Magnetschwebebahn für Berlin - Teure Spielerei oder sinnvoller Baustein für eine Verkehrswende?
Braucht Berlin eine Magnetschwebebahn? Was kostet die überhaupt? Und wer könnte sie bauen? Der CDU-Vorschlag für den neuen Doppelhaushalt erhitzt die Gemüter. rbb|24 mit den Antworten auf die wichtigsten Fragen. Von Jan Menzel und Angela Ulrich
Wieviel kostet der Bau einer Magnetschwebebahn?
Von rund 80 Millionen Euro hat der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner zuerst gesprochen und dabei eine Strecke von fünf bis sieben Kilometern genannt. Inzwischen rudert Stettner allerdings zurück und geht von deutlich höheren Kosten aus.
In der Machbarkeitsstudie für das Bundesverkehrsministerium von 2021 werden die Kosten für den Bau einer zweigleisigen bzw. zweispurigen Strecke für verschiedene Systeme verglichen. Die Magnetschwebebahn TSB (Transport System Bögl) würde demnach zwischen 20 und 25 Millionen Euro pro Kilometer kosten. Das entspricht in etwa dem, was beim Bau der Straßenbahn anfällt (15 bis 25 Millionen pro Kilometer). Ein S-Bahn-Abschnitt gleicher Länge liegt mit bis 50 Millionen Euro deutlich darüber. Am meisten kostet laut Machbarkeitsstudie ein Kilometer der unterirdischen U-Bahn mit 140 bis 160 Millionen Euro.
Legt man dies zugrunde, würde eine fünf bis sieben Kilometer lange Teststrecke der Magnetschwebebahn TSB in Berlin deutlich teurer als von der CDU veranschlagt - zwischen 100 und 180 Millionen Euro. Darin sind Preissteigerungen seit Erstellen der Studie vor zwei Jahren noch nicht berücksichtigt.
Wie lange dauert es, eine Magnetschwebebahn zu errichten?
Wenn man den Planungsprozess nicht mit einrechnet, geht es vergleichsweise schnell. Laut Machbarkeitsstudie für das Bundesverkehrsministerium erlaubt die Fertigteilbauweise der Stützen für das TSB eine "deutlich schnellere Umsetzung von Maßnahmen“ im Vergleich zu anderen (aufgeständerten) Schienenwegen. Jedoch räumen die Studienautoren an vielen Stellen ein, dass sie auf Angaben des Herstellers der Magnetschwebebahn zurückgreifen. Die Firma Bögl gibt die Bauzeit einer durchschnittlichen Anwendungsstrecke mit weniger als zwei Jahren an.
Allerdings braucht es für eine Magnetschwebebahn erstmal einen Regierungsbeschluss und dann auch ein Planfeststellungsverfahren. Das dauert gewöhnlich mehrere Jahre, die kämen zu den zwei Jahren Bauzeit noch dazu.
Ist eine Magnetschwebebahn eine klimafreundlichere Alternative zu anderen Bahnen?
"Die Energieeffizienz der Magnetschwebebahn ist nicht besser, aber auch nicht schlechter als bei einer S- oder U-Bahn", sagt Experte Rainer Schwarzmann, der die Machbarkeitsstudie für das Bundesverkehrsministerium mit erstellt hat. Demnach liegt der Energiebedarf der Magnetschwebebahn "in einer ähnlichen Größenordnung" wie bei vergleichbaren schienengebundenen Systemen. Die Autoren schränken jedoch ein, dass viel von der konkreten Anwendung abhängen wird und schlussfolgern, dass der Energiebedarf des TSB eher kein Kriterium sein dürfte, das für oder gegen die Magnetschwebebahn spricht. Das heißt im Umkehrschluss aber auch: Die Magnetschwebebahn ist nicht sparsamer und damit klimafreundlicher als andere Schienensysteme.
Ist sie mit dem Transrapid vergleichbar?
Nein, die Magnetschwebebahn, die in Berlin zum Einsatz kommen könnte, unterscheidet sich vom Transrapid. Beide Systeme sind zwar schwebend unterwegs, auf eigens für sie ausgelegten Strecken. Allerdings ist die Schwebetechnik beim TSB im Fahrzeug verbaut, und nicht im Fahrweg, wie beim Transrapid. Außerdem ist das TSB nicht - wie der Transrapid - vor allem auf Hochgeschwindigkeit ausgelegt, sondern soll im Nahverkehr zum Einsatz kommen. Es kann zwar auch extrem schnell beschleunigen, soll aber nur bis zu 150 km/h erreichen. Der Transrapid kann hingegen bis zu 500 Stundenkilometer erreichen.
Gibt es schon konkrete Pläne für eine Teststrecke in Berlin?
Wo die Magnetschwebebahn fahren könnte, ist völlig offen. Die Chefin des Verkehrsverbunds Berlin Brandenburg, Ute Bonde, sagte, es würden verschiedene Strecken betrachtet. Mehr verriet sie aber nicht. Auch deshalb schießen die Spekulationen ins Kraut. Eine Simulation des beteiligten Architekturbüros Graft zeigt die Magnetschwebebahn in einer Station direkt am Berliner Hauptbahnhof. In unterschiedlichen Medien und Foren ist von Strecken zum Virchow-Campus der Charité und nach Tegel die Rede. Eine Anbindung des Flughafens BER scheint dagegen eher unwahrscheinlich. Dafür sind die bestehenden Verbindungen mit S- und Regionalbahn zu gut. Außerdem wird noch über die Verlängerung der U-Bahnlinie 7 zum Flughafen diskutiert.
Wie könnte eine Magnetschwebebahn in Berlin finanziert werden?
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner will die Magnetschwebebahn aus dem geplanten Fünf- Milliarden-Euro-Sondervermögen für Klimaschutz bezahlen. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz spricht von einem "Phantasieprojekt aus Beton", das keinen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz leiste und daher auch nicht aus dem Sondervermögen finanziert werden könne. Auch der Berliner Landesrechnungshof ist skeptisch in puncto Finanzierung. Rechnungshof-Präsidentin Karin Klingen sieht keine Möglichkeit, die Magnetschwebebahn aus dem Sondervermögen zu bezahlen. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Urteil zum Sondervermögen des Bundes sehr strenge Maßstäbe angelegt. Dies müsse auch Berlin ernst nehmen, sagt Klingen. "Danach können langfristige Investitionen wie eine Magnetschwebebahn nicht finanziert werden, sondern nur Maßnahmen, um eine konkrete Notsituation in einem Jahr zu bekämpfen".
Wer ist der Anbieter des TSB, die Firma Max Bögl?
Die Firmengruppe Max Bögl ist ein international tätiges Bauunternehmen mit Sitz in der Oberpfalz. Es hat im Jahr 2000 die Halle des Cargolifters in Brand bei Berlin gebaut. Bögl war an der Transrapidstrecke in Shanghai beteiligt und hat die Technik seit 2010 weiterentwickelt, zum TSB - Transport System Bögl. Teststrecken für das TSB gibt es bereits auf dem Oberpfälzer Firmengelände in Sengenthal und in Chengdu in China. "Das System hat es verdient, dass man es in Berlin auf seine Machbarkeit hin anguckt", sagt Mobilitätsexperte Rainer Schwarzmann, der die Machbarkeitsstudie für das Verkehrsministerium erstellt hat. "Es ist jedenfalls keine Spielerei."
Sendung: rbb24 Abendschau, 22.11.2023, 19:30