Anschlag in Solingen - Woidke fordert Messerverbot, Wegner mehr Abschiebungen in Herkunftsländer

Mo 26.08.24 | 21:37 Uhr
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Menschen legen in der Nähe des Tatorts Blumen und Kerzen zum Gedenken der Opfer nieder am 26.08.2024. (Quelle: picture alliance/dpa/Thomas Banneyer)
Video: rbb24 Abendschau | 26.08.2024 | Studiogespräch mit Iris Spranger | Bild: picture alliance/dpa/Thomas Banneyer

Nach der tödlichen Messerattacke in Solingen wird über die politischen Konsequenzen diskutiert. Der Brandenburger Ministerpräsident Woidke setzt auf ein Messerverbot, für seinen CDU-Herausforderer Redmann reicht das nicht aus.

Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dringt nach dem tödlichen Messerangriff in Solingen auf ein Messerverbot. "Messer, gerade wenn sie zum Verletzen anderer hergestellt sind, gehören auf der Straße verboten", sagte Woidke.

Der Regierungschef zeigt sich offen für die Prüfung weiterer Verschärfungen. "Die Polizei braucht die Ermittlungsmöglichkeiten, die dafür nötig sind", sagte Woidke. Er äußerte sich aber nicht konkret. "Die Sicherheitsbehörden müssen jetzt ihre Arbeit machen."

"Kein Schutz für Straftäter"

Der SPD-Politiker fordert klare Kante gegen Islamismus: "Gegen Islamismus muss entschieden vorgegangen werden", sagte er. "Niemand darf Schutz in Deutschland bekommen, vor dem wir die Menschen schützen müssen." Woidke ist SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 22. September.

Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) will die Schaffung von Waffenverbotszonen vorbereiten, wie er den "Potsdamer Neuesten Nachrichten" (PNN) sagte. Im rbb forderte er zudem schnellere Abschiebungen von Menschen, die keinen Aufenthaltstitel in Deutschland haben. Ähnlich äußerte sich Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Sie erklärte in der rbb|24 Abendschau, die Bundesregierung sei hier in der Pflicht und müsse die entsprechenden Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Außerdem sei es derzeit schwer, die von Abschiebung bedrohten Menschen aufzusuchen, so Spranger. Sie würden oft in sozialen Medien gewarnt. Dagegen müsse der Staat vorgehen.

Redmann fordert mehr Befugnisse für die Polizei

CDU-Landeschef Jan Redmann sagte rbb24 Brandenburg aktuell am Sonntag, die Polizei brauche mehr Befugnisse, um islamistische Chatgruppen zu überwachen und schon im Vorfeld eingreifen zu können.

Zudem sollten Gefährder auch in Herkunftsländer wie Syrien und Afghanistan abgeschoben werden können, so Redmann. Eine Verschärfung des Waffenrechts, wie von der Bundesregierung geplant, sei Symbolpolitik und reiche nicht aus. Es gehe nicht um Messer, sondern um Islamisten.

Wegner: Grenzen besser schützen

Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) forderte ein konsequentes Durchgreifen des Rechtsstaates. Der Anschlag erschüttere ihn zutiefst, so Wegner in einem schriftlichen Statement gegenüber dem rbb.

Gleichzeitig forderte Wegner die Bundesregierung zum Handeln auf. Wer kein Recht auf Asyl habe, müsse Deutschland verlassen. Außerdem müssten die Grenzen endlich so vor illegaler Zuwanderung geschützt werden, wie es die Ministerpräsidenten von der Bundesregierung seit Monaten immer wieder forderten.

Bettina Jarrasch von den Berliner Grünen sagte dem rbb, es sei ein großer Fehler, dass nach jeder tragischen und gefährlichen kriminellen Tat, Aktionismus und Scheindebatten losbrächen. Was aber nicht getan werde, sei, die Polizei dabei zu unterstützen, geltendes Recht umzusetzen. Sie bezeichnete Messerverbotszonen als aktionistische Maßnahmen, die ihrer Meinung nach gezielte Straftaten nicht verhindern, sondern die Polizei zusätzlich belasten.

