Hochrisikospiele - Der Profifußball und die Millionen-Frage nach der Sicherheit

Di 01.10.24 | 20:36 Uhr | Von Shea Westhoff
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Archivbild: Polizisten sichern die Anreise der Hertha Fans nach einem Spiel gegen 1.FC Union Berlin am 06.08.2022. (Quelle: IMAGO/Michael Taeger)
Bild: IMAGO/Michael Taeger

Muss der Profifußball für bestimmte Polizeieinsätze zahlen? Nach dem Bremer Vorstoß ist nun auch Hamburg offen dafür. In Berlin beobachtet man die Entwicklungen genau - und wartet auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Von Shea Westhoff

  • In Bremen muss sich der SV Werder bei Hochrisikospielen an Polizeikosten beteiligen
  • Die DFL legte Verfassungsbeschwerde ein, Urteil in den nächsten Monaten erwartet
  • Hamburg unterstützt Bremer Idee eines gemeinsamen Polizeikosten-Fonds der Profiklubs
  • Berliner Senat plant keine Kostenbeteiligungen der Profiklubs Hertha und Union

In Bremen verfolgt man generell einen speziellen Ansatz. Die Hansestadt rühmt sich für Grützwurst, herbes Bier und ein Wahrzeichen namens "Roland".

Was allerdings den besonderen Bremer Ansatz bei der Sicherheit rund um das Stadion angeht, da versetzt die Landesregierung von der Weser die Republik in Aufruhr, mindestens jedenfalls die Profifußballklubs. Für die Kosten von Polizeieinsätzen bei Hochrisikospielen bittet der Stadtstaat die Deutsche Fußball-Liga (DFL), also den Verband der 36 Erst- und Zweitligisten, nämlich seit mehreren Jahren zur Kasse.

Profiklubs fürchten Verfassungsurteil mit Signalwirkung

Als Hochrisikospiele, vereinfacht gesagt, gelten Begegnungen zweier Klubs, deren Anhängerschaften als verfeindet bekannt sind oder deren Fans in Teilen als gewaltbereit eingestuft werden. In solchen Fällen trifft die Polizei schärfere Sicherheitsvorkehrungen, ist also mit mehr Einsätzkräften vor Ort als sonst.

Über die Finanzierung solcher Einsätze liegt die DFL mit dem Land Bremen seit mehr als zwölf Jahren im Streit. Bislang musste die Vertretung der Profifußballvereine dabei nur Rückschläge hinnehmen. Zuletzt urteilte im Jahr 2019 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass die Beteiligung des Profifußballs an Polizeikosten rechtmäßig sei.

Nun blicken die Profivereine, darunter auch der 1. FC Union und Hertha BSC, gespannt auf die Entwicklungen in Karlsruhe. Im April dieses Jahres befasste sich erstmals das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, ob die Bremer Regelung verfassungskonform ist. Die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde wird noch in diesem Jahr erwartet. Die Angst der Profiklubs: dass das Urteil Signalwirkung hat.

Denn während sich Grützwurst und herbes Bier tatsächlich nicht überall in Deutschland durchsetzten, könnte der Bremer Weg in Bezug auf Polizeikosten Schule machen.

Kommt der Polizeikosten-Fonds?

Immerhin hat mit Hamburg im September ein weiteres Bundesland beim Thema Kostenbeteiligung der Profiklubs gezuckt. Auch die Elbmetropole will Profivereine an den Zusatzkosten für Polizeieinsätze beteiligen, namentlich den FC St. Pauli und den Hamburger SV. Einem entsprechenden Antrag der rot-grünen Regierung stimmte die Hamburgische Bürgerschaft mehrheitlich zu.

Abhängig von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird sich der Hamburger Senat, so der Beschluss, für die Prüfung eines bundesweiten Fußball-Polizeikostenfonds einsetzen. Ein Vorschlag, der ebenfalls aus Bremen kommt: Demnach würden bestimmte Polizeieinsätze mitfinanziert werden aus einem Topf, in den alle Profivereine einzahlen.

Laut Recherchen der Sportschau vom April bekundeten überdies die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz, Thüringen und des Saarlandes Sympathien für den Bremer Ansatz [sportschau.de]. In Thüringen könnten die Karten allerdings nach der jüngsten Landtagswahl neu gemischt werden.

Hertha: "Gewaltmonopol liegt beim Staat"

Bei den beiden Berliner Vereinen nimmt man die Diskussionen um die Kostenbeteiligungen mit Interesse zur Kenntnis. Hertha BSC lässt auf Anfrage durchblicken, wenig Verständnis für die Idee zu haben, dass der Profifußball die Polizei mitfinanziert: "Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Dessen hoheitliche Ausübung und der fiskalische Rahmen sind grundsätzlich wesentlicher Teil der staatlichen Daseinsvorsorge", heißt es in der schriftlichen Antwort.

