Spar-Haushalt in Berlin - 17 Millionen weniger für die Bäderbetriebe - Auswirkungen unklar

Fr 06.12.24 | 14:35 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Archivbild: Stadtbad Neukölln am 23.04.2014. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Audio: rbb24 Inforadio | 06.12.2024 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Die Berliner Bäderbetriebe sollen im Zuge der Haushaltskürzungen 17 Millionen einsparen. Das ist viel angesichts großen Sanierungsbedarfs und Plänen von Neubauten. Doch Klarheit darüber, wo gekürzt werden soll, fehlt. Von Sebastian Schöbel

Bei diesen Zahlen mussten die Verantwortlichen bei den Berliner Bäderbetrieben ganz schön schlucken: zwei Millionen weniger für Sanierung und Instandhaltung. Und nochmal zwei Millionen Euro weniger für Investitionen. Und die 13 Millionen Euro, die in die Rücklage gehen sollten, sind auch gestrichen. Auf Nachfrage des rbb gibt sich eine Sprecherin der Bäderbetriebe trotzdem diplomatisch: Man werde das bei der Planung "berücksichtigen" und versuchen, das Angebot "stabil zu halten".

Auf die Frage, wo genau gespart werden soll, bleibt die zuständige Staatssekretärin für Sport, Franziska Becker, wortkarg. "Es wird hochwahrscheinlich Verschiebungen geben", teilte Becker dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses mit. Diese werde man mit dem Aufsichtsrat der Bäderbetriebe im März 2025 besprechen. "Mehr kann ich dazu heute nicht sagen."

Opposition kritisiert unklare Kürzungen

Die Kürzungen im Haushalt werden bis dahin allerdings längst final beschlossen sein – was vor allem die Opposition mächtig auf die Palme bringt. "Ich finde das unmöglich", sagt die Haushaltsexpertin der Grünen, Silke Gebel, dem rbb. Von Regierungsseite werde nicht gesagt, "auf welcher Grundlage sie diese 17 Millionen vorgeschlagen haben, ob das zu gravierenden Einschränkungen beispielsweise beim Schulschwimmen oder bei den Olympiavorbereitungen der Schwimmer:innen oder anderen Sportler:innen führt".

Dabei stünden zahlreiche Projekte auf der Sanierungs- und Neubauliste, so Gebel. "Da herrscht absolute Konzeptlosigkeit." Auch AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker ist sauer: "Bevor ich eine Einsparsumme in einen Haushalt einstelle, muss ich mir doch veritable Gedanken machen, was ich genau damit vorhabe." Das aber sei offenbar nicht geschehen, so Brinker, stattdessen hantiere der Senat "mit Luftnummern".

Finanzierung notwendiger Baumaßnahmen ungeklärt

Tatsächlich haben die Bäderbetriebe laut einer internen Auflistung, die dem rbb vorliegt, zahlreiche Baumaßnahmen beim Senat angemeldet – und bei vielen davon ist die Finanzierung teilweise oder komplett ungeklärt. Dazu gehören langfristig geplante Neubauten wie das Kombibad Kienberg in Marzahn-Hellersdorf und das Multifunktionsbad in Pankow. Auf der Liste stehen aber auch Sanierungen bestehender Bäder, wie das Stadtbad Charlottenburg, das Kombibad Mariendorf oder das Sommerbad Humboldthain.

Geplant waren in diesem und im kommenden Jahr insgesamt sechs neue Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von fast 150 Millionen Euro. Dazu kommen zahlreiche Vorhaben, die schon laufen. Durch die Kürzungen drohen nun "wesentliche Einschnitte bei Wasserzeiten und Instandhaltung", so die Bäderbetriebe. Die für den aktuellen Doppelhaushalt angemeldeten Baumaßnahmen seien "nur in sehr begrenztem Umfang bestätigt" worden. Es drohen "deutliche Verzögerungen in der Umsetzung" und große Unklarheiten bei der strategischen Planung ab 2026.

