Berliner Sportanlage - Initiative will Planungsverfahren für Jahn-Sportpark wiederholen lassen
Die finalen Pläne für den Jahn-Sportpark sehen einen kompletten Abriss und Neubau des Stadions vor. Doch eine Bürgerinitiative will das Planungsverfahren neu aufrollen, weil im Realisierungs-Wettbewerb wichtige Unterlagen gefehlt hätten. Von Lukas Witte
Eigentlich war die Zukunft des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks längst besiegelt. Im Dezember vergangenen Jahres stellte der Berliner Senat auf einer Pressekonferenz den finalen Entwurf für die Umgestaltung des Geländes in Prenzlauer Berg zu einer inklusiven Vorzeige-Sportstätte vor. Das Konzept stammt von zwei Architekturbüros, die sich in einem mit 180.000 Euro prämierten Wettbewerb gegen die Mitbewerber durchsetzen konnten. Im Zentrum der Planung steht dabei der komplette Abriss und Neubau des Stadions. Doch genau das will die Bürgerinitiative Jahn-Sportpark nun doch noch verhindern und fordert eine Wiederholung des Realisierungs-Wettbewerbs.
Fehlten wichtige Pläne und Unterlagen?
Laut der Bürgerinitiative hätte die Senatsverwaltung den Teilnehmern des Realisierungs-Wettbewerbs nicht alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt. Es hätten wichtige Bestandspläne und Unterlagen gefehlt. "Schon vor dem Wettbewerb waren wir damit konfrontiert, dass die Bestandsunterlagen sehr lückenhaft und dürftig waren. Die Senatsverwaltung hat immer gesagt, dass es nichts anderes geben würde", erklärt Philipp Dittrich. Der Architekt ist Mitglied der Bürgerinitiative, die sich seit drei Jahren gegen den Abriss der Haupttribüne des Stadions wehrt.
Zu Beginn hätte man noch darauf vertraut, dass die Senatsverwaltung selbst recherchiert hätte und es tatsächlich nicht mehr Pläne und Unterlagen geben würde. "Während des Wettbewerbs haben wir dann eine Rechercheanfrage an das Bundesarchiv gestellt und erfahren, dass es ziemlich viele Fundstellen gibt. Wir haben dann Einsicht genommen und waren schon ziemlich erschüttert, wie viele Unterlagen es da gab", erklärt Dittrich.
So seien vor allem Grundrisse und Schnitte mehrerer Stockwerke des vier Etagen großen Haupttribünengebäudes und sämtliche Pläne und Dokumente zu den Flutlichtmasten den Wettbewerbs-Teilnehmern nicht zur Verfügung gestellt worden. Die Bürgerinitiative wirft der Senatsverwaltung vor, lediglich vereinfachte Pläne aus dem Brandschutzkonzept ausgegeben zu haben.
Laut Dittrich hätten die vorgelegten Unterlagen viele der Architekturbüros davon abgehalten, einen Erhalt der Haupttribüne des Stadions überhaupt in Erwägung zu ziehen, weil dieser nach zu kompliziert sei. "Wenn man in Wettbewerb mit anderen Büros steht, die aufgrund der Unterlagen von vornherein sagen, dass sie abreißen und neu bauen wollen, dann hat man auch einen zeitlichen Nachteil, wenn man den Erhalt möchte", sagt er. Nur drei der 24 Teilnehmer hätten in ihren Konzepten einen Erhalt der Haupttribüne vorgeschlagen.
Bausenator bestreitet die Vorwürfe
Bei einer Fragestunde im Abgeordnetenhaus wies der Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen Christian Gaebler (SPD) die Vorwürfe vehement zurück. "Wir haben die Unterlagen zur Verfügung gestellt, die auch dem Betreiber des Geländes zur Verfügung standen und die auch bisher immer Grundlage der Überlegungen, Diskussionen und Planung waren. Deshalb sind wir davon ausgegangen, dass keine weiteren Pläne an dieser Stelle vorliegen oder erforderlich sind."
Man sei zudem der Auffassung, dass die vorgelegten Pläne den Architektinnen und Architekten ausreichende Grundlage gegeben habe. Außerdem hätten sich diese auch vor Ort ein Bild von den Gegebenheiten gemacht. Aus diesem Grund hätte es auch keine Nachfrage beim Bundesarchiv gegeben, welche weiteren Pläne und Dokumente zum Jahn-Sportpark zur Verfügung stehen würden. "Wenn wir bei jedem Vorhaben sämtliche Archive der Republik abfragen würden, würden wir nicht sehr weit kommen mit unseren Verfahren", fügt der Bausenator hinzu.
Eine Wiederholung des Wettbewerbs hält er deshalb nicht für nötig. "Aus unserer Sicht ist das Verfahren rechtskonform und alle relevanten Unterlagen waren der Auslobung beigelegt. Es gab auch keine Rüge von anderen Wettbewerbsteilnehmenden. Insofern gehen wir davon aus, dass dieser Vorwurf etwas konstruiert ist und eher darauf abzieht, das Verfahren weiter zu verzögern", kritisiert Gaebler die Bürgerinitiative.
Abrissarbeiten sollen nächstes Jahr beginnen
Dittrich widerspricht diesem Vorwurf. "Wir haben kein Interesse daran, das zeitlich zu verzögern, sondern nur daran, stadtbild-prägende Bauten zu erhalten und etwas für den Klimaschutz zu tun", sagt er. Aus seiner Sicht hätte sich die Senatsverwaltung zwingend beim Bundesarchiv über die verfügbaren Pläne und Unterlagen erkundigen müssen. "Das gehört einfach zu einer seriösen Grundlagenermittlung. Unabhängig davon, ob man Interesse am Bestandserhalt hat oder nicht. Auch wenn man abreißt, will man ja wissen, was man da eigentlich abreißt."
Er wirft der Senatsverwaltung vor, noch nie ein wirkliches Interesse an der Bestandserhaltung des Stadions gehabt zu haben und deshalb gar nicht erst nach den Unterlagen gesucht zu haben. Mit den neuen Erkenntnissen will die Bürgerinitiative nun weiter gegen den Abriss und Neubau des Jahn-Stadions kämpfen und prüft derzeit die nächsten Schritte.
Viel Zeit bleibt allerdings nicht. Derzeit wird bereits die Ausschreibung der Schadstoffentsorgung vorbereitet, in welcher noch im vierten Quartal dieses Jahres ein Unternehmen für die Aufgabe gefunden werden soll. Bereits im kommenden Jahr soll es dann die ersten Abrissarbeiten geben. Nach den Plänen des Siegerentwurfs des Realisierungs-Wettbewerbs soll danach für mehr als 110 Millionen Euro eine neue Arena gebaut werden, die Platz für 20.000 Menschen bietet.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.07.2023, 14:30 Uhr