Wahl zum Abgeordnetenhaus - Berliner Senat bringt "Wählen ab 16" auf den Weg

Di 12.09.23 | 13:20 Uhr | Von Kirsten Buchmann
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Symbolbild: Ein Mann kommt am 12.02.2023 zur Stimmabgabe in ein Wahllokal im Berliner Bezirk Pankow. (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Video: rbb24 Abendschau | 11.09.23 | Leonie Schwarzer | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Jugendliche sollen künftig das Berliner Landesparlament mitwählen dürfen. Bisher geht das erst ab 18 Jahren. Das will die schwarz-rote Koalition ändern. Auch Grüne und Linke sind dafür. Manche 16- und 17-Jährige erwarten Vorbereitung. Von Kirsten Buchmann

  • Senat hat am Dienstag Gesetzentwurf für Senkung des Wahlalters beschlossen
  • Verfassung müsste mit Stimmen der Opposition geändert werden
  • Grüne und Linke kündigen Zustimmung an

Alani stand schon einmal im Wahllokal. Denn sie hatte ihre Großmutter dorthin begleitet. Sie selbst war da aber noch zu jung, um ihre Stimme abgeben zu dürfen: "Ich fand es doof, dass ich nicht wählen durfte, weil mich das mit den Parteien interessiert hat."

Auch Annabell, die wie Alani die Oberstufe der Paula-Fürst-Schule in Charlottenburg besucht, ist dafür, das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre abzusenken, um über das Berliner Abgeordnetenhaus mitentscheiden zu können. Denn gerade ihre Generation setze sich sehr politisch ein, was man beispielsweise an "Fridays for Future" sehe: "Das soll auf jeden Fall gefördert werden."

Jugendliche wollen mehr Mitspracherecht

Von Abgeordnetenhauswahlen ab 16 würde Annabell sich erhoffen, dass Themen der Jugendlichen stärker berücksichtigt werden. "Ich glaube, wir könnten noch mehr gehört werden, wenn wir mehr Mitspracherecht hätten." Jugendliche würden ernster genommen, "wenn die Politik sehen würde, wie viele sich an den Wahlen ab 16 beteiligen würden."

Ihre Mitschülerin Zaide will ebenfalls mehr mitreden können. Ihr sei es wichtig, "dass nicht nur die ältere Generation für uns junge Leute wählt." Junge Leute hätten noch mal eine andere Perspektive. Die Schülerin finde, "dass wir junge Leute schon was zu sagen haben und dass wir die Chance dafür kriegen sollten, mitzumachen und mitzuhandeln." Gerade an Klima- und Bildungsthemen zeigen sich die 16- bis 18-Jährigen an der Paula-Fürst-Schule interessiert.

Diskussion um Wahlreife

Wer mithandelt, sollte allerdings auch entsprechend darauf vorbereitet sein, sagt Toni aus der zwölften Jahrgangsstufe der Schule. Viele wüssten mit 16 oder 17 noch nicht, welche Auswirkung eine Wahl hat, "im Positiven und im Negativen". Viele Jugendliche seien den größten Teil ihrer Zeit auf ihrem Handy unterwegs. Sie ließen sich von Social Media, aber auch zu Hause von ihren Eltern beeinflussen, was man wählen könnte. "Sie werden mit Meinungen bombardiert und bilden sich nicht wirklich eine eigene."

Sein Mitschüler Ismail ist der Meinung, 16-Jährige seien noch nicht reif genug für eine Wahl auf Landesebene. Sie hätten in dem Alter anderes im Kopf. "Sie sollten noch die zwei Jahre bis 18 warten." Ähnlich argumentiert der 18-jährige Demba: "Es geht ja immerhin um unsere Regierung und ich denke, man sollte sich schon Gedanken machen, wen man wählt – lieber mit 18, wenn man sich ein bisschen mehr weitergebildet hat."

Stettner: Jugendliche sollten Institutionen kennenlernen

Die Koalition aus CDU und SPD auf Landesebene will die Absenkung des Wahlalters auf 16 nun auf den Weg bringen, als ersten Schritt beschloss der Senat einen Gesetzentwurf.

Der CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Dirk Stettner, will die Änderung zugleich mit mehr politischer Bildung für die Jugendlichen flankieren. Eine Idee sei ein Jugenddemokratiefonds, "den man auch zu einer Art Jugendhaushalt ausdehnen könnte" – um Geld für Projekte bereitzustellen, "die die Jugendlichen selber machen wollen." Zudem will Stettner, dass die Jugendlichen Institutionen wie das Abgeordnetenhaus, die Polizei, Feuerwehr oder die Bundeswehr am besten in der Schulzeit einmal persönlich kennenlernen können. Das will der CDU-Politiker über begleitende Anträge regeln.

Die Grünen-Abgeordnete Klara Schedlich ist da zurückhaltend. Politische Bildung in jedem Lebensalter befürworte sie zwar. Das Thema mit der Wahlalterabsenkung verknüpfen würde sie allerdings nicht. Politische Bildung sei bereits ein Pflichtfach an der Schule und junge Menschen hätten genau wie alle anderen ein Recht zu wählen.

