Kommentar | Beschluss im Abgeordnetenhaus - Haushalts-Wahrheit gibt es bei Schwarz-Rot nur scheibchenweise

Do 19.12.24 | 13:50 Uhr | Von Jan Menzel
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Franziska Giffey (SPD), Wirtschaftssenatorin, und Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, sitzen am 19.12.2024 während einer Sitzung im Abgeordnetenhaus. (Quelle: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen)
Bild: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen

Drei Milliarden Euro – so viel hat die schwarz-rote Koalition in Berlin aus ihrem hoffnungslos überbuchten Landeshaushalt gestrichen. Der Nachtragshaushalt ging nun durchs Abgeordnetenhaus. Doch das dicke Ende kommt erst noch, kommentiert Jan Menzel.

Kai Wegner hat eine große Chance so fahrlässig vertan, dass man nur mit den Ohren schlackern kann. Während draußen vor dem Parlament tausende gegen Kürzungen demonstrierten, lobte sich der Regierende Bürgermeister im Plenarsaal dafür, dass nun mit einem Jahr Verspätung ein ordentlicher Haushalt vorliegt, und sich die schwarz-rote Koalition darüber nicht im Streit zerlegt hat. Mehr noch: Wegner verstieg sich sogar dazu, das Berliner Haushalts-Gewurschtel als Modell für andere Bundesländer und den Bund zu empfehlen.

Nur mal zur Erinnerung: Seine schwarz-rote Koalition hat die Stadt über Monate im Unklaren gelassen, wo der Sparhammer genau zuschlagen wird. Dann wurde in einem Last-Minute-Verfahren hier und da mehr oder minder willkürlich nachgebessert. Im Ergebnis bleibt es aber bei Milliarden-Kürzungen, die vieles kaputt machen werden: Jobs, auch Institutionen, Projekte, wichtige soziale Angebote und auch jegliche Visionen.

Luftbuchungen, ungedeckte Schecks - und das Prinzip Hoffnung

Dabei ist es richtig, ja unvermeidbar: Die Ausgaben müssen wieder auf ein Normalniveau sinken. Berlin hat in den letzten Jahren krass über seine Verhältnisse gelebt. Milliarden und Aber-Milliarden, die die Stadt gar nicht hat, wurden ausgegeben, um durch die Krisen dieser Zeit zu kommen. Immer mehr und immer weiter Schulden zu machen, als gäbe es kein Morgen, ist keine verantwortungsvolle und auch keine zukunftsgerichtete Politik.

Gerade weil die Opposition sich vor dieser unbequemen Schulden-Wahrheit drückt, wäre die Regierungserklärung für Wegner eine Chance gewesen, der Stadt seinen Kurs zu erklären und sie auf den schwierigen Weg mitzunehmen. Zumal so wie Schwarz-Rot es macht, der Schrecken noch längst kein Ende hat. Überall in der Haushaltsrechnung von CDU und SPD schlummern trotz der Kürzungen noch Luftbuchungen, ungedeckte Schecks und das Prinzip Hoffnung. Viele Träger von Bildungs- und Sozialangeboten müssen sich weiter berechtigte Sorgen machen, dass sie den Tod auf Raten sterben, weil Gelder nur noch quartalsweise bewilligt werden.

Davon war beim Regierenden Bürgermeister aber nichts zu hören. Stattdessen setzte er das schwarz-rote Muster fort: Haushalts-Wahrheit und -klarheit gibt es nur scheibchenweise.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.12.2024, 14 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

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13 Kommentare

  1. 13.

    In Berlin wird doppelt so viel für Kultur ausgegeben als unter Wowereit!
    Herr Lederer hat das Budget extrem hochgetrieben und jeden „Kulturverein“ mit Geld beglückt. In welcher Weltstadt gibt eigentlich der Staat mehr Geld zu seiner Wirtschaftsleistung aus! 10% des Berliner Haushaltest kommt aus dem Finanzländerausgleich! Kindergarten umsonst, Grundschulessen umsonst, Häuserkauf etc. im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern/Kommunen! Berlin muss sich mal entscheiden was geht und was nicht.

  2. 12.

    Die cDU spart ja nicht, sie lässt das Geld "nur" ihren "Spendern" zukommen und spart sich das Geld dafür bei Sozialen und Kultur ein.

    cDU halt.

  3. 11.

    Berlin glänzt erneut als Meister der Illusion: Geld ausgeben, das man nicht hat, und verschwenderisch umgehen mit dem, was einem nicht gehört – das kann die Hauptstadt wie keine andere. Statt wirtschaftlicher Vernunft gibt’s Kürzungen ohne Plan, verpuffte Steuermilliarden und leere Kassen. Berlin zeigt: Über seine Verhältnisse leben ist kinderleicht, solange andere die Rechnung zahlen.

