden Kandidaten, so wird auf dem Parteitag hinter vorgehaltener Hand erzählt, habe im Hintergrund das Enfant Terrible der Berliner AfD mitgefingert: Der Ex-Abgeordnete Andreas Wild. Schon 2017 wurde er aus der Fraktion im Abgeordnetenhaus ausgeschlossen, 2021 auch aus der Partei. Allerdings ist der Ausschluss noch nicht rechtskräftig, denn das endgültige Urteil des AfD-Bundesschiedsgerichts steht immer noch aus. Deshalb geistert Wild weiter durch die Partei und sorgt für Unruhe.

Ein harmonischer Wahl-Tag bei der Landes-AfD

Auch Wild selbst will Beisitzer werden und hält eine Bewerbungsrede voller Vorwürfe. Es geht um "Taktiker", die keine "Praktiker" sind, um das gefährliche "Phänomen der Besserwisserei" und um die Unfähigkeit, aus Fehlern zu lernen. Wild nennt keine Namen, aber das Gesicht von Kristin Brinker zeigt, dass sie weiß, wer gemeint ist.

Wilds Wahl aber bleibt Brinker letztlich erspart: Er scheitert mit seiner Gegenkandidatur. Für insgesamt elf Posten im Landesvorstand hat Brinker dem Parteitag Vorschläge gemacht, neunmal war sie erfolgreich. Von Vorstandsleuten und auch anderen hört man danach dieses Fazit: Es sei für AfD-Verhältnisse ein ungewöhnlich harmonischer Wahl-Tag gewesen.

Rückblick? - Unnötig!

Das zeigt sich auch daran, welches Thema auf dem Parteitag praktisch keine Rolle spielt: Die Tatsache, dass die AfD ihr Wahlziel bei der Wiederholungswahl klar verfehlt hatte. Parteichefin Brinker, gewöhnlich übervorsichtig mit Prognosen, war von Zweistelligkeit ausgegangen, sprach von "12 Prozent auf jeden Fall". Am Ende waren es mit leichten Zugewinnen nur 9,1 Prozent. Frank Scheermessers Kritik daran bleibt eine absolute Ausnahme auf diesem Parteitag, unter anderem gibt es in der Aussprache zu Beginn des Parteitags keinen einzigen Kommentar zum Wahlergebnis – auch zu Brinkers eigener Überraschung.

Zur Erklärung sagen AfD-ler, Wahlnachlese sei nicht mehr notwendig gewesen, denn das Ergebnis sei sowohl in der Fraktion als auch bei einem Mitgliederstammtisch ausführlich analysiert worden. Grund dafür, dass die AfD nicht besser abgeschnitten habe, sei zum einen die massive Wechselstimmung in der Stadt gewesen. Diese habe die AfD nicht nutzen können, weil sie keine Regierungsoptionen habe. Klassische Protestwähler seien diesmal zur CDU gegangen. Zum anderen habe eben diese CDU die Ausschreitungen in der Silvesternacht genutzt, um die AfD beim Thema Innere Sicherheit und Migration "rechts zu überholen", heißt es

Mir ist klar geworden, dass der Erfolg unserer Fraktion und unserer Partei ganz stark abhängig ist vom Erfolg von Kristin Brinker.

AfD-AGH-Abgeordneter Antonin Brousek

Also alles schon gesagt zur Wahl, oder lag die Zurückhaltung bei diesem Thema vielmehr daran, dass kaum jemand Interesse daran hat, Brinker zu beschädigen, die als Partei- und Fraktionschefin erste Adressatin für Vorwürfe wäre? Der Abgeordnete Antonin Brousek bringt es wohl auf den Punkt, als er konstatiert: "Mir ist klar geworden, dass der Erfolg unserer Fraktion und unserer Partei ganz stark abhängig ist vom Erfolg von Kristin Brinker."

Optimistisch in die Zukunft

Mit welcher Strategie Kristin Brinker in den verbleibenden dreieinhalb Jahren der Legislaturperiode Erfolg haben will, hat ihre Parteitagsrede sehr deutlich gemacht. Sozialdemokraten und Grüne bekamen erwartbar zwar ihr Fett weg, besonders heftig aber griff Brinker die CDU an.