Union Berlin ließ die rbb-Anfrage zum Thema Übernahme von Polizeikosten unbeantwortet.

Polizisten woanders "dringender gebraucht"

In Bezug auf Kostenbeteiligung bei Sicherheitsfragen müssen sich die Klubs derzeit mit Fragen auseinandersetzen, die in den Jahren zuvor schlicht nicht gestellt wurden. Es wirkt so, als habe sich der Wind gedreht – und würde nun denjenigen ins Gesicht blasen, die das Millionengeschäft Fußball organisieren.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte im September der Sportbild, dass er nicht vorhabe, bei den Klubs Polizeikosten zu erheben. Mit Blick auf mögliche Gefahren in und am Stadion, etwa durch Pyrotechnik, betonte er aber auch, dass die Polizisten "angesichts der aktuellen Sicherheitslage in Deutschland" an anderen Stellen "dringender gebraucht" werden als "auf Steuerzahlerkosten verrücktspielende Fußball-Fans im Zaum zu halten" [sportbild.bild.de].

Auf einem Gipfeltreffen Mitte Oktober diskutieren Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sowie die Sport- und Innenminister der Bundesländer mit Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der DFL zur Sicherheitslage in den Fußballstadien.

Das Land Berlin plant keine derartigen Kostenbeteiligungen.

Senatsverwaltung für Inneres und Sport

Berliner Senat plant keine Kostenbeteiligungen - vorerst

Aktuell müssen der 1. FC Union und Hertha BSC nicht damit rechnen, dass die Berliner Landesregierung nach Bremen und Hamburg als dritter Stadtstaat ebenfalls eine Kostenbeteiligung vorantreibt. "Das Land Berlin plant keine derartigen Kostenbeteiligungen", teilte die Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit. Allerdings verfolge sie die aktuelle Debatte zu diesem Thema "eng und aufmerksam".

Immerhin habe es laut der Berliner Polizei in 2024 bereits neun Spiele mit einer hohen Gefährdungseinschätzung in der Hauptstadt gegeben. In den vergangenen beiden Jahren waren es nur jeweils sieben. Was die Klage der DFL vor dem Bundesverfassungsgericht angeht, werde die Senatsverwaltung das "Urteil und seine Begründung bewerten, sobald sie vorliegen".

Zwei Millionen Euro für Werder Bremen

Von Werder Bremen heißt es derweil, die DFL habe bislang Rechnungen in Höhe von insgesamt rund zwei Millionen Euro für die Polizei-Kostenbeteiligung erhalten. Die DFL leite die Rechnungen weiter an den Verein. Dieser muss die Kosten vorläufig nur zur Hälfte übernehmen, die andere Hälfte würde die DFL den Norddeutschen stunden.

Ob und in welcher Höhe der Klub von der Weser die Summe dann zurückzahlen muss, das hänge dann vom Urteil des Verassungsgerichts ab. Wie auch manch anderes beim Thema Sicherheit im deutschen Profifußball, möglicherweise in der gesamten Republik.

Beitrag von Shea Westhoff

32 Kommentare

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  1. 31.

    Das ist totaler Unsinn, den Sie da schreiben. Ihre steuerlichen Abgaben sind zweckgebunden: Infrastrukturprojekte, Bildung, Sozialleistungen usw. usw.
    Förderprogramme dienen dazu, Jugendliche von der Straße zu holen und ihnen eine Perspektive zu bieten. Die Jugendabteilungen der Profivereine in Deutschland sind für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet worden. Also hören Sie auf, hier so einen Unfug zu schreiben.

  2. 30.

    Aus einem ZIS-Bericht :
    "Dies machte sich auch in Bezug auf die Arbeitsbelastung der Polizeibehörden der Länder und des Bundes zur unmittelbaren Einsatzbewältigung bemerkbar. Diese lag anlässlich von Fußballspielen im Berichtszeitraum bei 2.418.193 Stunden."
    Die Einsatzkosten-Berechnung überlasse ich den Fußballzentrierten.

  3. 29.

    Und wieviel Steuererleichterungen, Zuschüsse/Förderungen, PR-Aloa erhalten hingegen die Profivereine von uns allen?

  4. 28.

    Keine Ahnung, aber erstmal das Gegenteil in den Raum stellen.
    Einkommensteuer ist eine Quellensteuer.

  5. 27.

    "... kommt es durch das provozierende Verhalten einzelner Einsatzkräfte zu Eskalationen. ... erhebliche Unterschiede zwischen Hooligan-Gruppierungen und Ultra-Gruppierungen."
    Schön. Und was würde das jetzt an dem ganzen Hooligan-Quatsch genau ändern, geschweige denn verbessern?

  6. 26.