Verfassungsändernde Mehrheit erforderlich

Um das Wahlalter zu senken, muss die Landesverfassung mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. Dafür sind auch Stimmen der Opposition erforderlich.

Die Grünen werden dafür stimmen, wie die Abgeordnete Klara Schedlich sagt: "Auf jeden Fall, die Grünen kämpfen schon seit Jahren für die Absenkung des Wahlalters und wir freuen uns sehr, wenn wir dann an diesem historischen Tag unterstützen können." Die Linksfraktion sei ebenfalls dabei, signalisiert die stellvertretende Linken-Fraktionschefin Franziska Brychcy.

Ein Wahlrecht ab 16 für Landesparlamente gilt bereits in mehreren Bundesländern, darunter Brandenburg. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll die Wahlalterabsenkung im Berliner Parlament beschlossen werden. Die erste Abgeordnetenhauswahl stünde für 16- und 17-Jährige damit 2026 an. Mit ihnen würde sich die Zahl der Wahlberechtigten für das Abgeordnetenhaus und damit auch für Volksentscheide von zuletzt rund 2,44 Millionen um schätzungsweise etwa 50.000 erhöhen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 11.09.23, 19:30 Uhr

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Beitrag von Kirsten Buchmann

88 Kommentare

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  1. 88.

    Ich finde es gut, wenn junge Menschen stärker in politische Prozesse eingebunden werden, schließlich werden in einer überalternden Gesellschaft die Interessen der jungen Menschen viel zu wenig berücksichtigt, siehe die geringen Investitionen in Bildung und KiTas...

  2. 87.

    "Und wieder ein Punkt, bei dem SR anders als der vorherige RRG-Stillstandssenat liefert, "

    RRG konnte nicht liefern, weil sich die CDU bisher quergestellt hatte. Jetzt ist es also Teil der Verhandlungsmasse im Koalitionsvertrag drin und die CDU stimmt zu.

  3. 86.

    Jetzt bin allerdings baff, Sie wussten schon in der 4 oder 5 Klasse wen Sie später wählen würden? Dann haben Ihre Eltern gute Arbeit geleistet , denn das Sie sich selbst durch Zeitungen gelesen haben , gerade den politischen Teil, fällt mir sehr schwer zu glauben. Aber da ich nicht das Gegenteil belegen kann ,im Zweifel für Sie.Also gehören Sie zu den vielleicht 2 Prozent die sich so jung schon für ernste Politik interessiert haben. Hochachtung.

  4. 85.

    Ein Beispiel, warum das Wählen eine Verantwortung beinhaltet... für andere auch: Wenn man noch orientierungslos ist, wie im Parallelartikel „Neets“, sucht man nach Wegen der Finanzierung des Nichtstun. Wie würde man da wählen? Würde ma eine Partei wählen, die Nachhaltigkeit z.B. bei Rentenfragen agiert, so nach dem Motto: „Lange viel einzahlen“ verhindert Armut. Diese existenzielle Bedeutung für sich selber können 16jährige erkennen? Strafrechtlich und auch in sexuellen Dingen stehen nicht umsonst 16jährige, warum wohl, unter Schutz?
    Und was dem Klima wirklich nutzt, als eine Zukunftsfrage, kann Oma besser für die Enkel wählen. Denn sie weiß, T.limit und fast kostenloses Bahnreisen gehören genausowenig dazu wie das Festkleben. Und auch das Fordern liegt ihr nicht. Bevor die geringste Leistung, für die Gesellschaft, erbracht wurde, wird ersteinmal gefordert...?

  5. 84.

    stellen Sie sich mal die Frage: kann jemand anders für Sie oder Sie für jemand anderes die Stimme abgeben? Nein.

    Und warum nicht? weil das Kreuz auf dem Wahlzettel ein höchstpersönlicher Akt der Ausübung des Wahlrechts ist. Ergo, dürfen Eltern da nichts vorschreiben und auch nicht für ihre (minderjährigen) Kinder deren Kreuz setzen.

    Vielleicht sollten Sie sich die fünf Wahlgrundsätze aus Artikel 38 des Grundgesetzes nochmal anschauen. Da scheint es Nachhilfebedarf zu geben.

  6. 83.

    Wenn man noch orientierungslos ist, wie im Parallelartikel „Neets“, sucht man nach Wegen der Finanzierung des Nichtstun. Wie würde man da wählen? Würde ma eine Partei wählen, die Nachhaltigkeit z.B. bei Rentenfragen agiert, so nach dem Motto: „Lange viel einzahlen“ verhindert Armut. Diese existenzielle Bedeutung für sich selber können 16jährige erkennen? Strafrechtlich und auch in sexuellen Dingen stehen nicht umsonst 16jährige, warum wohl, unter Schutz?
    Und was dem Klima wirklich nutzt, als eine Zukunftsfrage, kann Oma besser für die Enkel wählen. Denn sie weiß, T.limit und fast kostenloses Bahnreisen gehören genausowenig dazu wie das Festkleben. Und auch das Fordern liegt ihr nicht. Bevor die geringste Leistung, für die Gesellschaft, erbracht wurde, wird ersteinmal gefordert...?