Die Berliner Union gebe in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD gerade reihenweise Positionen und Überzeugungen auf, so Brinker: "Die Wähler, die glaubten, mit CDU eine andere Politik in Berlin auf den Weg zu bringen, können sich nur noch fassungslos die Augen reiben. Sie wurden schamlos hinters Licht geführt. Aber was soll man auch von einer Partei erwarten, die 2015 der ungesteuerten Migration Tür und Tor geöffnet hat."

"Sehr, sehr froh" sei sie, sagt Kristin Brinker dem rbb, dass die CDU vermutlich bald Regierungspartei sei, denn dann – so lautet das Kalkül – gebe es keine andere Partei rechts der Mitte, mit der sich die AfD in der Opposition das Scheinwerferlicht teilen müsse und habe deshalb mehr Chancen, sich bei konservativen Wählern zu profilieren - in der der Hoffnung, dass bei der nächsten Wahl dann nicht mehr die CDU, sondern wieder die AfD die erste Wahl für Protestwähler ist.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.03.2023, 9 Uhr

Beitrag von Sabine Müller

116 Kommentare

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  1. 116.

    Mit Verlaub, das ist Abstand das Dümmste was sie dazu beitragen konnten. Der Rückkauf stellt die Verhältnisse vor dem Notverkauf wieder her.

    Selbstverständlich haben die Berliner Kunden etwas davon, es entfallen die Ausschüttungen an private Anleger und kommt Berlin zugute.

    Würde Berlin alles zurückaufen was er vor dem Bankenskandal besessen hat geht das in die Abermilliarden. Von wegen "schwarze Null".

    Dazu kommen noch die fehenden Investionen in Infrastruktur, ÖD, Bürgerdienste usw.

  2. 115.

    „Alleine nur der Rückkauf des Stromnetzes kostete 2,1 Milliarden.“

    Es hat Berlin niemand zum Rückkauf gezwungen, es war eine freiwillige Entscheidung.

  3. 114.

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/bankenskandal-endet-mit-schwarzer-null-4008664.html

    Das reicht vollkommen zum Beleg aus.

    Der Rest ist der berühmte Blick in die Zukunft.

    Belanglos

  4. 113.

    „Von einer Partei, in der ein "Bernd" Höcke eine tragende Rolle spielt, darf man getrost alles Abscheuliche erwarten.“

    Die AfD ist bunt.

    Extrem viele Linke haben sich bei der letzten Abgeordnetenhauswahl der AfD zugewandt.

  5. 112.

    Absichtlich falsch zitiert.

    "2018 wurde vom Senat davon ausgegangen, dass bis 2020 die Risikoabschirmung aufgehoben werden könne. Bis zu diesem Zeitpunkt waren 7 Mrd. € an finanziellen Mitteln abgeflossen, weitere wurden mutmaßlich nicht benötigt. Dem gegenüber stehen Einnahmen in Höhe von 5,5 Mrd. €. Am Ende könnte sogar ein kleiner Überschuss entstehen. Auf Beschlussempfehlung des Hauptausschusses stimmte am 29. August 2019 das Abgeordnetenhaus von Berlin für die Aufhebung der Risikoabschirmung".

    Die Risikoabschirmung und nur die endete mit einer schwarzen Null. Alles andere wird Berlin noch Milliarden kosten. Alleine nur der Rückkauf des Stromnetzes kostete 2,1 Milliarden.

  6. 111.

    Nee, schon klar. Die schreiben auch bestimmt "Rassismus" ins Parteiprogramm. Dann wären die Blaunen ganz schnell verschwunden, dank des Bundesverfassungsgerichts. Wer eine Partei nur nach dem beurteilt, was explizit im Programm steht, der sollte mal seine Kritikfähigkeit hinterfragen. Von einer Partei, in der ein "Bernd" Höcke eine tragende Rolle spielt, darf man getrost alles Abscheuliche erwarten.

  7. 110.

    „Okay, also wenn man das Programm der rechtsextremen afd kritisiert, dann nur, weil man es nicht verstanden hat? Welch ignorante Aussage... „

    Das hat rechts nur von links kopiert.

  8. 109.