    Es sind sicherlich auch Einzelpersonen die Bierbecher auf den Rasen oder nach dem Schiri werfen. So einzeln wie diejenigen die auf die Schutzzäune klettern und Raketen und Bengalos zünden. Es sind auch Einzelne die in den Zügen randalieren und eine Wüste hinterlassen. Alles nur Einzelne. Schauen Sie sich mal genauer um.

  7. 25.

    Der spezielle Ansatz ist das Essen? Und das Wahrzeichen? Warum muss nach namens Roland in Anführungszeichen?

    In Bremen verfolgt man generell einen speziellen Ansatz. Die Hansestadt rühmt sich für Grützwurst, herbes Bier und ein Wahrzeichen namens "Roland".

  8. 23.

    Ich habe nie so geschrieben, bleiben Sie bei dem, was ich geschrieben habe. Einzelne Einsatzkräfte, im Übrigen, bin ich aus beruflichen Gründen jedes Wochenende vor Ort. Und Ihre Behauptung entspricht einfach nicht der Wahrheit. Phrasen und Parolen, mehr ist das nicht ...

  9. 22.

    Sie waren offensichtlich noch nie bei einem internationalen Basketballturnier. Erst im Mai gab es in Berlin erhebliche Ausschreitungen beim Finalturnier der Champions League. Wie üblich entsprechen Ihre Einlassungen nicht der Realität. Aber das sind wir ja von Ihnen gewohnt …

  10. 21.

    In der letzten Saison haben alle 36 Profivereine,1,6 MILLIARDEN Euro an Steuern und Abgaben an staatliche Institutionen abgeführt. Nur mal so zur Einordnung.

  11. 20.

    Ich bin voll dafür, daß die Vereine für Polizeieinsätze selber aufkommen müssen um ihre ratikalen Fans im Zaum zuhalten. Vielleicht wachen die Fußballvereine mal auf um ihre Raudis von selbst aus den Stadion auszusperren damit die friedlichen Fans in Ruhe ihren Sport sehen zu können.
    In anderen Sportarten geht's doch auch ohne Randale.

  12. 19.

    Schön das Sie nun feststellen, dass die Einsatzkräfte die Schuld haben.Schauen Sie sich die grölenden und besoffenen Horden, der sogenannten Fan`s an und sie ändern ihre Meinung.

  13. 18.

    Ich sehe es eher pragmatisch. Wenn es durch sogenannte Hochrisikospiele eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht, muss diese Gefahr unterbunden werden. Sprich wenn die Vereine (die für die sichere Durchführung ihrer Veranstaltung verantwortlich sind) nicht die Gefahr beheben können, dann wird diese Gefahr staatlich behoben. Sprich ein halbes Jahr keine Zuschauer mehr für Spiele des Vereins sollten das Interesse des Vereins an gewaltfreien Veranstaltungen steigern. In Zeiten klammer öffentlicher Kassen ist es ein mildes Mittel, dass zielführend sein sollte. Man sollte nicht vergessen, es geht den Vereinen um Fußball, der wird dann weiterhin gespielt...

  14. 17.

    Jeder Bürger,ob am Fußball interessiert oder nicht,zahlt über die Rundfunkgebühren den Profifußball und seine Hönesse mit.
    Klimademonstranten werden zur Kasse gebeten,aber die ganzen Einsätze bei Fußballspielen sind für den DFB kostenlos.Dafür kassiert er aber über seine eigene private Gerichtsbarkeit Strafen von den Vereinen.Wieso geht diese private Gerichtsbarkeit überhaupt in einem Rechtsstaat.Zumindest diese Strafen stehen dem Bürger zu.


  15. 16.

    Das Gewalt - und Gefahrenpotential bei den Fußballspielen wird immer größer. Die Kosten zur Absicherung wachsen ebenfalls. Daher meine ich, dass die Clubs sich daran beteiligen müssen. Es sollte ein Fond gebildet werden in den alle Vereine, in Abhängigkeit ihrer finanziellen Stärke, einzahlen und davon werden die Polizeieinsätze und die angerichteten Schäden durch die sogenannte Fan‘s eben bezahlt. Nirgends fließt soviel Geld wie im Fußball.

  16. 15.

    Ich finde es nicht mehr wie richtig, wenn Profi-Fußballvereine für die Sicherheit selber bezahlen.
    Sie streichen ja auch die Gewinne ein.
    WARUM sollten die Steuerzahler in den Bundesländern dafür aufkommen.

  17. 14.

    Eines ist aber Fakt, letztendlich kommt es durch das provozierende Verhalten einzelner Einsatzkräfte zu Eskalationen. Des Weiteren gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Hooligan-Gruppierungen und Ultra-Gruppierungen. Wer das nicht trennt, hat keine Ahnung von Fanrivalitäten.

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