Grüne, Linke, AfD und Freie Wähler mit verschiedenen Forderungen

Der Brandenburger Linken-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat Sebastian Walter teilte mit, man müsse "die militanten Islamisteninfluencer vom Netz nehmen, ausländische Finanzierung für Moscheen kappen und all die stärken, die sich für die Demokratie einsetzen". Man dürfe nicht zulassen, dass weiterhin eine Flüchtlingskrise herbeigeredet werde, um Wähler am rechten Rand abzugreifen.

Eine Sondersitzung des Landtags einzuberufen, um über die Konsequenzen der Messerattacke in Solingen zu sprechen, forderte die Brandenburger AfD. Zudem müsse es lückenlose Grenzkontrollen geben und alle Nicht-EU-Ausländer, die keinen Pass oder Visum haben, müssten zurückgewiesen werden, sagte AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt dem rbb.

BVB / Freie Wähler forderten unter anderem die Abschiebung "von Tätern, Mittätern, Anstiftern oder Gehilfen von terroristischen Anschlägen auch in Kriegsgebiete nach dem Prinzip 'Wer Krieg in unsere Städte trägt, darf auch in Kriegsgebiete abgeschoben werden'".

Städtebund: Mehr Zusammenarbeit mit Polizei

Auch die Landesvorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), Amira Mohamed Ali, forderte einen härteren Kurs in der Asylpolitik. Zugleich verlangte sie am Montag im rbb24 Inforadio eine Überprüfung der Asylverfahren. Die Verfahren müssten beschleunigt werden und die Prozesse auf den Prüfstand. Es brauche Investitionen für mehr "entsprechende Sachbearbeiter". "Wir müssen darüber reden, dass Menschen, die ausreisepflichtig sind, Anreize bekommen auszureisen, und dass man sonst zur Not durchgreifen muss."

Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, der Wittenberger Bürgermeister Oliver Hermann (parteilos), hält mehr Schutz von Stadt- und Volksfesten für nötig. Eine stärkere Zusammenarbeit von Polizei und Ordnungsämtern sei gefragt, sagte er den "PNN".

Faeser plant schärferes Waffenrecht

Bei dem Angriff auf einem Stadtfest in Solingen [tagesschau.de] hatte ein Mann am Freitag drei Menschen getötet. Acht weitere Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, ist in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) plant eine Verschärfung des Waffenrechts, darunter ein Umgangsverbot für gefährliche Springmesser. Auch die Grünen dringen auf ein schärferes Waffenrecht und ein Verbot zum Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit.

 

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 25.08.2024, 19:30 Uhr

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13 Kommentare

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  1. 13.

    Was heißt hier versagt? Niemand kann alles zu 100% kontrollieren. Täglich passieren Tragödien, Straftaten, Gewaltdelikte, seit Jahrtausenden. Das kann kein politisches System komplett verhindern. Einzelne könnem bestraft werden, Aufklärung verbessert werden etc. Aber "versagt"? Vielleicht haben auch die Nachbarn "versagt" etwas zu merken? Wer kann schon in den Kopf einer Person hineinsehen? - Sie versuchen populistisch "die Politik" zum Sündenbock zu machen. Selbst in Diktaturen gibt es Verbrechen. Machen Sie den Täter verantwortlich und hören Sie auf andere zum Sündenbock zu erklären. Einfach nur widerlich!

  2. 12.

    Das sehe ich auch so.
    Vor allem: Von Politkern erwarte ich dass sie handeln, nicht dass sie fordern.
    Fordern sollte, dürfte, müsste der Wähler, und die Politik habe den Forderungen bzw. dem Wählerwusch nachzugehen.
    Aber nach dem Kreuz auf dem Wahlzettel ist der Wähler letztlich entmündigt.

  3. 10.