  4. 10.

    Es wurde eben nicht evaluiert, welche Ausgaben sinnvoll und welche überflüssig sind. Sonst hätte man z. B. nicht die Streichung des Ausgleichs für Tariferhöhungen der Beschäftigten von Freien Trägern zurück nehmen müssen. Oder einen Teil der Kürzungen bei den großen Kulturbetrieben. Es wurde nicht priorisiert, auch nicht danach entschieden, ob Kürzungen heute zu Mehrausgaben in der Zukunft führen. Das ist keine nachhaltige Haushaltspolitik, dafür braucht sich Herr Wegner nicht selbst zu loben.

  5. 9.

    Wowi war immer ehrlich , wat iss aus Berlin nur geworden.

  6. 8.

    Wenn ich als Radfahrer durch meinen Bezirk fahre, bin ich dankbar für das bisschen, was immerhin unter dem Vorsenat an Verbesserungen für die radfahrenden Verkehrsteilnehmer verbessert wurde. Ich finde die Prioritätensetzung von CDU und SPD, für Peanuts (Einsparungen im einstelligen Millionenbereich) signifikante Verbesserungen für Radfahrer und auch im ÖPNV (Planungen neuer Strab-Linien) umzusetzen als verbohrte Klientelpolitik autoabhängiger Menschen, denen selbst grundlegende mathematische Zusammenhänge zu verstehen nicht möglich sind. Und das - natürlich - von jenen, die anderen immer "Ideologie" vorgeworfen haben, dabei offenbar nicht ganz genau wussten, was das bedeutet; damit allerdings verbohrte Klientelpolitik meinten. Ein trauriger Haufen.

  7. 7.

    Dann müssen die Leute einfach mal mehr Eintritt bezahlen statt immer nur alles auf Kosten der Allgemeinheit für Umme haben zu wollen. Oder die Kulturschaffenden müssen Spenden einsammeln, wenn Sie den Preis nicht anheben wollen. Das ist doch ganz einfach: Priorisieren bedeutet, dass man erst einmal die Infrastruktur, Straßen, ÖPNV und Sicherheit solide finanziert haben muss. Dann kann man sich Luxusausgaben leisten. Immer nur von Subventionen zu leben, reicht heute nicht mehr aus. Es muss wieder mehr Wert auf Leistung gelegt werden.

  8. 6.

    Die Politiker könnten die Einsparungen bei den Bürgern verständlicher machen , wenn Sie bei sich selbst sparen würden . Wozu brauch jeder Bezirk einen Bürgermeister ? In der oberen Etage der Verwaltung gibt es genug Potenzial zum sparen.

  9. 4.

    Es wird an den falschen Stellen (Kultur!) gespart. Ich weiß, Ihnen ist Kunst und Kultur egal, aber der mehrheit der Deutschen nicht, denn wir waren mal das Land der Dichter und Denker. Würde die sogenannte Afd ,,die Macht ergreifen, wie ihr Vorbild in den 20ern, würden wir das Land der Richter und Henker. Kunst und Kultur ist nichts für die Elite , sondern fürs deutsche Volk. Die sogenannte afd hat Angst vor Kunstfreiheit und Kritik!

  10. 3.

    In der Vergangenheit wurde selten genau hingeschaut und evaluiert, was zu ineffizientem Mitteleinsatz führte in Berlin führte. Daher war es in vielen Bereichen sinnvoll, eine sorgfältige Prüfung und Priorisierung der Projekte vorzunehmen, um sicherzustellen, dass öffentliche Gelder sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden.

  11. 2.

    Es ist gut, dass die CDU mit der SPD zusammen jetzt in Berlin spart. Ein weiter so wäre das falsche Signal. Wer Berlin nicht mehr dufte findet kann ja woanders hinziehen. Es gibt sicherlich noch viel Potenzial in Lauchhammer und jwd.

  12. 1.

    Und was sagt uns das? Je mehr man sich von der Wahrheit entfernt, desto einfacher ist es den Fusch als vorbildliche Politik zu verkaufen. Soweit das Auge recht sieht man nur noch Poller und Abgrenzungen für Radwege, man sieht Wort wörtlich Rot wenn man durch die Stadt fährt, und das soll es noch nicht gewesen sein!! Das will man den Bürgern als Beruhigungspillen verkaufen, als wären wir alle verrückt und würden nicht mehr begreifen was hier in dieser Stadt los ist. Defacto gar nichts, Stillstand, als wäre alles Schockgefroren. Noch kein versprechen wurde eingehalten, selbst Verwaltungen haben sich noch verschlechtert, obwohl die so wichtig sind bei all den Behördenwahnsinn.

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