Paracelsusbad, Spucki - dringend gebraucht, aber geschlossen

Ohne Klarheit über die Auswirkungen der Einsparungen schießen nun die Spekulationen ins Kraut. Hinter vorgehaltener Hand wurde zum Beispiel schon die Sanierung und Erweiterung des Paracelsusbades in Reinickendorf in Frage gestellt. Hier stehen immerhin 7,3 Millionen Euro zu Buche. Landet das denkmalgeschützte Bad am Ende auf der Streichliste? "Das halte ich für ausgeschlossen", insistiert der Reinickendorfer SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter. Die Sanierung sei weit vorangeschritten und das zusätzliche Außenbecken, das neu entstehen soll, werde dringend gebraucht. "Was haben wir denn in Reinickendorf sonst noch für Möglichkeiten? Das Bad fehlt jetzt schon so lange, für Schulsport, Vereinssport und Leute, die einfach nur schwimmen wollen", so Stroedter. "Wir brauchen unbedingt für junge Familien, für Kinder auch ein Angebot."

Ganz ähnlich klingt das aber auch bei Cerstin Richter-Kotowski, wenn man sie nach der Sanierung des geschlossenen Sommerbades "Spucki" in Lichterfelde fragt. Das ist seit 2022 dicht, wird aber gerade für Familien im Bezirk dringend gebraucht, sagt sie Bezirksstadträtin. Öffentliche Bäder gebe es natürlich in allen Bezirken viel zu wenige, räumt Richter-Kotowski ein. Dass das "Spucki" am Ende einfach nicht wichtig genug ist, um vor dem Rotstift bewahrt zu werden, sei eine reale Gefahr. "Das ist eine Befürchtung, ja. Aber es sind doch nur fünf Millionen Euro, vielleicht findet man die ja noch für unser Spucki."

Die Opposition im Abgeordnetenhaus hat den Senat derweil aufgefordert, mit klaren Ansagen zu Kürzungen bei den Bäderbetrieben nicht bis zum März 2025 zu warten: Man erwarte Auskunft dazu, bevor der Nachtragshaushalt am 19. Dezember beschlossen wird.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.12.2024, 7:00 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

21 Kommentare

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  1. 21.

    Natürlich kann man das vergleichen. Oder welches Gesetz ist es, das vorschreibt, dass man sich in Stadtstaaten im Schwimmbad auf die Füße treten muss?

  2. 20.

    Genau! Weg mit den Spießern und mehr Kunst/Kultur! Das Leben ist nicht nur zum arbeiten da, nur Deppen schuften sich kaputt!

  3. 19.

    Wie ich schon sagte: Rin inne Kartoffeln, raus aus de Kartoffeln. Der unfähigste Senat aller Zeiten wurschtelt weiter vor sich hin.

    Schade dass komplette Unfähigkeit kein Grund für Neuwahlen sind. Wirklich schade.

  4. 18.

    Wenn wir in der Oper oder der Elbphi sind, wird zugehört und sich nicht mit den Nachbarn ausgetauscht.

  5. 17.

    stattdessen hantiere der Senat mit Luftnummern – das ist ja wie bei der Einführung von Hartz4.
    Auch da hat erst das BVerfG verwundert rückgefragt und erstaunt festgestellt, dass mit völlig unzulässigen "Schätzungen ins Blaue hinein" mal eben so Pi x Daumen festgelegt wurde, was eine Existenz denn zum Überleben so brauche.
    Erst danach wurde methodisch der Bedarf ermittelt, nun als Bürgergeld etikettiert. Letztlich nur dem BVerfg/GG folgend.

  6. 16.

    ....was Ihre Synapsen in Ihrem Gehirn für Verbindungen aufbauen und was bei Ihrem Gehirn dabei als Ergebnis herauskommt. Ich komme bei dem Kommentar von 'Luna' jedenfalls zu anderen Schlussfolgerungen als Sie.

  7. 15.

    Genau! Weg mit den Spießern und mehr Kunst/Kultur! Das Leben ist nicht nur zum arbeiten da, nur Deppen schuften sich kaputt!



  8. 14.

    Seit unendlichen Zeiten fehlt in Marzahn-Hellersdorf ein Sommerbad. Die Menschen behalfen sich immer wieder in den heißer werdenden Sommermonaten, indem sie Abkühlung und Badespaß im Biesdorfer Baggersee suchten - trotz Badeverbots. Der Bezirk investierte 90.000 €, um den See badeuntauglich zu machen. Soll nun wieder weiter gespart werden? Welch ein Widersinn.

  9. 13.

