Interview | Alba-Managerin Svenja Brunckhorst - "Spielerinnen sehen, dass Alba Berlin eine gute Adresse für Frauen-Basketball ist"
Profispielerin im 3x3-Basketball, Nationalmannschaftskapitänin, neue Managerin für Mädchen- und Frauenbasketball bei Alba Berlin - Svenja Brunckhorst hat viel zu tun. Ein Gespräch über ihren sportlichen Spagat, Olympiaträume und die Zukunft des Frauen-Basketballs.
Es war eine Verpflichtung mit Vorlauf, die Alba Berlin im August in Person von Svenja Brunckhorst tätigte. Die 31-Jährige wird Albas neue Managerin für Frauen- und Mädchenbasketball – zunächst noch nebenbei, ab kommendem Sommer dann in Vollzeit. Bis dahin ist Svenja Brunckhorst hauptberuflich Profispielerin. Sowohl im 3x3 als auch im "normalen" Basketball hat die Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft schließlich gute Aussichten auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Ein Telefonat über diesen spannenden Spagat, Brunckhorsts wertvolle Kontaktliste sowie die Probleme und Chancen des Frauen-Basketballs in Deutschland.
rbb|24: Frau Brunckhorst, wo erwische ich Sie gerade?
Svenja Brunckhorst: Ich bin gerade in Kalifornien und sitze in der Sonne. Wir hatten beim 3x3 zuletzt eine sehr lange und intensive Saison, die Mitte September zu Ende ging. Jetzt gönne ich mir ein bisschen Urlaub.
Angesichts ihrer beruflichen Doppelbelastung scheint der wohlverdient. Wie muss ich mir Ihren Alltag als Profispielerin und neue Managerin für Frauen- und Mädchenbasketball bei Alba vorstellen?
Nach dem Urlaub geht’s ganz normal in Hannover weiter, wo wir unseren Bundesstützpunkt für 3x3-Basketball haben. Da bin ich vor zwei Jahren mit ein paar weiteren Spielerinnen hingezogen und seitdem trainieren wir dort tagtäglich. Und bei Alba versuche ich jetzt, peu à peu ein paar Projekte, die Abläufe und die Menschen kennenzulernen. Es macht den Transfer nächsten Sommer natürlich einfacher, wenn ich schon integriert bin. Ich versuche auch, so oft wie möglich zu den Spielen nach Berlin zu fahren, wenn ich ein Wochenende frei hab. Aber erstmal nur so, wie es in meinen Trainingsrhythmus passt.
Wie ist denn die Idee entstanden, nach ihrem eigenen Karriereende bei Alba ins Management einzusteigen?
Der Kontakt zu Alba ist über Ireti Amojo (Albas Koordinatorin für Frauen-Basketball, Anm. d. Red.) entstanden, die ich noch aus der Jugendnationalmannschaft kenne. Als es für Alba in die erste Liga ging, hat sie mich anfangs ein paar Mal kontaktiert, mich gefragt, wie die Bundesliga so aussieht, wie Abläufe mit Spieleragenten sind, was sonst gerade aktuell ist. Als Alba dann Interesse hatte, eine Managerin einzustellen, hat Ireti meinen Namen in den Raum geworfen. Von ganz jungen Mädchen bis zum Leistungssport wird bei Alba einiges auf mich zukommen – eine Riesenaufgabe. Wenn ich aus dem Urlaub zurückkomme, werden wir meine Themenfelder schon mal etwas definieren. Das Gute ist: Die Abläufe und Strukturen bei Alba sind, gerade, wenn man aus dem weiblichen Bereich des Basketballs kommt, ein Traum.
Wie haben Sie denn Albas Entwicklung im Frauenbereich in den vergangenen Jahren erlebt?
Es ist natürlich ein sehr spannendes Projekt. Viele deutsche Basketballerinnen haben mit Freude beobachtet, dass ein so renommierter Männerverein auch in den Frauen-Basketball investiert und da auch wirklich hinter steht. Aber auch ich hätte nicht gedacht, dass das Projekt so schnell einschlägt, dass immer über 1.000 Zuschauer in die Halle kommen, dass Alba direkt ins Halbfinale einzieht. Man sieht als Spielerin einfach, dass Berlin wieder eine gute Adresse für Frauen-Basketball ist. Nicht umsonst sind diesen Sommer zwei Nationalspielerinnen zu Alba gekommen. Und nach allem, was ich höre, ist es auch für ausländische Spielerinnen spannend, dass eine Stadt wie Berlin jetzt ein Top-Team hat. Das macht Alba für sie natürlich interessant. Auch deswegen glaube ich, dass neben Albas Ambitionen auch das Potenzial sehr groß ist.
