Brandenburg - Neue Hundehalterverordnung kommt und niemand weiß genau, was drin steht
Anfang Juli soll in Brandenburg eine neue Hundehalterverordnung in Kraft treten. Doch viele Kommunen wissen noch immer nicht präzise, was das für sie bedeutet, was da auf sie zukommt. Viele reagieren verunsichert. Von G.-S. Russew
Brandenburg will zum 1. Juli seinen Umgang mit gefährlichen Hunden neu regeln. Hierzu erarbeitet das Innenministerium gerade eine neue Hundehalteverordnung, die zum 1. Juli in Kraft treten soll. Das verkündete Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) unlängst auf einer Tierschutzkonferenz in Potsdam.
Einzelheiten wurden bislang aber noch nicht bekannt. Ein Sprecher des federführenden Innenministeriums teilte rbb|24 auf Nachfrage am Donnerstag mit, "dass detaillierte Fragestellungen erst dann beantwortet werden, wenn die Hundehalterverordnung in Kraft getreten ist". Ein Interview sei zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.
Nur einzelne Eckpunkte bekanntgegeben
Auf der zweiten Tierschutzkonferenz am 22. Mai in Potsdam hatte Woidke vorab erklärt, dass die Rasseliste für Hunde in Brandenburg ab dem 1. Juli entfallen soll. Denn die Gefährlichkeit von Hunden werde nicht mehr aus einer bestimmten Rasse abgeleitet, unterstrich Woidke.
Bislang wurden gefährliche Hunde in zwei Listen-Kategorien [bravors.brandenburg.de] eingeteilt:
Zur ersten zählten bislang "Kampfhunde mit unwiderlegbarer Gefährlichkeit". Zu dieser Gruppe zählen Rassen wie der American Pitbull Terrier, der American Staffordshire Terrier, der Staffordshire Bullterrier, der Bullterrier und der Tosa Inu. Für diese Hunde besteht seit 2004 ein generelles Haltungsverbot. Dieses beinhaltete auch Kreuzungen aus diesen Rassen.
In die zweite Kategorie gehörten "Hunde mit widerlegbarer Gefährlichkeit". Auf der Liste stehen unter anderen der Alano, der Bullmastiff, der Cane Corso, der Dobermann, der Mastiff oder der Rottweiler. Diese Kategorie-2-Hunde sind gestattet, dürfen aber nicht gezüchtet werden. Mit einem Wesenstest konnten Halter die Gefährlichkeit ihres Hundes widerlegen.
Diese Einteilung stammt übrigens aus dem Jahr 2004. Zwanzig Jahre später soll nun der Systemwechsel erfolgen.
Lokale Behörden sollen mehr Spielraum erhalten
Woidke hatte auf der Tierschutzkonferenz Ende Mai in Potsdam zudem erläutert, dass die lokalen Behörden mehr Raum für die Einschätzung der Gefährlichkeit von Tieren erhalten sollen. Eine Kennzeichnungspflicht soll auf alle Hunde ausgeweitet werden. Bislang müssen alle gefährlichen Hunde, die in Brandenburg gehalten werden, am Halsband eine rote, kreisrunde Plakette deutlich sichtbar tragen [externer Link]. Zudem soll laut Woidke ein Verbot besonders aggressiver Zuchtlinien bestehen bleiben. An der Leinen- und Maulkorbpflicht für gefährliche Hunde soll ebenfalls nicht gerüttelt werden.
Kommunen verunsichert, dass kaum Infos zu den Neuregelungen haben
Das genauere Was, Wie und Wo blieb das zuständige Innenministerium bislang schuldig. Und das bereitet vielen Kommunen Kopfzerbrechen."Worauf sollen wir uns vorbereiten, wenn wir die Rechtsverordnung noch gar nicht kennen?", sagte Frankfurts Stadtsprecher Uwe Meier rbb|24. Wie es heißt, sollen die lokalen Ordnungsbehörden die Gefährlichkeit eines Hundes im Einzelfall bestimmen, aber Frankfurt (Oder) habe keine Experten für Verhaltensanalysen von Hunden. Meier fragte ironisch, ob Ordnungsamtsmitarbeiter ein betreffendes Tier jetzt reizen sollten, umzusehen was passiert.
Jedoch sei das Problem für Frankfurt auf den ersten Blick aber nicht akut. In der Oderstadt gebe es aktuell gerade sechs gemeldete gefährliche Hunde, so Meier.
Ähnlich äußerte sich auch Amtsdirektor Andre Nedlin aus Biesenthal (Barnim). Auch er wisse nichts Definitives, was die neue Hundehalterverordnung beinhaltet. Wenn nun neue Aufgaben auf Ordnungsbehörden zu kommen sollten, hätte Nedlin "gar keine Manpower". Auch den Städten Eberswalde und Wittenberge (Prignitz) liegt noch nichts Konkretes vor, wie es ab dem 1. Juli weitergehen soll.
Landkreistag findet es "ungewöhnlich"
Es sei schon ungewöhnlich, dass man wenig bis gar nichts über ein in wenigen Tagen in Kraft tretendes Gesetz weiß, sagte Landkreistag-Chef Johannes Wagner rbb|24. Im April hätte den Landkreistag ein Entwurf zur neuen Hundehalterverordnung erreicht und man habe dazu Stellung bezogen. Seitdem hätte Wagner nichts mehr dazu aus dem Innenministerium gehört.
Ähnliches erklärte der Städte- und Gemeindebund gegenüber rbb|24. In welchem Umfang der Verordnungsgeber die Hinweise des Städte- und Gemeindebundes aufgreifen wird, ist nicht bekannt, erklärte Geschäftsführer Jens Graf.
Der Städte und Gemeindebund hatte kritisiert, dass im Entwurf der Hundehalterverordnung die Eingriffsmöglichkeiten der örtlichen Ordnungsbehörden erheblich eingeschränkt werden sollen. Zudem wird erwartet, dass die Kosten des zusätzlichen Bürokratieaufwandes gedeckt werden.
Thema Sachkundenachweis?
Auch Panketals Bürgermeister Maximilian Wonke (SPD) habe es so erlebt. Ihm sei ein erster Entwurf der neuen Hundehalteverordnung vorgelegt worden. Generell könne er die Abschaffung der Rasseliste nachvollziehen. Kritisch zu bewerten sei aber, dass im Entwurf kein Sachkundenachweis ("Hundeführerschein") von Haltern gefordert wird. Durch die geplante Abschaffung der Rasselisten einerseits und der Verzicht auf einen generellen Sachkundenachweis andererseits werde laut Wonke die präventive Kontrolle der Hundehaltung in Brandenburg stark eingeschränkt.
Ob und wie das Innenministerium auf das Feedback reagiert, weiß Wonke nicht. Eine Rückmeldung hierüber habe der Bürgermeister nicht erhalten.
Das Thema Sachkundenachweis ist für Brandenburgs Landestierschutzbeauftragte Anne Zinke eine Herzensangelegenheit. Zumindest für große Hunde sollte ein solcher Passus in die neue Hundehalterverordnung. Obwohl Zinke am Entstehungsprozess der neuen Rechtsverordnung beteiligt war und für einen Sachkundenachweis geworben hat, wisse sie auch nicht, ob der Sachkundenachweis Einzug in die neue Hundehalterverordnung erfährt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.05.2024, 21:02 Uhr