    Genau. Nur Arbeiten & dann in den eigenen Spießergarten, fertig ist das Leben. Zum Glück gibt es sehr viele andere Menschen, die höhere geistige Ansprüche haben. Dazu gehört Kunst & Kultur. Sie trägt dazu bei, dass Menschen zusammenkommen, Freude haben, sich sozialisieren, austauschen, ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln. Daran & an Bildung, an unseren Kindern sowie sozialen Einrichtungen kann nicht gespart werden. Was sollte das auch für eine arme, kalte Welt sein.

  10. 12.

    In Hamburg gibt es 19 Hallenbäder.
    Man kann die Dichte der Bäder in Stadtstaaten nicht mit den Flächenländern vergleichen, in dem jede Kreisstadt ein defizäres Bad betreibt ,sofern nicht schon aufgegeben.

  11. 11.

    Berlin hat sowieso schon deutschlandweit die niedrigste Zahl an Schwimmbädern pro Kopf, vielleicht noch mit Hamburg. In Brandenburg gibt es doppelt so viele, in Thüringen oder Baden-Württemberg sogar vier- bis fünfmal. Es kann doch nicht sein dass immer nur in der Breite gespart wird, auf Kosten der allgemeinen Lebensqualität? Wenn man sich anschaut wofür dann plötzlich -zig Milliarden da sind, bekommt man einfach nur das Ko...

  12. 10.

    Die Verteilung der Gelder sind doch für Security ausgegeben worden. Ein Kuchen und der muss aufgeteilt werden.

  13. 9.

    Genau! Und was soll man auch machen? Vielleicht die Gebühren fürs Anwohnerparken erhöhen? Straßenbauprojekte streichen? Diäten und Parteienfinanzierung kürzen? Dann doch lieber ein paar Menschen ertrinken lassen. Im nächsten See, ohne wachende Rettungsschwimmer. Sparen heißt sparen (und auf diese Weise wird ja dann vielleicht auch die eine oder andere Wohnung frei, gell?).

  14. 8.

    Es geht auch ohne.... was sind Sie denn für Einer. Haben Sie in einem See um Berlin schwimmen gelernt? Gar sind Sie Nichtschwimmer. Wo bleibt der Schwimmunterricht??? Zu meiner Zeit stand der Schwimmlehrer am Beckenrand mit einer Bambusstange. Die hat mir die Angst genommen vom Startblock ins Wasser zu springen. Haben Sie selbst Kinder? Gespart wird überall, aber wieder mal an der falschen Stelle, nämlich bei den Kindern und Jugendlichen an ihrer Entwicklung.

  15. 7.

    Es muss mehr über Jahreskarten gehen. Da kann man dauerhaft die Einnahmen steigern. Vielleicht sollte man auch mal in Hamburg schauen, wie die das machen, weil gefühlt die städtischen Bäderbetriebe dort besser in Schuss sind als in Berlin.

  16. 5.

    Das klingt nach einer Sozialphobie und Angst vor natürlichen Gewässern. Spaß beiseite, es geht auch ohne. Was nicht finanziert werden kann, muss weg. Andere hatten noch nie in der Nähe ein Schwimmbad und leben auch.

  17. 4.

    Für viele Berliner ist es nicht so einfach „an einen See“ zum Baden zu kommen. Die liegen ja auch nicht grad um die Ecke. Mal abgesehen davon, dass man an den Seen auch nur im Sommer baden kann - wobei da oft schon unappetitlich viel los ist, Angefangen von vielen Badegästen bis hin zu eher zweifelhaften Wasserqualitäten nach einigen heißen Tagen.
    Schwinmbäder sind dagegen recht gut verteilt innerhalb der Stadt und oft auch im Winter offen.

  18. 3.

    Es geht auch ohne. Alle Menschen vor uns haben auch ohne Bäder überlebt. Es ging einfach an den nächsten See. So einfach ist es. Und die Welt ging auch nicht unter, die Menschen konnten schwimmen und waren glücklich.
    Aber ständig daheim die Welt untergehen zu sehen, macht krank und unglücklich, mit und ohne Schwimmbad.

  19. 2.

    Dann lieber der Kulturszene die Gelder kürzen.

  20. 1.

    Unverantwortlich! Immer mehr Menschen können nicht schwimmen. Schwimmbäder (nicht "Spaßbäder") gehören aus meiner Sicht zu der absolut notwendigen Infrastruktur - auch weil Schwimmen für alle Altersgruppen eine sehr gesunde Sportart ist. Berlin ist hier schon lange unterversorgt.

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