Inwiefern können Sie und Ihre Erfahrung im deutschen und internationalen Basketball beim Ausschöpfen dieser Potenziale helfen?
Ich glaube schon, dass das ein Vorteil ist. Ich habe schließlich in den letzten Jahren nicht nur viele Erfahrungen im Frauen-Basketball gesammelt, sondern mir auch ein großes Netzwerk aufgebaut. Ich kenne Funktionäre, Agenten, die Trainer in den Vereinen und den Jugendnationalmannschaften. Diese Kontakte werde ich natürlich auch nutzen, wenn es darum geht, ambitionierte Spielerinnen nach Berlin zu holen. Albas Strukturen sind super, der Wille, im Frauen-Basketball etwas zu bewegen, ist auch sehr groß. Das Einzige, was vielleicht noch ein bisschen gefehlt hat, ist die Expertise aus dem weiblichen Bereich.
Zuvor stehen allerdings auch für Sie selbst noch einige wichtige Spiele an, und im besten Fall kommen die Olympischen Spiele 2024 in Paris noch dazu…
Es ist die vielleicht spannendste und aufregendste Phase meiner ganzen Karriere – deswegen muss Alba auch noch ein Jahr warten, ehe ich voll einsteige. Ich erlebe gerade all das, wofür ich die letzten Jahre gearbeitet habe. Ich habe im 3x3 und im Fünf-gegen-fünf gleich zwei sehr gute Chancen, mich für Olympia zu qualifizieren. Aus dem weiblichen deutschen Basketball kommend, habe ich das lange für nur schwer möglich gehalten.
Würden Sie sagen, dass hinter Ihren beiden Olympia-Chancen eine positive Entwicklung im deutschen Frauen-Basketball steckt?
Auf jeden Fall, es geht in die richtige Richtung. Es ist aber auch wichtig, dass wir bestimmte Dinge weiterhin kritisch ansprechen, weil es noch sehr, sehr viel Handlungsbedarf gibt. Wir müssen jungen Spielerinnen eine Perspektive bieten. Es kann nicht sein, dass sie alle in die USA ans College gehen müssen, weil unsere Bundesliga zu schwach ist. In der Bundesliga der Männer gab es vor zehn Jahren Reformen, die dafür gesorgt haben, dass wir heute eine starke Bundesliga in Deutschland haben. Das brauchen wir im weiblichen Bereich auch.
Wo besteht aus Ihrer Sicht der größte Handlungsbedarf?
Bei der Professionalität der Bundesliga als Ganzes. Ich erinnere mich an meine Zeit in Wasserburg, wo wir am Spieltag selbst teilweise 800 Kilometer lang im Bus saßen – direkt vor dem Spiel anreisen, danach sofort wieder zurück. Es hat lange gedauert, ehe es überhaupt hauptamtliche Trainer im weiblichen Bereich gab, dazu trainieren und spielen auch die Top-Teams teilweise immer noch in Schulsporthallen. Das wiederum macht es natürlich schwer, die Liga medial gut zu präsentieren und zu vermarkten. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Spanien oder Frankreich ist an vielen Stellen noch sehr viel Luft nach oben. Aber ich glaube, dass die Liga und auch der Verband gewillt sind, Veränderungen herbeizuführen.
Als Nationalmannschaftskapitänin sind sie naturgemäß eng verknüpft mit dem Deutschen Basketball Bund (DBB). Welche Rolle spielt er in der Entwicklung des weiblichen Bereichs im deutschen Basketball?
Ich glaube, der Verband hat erkannt, dass wir zurzeit in Deutschland unglaublich viel Talent im weiblichen Basketball haben. Die Weltmeisterschaft 2026 in Berlin und die EM-Vorrunde 2025 in Hamburg sind wichtige Schritte, damit auch medial, im Sponsoring und in Sachen Aufmerksamkeit etwas passiert. Mit Platz sechs bei der EM dieses Jahr und der Möglichkeit, sich für Olympia zu qualifizieren, hat, glaube ich, kaum jemand gerechnet. Jetzt müssen wir auf diesen Zug aufspringen und die vielen Möglichkeiten nutzen, die sich dem Basketball im weiblichen Bereich aktuell bieten.
Vielen Dank für das Gespräch und Ihnen noch einen schönen Urlaub, Frau Brunckhorst.
Das Interview führte Jakob Lobach, rbb Sport.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.10.2023, 15:15 Uhr