  7. 82.

    Leute merkt Ihr, wie alt Ihr seid? Wegen Euch konservativen Senioren stecken wir m.E. heute so sehr in der Wirtschaftskrise. Alles Neue wurde im Keim erstickt. Verächtlich schaut Ihr auf die, die heute um ihre Zukunft kämpfen. Natürlich ist Euch die Zukunft in 10, 20 oder 30 Jahren egal: "Hauptsache uns trägt's noch!" und "Die Jungen sind jetzt dran uns zu versorgen!". Dabei haben in Eurer Generation viele lieber keine Kinder bekommen und als DINKs das Leben genossen.

    Ich gehöre selbst zu den Boomern und schäme mich im Namen unserer 4 Kinder für die, die hier schreiben.

  8. 81.

    Was ist "Boomer" eigentlich für ein besch... Ausdruck?
    Wer wird damit angesprochen?

  9. 80.

    Damit die Grünen Stimmen haschen um mehr geht es nicht mit 16 weiss man bescheid was in der Arbeitswelt los ist.
    Typisch Berlin

  10. 79.

    Wenn sich der 17jährige ein Fahrrad kaufen will,benötigt er die Zustimmung der Eltern, aber die Partei wählen soll er dürfen.Wie hirnrissig ist das denn?"

    Und was ist, wenn er mit dem Fahrrad zum Wahllokal fahren will?
    Wer muß ihm das genehmigen?
    Wie lange vorher muß er bei wem einen Antrag stellen?
    Und kann er, obwohl er ein Fahrrad hat, auch Briefwahl machen?

    Ist mal wieder typisch-nicht richtig durchdacht von unseren Politikern!!!!!!!!!!!!!!!!!

  11. 78.

    Grüne und Linke sind keine populistischen Parteien!
    In jeder Altersgruppe gibt es Menschen, die sich durch fake news in den sozialen Medien in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen lassen. Da hilft nur in mehr digitale Bildung bzw. Aufklärung zu investieren.

  12. 77.

    Wenn ich das Verhalten von Jugendlichen in den Bädern, den Straßen, im Netz und auch hier so sehe, hoffe ich doch sehr, dass der Senat seinen Verstand einsetzt und das katastrophale Verhalten nicht auch noch belohnt.
    Die Jugendlichen sind einfach noch nicht „reif“ genug, weitreichende vernünftige Entscheidungen zu treffen!

  13. 76.

    Tragweite einer Wahl einer wahlentscheidung mit 16 Jahren oder mit 32 bzw 48 Jahren ist genauso groß und klein wie im anderen Alter. Also mit 16 Jahre das aktive Wahlrecht sehr gerne.

  14. 75.

    Alternativ könnte man ja das Wahlalter begrenzen. Natürlich macht sich jetzt Angst breit, immerhin geht die gewaltige Generation X bald in Rente. Jede Partei muss denen dann wohlgesonnen Politik machen.

  15. 73.

    Im Zusammenhang mit dem Wahlalter empfehle ich die Lektüre des weiter unten stehenden Artikels: "Jung, orientierungslos, sucht: Job."
    Es geht hier um sog. NEETs, die hier anschaulich beschrieben werden.

  16. 72.

    Und wieder ein Punkt, bei dem SR anders als der vorherige RRG-Stillstandssenat liefert, auch wenn man durchaus geteilter Meinung sein muss,ob der unterschiedlichen Altersgrenzen zur Wahl- und Strafmündigkeit. Zu letzterem ist aber der Bund gefordert.

  17. 71.

    Tja, aber weil die Politik und ihre Parteien, nicht mehr das " GroßeGanze" im Focus haben, sondern sich eher gerne in Nichtigkeiten verbeißen, die den politischen Gegner möglichst disqualifizieren sollen, wobei der politisch interessierte Bürger der gewinnt immer mehr den Eindruck einer nicht endenden medial ausgetragener Show zu sein.
    In sofern kommt es der unreifer Jugend.sehr entgegen, sich als Wähler für eine Partei entscheiden zu dürfen.

  18. 70.

    Da es für eine Wahlentscheidung keine persönliche Konsequenzen gibt - weil geheim und daher schlicht nicht möglich - ist die Kopplung ans Strafrecht sinnfrei.

    Ansonsten frag ich mich bei dieser Debatte immer, was aus den oft zitierten "Wenn Wahlen etwas bringen würden, wären sie verboten" und "Die da oben machen eh was sie wollen" geworden ist?

    Und die alles entscheidende Frage: Wo vor haben die Boomer Angst?

  19. 69.

    Dürfen die Eltern dann festlegen, was die noch nicht Volljährigen zu wählen haben? Bzw. düften die Erzeihungsbrechtigten auch das Wahlrecht für die Kinder ausüben - also analog wie bei Verträgen, die man als Erwachsener auch für die Kinder abschließen würde, weil die das noch nicht dürfen.

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