    "Ach ja, der Bankenskandal der hat es in sich und soll immer noch herhalten, was nicht passt wird passend gemacht."

    Das ist haargenau ihre Vorgehensweise. Und wie immer keine Gegenargumente die sich mit Fakten belegen lassen.

  9. 108.

    Schließen sie nicht von sich auf andere! Ich kann jeder meiner Aussagen belegen, anders als ihre Sockenpuppen.

  10. 107.

    Der Bankenskandal endete für Berlin mit einer schwarzen Null.

    Dr. Mathias Kollatz, SPD, ehemals Finanzsenator stellte dies amtlich fest.

  11. 106.

    Lenken Sie nicht ab.

    Wo steht etwas von Rassismus im Parteiprogramm?

    Im Bundestag spricht die AfD gezielt Defizite in der Migrationspolitik an, da gebe ich Ihnen recht.

  12. 105.

    Ausgerechnet Sie ("Misanthrop", "Yannick", "Hajo Schwenke", "Steffen") werfen dem Kommentator "Bürger" wechselnde Nicks vor?

  13. 104.

    "Die meisten die hier permanent negativ kommentieren, können das Programm nicht gelesen und deshalb auch nicht verstanden haben."

    Okay, also wenn man das Programm der rechtsextremen afd kritisiert, dann nur, weil man es nicht verstanden hat? Welch ignorante Aussage...

    "Das zeichnet sich deutlich in den Inhalten, die bis zur Hetze reichen, ab."

    Haben Sie dafür auch Belege/Beispiele? Für Sie ist es offensichtlich schon Hetze, wenn man den Rechtsextremismus der afd benennt. Und seit wann haben afd-Anhänger:innen denn plötzlich ein Problem mit Hetze? Was Sie betreiben, ist die typische Täter-Opfer-Umkehr.

    "Es bestätigt auch die Forderung der SPD nach mehr Bildung."

    Das wäre für die afd kontraproduktiv.

  14. 103.

    Ach ja, der Bankenskandal der hat es in sich und soll immer noch herhalten, was nicht passt wird passend gemacht.

  15. 102.

    Die Grünen erleben gerade ihr blaues Wunder, wenn man die aktuelle Sonntagsumfrage liest.

  16. 101.

    Das wundert mich auch, warum der Großteil Ihrer Kommentare, die auch aus Diffamierungen, Beleidigungen, kruden Ansichten und Entgleisungen, frei geschaltet werden.
    Zumal Ihre Ansichten, auch durch Ihre andauernden Wechsel der Nicks, nicht besser werden.

  17. 100.

    Die Grünen erleben gerade ihr blaues Wunder, wenn man die aktuelle Sonntagsumfrage liest.

  18. 99.

    Was sie hier beschreiben ist genau das Verhalten der rechtsextremen Entourage hier. Angefangen bei Fake News, Verleumdungen, Verdrehungen und persönlichen Angriffen wie diesen.

    Nur mein Verständnis hält sich in Grenzen. Besonders was das Verhalten der Moderation angeht, die solche Entgleisungen freischalten.

  19. 98.

    "Durch diese Verkäufe wurde die Summe von 20Milliarden Garantieübernahme finanziert."

    Das ist nicht richtig, die Garantieübernahme war "nur" ein relativ kleiner Posten.

    "Für einen ausgewählten Personenkreis (vor allem Prominente, Mitglieder der Regierungsparteien CDU und SPD, Bankmanager sowie deren Bekanntenkreis) wurden Sonderfonds angeboten, deren Konditionen noch wesentlich besser als die der normalen Immobilienfonds waren."

    "Also, erst bei Fachkundigen informieren, vor man antwortet." Fassen sie sich an die eigene Nase. Entweder verbreiten sie hier absichtlich Lügen oder sie sind schlicht desinformiert.

    Nochmals, wieviele Milliarden würde es kosten den Zustand vor dem Verkauf und Zwangsprivatisierung wiederherzustellen?

  20. 97.

    Ihre Vorgehensweise ist ebenfalls recht typisch für Anhänger:innen des ganz rechten Spektrums: Das Eingehen auf Inhalte vermeiden, dafür aber versuchen, das Gegenüber persönlich zu diffamieren...

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