    Vorweg: Der Anschlag ist ein grausames Verbrechen, den Opfern und den Angehörigen möchte ich mein Beileid aussprechen. Der Täter muss verurteilt und die Radikalisierungstruktur ermittelt und unschädlich gemacht werden.
    Jetzt zum Wahlkampf: Eine Tat eines einzelnen Täters in Solingen zu einem Wahlkampfthema für Landtagswahlen im Osten auszuschlachten, ist von den Medien und Politikern einfach verantwortungslos! Die Länder haben große Zukunftsherausforderungen: Arbeitskräfte, Arbeitsplätze, Klimawandel, Überalterung, Wohnraum indem Städten. Jetzt kurz vor der Wahl das Thema Sicherheit hochzujazzen ist fahrlässig. Und für das Problem von Messerstechern gibt es kaum eine Lösung (außer Ermittlungen im Vorfeld, Kontrolle extremistischer Strukturen, Therapien für Traumatisierte, Abschaltung von Desinformationskanälen auf Telegramm etc.). Wer will denn alle Menschen in der Öffentlichkeit auf Messer kontrollieren? Geht logistisch und vom Personal her nicht. Es wird nie 100% Sicherheit geben.

  4. 9.

    "...fordert Messerverbot in der Öffentlichkeit." Häh??? Davon werden sich Menschen, die mit Messern in der Gegend umherlaufen bestimmt nicht aufhalten lassen. Wie soll das denn kontrolliert werden? Wer will sehen, wenn ich ein Messer in meiner Handtasche trage. Das KANN man garnicht kontrollieren...

  5. 8.

    Ich bin auch frustriert. Es kann doch nicht sein, dass man nur noch mit Angst durch die Gegend laufen kann.
    Wann wird wirklich endlich etwas für die Sicherheit getan? Aus der Politik hört man immer dasselbe bla,bla.
    Nach 3 Tagen ist es wieder vergessen.
    Das Problem sind auch nicht die Messer, sondern die Leute, die sie tragen und benutzen.

  6. 7.

    Ach, jetzt auf einmal dämmert es langsam ? Warum denn nicht früher ?

  7. 6.

    Wie immer alles nur bla bla seitens der Regierung. Ändern wird sich leider überhaupt nichts. In ein zwei Tagen geht’s zurück zur Tagesordnung.

  8. 5.

    Ich bin einfach nur noch voller Frust!!!
    Diese Politik hat völlig versagt und da ist es völlig egal welche Farbe die Regierung hat.
    Ich stehe vor dem Wahlzettel und bin auch nicht mehr bereit, dass kleinste Übel zu wählen so wie ich es die letzten Jahre immer wieder gemacht habe.

  9. 4.

    Auf mich wirkt die SPD auf Bundes- und Landesebene bei den Forderungen gehemmt.
    Ich habe nie CDU gewählt und möchte es auch weiterhin nicht. Aber bisher stimme ich nahezu allen CDU-Forderungen, auch denen von Merz, komplett zu.
    Das Thema Abschiebungen ist spätestens seit dem vollmundigen Scholz-Zitat in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es wird endlich ohne ideologische Vorwürfe debattiert.

  10. 3.

    Immer wenn ich lese "Politiker fordert" weiß ich dass ich nichts zu erwarten habe. Von Politkern erwarte ich dass sie handeln, nicht dass sie fordern.

  11. 2.

    Messerverbot? Nicht die Messer sind das Problem!

  12. 1.

    Zynisch formuliert wird jetzt die Ernte eingefahren für die Ereignisse ab 2015. Die AFD im Osten die stärkste Partei und deutschlandweit bei ca. 20%. Das Bündnis um die Rosa Luxemburg- Kopie bei 15% und Ereignisse wie dieses werden das noch weiter treiben. Es ist höchste Zeit für die verantwortlichen Parteien sich ehrlich zu machen, begangene Fehler einzugestehen und schnellstmöglich zu korrigieren - wenn es dafür nicht schon zu spät ist,

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